TE OGH 1991/3/21 7Ob516/91

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Veröffentlicht am 21.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter B*****, als Masseverwalter im Konkurs der QU***** GmbH & Co KG, wider die beklagten Parteien 1.) Ing. Franz QU*****, 2.) Maria K*****, beide vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 155.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1990, GZ 2 R 164/90-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Handelsgerichtes vom 3. Mai 1990, GZ 8 Cg 302/89-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei werden zurückgewiesen.

Die Anträge der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für das Revisionsverfahren werden abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Der klagende Masseverwalter der Kommanditgesellschaft hat sich bei Geltendmachung des Anspruchs der Komplementärgesellschaft mbH auf Leistung der ausstehenden Stammeinlagen auch auf die mit dem Erstbeklagten getroffene Vereinbarung vom 21. Jänner 1988 berufen. Bei Beurteilung dieser Vereinbarung als konstitutives Anerkenntnis ist das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach das konstitutive Anerkenntnis ein Feststellungsvertrag ist, bei dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht in vollem Umfang zugesteht, nicht abgewichen (vgl. JBl. 1980, 39; SZ 51/176; SZ 45/20; Koziol-Welser8 I 274; Ertl in Rummel ABGB Rdz 6 zu § 1380). Die vorausgesetzte Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit des Rechtes ist hier gegeben. Es steht fest, daß sich der Kläger dem Erstbeklagten gegenüber auf den ihm vom Gläubigerausschuß erteilten Auftrag berief, die ausstehenden Stammeinlagen allenfalls im Prozeßweg hereinzubringen. Der Erstbeklagte erklärte, nicht zu wollen, daß seine Mutter (die zweite Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft mbH und Zweitbeklagte), die eine schwere Kopfoperation hinter sich habe, in Anspruch genommen werde. Um seiner Mutter eine gerichtliche Austragung zu ersparen, verpflichtete er sich, die eigene als auch die Stammeinlage seiner Mutter zu bezahlen. Diese Erklärungen konnten aber nur so verstanden werden, daß der Erstbeklagte keineswegs vom sicheren Bestand des Anspruchs ausging, weil ansonsten der Hinweis auf die gerichtliche Austragung und die Gründe für deren Vermeidung entbehrlich gewesen wären (vgl. SZ 45/20). Auch die Rechtsansicht der zweiten Instanz, daß ein Anerkenntnisvertrag unabhängig vom Bestehen des behaupteten Rechtes eine neue selbständige Verpflichtung schafft (SZ 51/176; SZ 45/20 ua) und bei einem vom Gegner veranlaßten Irrtum darüber, ob die anerkannte Forderung wirklich zu Recht besteht, nur im Falle eines Betruges angefochten werden kann, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (JBl. 1975, 206; SZ 45/20; JBl. 1969, 396; EvBl. 1961/248; 1 Ob 760/83). Eine listige Irreführung haben die Vorinstanzen aber zu Recht nicht als erwiesen angenommen. Der Kläger handelte bei seiner Vorgangsweise im Einvernehmen mit dem Konkursgericht (AS 247 ON 75 des Aktes 20 S 17/87 des LG f. ZRS Graz) und berief sich auf einen Auftrag des Gläubigerausschusses. Ein solcher Auftrag konnte dem Kläger die Berechtigung zum prozessualen Vorgehen zwar nur im Einklang mit der Rechtslage verschaffen, also, wie schon das Berufungsgericht aufzeigte, durch Klage gegen die Komplementärgesellschaft und Pfändung und Überweisung des Anspruchs gegen die Beklagten. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, daß es der Kläger bei der zunächst vorgenommenen außergerichtlichen Einforderung der ausstehenden Stammeinlagen gerade darauf angelegt gehabt hätte, den Beklagten über die Rechtslage zu täuschen.

Die fehlende Berechtigung des Klägers zur Geltendmachung des Anspruchs gegen die Zweitbeklagte hat das Berufungsgericht unter Zitierung von Literatur und Judikatur eingehend und richtig begründet. Gegenteilige Auffassungen sind weder bekannt noch werden solche in der Revision des Klägers aufgezeigt. Die Argumentation des Klägers erschöpft sich in Zweckmäßigkeitserwägungen. Hat aber das Berufungsgericht im Sinne von Lehre und Rechtsprechung entschieden und werden dagegen vom Rechtsmittelwerber keine neuen stichhältigen Argumente vorgebracht, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor. Aber selbst wenn man der Rechtsansicht des Klägers folgte, stünde einer Inanspruchnahme der Zweitbeklagten der mit dem Erstbeklagten geschlossene Anerkenntnisvertrag entgegen. Dieser enthält hinsichtlich der Zweitbeklagten eine privative Schuldübernahme durch den Erstbeklagten, weil es nach den abgegebenen Erklärungen nicht zweifelhaft sein kann, daß die Übernahme der Haftung durch den Erstbeklagten auch für seine Mutter nicht neben dieser, sondern an ihrer Stelle zu verstehen ist (§ 1406 Abs. 2 ABGB).

Der Erstbeklagte wurde im Verfahren der ersten und zweiten Instanz immer als Kaufmann bezeichnet. Die Kaufmannseigenschaft des Gemeinschuldners bleibt bis zur Abwicklung durch den Masseverwalter bestehen (HS 6014). Da einerseits für die Beurteilung eines Geschäftes als Handelsgeschäft eine mittelbare Beziehung genügt und andererseits Abwicklungsgeschäfte jedenfalls Handelsgeschäfte sind (Kramer in Straube HGB Rz 12, 15 und 17 zu den §§ 343, 344 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung) ist auch der Zinsenzuspruch nach § 352 Abs. 1 HGB durch Lehre und Rechtsprechung gedeckt.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage sind daher die Revisionen unbeschadet des Ausspruchs des Berufungsgerichtes unzulässig und zurückzuweisen. Die Zurückweisung konnte sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Ein Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Revisionsbeantwortungen besteht nicht, weil auf die Unzulässigkeit der Revisionen nicht hingewiesen wurde.

Anmerkung

E25260

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00516.91.0321.000

Dokumentnummer

JJT_19910321_OGH0002_0070OB00516_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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