TE OGH 1991/4/9 5Ob22/91 (5Ob23/91)

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Veröffentlicht am 09.04.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dkfm. Hermann M*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Richard Stengg, Rechtsanwalt in Oberwart, gegen die Antragsgegnerin Charlotte P*****, Hauseigentümerin, ***** vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster, Dr. Hans Günther Medwed und Dr. Gerhard Hackenberger, Rechtsanwälte in Graz, wegen § 6 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Zwischensachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 19.April 1990, GZ 3 R 111/90-38, womit der Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 27. Dezember 1989, GZ 7 Msch 13/88-32, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller, Mieter einer Wohnung im Hause Graz, ***** das im Eigentum der Antragsgegnerin steht, begehrt unter anderem - soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - nach vorangegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle, der Antragsgegnerin die Instandsetzung der vor Fenstern dieses Hauses befindlichen Rolläden entsprechend einem vorgelegten Kostenvoranschlag gemäß § 6 MRG aufzutragen.

Die Antragsgegnerin wendete unter anderem ein, ihre Erhaltungspflicht beziehe sich nur auf die allgemeinen Teile des Hauses (AS 9). Dazu gehörten die nur dem Gebrauch des jeweiligen Mieters dienenden Rolläden nicht. Sie stellte daher den Zwischenantrag auf Feststellung, daß die Erhaltung der Rolläden gemäß § 8 MRG in die Erhaltungspflicht des Antragstellers falle (ON 30).

Das Erstgericht gab diesem Feststellungsbegehren statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die straßenseitigen Fenster dieses Hauses sind als zweiteilige Holzdoppelfenster mit nach innen aufschlagenden Fensterflügeln ausgeführt. Sämtliche Fenster haben Holz-Rolläden, die in seitlichem aussspreizbarem Holzrahmen geführt sind. Die Scharniere dieses Führungsrahmens befinden sich auf Höhe des Kämpfers. Die Rouleaukästen bilden den oberen Teil des jeweiligen Fensters. Dieser ist mit 4 Reibeverschlüssen verriegelt, kann jedoch vom Raum her geöffnet werden. Der Fensterstock und der Rouleaukasten bilden ein einheitliches Konstruktionselement, dessen Teile untrennbar miteinander verbunden sind. Der Rouleaukasten ist derartig Bestandteil des Fensters, daß er ohne Zerstörung des Fensterelementes nicht ausgebaut werden kann.

Die Holzrolläden befinden sich an der Außenseite des Fensterstockes. Im Bereich der Oberlichte sind die Holzschienen, in denen sie geführt werden, mit dem Fensterstock fest verbunden, im darunterliegenden Bereich sind sie ausspreizbar hergestellt. Das Öffnen und Schließen der Rolläden erfolgt über eine im Rouleaukasten untergebrachte Welle (Spindel), die über rauminnenseitige Gurte betätigt wird.

Die Holzrolläden dienen in erster Linie als Schutz vor zu intensiver Sonneneinstrahlung. Im geringen Umfang werden sie auch als Wärmeschutz verwendet. Insbesondere kann dadurch in der Nacht die wärmedämmende Wirkung des Fensters erhöht werden. Auch bei sehr ungünstigen Witterungsbedingungen - Hagelschlag, peitschender Regen - werden die Rolläden als Schutz heruntergelassen. Diese Schutzwirkung kommt ausschließlich der Fensterkonstruktion zugute. Es soll dadurch auch verhindert werden, daß bei ungünstigen Witterungsverhältnissen Niederschlagswasser über das Fenster in das Rauminnere eindringt. Die überwiegende Funktion der Rolläden ist jedoch - wie oben gesagt - die Abschirmung gegen zu intensive Sonneneinstrahlung.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß die Erhaltungspflicht derartiger Rolläden den Mieter treffe, weil sich wesentliche Konstruktionselemente im Rauminneren befänden und die überwiegende Funktion der Rolläden in der Abschirmung zu intensiver Sonneneinstrahlung bestehe. Nicht maßgebend hingegen sei, daß sich die Rouleaus im herabgelassenen Zustand außerhalb des Fensters befänden.

Das Rekursgericht änderte diesen Zwischensachbeschluß in abweisendem Sinn ab und sprach die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aus.

Da ein ernster Schaden des Hauses mangels Rückwirkung auf die Bausubstanz nicht vorliege, komme es darauf an, ob die instandsetzungsbedürftigen Rolläden den allgemeinen Teilen des Hauses (§ 3 Abs 2 Z 1 MRG) oder den einzelnen Mietgegenständen (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) zuzuordnen seien. Zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehöre rein wörtlich alles, was sich außerhalb eines Mietgegenstandes befinde, und zwar einschließlich der "Außenhaut", so insbesondere auch Außenfenster und Rollbalken. Die Überlegungen, die nach Lehre und ständiger Rechtsprechung die Zuordnung der Außenfenster zu den allgemeinen Teilen des Hauses rechtfertigten, könnten auch auf die den Außenfenstern vorgelagerten, fest eingebauten und durch ihre Kästen mit den Fensterstöcken zu einer untrennbaren Einheit verbundenen Jalousien angewendet werden. Auch sei den Rolläden eine gewisse Schutzfunktion für das Haus nicht abzusprechen. Demgemäß falle die Erhaltung der Rolläden in den Pflichtenkreis des Vermieters. Dies gelte umso mehr, als die Art und Weise der Durchführung der Arbeiten und die Auswahl des zu verwendenden Materials Einfluß auf das vom Vermieter zu bestimmende äußere Erscheinungsbild des Hauses haben könne.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt werde. Hilfsweise stellte die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.

Der Antragsteller begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend und in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung ging das Rekursgericht davon aus, daß zu den allgemeinen Teilen des Hauses im Sinne des § 3 Abs 2 Z 1 MRG jedenfalls alles das gehört, was sich außerhalb eines Mietgegenstandes befindet (z.B. Fassaden, die sogenannte "Außenhaut" des Hauses, insbesondere die Außenfenster), abgesehen von den in dieser Rechtssache nicht in Betracht kommenden Teilen des Hauses, die sich zwar innerhalb eines Mietgegenstandes befinden, aber funktionell nicht nur einem einzelnen Mietgegenstand allein dienen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 3 MRG Rz 6 mit Judikaturhinweisen, insbesondere MietSlg.37.249 und MietSlg.36.261). Fallen aber schon die Außenfenster, die normalerweise einen Teil der äußersten Begrenzung des Hauses bilden, in die Erhaltungspflicht des Vermieters, so gilt dies umsomehr für im Einzelfall noch außerhalb der Außenfenster befindliche Rolläden. Der Hauseigentümer hat eben durch Anbringung von Rolläden, die sogar mit den Fensterstöcken eine Einheit bilden, die Außenhaut seines Hauses im Bereich der Fenster derart gestaltet, daß diese je nach dem, ob die Rolläden geöffnet oder geschlossen sind, aus dem Außenfenster selbst oder den davor befindlichen Rolläden besteht. Als Konsequenz dieser vom Vermieter vorgenommenen Gestaltung seines Hauses folgt dann auch, daß er diese Rolläden - wie sonst nur die Außenfenster und die Fensterstöcke - in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten hat.

Es besteht kein Anlaß, die seinerzeit vereinzelt gebliebene Judikatur (3 Ob 138/57 MietSlg 5677/17; vgl dagegen 5 Ob 527/59 MietSlg 7160/41), wonach die Erhaltung von Wetterläden nicht in den Pflichtenkreis des Vermieters gehört, wiederaufzunehmen.

Keine entscheidende Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, welchen Zweck die vom Vermieter angebrachten Rolläden für das ganze Haus oder bloß zum Vorteil des Mieters haben. Immer dienen die Einrichtungen des Hauses dem Vorteil des Mieters, der hiefür den Mietzins zu bezahlen hat. Auch ist es nicht wesentlich, ob die vom Hauseigentümer vorgenommene Gestaltung des Hauses aufgrund behördlicher Aufträge (z.B. aus Gründen der Stadtbildpflege erteilt) oder aus anderen Gründen erfolgte.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E25692

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00022.91.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19910409_OGH0002_0050OB00022_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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