TE OGH 1991/4/10 3Ob32/91 (3Ob33/91, 3Ob34/91, 3Ob35/91, 3Ob36/91)

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Veröffentlicht am 10.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D***** Zeitschriftengesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Walter Barfuss ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1) K***** Zeitungsverlag und Druckerei Aktiengesellschaft, 2) M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft m.b.H. & Co KG, und 3) M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft m.b.H., alle ***** alle vertreten durch Dr. Heinz Giger ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 28. November 1990, GZ 46 R 823-830/90-31 jetzt -35, womit die Beschlüsse des Exekutionsgerichtes Wien vom 28. Juni 1990, GZ 13 E 4445/90-9,10,11,12 und 14 abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird in seinem Punkte 2) und der dazugehörigen Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß die Beschlüsse des Erstgerichtes vom 28.6.1990, ON 9 bis 12 und 14 wiederhergestellt werden.

Die verpflichteten Parteien haben auch die Kosten ihrer Rekurse ON 19 selbst zu tragen und sind schuldig, der betreibenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 17.620,88 S als weitere Exekutionskosten bestimmte Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien vom 24.3.1989, 38 Cg 62/89, wurden die verpflichteten Parteien unter anderem schuldig erkannt, ab sofort beim Vertrieb der periodischen Druckschrift K***** das Ankündigen oder Durchführen von Gewinnspielen zu unterlassen, bei denen Preise nicht unbedeutenden Wertes verlost werden, wenn dabei der Eindruck erweckt wird, daß zur Teilnahme der Erwerb der Druckschrift notwendig oder zumindest förderlich ist.

Auf Grund der Behauptung, die drei verpflichteten Parteien hätten in der K*****-Ausgabe vom 11.3.1990 das Gewinnspiel "Die große TV-Starwahl Romy'90" begonnen, bewilligte das Titelgericht die Exekution zur Erzwingung dieser Unterlassungsverpflichtung. Die Exekutionsbewilligung erwuchs in Rechtskraft (Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 16.5.1990, 4 R 86/90).

Das Erstgericht als Exekutionsgericht verhängte wegen des im Exekutionsantrag genannten Verstoßes Geldstrafen von je 50.000 S über die drei verpflichteten Parteien (ON 2). Dieser Strafbeschluß wurde von der zweiten Instanz bestätigt (ON 29).

Auf Grund der Behauptung, die verpflichteten Parteien hätten

a) mit der K*****-Ausgabe vom 1.4.1990 das Gewinnspiel "Geldregen-Bingo" und b) mit der K*****-Ausgabe vom 6.5.1990 (bzw wie aus dem folgenden Text und den Beilagen hervorgeht schon mit der K*****-Ausgabe vom 5.5.1990) das Gewinnspiel "WM-Lotterie mit Fan-Chance" begonnen, beantragte die jetzige betreibende Partei als Rechtsnachfolgerin der früheren betreibenden Partei (Übernahme des Unternehmens der KG durch die persönlich haftende GesmbH gemäß § 142 HGB) mit Eingabe ON 8 die Verhängung von Geldstrafen, und das Erstgericht verhängte über die drei vrpflichteten Parteien eine Geldstrafe von je 80.000 S.

Auf Grund der Behauptung, die verpflichteten Parteien setzten das Gewinnspiel "WM-Lotterie mit Fan-Chance" fort, und zwar zu ON 9 durch die K*****-Ausgabe vom 8.5.1990, zu ON 10 durch die K*****-Ausgabe vom 9.5.1990, zu ON 11 durch die K*****-Ausgabe vom 10.5.1990, zu ON 12 durch die K*****-Ausgabe vom 11.5.1990 und zu ON 14 durch die K*****-Ausgaben vom 12., 13. und 14.5.1990, wurden vom Erstgericht über die drei verpflichteten Parteien jeweils pro ON weitere Geldstrafen von je 80.000 S verhängt.

Das Gericht zweiter Instanz (ON 35) änderte die Beschlüsse ON 9, 10, 11, 12 und 14 dahin ab, daß die entsprechenden Vollzugsanträge abgewiesen wurden. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Rekurs gegen den abändernden Teil der Entscheidung nicht zulässig sei.

Die Abweisung der Vollzugsanträge begründete das Gericht zweiter Instanz mit dem Fehlen konkreter Angaben, aus denen geschlossen werden könne, daß die mit dem Gewinnspiel "WM-Lotterie mit Fan-Chance" zur Verlosung gebrachten Preise nicht nur einen unbedeutenden Wert hätten, und verwies dazu auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 72,73,1016/90 ("Kontakt-Card"-Fall). Die bloß beispielshafte Anführung von "Fan-Chancen" sei zu wenig konkret. Mit jeder neuen K*****-Ausgabe konkret zu gewinnende Preise würden aber in den Vollzugsanträgen nicht angeführt. Selbst wenn man die den Anträgen jeweils beigelegten K*****-Ausgaben vom 8. bis 14.5.1990 mit heranziehe, ergebe sich keine andere Betrachtungsweise. Die Gewinne, nämlich ein Tag im Camp der Nationalmannschaft (8.5.1990), die Verwendung als Ballbube in einem Länderspiel (9.5.1990), ein Elferschießen gegen den Team-Torwart (10.5.1990), ein Privattraining mit Team-Chef Hickersberger (11.5.1990), ein Verbringen eines Tages mit dem Team (12.5.1990), ein Besuch beim ÖFB (13.5.1990) und ein Gespräch mit dem Team-Arzt (14.5.1990), stünden nicht im Handel und stellten daher offensichtlich keinen über den Markt realisierbaren Wert dar. Solche Gewinnmöglichkeiten fielen nicht unter § 28 UWG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz zulässig, weil die Entscheidung der zweiten Instanz teilweise in einer im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO erheblichen Weise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht.

Richtig ist zwar, daß in der Entscheidung 3 Ob 72,73,1016/90 der Rechtssatz enthalten ist, ein Strafvollzugsantrag müsse bei einem Exekutionstitel, der das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren von Gratis-Geschenken untersage, auch Angaben darüber enthalten, aus denen geschlossen werden könne, daß die als Gratis-Geschenk angebotene, angekündigte oder gewährte Sache nicht nur geringen Wert habe, wenn dies nicht offenkundig sei. Diese Entscheidung war aber auf den Fall der Beigabe einer sogenannten "Kontakt-Card" abgestellt, deren Bedeutung und Wert bei Gericht nicht allgemein bekannt und daher nicht offenkundig sei, weshalb die betreibende Partei hiezu in ihren Strafanträgen ein Vorbringen erstatten hätte müssen.Im vorliegenden Fall ist an sich klar, worin jeweils der zu gewinnende Preis besteht. Bekannt ist nur nicht ohne weiteres, welcher "Wert" den Preisen zuzuordnen ist. Es liegt daher nicht die gleiche Sachlage wie in der zitierten Entscheidung vor.

Unter den Begriff "Preise nicht unbedeutenden Wertes" fallen auch Preise, die objektiv betrachtet einen nicht unbedeutenden ideellen Wert haben. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 3 Ob 116/89 auf Grund desselben Exekutionstitels ausgesprochen, daß die Ankündigung bei einem Wettbewerb, es würden die besten Einsendungen am Ende des Jahres durch die Veröffentlichung eingesandter Geschichten oder Bilder "prämiert" (Aktion: "Mensch und Tier in der Großstadt") durchaus den Hinweis auf einen Preis nicht unbedeutenden Wertes darstellen könne. Der Verstoß gegen den Exekutionstitel wurde nur wegen des fehlenden Tatbestandsmerkmales der Verlosung verneint. Ähnlich hat der

4. Senat zu 4 Ob 40/90 (= WBl 1990, 264) bestimmte Autoaufkleber ("Hundertwasser-Pickerl") als geeignetes Objekt für eine unzulässige Zugabe eingestuft. Es genüge, daß ein nur ideeller Wert gegeben sei und der strittige Gegenstand zumindest grundsätzlich auch ein Handelsobjekt sein könne.

Die im vorliegenden Fall strittigen Preise sind für einen Fußball-Fan durchwegs so attraktiv, daß eine solche grundsätzliche Eignung zum Handelsobjekt gegeben ist. In formeller Hinsicht genügt es, wenn die betreibende Partei in Fällen dieser Art die genaue Art des Verstoßes durch den Anschluß einer Ausgabe der inkriminierten Zeitung oder einer Kopie derselben darlegt.

Im einzelnen geht es dann um folgende Preise:

Der Antrag ON 9 bezieht sich auf die Ausgabe vom 8.5.1990, in der als Gewinn ein "Tag mit dem Team" angepriesen wurde, was näher dahin umschrieben wurde, daß der heutige Sieger einen ganzen Tag im Camp der Österreichischen Nationalmannschaft verbringen dürfe. Bei der allgemeinen Beschreibung der täglichen Fan-Chancen wird darauf hingewiesen, daß der Gewinner der Ballbuben-Verlosung (am nächsten Tag) auch mit Cola, Mineralwasser und Wurtsemmeln versorgt werden und sich also niemand ein Jausensackerl mitnehmen brauche.

Mit dem Antrag ON 10 wird geltend gemacht, daß in der Ausgabe vom 9.5.1990 als Gewinn der Einsatz als Ballbube beim Länderspiel Österreich-Holland winke. Der Gewinner erhalte daher die Chance im K*****-Leiberl, dem Toni Polster oder dem Marco van Basten die Kugel zuzuspielen.

Der Antrag ON 11 bezieht sich auf die Ausgabe vom 10.5.1990, nämlich auf die Chance, ein Elferschießen gegen den Teamkeeper zu gewinnen.

Der Antrag ON 12 betrifft die Ausgabe vom 11.5.1990, wo als Preis ein "Training mit dem WM-Team" versprochen wird, was auf Seite 30 der Ausgabe näher als "Privattraining mit Team-Chef Hickersberger und seinem WM-Team" umschrieben wird. In diesem Zusammenhang ist auch noch auf die Vorankündigung in der Ausgabe vom 6.5.1990 hinzuweisen, wo dieses Team-Training als persönliches Privat-Training mit dem Team-Chef beschrieben wird, der den Gewinner einen ganzen Tag lang so hernehmen werde wie die Nationalspieler, der fachmännisch an der Kondition des Gewinners arbeiten, ihn Tricks und Taktik lehren und ihm Tips und Übungen für den Hobby-Fußball geben werde.

Dem Antrag ON 14 liegen die Ausgaben vom 12., 13. und 14.5.1990 zugrunde. In der Ausgabe vom 12.5.1990 wird "ein ganzer Tag mit den Italien-Fahrern" bzw "ein Tag beim Team" als Preis versprochen. In der Ausgabe vom 13.5.1990 winkt ein "Besuch beim Fußball-Verband", nämlich das Recht, einen Tag in den Räumen des ÖFB im Praterstadion zu verbringen, wobei noch durch einen Pfeilhinweis der Eindruck erweckt wird, es könne dabei zu einem Gespräch (Interview) mit Toni Polster kommen. In der Ausgabe vom 14.5.1990 geht es um ein "Gespräch mit dem Team-Arzt über die Fitness der WM-Stars".

Derzeit mögen alle beschriebenen Gewinne nicht im Handel erhältlich sein. Ähnlich wie bei dem schon üblichen Verkauf von Autogrammen berühmter Persönlichkeiten ist aber auch der Handel mit Berechtigungsscheinen grundsätzlich denkbar, die zum Besuch eines Camps der Nationalspieler oder der ÖFB-Räume oder zur Teilnahme am Training der Nationalmannschaft, zur Vornahme eines Elferschießens gegen den Team-Torwart oder zum Einsatz als Ballbube bei einem Länderspiel oder einem Gespräch mit dem Team-Arzt berechtigen, wobei in den einzelnen Zeitungsausgaben der Wert jeweils nicht unglaubhaft als sehr hoch eingestuft wird. Von einem nicht nur unbedeutenden Wert kann man bei dem angespriesenen Privattraining auch dann ausgehen, wenn im Zusammenhalt mit allen Mitteilungen darunter zwar vielleicht nicht gerade eine private Trainerstunde verstanden würde, die naturgemäß einen beachtlichen Wert darstellen würde, aber das Recht, an einem für die Nationalspieler gedachten Training aktiv teilzunehmen, als wäre man selbst ein Nationalspieler, oder wenn es bei dem auch als "Gesundheitsgespräch" beschriebenen Gespräch mit dem Team-Arzt nicht um eine persönliche gesundheitliche Beratung ginge, die ebenfalls schon von Natur aus einen nicht unbedeutenden Wert hätte. Aber auch die letztlich nur ideellen Werte des Dabeisein-Könnens (Fußballcamp, Elferschießen, ÖFB-Haus, Ballbube) können nicht vernachlässigt werden. Zweifellos wäre ein Fußballfreund bereit, dafür gewisse nicht unbedeutende Geldbeträge auszsugeben, wenn ihm die entsprechenden Chancen nur unter dieser Voraussetzung angeboten würden.

Es waren daher im angefochtenen Umfange die Beschlüsse des Erstgerichtes wiederherzustellen. Gegen die Verhängung der Beugestrafen auch gegen die drittverpflichtete Partei und gegen ihre Höhe bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74 und 78 EO iVm §§ 40 und 41 ZPO.

Anmerkung

E25932

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00032.91.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19910410_OGH0002_0030OB00032_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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