TE OGH 1991/4/23 14Os37/91 (14Os38/91)

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Veröffentlicht am 23.04.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Angelina J***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Linz vom 29. Juni 1990, GZ 20 U 630/90-3, sowie des Bezirksgerichtes Baden vom 23.Juli 1990, GZ U 91/87-12, und den Vorgang, daß das Bezirksgericht Linz von seinem Beschluß nicht unverzüglich das Bezirksgericht Baden verständigte, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Es haben das Gesetz verletzt

1. das Bezirksgericht Linz zum AZ 20 U 630/90, dadurch, daß es

a) mit Beschluß vom 29.Juni 1990, ON 3, vom Widerruf der vom Bezirksgericht Baden zum AZ U 91/87 gewährten bedingten Strafnachsicht absah und die Probezeit auf fünf Jahre verlängerte, ohne jedoch Einsicht in den diesbezüglichen Akt über die frühere Verurteilung zu nehmen, in der Bestimmung des § 494 a Abs. 3 StPO,

b) von dem zu a) genannten Beschluß das Bezirksgericht Baden nicht unverzüglich verständigte, in der Bestimmung des § 494 a Abs. 8 StPO;

2. das Bezirksgericht Baden durch den Beschluß vom 23.Juli 1990, GZ U 91/87-12, auf endgültige Strafnachsicht, in der Bestimmung des § 48 Abs. 3 StGB.

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 29.Juni 1990, GZ 20 U 630/90-3, wird aufgehoben.

Die übrigen Gesetzesverletzungen werden festgestellt.

Text

Gründe:

Mit dem im Spruch (zu 1 a) bezeichneten Beschluß hat das Bezirksgericht Linz vom Widerruf der vom Bezirksgericht Baden der Verurteilten Angelina J***** zum AZ U 91/87 gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und zugleich die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Dabei hat jedoch das Bezirksgericht Linz unterlassen, den diesbezüglichen Akt des Bezirksgerichtes Baden über die frühere Verurteilung beizuschaffen und in diesen (allenfalls in eine Abschrift des früheren Urteils) Einsicht zu nehmen. Auch hat das Bezirksgericht Linz von seinem Beschluß das Bezirksgericht Baden nicht unverzüglich, sondern erst nach mehr als einem Monat verständigt (1 b). So konnte es geschehen, daß mittlerweile das Bezirksgericht Baden, zwar ohne Kenntnis, dessenungeachtet aber im formellen Widerstreit zur mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bezirksgerichtes Linz, mit Beschluß vom 23.Juli 1990 die endgültige Strafnachsicht ausgesprochen hat (2).

Der die Probezeit verlängernde und damit die Verurteilte benachteiligende Beschluß des Bezirksgerichtes Linz wurde unter Verletzung des in § 494 a Abs. 3 StPO enthaltenen zwingenden Gebotes ("hat") der Einsichtnahme in die Akten über die frühere Verurteilung, gefällt. Dieser Gesetzesverstoß kann sich zum Nachteil der Verurteilten ausgewirkt haben, weshalb der davon betroffene Beschluß aufzuheben war.

Rechtliche Beurteilung

Die verspätete - jetzt nur mehr als Verletzung des § 494 a Abs. 8 StPO feststellbare - Verständigung des Bezirksgerichtes Baden durch das Bezirksgericht Linz, führte dazu, daß das Bezirksgericht Baden (unverschuldet) entgegen § 48 Abs. 3 StGB die bedingte Strafnachsicht für endgültig erklärte. Denn ein solcher Ausspruch setzt voraus, daß die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wurde, worüber erst nach Ablauf der (verlängerten) Probezeit entschieden werden kann.

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden hat damit die Verurteilte (gesetzwidrig) begünstigt, sodaß es bei der bloßen Feststellung der Gesetzesverletzung sein Bewenden hatte.

Das Bezirksgericht Baden wird aber von dieser (die Rechtslage bereinigenden) Entscheidung das Strafregisteramt zu verständigen haben.

Anmerkung

E25571

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00037.91.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19910423_OGH0002_0140OS00037_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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