TE OGH 1991/4/24 9ObA60/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Klaus Hajek und Dr.Carl Hennrich als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** G*****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei ***** S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen 110.513,-- S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Dezember 1990, GZ 32 Ra 117/90-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19.Februar 1990, GZ 18 Cga 2061/88-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.789,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.131,60 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dipl.Ing.H***** S*****, dessen Sohn R***** und die C***** Beteiligungs- und Grundverwertungsgesellschaft mbH (C***** GmbH) schlossen am 27.1.1988 einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der beklagten Partei zum Zweck des Betriebes einer Destillationsanlage ab; Dipl.Ing.S***** und W***** W***** wurden zu einzelvertretungsbefugten Geschäftsführern bestellt; eine Kompetenzverteilung zwischen den Geschäftsführern wurde nicht vorgenommen. Ein Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag vom 10.3.1988 hatte nur eine Änderung der Firma zum Gegenstand. Die Eintragung der beklagten Partei ins Handelsregister erfolgte am 8.4.1988.

Im Jänner 1988 kamen der Kläger und W***** W*****, der sich dem Kläger gegenüber als einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer der noch nicht eingetragenen Gesellschaft ausgab, überein, daß der Kläger ab Jänner 1988 bei der beklagten Partei arbeite. Der Kläger sollte die für die Inbetriebnahme der Destillationsanlage erforderlichen Elektroinstallationen ausführen und in der Folge als Betriebsleiter beschäftigt werden. Es waren ein Probemonat sowie eine Nettoentlohnung von 14.000 S vereinbart, die J***** A*****, ein Prokurist der C***** GmbH, der im übrigen als Financier des Projektes auftrat, vorschußweise gegen späteren Ersatz aus Mitteln der Gesellschaft leisten sollte. In der zweiten Jännerhälfte wurden Teile der Destillationsanlage vom Erzeugerunternehmen geliefert und der Kläger begann noch im Jänner mit den Installationsarbeiten. Einem im Feber auf der Baustelle kontrollierenden Finanzbeamten wurde der Kläger von den Geschäftsführern als künftiger Leiter der Brennerei vorgestellt, und noch im Feber wurde ein entsprechendes Schreiben an das Finanzamt verfaßt. Nachdem dem Kläger im März 1988 bei einer Besprechung, an der beide Geschäftsführer teilnahmen, ein Dienstvertrag zugesagt worden war, verfaßte W***** W***** am 14.3.1988 einen Dienstzettel, nach dessen Inhalt der Kläger als Leiter der Brennerei mit einem Bruttomonatsgehalt von 18.360 S, befristet bis 15.9.1988, beschäftigt wurde, wobei der erste Monat als Probemonat gelte. Beide Teile verzichteten ausdrücklich auf eine Kündigung vor Ablauf der Befristung. Zu diesem Zeitpunkt war das Verhältnis der beiden Geschäftsführer bereits getrübt. Dipl.Ing.S***** wurde über Details des Dienstvertrages nicht informiert. Beim Aufbau der Anlage gab es im März Schwierigkeiten, weil die Erzeugerfirma erforderliche Teile nicht lieferte. Ab Anfang April 1988 gab es für den Kläger daher nichts mehr zu tun, so daß er auf der Baustelle nicht mehr arbeitete. W***** W***** erklärte dem Kläger, er werde ihn anrufen, wenn er ihn wieder benötige. Es zeichnete sich damals bereits ein Gesellschafterwechsel ab, wobei das für den Eintritt in die Gesellschaft vorgesehene Unternehmen über eigene Fachkräfte für Aufbau und Betrieb der Brennerei verfügte. Am 8.4.1988 erklärte Dipl.Ing.S***** ohne Rücksprache mit dem zweiten Geschäftsführer dem Kläger, daß ihn die Gesellschaft nicht mehr brauche. Der Kläger gab dazu keine Erklärung ab. Er rief daraufhin W***** W***** an, der ihm erklärte, daß das Dienstverhältnis wie vereinbart aufrecht bleibe und daß er ihn verständigen werde, wenn die erforderlichen Ersatzteile einlangten. Der Kläger hielt sich in der Folge noch auf der Baustelle auf, konnte diese jedoch nach einer im Mai vorgenommenen Änderung des Schlosses nicht mehr betreten. Am 16.5.1988 wurde er von W***** W***** angewiesen, das Firmengelände zu verlassen, das er auch in der Folge nicht mehr betrat. Der Lohn für die Zeit von Jänner bis April 1988 wurde dem Kläger bar ausgezahlt.

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 110.513 S brutto sA an Gehalt bis 15.9.1988, an aliquoten Sonderzahlungen und an Urlaubsabfindung. Es stünden ihm alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis Ablauf der Befristung zu.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Dienstverhältnis sei im April 1988 einvernehmlich beendet worden. Durch die Erklärung des Geschäftsführers Dipl.Ing.S*****, daß er den Kläger nicht mehr brauche, sei das Dienstverhältnis während der Probezeit aufgelöst worden. Die zwischen dem Kläger und W***** W***** vor Eintragung der beklagten Partei in das Handelsregister getroffenen Vereinbarungen seien von dieser nicht genehmigt worden und die beklagte Partei sei daher daraus nicht verpflichtet worden.

Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers statt. Sowohl die Vereinbarung über die Arbeitstätigkeit des Klägers für die beklagte Partei im Jänner wie auch die spätere Vereinbarung im März 1988 seien vor Eintragung der beklagten Partei in das Handelsregister getroffen worden und daher durch die Eintragung der beklagten Partei und die nachfolgende Genehmigung durch diese bedingt gewesen. W***** W***** habe jedoch durch seine ausdrückliche Erklärung, daß das Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht bleibe, das Vertragsverhältnis seitens der Gesellschaft genehmigt. Die Vereinbarung eines Probemonats im März 1988 sei nicht mehr zulässig gewesen, weil das Dienstverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits rund 2 Monate bestanden habe. Es sei vom wirksamen Bestehen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis 15.9.1988 auszugehen; das erhobene Begehren sei daher berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge, wobei es im wesentlichen der rechtlichen Beureilung des Erstgerichtes beitrat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Frage, ob W***** W***** im Mai 1988 für den Kläger einen Krankenkassenscheck ausstellte, kommt keine entscheidende Bedeutung zu, sodaß sich Feststellungen hierüber erübrigen.

Die Vereinbarungen, die W***** W***** mit dem Kläger im Jänner 1988 und am 14.3.1988 traf, lagen zeitlich vor der Eintragung der beklagten Partei in das Handelsregister und konnten daher für diese nicht unmittelbar wirksam werden. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gelangt nämlich als juristische Person erst durch die Einragung zum Entstehen. Maßgebend ist das Eintragungsdatum; einer Veröffentlichung bedarf es hiezu nicht (Wünsch, GmbHG, Rz 46 zu § 11; Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz15 Rz 4 zu § 10 bei vergleichbarer Rechtslage für den deutschen Rechtsbereich). Die Rechte und Pflichten aus den vor der Eintragung der Gesellschaft in deren Namen abgeschlossenen Geschäften gehen nicht schon dann auf die Gesellschaft über, wenn diese nach ihrer Eintragung in das Handelsregister die Genehmigung nicht verweigert; ein solcher Übergang setzt vielmehr die ausdrückliche oder schlüssige Genehmigung des Geschäftes oder die Zuwendung des daraus entstandenen Vorteils voraus (SZ 52/50).

Entscheidend ist daher für den vorliegenden Fall, ob ab dem Tag der Eintragung der beklagten Partei am 8.4.1988 eine Genehmigung der zuvor mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung durch die Geschäftsführer erfolgte, wobei jeder der einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer für sich zur Abgabe einer wirksamen Erklärung für die beklagte Partei legitimiert war. Dazu steht fest, daß Anfang April die Arbeiten stockten, weil erforderliche Teile nicht zur Verfügung standen, sodaß für den Kläger nichts zu tun war. In dieser Situation erklärte der Geschäftsführer Dipl.Ing.S***** dem Kläger, "daß ihn die Gesellschaft nicht mehr brauche". Diese Erklärung kann weder eindeutig als Ablehnung der Genehmigung des von der Vorgesellschaft mit dem Kläger geschlossenen Dienstvertrages noch als Ausspruch der Beendigung des Dienstverhältnisses qualifiziert werden; im Hinblick auf die besondere arbeitsmäßige Lage hätte auch eine damit ausgesprochene Karenzierung in Frage kommen können oder die bloße Ankündigung einer Vertragsauflösung. Dabei ist insbesonders zu berücksichtigen, daß Dipl.Ing.S*****, der diese Erklkärung abgab, in die Dienstvertragsangelegenheiten mit dem Kläger kaum involviert war, zumal dieser alle Vereinbarungen mit W***** W***** getroffen hatte. Für den Kläger bestand in diesem Zeitpunkt daher keine völlig klare Situation. Es mußte ihm jedenfalls zugebilligt werden, sich durch Rückfrage bei seinem unmittelbaren Ansprechpartner Klarheit über das weitere Schicksal des Dienstverhältnisses zu verschaffen. W***** W***** erklärte ihm bei dieser Gelegenheit, daß der Dienstvertrag wie vereinbart aufrecht bleibe. Erst diese Erklärung kann als klare Stellungnahme der beklagten Partei zu dem schwebend wirksamen Dienstverhältnis verstanden werden. Damit hat die beklagte Partei aber den Dienstvertrag mit dem Kläger genehmigt. Nachdem W***** W***** den Kläger im Mai nach Änderung des Schlosses noch vertröstet hatte, wobei er nach dem Inhalt seiner Erklärung vom Weiterbestand des Dienstverhältnisses ausgegangen war, forderte er ihn am 16.5.1988 auf, das Firmengelände zu verlassen. Da zu diesem Zeitpunkt die am 14.3.1988 vereinbarte Probezeit bereits längst verstrichen war, könnte aus dieser Vereinbarung für den Standpunkt der beklagten Partei selbst dann nichts abgeleitet werden, wenn sie wirksam zustandegekommen wäre. Ob im Hinblick darauf, daß der Kläger für die Beklagte bereits seit Jänner tätig war, die Vereinbarung eines Probemonats im März zulässig war, ist daher nicht entscheidungswesentlich.

Auf der Grundlage des vereinbarten und von der beklagten Partei nach Eintragung ins Handelsregister genehmigten Dienstvertrages konnte die beklagte Partei das Dienstverhältnis vor dem 15.9.1988 nicht auflösen. Die im Revisionsverfahren der Höhe nach nicht mehr bestrittenen Forderungen des Klägers sind daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26057

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00060.91.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19910424_OGH0002_009OBA00060_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten