TE OGH 1991/6/5 1Ob37/90

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Veröffentlicht am 05.06.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Dr. Dieter S*****, vertreten durch Dr. Hans Exner, Rechtsanwalt in Judenburg, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 - 19, 1011 Wien, wegen S 100.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. Juli 1990, GZ 5 R 96/90-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Jänner 1990, GZ 13 Cg 292/89-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.245,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Alleineigentümer der aus den Gartengrundstücken ***** und ***** sowie den Bauflächen ***** und ***** mit den darauf befindlichen Gebäuden H*****straße 99 und 99 a bestehenden Liegenschaft EZ *****, welche er im Erbweg nach seiner Mutter Aloisia S***** mit Einantwortungsurkunde vom 4. August 1988 erworben hat. Diese Liegenschaft liegt zufolge der vom BMlFV am 12. Juli 1962 erlassenen Verordnung betreffend die Sicherheitszone des Militärflugplatzes Zeltweg (folgend kurz: SZV) in der Sicherheitszone "rot". Auf Grund einer Zuschrift des BMfLV vom 25. Juli 1988 machte das Bezirksgericht Judenburg die sich aus der SZV für die Grundstücke des Klägers ergebenden Beschränkungen mit Beschluß vom 5. September 1988, dem Kläger zugestellt am 10. Oktober 1988, gemäß § 90 LFG ersichtlich.

Der Kläger begehrt den Betrag von S 100.000,-- sA aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung, weil Organe des BMfLV gesetzwidrig und schuldhaft vor Erlassung der SZV die Einleitung eines Enteignungsverfahrens unterlassen hätten, bei welchem der Klagsbetrag als Entschädigungsbetrag festzusetzen gewesen wäre. Durch die SZV sei er im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit und Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Durch die SZV sei der Kläger (wie auch seine Rechtsvorgängerin) in seinem Eigentumsrecht nicht konkret verletzt worden, weil die von Aloisia S***** - im übrigen ohne jede luftfahrtrechtliche Genehmigung - errichteten Gebäude vom BMfLV, das höhere Bauten (bis zu 25 m über dem Erdboden) als die zuständige Baubehörde (maximal 12 m über dem Erdboden) bewillige, genehmigt worden wären. Sowohl das LFG als auch die SZV seien nach der Rechtsprechung des VfGH verfassungsrechtlich unbedenklich, sodaß ein Amtshaftungsanspruch schon mangels jeden Gesetzesverstoßes und Verschuldens ausscheide. Für den Fall der Annahme eines Amtshaftungsanspruchs werde überdies dessen Verjährung eingewendet, weil der Lauf der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 6 Abs 1 AHG bereits mit Erlassung der SZV im Jahr 1962, nicht erst durch die grundbücherliche Ersichtlichmachung der Sicherheitszone im Jahr 1988 ausgelöst worden sei.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach dem Ergebnis der Überprüfung des Obersten Gerichtshofs nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 82 Abs 3 LFG ist die Errichtung oder Erweiterung eines Militärflugplatzes unzulässig, wenn sie für Personen eine unbillige Härte darstellte, die an den im Bereich der vorgesehenen Sicherheitszone gelegenen Liegenschaften dingliche Rechte oder Leitungsrechte besitzen; sie ist jedoch jedenfalls zulässig, wenn im Interesse der Landesverteidigung darauf nicht verzichtet werden kann. Gemäß § 83 Abs 1 LFG sind die beabsichtigte Errichtung oder Erweiterung eines Militärflugplatzes und die erforderliche Sicherheitszone oder deren Erweiterung in den Gemeinden, die ganz oder teilweise im Bereich der vorgesehenen Sicherheitszone liegen, in ortsüblicher Weise (regelmäßig durch Anschlag an der Gemeindetafel - vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht II Anm. 3 zu § 83 LFG) bekanntzumachen. Gemäß § 83 Abs 2 LFG können die iS des § 82 Abs 3 LFG Berechtigten gegen die beabsichtigten Maßnahmen binnen einem Monat (eine gesetzliche Fallfrist - siehe Halbmayer-Wiesenwasser aaO Anm. 6) nach dem Tag der Bekanntmachung Einwendungen geltend machen, über welche das BMfLV zu entscheiden hat. Im vorliegenden Verfahren wurde vom Kläger (in erster Instanz) nicht behauptet und es kam auch nicht hervor, daß die Errichtung oder Erweiterung des Militärflugplatzes Zeltweg und die SZV für Zeltweg nicht gehörig kundgemacht oder dagegen rechtzeitig Einwendungen erhoben worden wären, über die noch nicht entschieden wurde. Gegen die Situierung des Militärflugplatzes Zeltweg im Nahbereich der Grundstücke des Klägers bzw. seiner Rechtsvorgängerin und gegen die Erlassung der SZV können daher vom Kläger keine den Klagsanspruch begründenden Einwendungen erhoben werden.

Gemäß § 86 Abs 2 LFG ist für Militärflugplätze jedenfalls eine Sicherheitszone festzulegen, d.i. der Bereich des Flugplatzes und seiner Umgebung, innerhalb dessen für die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses im Sinne des § 85 Abs 1 LFG unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften (etwa von Bauordnungen, gewerberechtlichen, wasserrechtlichen, elektrizitätsrechtlichen, fernmelderechtlichen .... Vorschriften) eine (Ausnahme-)Bewilligung erforderlich ist. Die SZV (mit Ausnahme des Sicherheitszonenplanes vgl. § 88 LFG) ist in den betreffenden Gemeinden durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen, der Sicherheitszonenplan ist in den betroffenen Gemeinden zur Einsicht aufzulegen (§ 89 LFG). Die für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen zuständige Behörde (das BMfLV) hat die sich aus der SZV ergebenden Beschränkungen dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben; die Beschränkungen sind grundbücherlich ersichtlich zu machen (§ 90 LFG); sie sind aber als Legalservituten auch ohne grundbücherliche Ersichtlichmachung gegenüber jedermann wirksam (vgl. SZ 52/102; 5 Ob 91/89; Halbmayer-Wiesenwasser aaO Anm. 5 zu § 90 LFG). Weder den Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes noch der SZV ist zu entnehmen, daß die Beschränkungen, die sich für den Grundeigentümer aus der Erlassung einer SZV ergeben, eine Entschädigungspflicht auslösen; eine solche kann aber weder aus § 365 ABGB noch aus der Verfassung unmittelbar abgeleitet werden (Spielbüchler in Rummel2 Rz 8 und 9 zu § 365 ABGB). Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof im Falle einer Beschwerde wegen Verletzung des Eigentumsrechtes in Überprüfung der SZV betreffend den Flughafen Wien-Schwechat (VfGHSlg. 4.010), sowie im Falle einer Beschwerde wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Eigentumsrechtes und der Gewerbefreiheit in Überprüfung der SZV betreffend den Militärflugplatz Hörsching (VfGHSlg. 8.772) erkannt, daß weder gegen die Bestimmungen des LFG, welche die Grundlage für die Erlassung der Sicherheitszonenverordnungen bilden, noch gegen die jeweiligen SZV selbst verfassungsrechtliche Bedenken in der jeweiligen Beschwerderichtung bestünden. Dem ist auch im vorliegenden Fall zu folgen. Mag daher dem Kläger bzw. seiner Rechtsvorgängerin durch die auf Grund des Luftfahrtgesetzes erlassene SZV vom 12. Juli 1962 ein Schaden durch Wertverlust der betroffenen Grundstücke entstanden sein, kann ein solcher nicht als Amtshaftungsanspruch geltend gemacht werden, weil ein schuldhaftes rechtswidriges Organverhalten nicht vorliegt. Auf die Verjährung eines solchen - nicht

vorliegenden - Amtshaftungsanspruches kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E26454

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00037.9.0605.000

Dokumentnummer

JJT_19910605_OGH0002_0010OB00037_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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