TE OGH 1991/6/18 4Ob526/91

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) Mag. Ulrike Z*****, vertreten durch Dr.Otto Holter und andere Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagte (gefährdete) Partei Mag. Heribert Z*****, vertreten durch DDr.Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, wegen Ehescheidung und einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der beklagten (gefährdeten) Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 20.März 1991, GZ R 281/91-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 22. Jänner 1991, GZ 2 C 55/90-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte (gefährdete) Partei ist schuldig, der klagenden Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) die mit S 4.076,40 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 679,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Parteien sind seit 16.7.1977 miteinander verheiratet; ihrer Ehe entstammen zwei Kinder. Die Klägerin und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden kurz: Frau) begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten und Gefährdeten (im folgenden kurz: Mann). Der Mann beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil er keine Eheverfehlungen begangen habe. Im Scheidungsverfahren haben die Parteien am 29.11.1990 Ruhen des Verfahrens vereinbart.

Die Frau hat mittlerweile mit den beiden Kindern die Ehewohnung - ein Einfamilienhaus in G***** - verlassen und wohnt in W*****. Ihr Rechtsvertreter schrieb dem Rechtsanwalt des Mannes am 18.1.1991 folgendes:

"In obiger Angelegenheit hat mich meine Mandantin ersucht, Ihrem Mandanten höflich zur Kenntnis zu bringen, daß diese beabsichtigt, in den nächsten Tagen folgende in ihrem Alleineigentum befindliche Gegenstände abzuholen:

Tiefkühltruhe

Wäschetrockner

Eßzimmerleuchte

2 Vorzimmerleuchten

2 Orientteppiche

Bügelmaschine

Hängekästchen

4 Hochschränke

Regale im Keller, Schutzraum und Abstellraum

1 Rattanregal (Schlafzimmer)

1 Rattankleiderständer (Schlafzimmer)

1 IKEA-Bücherregal (Wohnzimmer)

Vorzimmerbeleuchtung Erdgeschoß

Küchenbeleuchtung und Garderobenlicht

gesamte Kinderzimmereinrichtung Veronika (inkl. Wandtisch)

1 Staubsauger

gesamte Kücheneinrichtung

Nach den Berechnungen meiner Mandantin betragen die gesamten monatlichen Kosten für das gemeinsame Haus ohne Verbrauchskosten für Strom etc. S 5.117,90

und erscheint daher Ihr Mandant verpflichtet, zumindest die Hälfte des genannten Betrages, das sind S 2.559,--, zu zahlen. Zuzüglich müßte er allein Strom, Telefon und Hausratsversicherungskosten übernehmen.

Die Form der Verrechnung könnte entweder dergestalt erfolgen, daß meine Mandantin, wie schon bisher, die gesamte Kostenvorschreibung der "Wohnungsfreunde" weiterzahlt und Ihr Mandant eine entsprechende Ausgleichszahlung leistet oder daß unsere Mandanten jeweils die Hälfte der auf das Haus direkt bezogenen Rückzahlungen leisten und Ihr Mandant gesondert die von ihm allein zu übernehmenden Auslagen wie Strom, Telefon etc.

Ich ersuche höflich um Ihre gesch. Stellungnahme sowie auch um Ihre Mitteilung, ob nunmehr nicht doch eine einvernehmliche Scheidung ins Auge gefaßt werden könnte, zumal sich die Lebensbereiche unserer Mandanten ja bereits längere Zeit kaum mehr berühren und eine Versöhnung nicht in Betracht kommt."

Mit der Behauptung, daß die Frau beim Verlassen der Ehewohnung verschiedene Teile des ehelichen Gebrauchsvermögens mitgenommen habe und sich daraus sowie aus ihrer im Schreiben vom 18.1.1991 bekundeten Absicht, in den nächsten Tagen die gesamte Kücheneinrichtung abzuholen, eine Gefährdung ergebe, begehrt der Mann "zur Sicherung seiner weiteren Benützung der Ehewohnung und seines Aufteilungsanspruches" - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - der Frau zu verbieten, die Kücheneinrichtung des Hauses G***** sowie die Küchenbeleuchtung aus dieser Wohnung zu entfernen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt.

Voraussetzung für die Erlassung der hier begehrten einstweiligen Verfügung zur Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens (§ 382 Z 8 lit c EO) sei eine Gefahr im Sinn des § 381 EO. Eine Gefährdung des Aufteilungsanspruches liege darin, daß dem Mann durch die Beschädigung von Küchenelementen bei der Entfernung der Kücheneinrichtung ein unwiederbringlicher Schaden entstehen könnte, sofern ihm (im Zuge eines Aufteilungsverfahrens) die Küche zugewiesen werden sollte.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. § 382 Z 8 lit c EO sichere nicht nur den Aufteilungsanspruch, sondern auch den Anspruch auf Benützung des ehelichen Gebrauchsvermögens. Für den letzteren Anspruch, welcher inhaltlich mit der Bestimmung eines einstweiligen Unterhaltes nach § 382 Z 8 lit a EO vergleichbar ist, bedürfe es keiner besonderen Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 381 EO; hier genüge die Dartuung eines Regelungsbedürfnisses. Der Antrag des Mannes sei aber nach seinem Wortlaut offensichtlich nicht auf eine vorläufige rechtsgestaltende Benützungsregelung, sondern auf Sicherung des Aufteilungsanspruches gerichtet und setze demnach die Bescheinigung einer konkreten Gefahr voraus. Daß die Gefahr bestehe, die Frau werde etwas unternehmen, was die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse vereiteln würde, habe auch das Erstgericht nicht angenommen. Eine Gefährdung des Aufteilungsanspruches durch eine mögliche Beschädigung der Küche bei der Demontage sei im Provisorialantrag nicht behauptet worden; dabei handle es sich nur um die theoretische Möglichkeit eines Schadenseintritts, die noch nicht die Annahme eines unwiederbringlichen Schadens (§ 381 EO) rechtfertige. Im übrigen habe der Mann bisher die Abweisung der Scheidungsklage beantragt und damit auch einen Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens verneint. Bei Erlassung der einstweiligen Verfügung würde insofern eine einstweilige Benützungsregelung getroffen, als dem Beklagten die Kücheneinrichtung vorläufig zugewiesen würde; auch eine solche einstweilige Benützungsregelung könnte aber nicht angeordnet werden, weil der Beklagte keine Behauptungen aufgestellt habe, welche die Zuweisung der Küche an ihn rechtfertigen könnten, sei doch die Frau, in deren Haushalt die Kinder lebten, womöglich in stärkerem Maße auf die Küche angewiesen als er. Der Sicherungsantrag sei daher abzuweisen, ohne daß auf die Frage einzugehen gewesen wäre, ob das Schreiben des Rechtsvertreters der Frau vom 18.1.1991 eine akute Gefährdung begründe.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Mannes mit dem Antrag, den Beschluß erster Instanz wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Frau beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß § 382 Z 8 lit c EO zwei Tatbestände enthält: Während die Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse (§ 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO) eine einstweilige Verfügung zur Sicherung künftiger Leistungsansprüche ist, die nur unter der Voraussetzung der Anspruchs- und Gefahrenbescheinigung bewilligt werden darf, wird durch die einstweilige Regelung der Benützung ehelichen Gebrauchsvermögens kein (künftiger) Aufteilungsanspruch gesichert, sondern eine, wenn auch nur vorläufige, rechtsgestaltende Benützungsanordnung erlassen (sogenannte "Regelungs-EV"). Für diesen Anspruch, welcher inhaltlich der Bestimmung eines einstweiligen Unterhaltes nach § 382 Z 8 lit a EO vergleichbar ist, bedarf es keiner besonderen Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 381 EO; für ihn genügt es, wenn der Antragsteller ein Regelungsbedürfnis dartut (SZ 57/89 ua). Als Voraussetzung einer solchen Regelung ist jedenfalls ein offenbar mit dem Grundsatz einer Auflösung der gemeinsamen Lebensbereiche im partnerschaftlichen Sinn unvereinbarer Zustand anzuerkennen (SZ 58/68).

Der Mann hat seinen Sicherungsantrag in erster Instanz mit einer Gefährdung begründet, die sich aus dem bisherigen eigenmächtigen Entfernen gemeinsamen Gebrauchsvermögens aus der Wohnung und der Ankündigung, in den nächsten Tagen die gesamte Kücheneinrichtung abzuholen, ergebe. Aus dem vom Mann selbst vorgelegten Schreiben des Rechtsanwaltes der Frau vom 18.1.1991 geht jedoch nicht die Absicht der Frau hervor, eigenmächtig und gegebenenfalls gewaltsam die von ihr beanspruchten Gegenstände aus der Wohnung wegzuführen, wurde doch dort eine Stellungnahme der Gegenseite erbeten. Ganz abgesehen davon ist aber dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß die Mitnahme bestimmter Teile des ehelichen Gebrauchsvermögens noch nicht ausreicht, um die Befürchtung zu rechtfertigen, daß die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung eines allfälligen künftigen Aufteilungsanspruches vereitelt oder erheblich erschwert werden könnte (§ 381 Z 1 EO) oder Gewalt oder ein unwiederbringlicher Schaden drohe (§ 381 Z 2 EO). Im Hinblick auf die reichhaltige Rechtsprechung zur Behauptungs- und Bescheinigungspflicht bei Geltendmachung eines Sicherungsanspruches nach § 382 Z 8 lit c, zweiter Fall, EO ( EFSlg 34.718, 44.302, 55.279, 58.039 uva) kann von einer überraschenden Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz keine Rede sein. Die vom Mann geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher selbst dann nicht vor, wenn man eine richterliche Anleitungs- und Erörterungspflicht im Sinne des § 182 ZPO mit den Grundsätzen des Provisorialverfahrens für vereinbar halten wollte.

Ist somit eine Gefährdung des Mannes im Sinne des § 381 EO weder schlüssig behauptet worden noch offenkundig, so ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Aufteilungsanspruches mit Recht abgewiesen worden.

Ob der Antrag des Klägers im Hinblick auf seine Wortwahl " ... zur Sicherung meiner weiteren Benützung der Ehewohnung ... " dahin zu verstehen ist, daß er auch eine vorläufige Regelung der Benützung ehelichen Gebrauchsvermögens (§ 382 Z 8 lit c, erster Fall, EO) begehrt, oder ob er im Hinblick auf die begehrte Fassung des Spruches (Verbot der Entfernung bestimmter Gegenstände) nur als Sicherungsantrag im Sinne des § 382 Z 8 lit c, zweiter Fall, EO aufgefaßt werden kann, bedarf keiner Untersuchung, weil auch ein Regelungsantrag abzuweisen wäre. Der Mann benützt die Ehewohnung allein; die Frau erhebt darauf (derzeit) keinen Anspruch. Er ist auch allein im Besitz der Kücheneinrichtung. Zum Zweck der - ihm obliegenden - Darlegung eines Regelungsbedürfnisses hat er nur auf die Gefährdung durch ein drohendes eigenmächtiges Handeln seiner Frau verwiesen. Da aber eine solche Gefahr nach dem oben Gesagten nicht besteht, ist auch ein Interesse des Mannes an einer Regelung nicht zu erkennen; vielmehr könnte nur der Frau daran gelegen sein, mangels Einigung mit dem Mann allenfalls eine entsprechende vorläufige Benützungsregelung zu beantragen.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E26523

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00526.91.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19910618_OGH0002_0040OB00526_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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