TE OGH 1991/6/20 8Ob557/91

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Veröffentlicht am 20.06.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****kammer *****, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Leopold W*****, vertreten durch Dr. Oskar Welzl, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 11. März 1991, GZ 19 R 279/90-8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 6. September 1990, GZ 11 C 901/90v-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.264,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 544,-- USt) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin kündigte dem Beklagten das Mietverhältnis betreffend die im Hofe des Hauses L*****straße ***** in ***** gelegenen Doppelgarage unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum 30.9.1990, mit der Behauptung auf, es unterliege nicht den Kündigungsbeschränkungen. Nur "vorsichtshalber" berief sie sich auch auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG, weil der Beklagte die Garage nicht mehr zu geschäftlichen Zwecken benütze.

Der Beklagte beantragte in seinen Einwendungen, die Aufkündigung für unwirksam zu erklären und brachte vor, er habe als praktischer Arzt im Jahre 1951 eine im ersten Stock des Hauses B*****straße ***** in ***** gelegene Wohnung gemietet, in der er auch seine Ordination ausgeübt habe. Bei Abschluß des Mietvertrages sei ihm die Vermietung der Doppelgarage, die damals noch nicht zur Vermietung zur Verfügung stand, in Aussicht gestellt und im Jahre 1956 sodann an ihn vermietet worden. Die Garage unterliege den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, weil sie nur wegen der späteren Verfügbarkeit erst im Jahre 1956 vermietet, aber solcherart mit dem Bestandobjekt im Hause B*****straße ***** in ***** mitgemietet worden sei. Darüberhinaus handle es sich bei dieser Garage um eine Geschäftsräumlichkeit. Der Klägerin sei bekannt, daß er, der Beklagte, die Garage überwiegend zu beruflichen Zwecken benütze. Die durch die Absicht der Parteien bei Abschluß des Mietvertrages bestimmte Qualifikation als Geschäftsräumlichkeit gehe auch dann nicht verloren, wenn das Objekt vom Mieter in der Folge nicht zu dem bedungenen Zweck verwendet werde. Der Umstand, daß er, der Beklagte, inzwischen in den Ruhestand getreten sei, berechtige daher die Klägerin nicht zur Kündigung.

Außer Streit steht, daß der Beklagte seit zehn Jahren in Pension ist und weiterhin ein Kraftfahrzeug besitzt.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung ohne Durchführung eines Beweisverfahrens für wirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung des "Abstellplatzes". In seiner Urteilsbegründung führte es aus, bei Garagen bzw. Abstellplätzen innerhalb einer Garage handle es sich um neutrale Objekte, die eine Vermutung der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes nicht für sich in Anspruch nehmen könnten. Die Behauptungs- und Beweislast für die Wirksamkeit des Kündigungsschutzes trage der Mieter. Werde das eingestellte Fahrzeug zu beruflichen Zwecken benützt, so sei die Bestandnahme als Geschäftsraummiete zu qualifizieren. Nach dem Prozeßvorbringen des Beklagten sei die Anmietung zu überwiegend beruflichen Zwecken erfolgt. Unter Berücksichtigung auch der Außerstreitstellung, daß der "Abstellplatz" zur Ausübung einer geschäftlichen Betätigung nicht mehr verwendet werde, seien daher zwar die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG anzuwenden, doch sei der Tatbestand des § 30 Abs 2 Z 7 MRG verwirklicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:

Nach der zu § 1 Abs 1 MRG ergangenen Judikatur fänden bei der Miete einer Garage die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes nur dann Anwendung, wenn der Bestandgegenstand als Geschäftsräumlichkeit im Sinne des § 1 Abs 1 MRG zu qualifizieren sei, weil es sich ansonsten um ein sogenanntes "neutrales Objekt" handle. Nach der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes falle die Vermietung von bloßen Teilen eines Geschäftsraumes nicht unter den Anwendungsbereich der MRG. Hingegen fielen Abstell- und Parkflächen nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs 1 MRG unter den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, wenn sie mit Wohnungen, Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten mitgemietet worden seien. Die Nichtbenützung eines Mietobjektes stelle grundsätzlich einen Kündigungsgrund dar, wobei jedoch in § 30 Abs 2 Z 6 und 7 MRG zwei verschiedene Tatbestände für Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten normiert worden seien. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG betreffe nur Geschäftsräume, also auch eine Arztordination, nicht aber ein auch zu Wohnzwecken gemietetes Objekt, außer der Wohnzweck sollte nach der Parteienabsicht zurücktreten. Der Kündigungsgrund setze das Fehlen einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit in der vereinbarten oder wenigstens in einer gleichwertigen Weise voraus. Als ungleichwertig sehe die Rechtsprechung etwa das Bewohnen eines überwiegend zu Geschäftszwecken gemieteten Objektes an. Im vorliegenden Falle liege die Besonderheit vor, daß die vom Beklagten offensichtlich auch heute noch benützte Wohnung bis zu seiner Pensioniereung auch als Ordination benützt worden sei und nach seinem Vorbringen der mitgemietete "Abstellplatz" mit Wissen der Klägerin überwiegend beruflichen Zwecken gedient habe. Damit sei im Sinne der obigen Ausführungen klar zum Ausdruck gebracht, daß zumindest hinsichtlich der mitgemieteten Fläche der "Wohnzweck" nach der Parteienabsicht zurücktreten sollte. Unabhängig davon, ob dies auch für die gemischt benützte Wohnung zutreffe, falle der "Abstellplatz" daher unter den Anwendungsbereich des § 30 Abs 2 Z 7 MRG, weil die zitierte Rechtsprechung diesbezüglich auf den vereinbarten Benützungszweck abstelle. Trotz des Umstandes, daß nach dem Vorbringen des Beklagten der "Abstellplatz" mit der "gemischt benutzten" Wohnung mitgemietet worden sei, teile er daher nicht unbedingt das Schicksal dieser Wohnung, soweit die entscheidende Frage der überwiegend vereinbarten Benützung unterschiedlich zu behandeln sei. Nach den Einwendungen des Beklagten seien daher zwar die Kündigungsbestimmungen des MRG infolge "Mitmiete" anzuwenden. Da nach der weiters erfolgten Außerstreitstellung die vereinbarte Benützung zu geschäftlichen Zwecken infolge der Pensionierung des Beklagten schon seit Jahren nicht mehr erfolgen könne, sei jedoch gleichzeitig der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 7 MRG erfüllt, sodaß das Erstgericht zu Recht schon aufgrund der bloßen, die Kündigung nicht entkräftenden Einwendungen des Beklagten die Rechtswirksamkeit der Kündigung erklärt habe.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Aufkündigung aufzuheben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionswerber bringt vor, die Ausübung eines freien Berufes in der Wohnung des Mieters ändere nichts an der mietrechtlichen Qualifikation. Nach ständiger Übung werden beim Arztberuf Teile des Wohnbereiches auch für die Arztpraxis verwendet. Der Beklagte übe seit mehr als 10 Jahren seine Arztpraxis nicht mehr aus und verwende die "mitgemietete Garage samt Abstellplatz" seither ausschließlich für private Zwecke. Die Feststellungen reichten zur Beantwortung der Frage nicht aus, ob die im Hause B*****straße ***** in ***** mitgemietete Doppelgarage das Schicksal des Hauptmietgegenstandes, das sei die Wohnung, teile oder deswegen, weil die Garage während der Berufsausübung des Beklagten auch zu beruflichen Zwecken gewidmet gewesen sei, dem mitgemieteten Objekt den Kündigungsschutz entzögen. Er, der Revisionswerber, vertrete den Standpunkt, daß die Berufsausübung eines praktischen Arztes in seiner Wohnung den Mieterschutz des Bestandobjektes als Wohnung genausowenig beeinträchtige wie der Umstand, daß während der Ausübung der Arztpraxis das in der mitgemieteten Garage abgestellte Kraftfahrzeug auch zu Berufszwecken verwendet worden sei. Dem Umstand, daß die Garage als mitgemietetes Objekt Kündigungsschutz genieße, komme jedenfalls Priorität zu. Dies ergebe sich aus dem Naheverhältnis der ebenerdig gelegenen Doppelgarage mit der im ersten Stock des gleichen Hauses gelegenen Wohnung. Somit liege der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG nicht vor.

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten wurde ihm anläßlich des im Jahre 1951 erfolgten Abschlusses des Mietvertrages über die Wohnung die Vermietung der "noch nicht verfügbaren" Garage lediglich in Aussicht gestellt und sie wurde ihm dann "wegen der späteren Verfügbarkeit" erst im Jahre 1956, also nach fünf Jahren, (nach der Absicht der Parteien bei Vertragsabschluß) als Geschäftsräumlichkeit vermietet; der klagenden Partei sei damals bekannt gewesen, daß er die Garage überwiegend zu beruflichen Zwecken benütze.

Aus diesem Vorbringen folgt zwangsläufig, daß es sich um keine bloße Wohnungsmiete unter gleichzeitiger Mitmiete einer dazugehörigen Garage, sondern um die Miete einer zulässigerweise auch als Ordination benützten Wohnung und die nachfolgende Miete einer Garage als Geschäftsräumlichkeit handelt und der Beklagte daraus lediglich den rechtlich verfehlten Schluß auf eine Mitmiete im Sinne des § 1 Abs 1 MRG zieht.

Wie der erkennende Senat in der Entscheidung 8 Ob 550/91 ausführte, ist zwar die Mitmiete einer Garage mit einer Wohnung im Sinne des § 1 Abs 1 MRG durchaus möglich. Im vorliegenden Falle ist aber nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Streitteile die Miete der Garage zu Geschäftszwecken erfolgt. Dieses Mietverhältnis unterliegt gemäß § 1 Abs 1 bzw Abs 4 Z 1 MRG jedenfalls zumindest auch hinsichtlich der Kündbarkeit den Bestimmungen des MRG. Auf der Grundlage der Außerstreitstellung, wonach der Beklagte die Doppelgarage nicht mehr zu beruflichen Zwecken und somit nicht mehr als Geschäftsraum benützt, ist der von der klagenden Partei hilfsweise geltend gemachte Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG zu bejahen.

Demgemäß wurde von den Vorinstanzen zu Recht die Wirksamkeit der vorliegenden Aufkündigung ausgesprochen.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E26271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00557.91.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19910620_OGH0002_0080OB00557_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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