TE OGH 1991/6/27 15Os76/91

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Veröffentlicht am 27.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Jahn als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gunther B***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 18.Dezember 1990, GZ 10 E Vr 1521/90-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 18.Dezember 1990, GZ 10 E Vr 1521/90-9, verletzt das Gesetz in dem aus § 494 a Abs. 4 StPO in Verbindung mit dem XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung abzuleitenden Grundsatz der Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen.

Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9. Jänner 1990, GZ 11 E Vr 1974/89-5, wurde Günther B***** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich faßte der gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 erster Satz StPO hiefür zuständige Einzelrichter unter anderem den Beschluß auf Widerruf der mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16.Juni 1989, GZ 4 BE 191/89-6, verfügten bedingten Entlassung des Günther B***** aus früher über ihn verhängten Freiheitsstrafen. Die Verständigung gemäß § 494 a Abs. 8 StPO zu 4 BE 191/89 des Landesgerichtes Klagenfurt wurde zwar erst anläßlich der Endverfügung vom 20.September 1990 vorgenommen (ON 11), die Verletzung der Bestimmung des § 494 a Abs. 8 StPO durch die Unterlassung der unverzüglichen Verständigung kann jedoch auf sich beruhen, weil ihr nach Lage des Falles für das Folgegeschehen keine Bedeutung zukommt.

Mit (gemäß §§ 488 Z 7, 458 Abs. 2 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Klagenfurt vom 18.Dezember 1990, GZ 10 E Vr 1521/90-9, wurde Günther B***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 2, 84 Abs. 1 StGB (richtig wohl §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB) neuerlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Einzelrichter faßte zugleich den Beschluß auf Verlängerung der Probezeit aus der zur GZ 4 BE 191/89-6 des Landesgerichtes Klagenfurt verfügten bedingten Entlassung des Genannten auf fünf Jahre. Der Akt 5 BE 191/89 des Landesgerichtes Klagenfurt stand dem Einzelrichter zur Verfügung (S 3) und wurde nach der (noch im Akt erliegenden) kurzschriftlichen Aufzeichnung des Hauptverhandlungsprotokolls auch gemäß § 252 Abs. 2 StPO verlesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 18.Dezember 1990 steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der im Verfahren 11 E Vr 1974/89 des Landesgerichtes Klagenfurt gefaßte (in Rechtskraft erwachsene) Widerrufsbeschluß vom 9. Jänner 1990 entfaltete (auch schon vor Eintritt der Rechtskraft) eine Bindungswirkung, derzufolge kein Gericht ohne vorangegangene Aufhebung des Beschlusses berechtigt gewesen ist, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen. Der Einzelrichter des Landesgerichtes Klagenfurt hat daher durch seine Beschlußfassung vom 18.Dezember 1990 im Verfahren 10 E Vr 1521/90 eine Entscheidungskompetenz rechtswidrig in Anspruch genommen (siehe EvBl 1989/64 = JBl 1989, 44).

Dieser Beschluß konnte weder den schon vorher wirksam (und rechtskräftig) beschlossenen Widerruf der bedingten Entlassung des Günther B***** beseitigen noch sonst für den Genannten irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen; die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb vielmehr hievon unberührt (vgl abermals EvBl 1989/64 = JBl 1989, 44 mwN).

Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes die vom Generalprokurator zutreffend aufgezeigte Gesetzesverletzung festzustellen und der angefochtene Beschluß durch Aufhebung zu beseitigen.

Anmerkung

E26420

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00076.91.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19910627_OGH0002_0150OS00076_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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