TE OGH 1991/6/27 7Ob537/91

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Veröffentlicht am 27.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** *****BANK AG, ***** vertreten durch Dr. Wolf Schuler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien

1. Dr. Manfred T*****, und 2. Josef T*****, beide vertreten durch Dr. Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, unter Nebenintervention der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17 - 19, auf Seiten der beklagten Parteien, wegen S 7,459.579,94 samt Anhang, infolge Revisionen beider Parteien und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 5. Dezember 1990, GZ 2 R 218/90-94, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. Juni 1990, GZ 13 Cg 110/85-88 teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 14.452,13 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin die mit S 27.762,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Bank nimmt die beiden Beklagten als unbedingte erbserklärte und eingeantwortete Miterben nach ihrer Mutter Maria T***** aus der Übernahme persönlicher Haftungen der am 1. Jänner 1983 verstorbenen Erblasserin für Kredit- bzw. Darlehensverbindlichkeiten ihres Sohnes, des Bruders der beiden Beklagten, Reinhard T*****, auf Zahlung eines Betrages von restlich S 7,459.579,94 s.A. in Anspruch. Es ist unbestritten, daß die beiden Beklagten als Miterben für die Nachlaßverbindlichkeiten solidarisch haften.

Reinhard T***** war bis zum Jahr 1986, als am 2. Oktober über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, Einzelunternehmer. Er hatte bei der klagenden Partei Kredit bzw. Darlehen in Anspruch genommen. Gegenstand dieses Verfahrens sind seine Verbindlichkeiten aus zwei Darlehens- bzw. Kreditverträgen. Die klagende Partei hat mit ihrer Klage am 5. Juli 1985 die jeweils per 31. März 1985 auf dem Konto 0/047170/000 - in der Folge als Konto A bezeichnet - mit S 6,555.461,64, verzinslich mit 9,5 % p.a. ab 1. April 1985, sowie auf dem Konto 0/047170/040 - im folgenden als Konto B bezeichnet - mit S 907.468,75 samt 9 % Zinsen p.a. ab 1. April 1985 geltend gemacht. Daraus ergibt sich der ursprüngliche Klagebetrag von S 7,462.930,39 s.A.

Darüber ist am 11. September 1985 (ON 2) gegen den ursprünglich drittbeklagten Hauptschuldner Reinhard T***** ein Versäumungsurteil ergangen. Nach zwei Einschränkungen infolge von Teilzahlungen des Hauptschuldners zugunsten des Kontos A, welche größtenteils auf Zinsen angerechnet wurden, ergibt sich der restliche Kapitalsbetrag von S 7,459.579,94 s.A.

Die klagende Partei brachte zur Begründung ihres Anspruches im wesentlichen vor, Maria T***** habe für ein "Kreditengagement" des Reinhard T***** die persönliche Haftung übernommen und einen Deckungswechsel in blanko samt Wechselverwendungserklärung unterfertigt. Das Konto A betreffe einen Kontokorrentkredit, der nach vereinbarungswidriger Überziehung des Kreditrahmens von 4 Mio S am Todestag der Maria T***** mit mehr als 8 Mio S ausgehaftet habe. Maria T***** habe sich verpflichtet, auch über den Kreditrahmen hinaus für alle, auch zukünftige Forderungen der klagenden Partei aus diesem Kreditverhältnis zu haften. Bezüglich des Kontos B sei Reinhard T***** ein Darlehen von 1,5 Mio S zugezählt worden, wovon am Todestag der Maria T***** trotz Fälligstellung noch S 1,150.000,-- nicht zurückgezahlt worden seien. Im Verlassenschaftsverfahren sei am 30. Jänner 1984 "mit dem Nachlaß" eine "Rückführungsvereinbarung" getroffen worden. Beiden Beklagten seien "die Bürgschaftsverständigungen" zugekommen. Sie hätten die Salden dadurch anerkannt, daß sie diesen trotz der ihnen zugesandten Kontoauszüge nicht widersprochen hätten, und sie seien auch "an das Nichtwidersprechen des Drittbeklagten" gebunden und müßten sich jegliche Kontoverfügung desselben anrechnen lassen. Einwände zur Höhe der Schuld, betreffend den Zeitraum vor der unbedingten Erbserklärung - die Erbserklärungen wurden am 31. August 1983 abgegeben -, seien nicht zulässig, zumal weder der Kreditnehmer noch die Erblasserin die Kreditsalden gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen reklamiert hätten.

Die beiden Beklagten und ihre Nebenintervenientin - sie erwartet Amtshaftungsansprüche aus der Tätigkeit des Gerichtskommissärs wegen nicht ausreichender Belehrung über die Folgen unbedingter Erbserklärungen - haben die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Die durch ein Wechselakzept übernommene persönliche Haftung der Maria T***** sei mit dem Kreditrahmen von 4 Mio S und weiteren 2 Mio S beschränkt gewesen; eine Bürgschaft habe Maria T***** nie übernommen; keinesfalls könnten nachträgliche Kreditausweitungen zu Lasten der "Bürgin" gehen; die Bank hätte die Überziehungen nicht zu ihrem Nachteil zulassen dürfen. Eine von Maria T***** allenfalls übernommene Bürgschaft sei wegen eines von der klagenden Bank veranlaßten Irrtums über die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners bzw. wegen einer Verletzung der Warnpflicht der Bank gegenüber der Bürgin unwirksam. Im übrigen habe die klagende Partei in unzulässiger Weise Zahlungsverpflichtungen aus anderen Schuldverhältnissen des Reinhard T***** auf das Kreditkonto A gebucht. Für Zinsen, deren Eintreibung beim Hauptschuldner unterblieben sei, hafte ein Bürge nicht. Bezüglich des Darlehens - der auf Konto B aufscheinende Saldo blieb der Höhe nach unbestritten - sei es allerdings richtig, daß Maria T***** die persönliche Haftung übernommen habe; die Darlehensrückzahlung sei aber nicht fällig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen:

1. Zum Konto A wurden Reinhard T***** auf der Grundlage des Kreditanbotes vom 1. April 1980, angenommen am 17. April 1980,

a) ein Kontokorrentkredit von 4 Mio S und

b) ein Wechselkredit von 2 Mio S "zugezählt".

2. Dem aufgrund des Kreditantrages vom 15. Juli 1980 dem Reinhard T***** gewährten Darlehen, dessen Saldo auf dem Konto B per 31. März 1985 in der Klage richtig angegeben wird, traten Maria T***** und Josef T***** (der Vater der Beklagten) als Bürgen bei, bzw. sind sie gemeinsam mit dem Zweitbeklagten eine gesamtschuldnerische Haftung eingegangen.

3. Am 15. Juli 1980 hat die klagende Partei dem Reinhard T***** zum Konto 0/047170/041 (weder mit A noch mit B identisch) noch einen Darlehensbetrag von 2 Mio S mit einer Rückzahlungsrate von

S 16.667,-- monatlich, beginnend mit 1. September 1980, gewährt. Diesen Kredit hat Reinhard T***** laut Wechsel und Wechselverwendungserklärung allein "angenommen".

4. Mit ihrem Schreiben vom 20. Februar 1981 holte die klagende Partei weitere Sicherheiten ein. Dabei hat Maria T***** eine "Wechselbürgschaft" übernommen, eine Wechselverwendungserklärung unterfertigt und das Kreditzusageschreiben bzw. das Kreditgeschäft durch Unterfertigung der Kreditzusage zur Kenntnis genommen.

5. Aus dem Gutachten des Sachverständigen *****geht hervor, daß Beträge von zusammen S 2,714.352,76, die dem Konto A nicht anlastbar sind, ausgeschieden werden müssen, so daß sich per 30. April 1986 nur ein Forderungssaldo von S 1,708.747,31 zugunsten der klagenden Partei auf dem Konto A ergibt.

6. Es kann nicht festgestellt werden, daß Maria T***** die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei bekannt waren.

7. Die klagende Partei hat bei ihren Ermittlungen selbst erkannt, daß die Liquidität des Unternehmens von Reinhard T***** ab 1976 negativ war; 1982 erfolgte der "große wirtschaftliche Einbruch".

In seiner rechtlichen Begründung führte das Erstgericht aus, die Geschäftsbedingungen seien nicht als Bestandteil der Maria T***** treffenden Verpflichtungen anzusehen. Habe eine Kreditunternehmung bereits Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Kreditnehmers, gewähre sie ihm aber wegen der von dritter Seite geleisteten Sicherheit trotzdem noch einen Kredit, treffe sie ausnahmsweise eine Warnpflicht. Der klagenden Partei hätte im Zuge sorgfältigerer und reicherer Prüfungen schon 1980 völlig klar sein müssen, daß der Hauptschuldner Reinhard T***** die hohen Kredite nicht mehr zurückzahlen könne. Den viel zu hohen Verschuldungsgrad hätte die klagende Partei aber auch durch die Umschuldungstransaktionen vom Konto A zu anderen Konten nach der "Loch-auf-Loch-zu-Methode" erkennen müssen, spätestens im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme im Mai 1981. Da der klagenden Partei gegenüber Maria T***** eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten sei, müsse das gesamte Klagebegehren abgewiesen werden.

Das Berufungsgericht erkannte die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand und solidarisch mit dem seinerzeitigen Drittbeklagten Reinhard T***** schuldig, der klagenden Partei S 907.468,75 s.A. zu bezahlen; das Mehrbegehren wies es ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Die Berechtigung der Feststellungs- und Beweiswürdigungsrüge der klagenden Partei könne auf sich beruhen, weil die Abweisung der Klage bezüglich des Teilbetrages A schon wegen Mangels einer zivilrechtlichen Bürgschaft der Maria T***** zu bestätigen sei, für den Darlehensbetrag B aber diese Rüge ohne Bedeutung sei. Zum Konto A sei weder aus den Feststellungen des Erstgerichtes, noch aus den dieses Kreditgeschäft betreffenden Urkunden abzuleiten, daß Maria T***** eine zivilrechtlich wirksame Bürgschaft für die Schuld ihres Sohnes Reinhard T***** übernommen habe. Den vorgelegten Urkunden könne nur entnommen werden, daß die klagende Partei am 20. Februar 1981 zu den schon erbrachten Sicherheiten auch noch einen Deckungswechsel samt Widmungserklärung verlangt, daß Maria T***** den Inhalt dieses Schreibens und den Inhalt des Kreditvertrages vom 1./17. April 1980 zur Kenntnis genommen, einen Blankowechsel akzeptiert (nicht bloß als Bürgin unterfertigt) und eine Wechselverwendungserklärung unterzeichnet habe. Die Wechselbürgschaft sei ein eigener wechselrechtlicher Vertrag zwischen Wechselgläubiger und Wechselbürgen, auf den die zivilrechtlichen Bürgschaftsregeln grundsätzlich nicht anwendbar seien. Unterschreibe der Wechselzeichner nicht als Wechselbürge, sondern als Aussteller, Akzeptant oder Indossant, materiell aber zur Sicherung einer fremden Schuld, so liege eine sogenannte "verkleidete Wechselbürgschaft" vor. Hier richte sich die Haftung gegenüber dem Wechselinhaber (der klagenden Partei) nach dem Skripturakt, und es sei im Zweifel nicht anzunehmen, daß auch eine Bürgschaftsverpflichtung nach bürgerlichem Recht übernommen worden sei. Das bloße Eingehen der Wechselverbindlichkeit sei weder Bürgschaft noch Schuldbeitritt. Im Einzelfall könne zwar auch ein Bürgschaftsvertrag gegeben sein, doch habe die klagende Partei nichts vorgebracht, was zusätzlich bzw. abweichend von dem schon wiedergegebenen Urkundeninhalt auf die Übernahme einer zivilrechtlichen Bürgschaft durch Maria T***** schließen lasse. Anders verhalte es sich mit dem Darlehenskonto B. Der hiezu vorgelegten Urkunde sei klar zu entnehmen, daß Maria T***** schon den Antrag ihres Sohnes Reinhard T***** vom 15. Juli 1980 auf Gewährung eines Darlehens von 1,5 Mio S, rückzahlbar in 120 Monatsraten ab 1. September 1980 und sofort fälligstellbar im Todesfall des Kreditnehmers oder des Bürgen, als Bürgin unterfertigt und zugleich die gesamtschuldnerische Haftung für alle Verpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt - Juli 1980 - könne auch nach den Feststellungen des Erstgerichtes keine Rede von einer Verletzung der Warnpflicht der klagenden Partei gegenüber Maria T***** sein, zumal damals noch nicht einmal die Unternehmensbilanz des Hauptschuldners für 1980 vorgelegen sei. Eine Bank sei nicht verpflichtet, einen Bürgen vor dem Abschluß eines Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Schuldners aufzuklären. Es sei grundsätzlich nicht Sache einer Kreditunternehmung, einem Kunden, der mit einem anderen Kunden Geschäfte abschließe, die ein Risiko enthalten, Mitteilungen über die Vermögensverhältnisse des letzteren zu machen. Solche Mitteilungen seien im Verhältnis zwischen Mutter und Sohn, wie hier, wo die Kenntnis der Vermögensverhältnisse wohl vorauszusetzen sei, auch gar nicht notwendig. Nur dann, und zwar ausnahmsweise und mit entsprechenden Vorbehalten, werde eine Warnpflicht der Bank angenommen, wenn diese bereits Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Kreditnehmers habe, ihm aber wegen der von einem Dritten geleisteten Sicherheit trotzdem noch einen Kredit gewähre, oder wenn sie aufgrund ihrer Kenntnis der wirtschaftlichen Situation des Hauptschuldners von vornherein weiß, daß er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur seinerzeitigen Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein werde und sie daher den Bürgen allein, abweichend von der banküblichen Funktion einer Bürgschaft, werde in Anspruch nehmen müssen. Warum der Darlehensbetrag auch bei Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht fällig gewesen sein soll, bleibe unerfindlich.

Die Revisionen beider Parteien und auch der Nebenintervenientin sind nicht berechtigt.

Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Revisionsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision der klagenden Partei:

Die zweite Instanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß die klagende Partei von Reinhard T***** zur Sicherung der ihm gewährten Kredite ("Kontokorrentkreditlinie") über ÖS 4 Mio, "Wechselkreditlinie" über ÖS 2 Mio, unter anderem einen von seiner Gattin Ingeborg und seinen Eltern Josef und Maria T***** unterfertigten Deckungswechsel in blanko samt Widmungserklärung gefordert hat; daß dies die Genannten zur Kenntnis genommen, einen Blankowechsel angenommen und ihn der klagenden Partei mit der Wechselverwendungserklärung übergeben haben, die klagende Partei sei berechtigt, das Blankoakzept in Höhe ihrer noch offenen Forderungen auszufertigen, fälligzustellen und geltend zu machen (Beilagen L, M, N und O). Es ist keine Frage, daß die klagende Partei ihre Forderung als Wechselforderung geltend machen könnte. Aus der Wechselverbindlichkeit aber hat die klagende Partei die Beklagten nicht in Anspruch genommen, wurde doch der Blankowechsel von ihr (bisher) gar nicht ausgefüllt. Durch die Begebung eines Blankowechsels allein entsteht jedoch noch keine Wechselverpflichtung; die Berechtigung und die Verpflichtung aus diesem Papier wird vielmehr erst mit der Vervollständigung wirksam, dann allerdings unter Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Begebung (SZ 53/40 mwN). Es ist durchaus richtig, daß es dem Gläubiger überlassen bleibt, ob er bei Einklagung eines Wechsels die Erlassung eines Zahlungsauftrages beantragt oder nicht, und daß dann, wenn er keinen solchen Antrag stellt, über die Klage, falls sie sich hiefür eignet, das allgemeine Gerichtsverfahren einzuleiten ist (SZ 40/39). Doch hat die klagende Partei nicht eine - noch gar nicht

bestehende - Wechselforderung eingeklagt. Sie macht vielmehr geltend, das von Maria T***** unterfertigte Blankoakzept inkludiere in Verbindung mit der Wechselwidmungserklärung auch eine zivilrechtliche Bürgschaft bzw. einen Schuldbeitritt.

Das Berufungsgericht ist dieser Ansicht zu Recht nicht gefolgt. Gewiß kann zwischen den Parteien des Grundgeschäftes eine Wechselverbindlichkeit aufgrund eines Deckungswechsels nur geltend gemacht werden, wenn durch ein außerhalb des Wechsels liegendes Faktum eine Forderung des Wechselgläubigers entstanden ist. Das Grundgeschäft für die von Maria T***** übernommene Wechselverpflichtung muß aber nicht in einem Bürgschaftsvertrag oder Schuldbeitritt bestehen. Maria T***** hat zur Sicherung des von der klagenden Partei ihrem Sohn Reinhard gewährten Kredites ein Wechselblankett angenommen und die klagende Partei ermächtigt, das Blankoakzept in der Höhe ihrer noch offenen Forderungen auszufertigen, fälligzustellen und geltend zu machen. Sie hat damit (Grundgeschäft) die Verbindlichkeit eines Akzeptanten eines Wechsels zur Sicherung der Darlehensschuld ihres Sohnes übernommen. Diese sogenannte "verkleidete Wechselbürgschaft" (SZ 59/193 mwH, Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1346 mwH; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 8 zu § 1346; Ehrenzweig2 II/1, 114 f) hat zwar eine gewisse funktionelle Verwandtschaft mit der Bürgschaft, ist jedoch von dieser verschieden; es handelt sich um eine Sicherungsabrede eigener Art (SZ 59/193 mwH). Das Eingehen einer Wechselverbindlichkeit als Akzeptant, um für eine fremde Schuld wechselmäßig einzustehen, ist weder als Bürgschaft noch als Schuldbeitritt zu beurteilen (EvBl 1978/102). Im Zweifel ist nicht anzunehmen, daß durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung auch nach bürgerlichem Recht übernommen werden soll (Gamerith aaO mwH; SZ 53/75 mwH). Die Übernahme einer Wechselbürgschaft begründet vielmehr nur dann eine Haftung auch nach bürgerlichem Recht, wenn dies von den Parteien vereinbart wurde (SZ 53/75 mwH; zustimmend Ostheim in der Anm zur Entscheidung ÖBA 1990/206, 215). Derartiges geht aus den Feststellungen, insbesondere aus den vorgelegten Urkunden nicht hervor.

Der Revision der klagenden Partei ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision der Beklagten und der Nebenintervenientin:

Ein Vorbringen darüber, daß Eingänge auf dem nicht klagegegenständlichen Konto 0/047170/041 von zusammen S 1,037.297,-- auf dem Konto "B" gutzubringen gewesen wären, haben die Beklagten im Verfahren vor dem Erstgericht nicht erstattet, und zwar auch nicht im Schriftsatz vom 17. April 1989, ON 67. Neuerungen aber dürfen im Rechtsmittelverfahren nicht vorgebracht werden. Die Beklagten haben auch keine Behauptungen in der Richtung aufgestellt, daß die klagende Partei die vierteljährliche Zinsabrechnung des Kontos B auch nach dem 31. Dezember 1984 über das Konto A vorzunehmen gehabt hätte. (Bemerkt sei, daß Reinhard T***** die vereinbarten Rückzahlungsraten auf das Konto B ab dem November 1984 nicht mehr geleistet hat.)

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führen die Beklagten aus, der Darlehensantrag vom 15. Juli 1980, Beilage R, enthalte zwei verschiedene Grundlagen für eine Haftung der Maria T*****, und zwar oberhalb ihrer Unterschrift die Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung, darunter jedoch die einer Bürgin; die letztere werde auch im Wechsel Beilage T und in der Wechselverwendungserklärung Beilage S zum Ausdruck gebracht. Ganz abgesehen davon aber, daß auch der gesamtschuldnerische Bürge ein Bürge ist (§ 1357 ABGB; vgl auch Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 888 und Rz 8 zu § 891), haftet auch der wechselrechtliche Bürge als Gesamtschuldner neben den übrigen Wechselverpflichteten, also kumulativ und nicht nur subsidiär (§ 32 WG; Stanzl, Wechsel-, Scheck- und Wertpapierrecht, 73; Staub-Stranz, Wechselgesetz, 337). Eine Unklarheit kann daher in der Formulierung der Urkunde Beilage R nicht gefunden werden.

Zutreffend schließlich hat das Berufungsgericht die Ansicht vertreten, daß eine Bank grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Bürgen vor dem Abschluß des Bürgschaftsvertrages über die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners aufzuklären, und daß nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Kenntnis der Bank von der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder dessen unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch, eine Warnpflicht der Bank angenommen werden kann (EvBl 1984/160, EvBl 1983/128). Während nun die Verpflichtungserklärung der Maria T***** vom Juli 1980 datiert, ist der wirtschaftliche Zusammenbruch des Hauptschuldners nach den Feststellungen erst 1982 eingetreten; eine Warnpflicht der klagenden Partei kann schon danach nicht angenommen werden. Dazu kommt, daß die klagende Partei die Mithaftung der Maria T***** als der Mutter des Hauptschuldners begehrt hat, von der sie mit Grund annehmen durfte, sie sei über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ihres Sohnes Reinhard T*****, des Hauptschuldners, informiert. Bestand zwischen der Person des Schuldners zu der des Bürgen eine besondere Nahebeziehung„ so daß erwartet werden konnte, daß der Bürge deswegen für den Schuldner zur Überbrückung einer Geld-Schwierigkeit einzustehen bereit ist, kann eine Aufklärungs- und Warnpflicht nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden (WBl 1987, 211; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 15 zu vor §§ 918 bis 933). Derartige Umstände aber lagen nach den Feststellungen im Jahr 1980 noch nicht vor.

Auch die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin erweisen sich damit als unberechtigt.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO. Der klagenden Partei waren die Kosten der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortungen abzüglich der von der Beklagten erstatteten Revisionsbeantwortung zuzusprechen, die Kosten der von der Nebenintervenientin erstatteten Revisionsbeantwortung aber aufzuerlegen. Die Nebenintervenientin selbst trifft keine Kostenersatzpflicht (Fasching II 316 f).

Anmerkung

E26259

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00537.91.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19910627_OGH0002_0070OB00537_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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