Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Glatz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dagmar Franziska B***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde gemäß § 494 a StPO der Angeklagten gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.Februar 1991, GZ 5 c Vr 12.079/90-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Dagmar Franziska B***** wurde der Verbrechen der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z 1 StGB (A) und der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (B) schuldig erkannt. Darnach hat sie am 27. und 28.November 1990 in Wien den Feuerwehroffizier Peter L***** durch die Drohung mit der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz und gesellschaftlichen Stellung zur Übergabe von 50.000 S zu nötigen versucht (A) und hernach die von L***** eingeschalteten und die an ihm begangene versuchte schwere Erpressung verfolgenden Polizeibeamten bewußt fälschlich dahin informiert, daß Täterin derselben Gabriele C***** gewesen sei (B).
Die in der Hauptverhandlung voll geständige Angeklagte erhebt nunmehr gegen den Schuldspruch der schweren Erpressung (A) Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge (Z 10), welche sich gegen die Qualifikation einer schweren Erpressung (§ 145 Abs. 1 Z 1 StGB) wendet, legt ihren Rechtsausführungen prozeßordnungswidrig nicht den gesamten festgestellten Sachverhalt zugrunde. Geht sie doch, soweit es die Bedrohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung des Feuerwehroffiziers betrifft, überhaupt nur von der Bekanntmachung seines außerehelichen Geschlechtsverkehrs und soweit es die angedrohte Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz betrifft, nur von einem solchen während der Dienstzeit (Bereitschaft) aus und verschweigt, daß der Ort des davon betroffenen Geschehens festgestelltermaßen auch der Dienstort des Feuerwehroffiziers war (US 6). Ferner mißt die Beschwerde die Drohung nicht an ihrem von der Angeklagten gewollten und festgestellten Inhalt (US 7), sondern daran, wie nach der Tat der Vorgesetzte des Bedrohten und die Medien sich dazu verhalten haben. Sie geht ferner nicht von der tatsächlichen (= existenten) wirtschaftlichen Lage des Bedrohten aus, sondern erschöpft sich in Spekulationen, inwieweit (nach der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz) ein Feuerwehroffizier imstande wäre, sich zukünftig eine neue wirtschaftliche Basis aufzubauen. Zuletzt hält die Beschwerde familiäre Schwierigkeiten auf Grund des Bekanntwerdens eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs für die (tatbildmäßig relevante angedrohte Vernichtung der) Stellung in der Gesellschaft für irrelevant, übersieht aber dabei die Konstatierung, daß durch die angekündigte Publizierung des Verhaltens des Feuerwehroffiziers L***** im Dienst und am Dienstort seiner allgemeinen und von der Beschwerde auch zuerkannten hohen Wertschätzung (Ruf) die Zerstörung drohte.
Die L***** drohende Entlassung aus seinem Beruf ist keineswegs unzureichend begründet (Z 5), weil - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht nur angekündigt wurde, sein Verhalten (außerehelicher Geschlechtsverkehr) zur Dienstzeit (nach der Beschwerde: nur während des Bereitschaftsdienstes) dem Vorgesetzten kundzutun, sondern auch, daß dies alles am Dienstort geschehen ist und ferner, daß darüber existierende Videoaufzeichnungen der Presse zugespielt werden sollten.
Ob aber die Medien das ihnen zugekommene Bildmaterial auf Grund seines Inhalts wirklich veröffentlicht hätten, betrifft ebensowenig eine entscheidende Tatsache (Z 5) wie jene, ob neben der gesellschaftlichen, dem Beschuldigten auch die Vernichtung seiner familiären Position drohte, ferner inwieweit L***** - wie die Beschwerde noch ausführt - durch den außerehelichen Geschlechtsverkehr in seiner "Einsatzbereitschaft" als Feuerwehrmann beeinträchtigt war und letztlich, welche Chancen der Erpreßte nach Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz in Zukunft noch hatte.
Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde teils als unbegründet und teils nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, weshalb sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 (iVm § 285 a Z 2) und Z 2 StPO zurückzuweisen war.
Damit ist das zuständige Oberlandesgericht sowohl zur Erledigung der Berufung als auch der gemäß § 494 a Abs. 4 StPO erhobenen Beschwerde zuständig.
Anmerkung
E27260European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0120OS00068.91.0627.000Dokumentnummer
JJT_19910627_OGH0002_0120OS00068_9100000_000