TE OGH 1991/7/10 3Ob504/91

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Veröffentlicht am 10.07.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** reg.Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Franz K***** und 2. Dr.Ilse K*****, vertreten durch Dr.Hans-Jörg Schachner und andere, Rechtsanwälte in Melk, wegen 720.497,18 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7.September 1990, GZ 3 R 90/90-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 26.Jänner 1990, GZ 3 Cg 182/89-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 21.630 S (darin 3.605 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten kauften im November 1982 von der klagenden Partei als Wohnungseigentumsorganisatorin Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft und vereinbarten zugleich mit den übrigen Käufern die Begründung des Wohnungseigentums an einer bestimmten Wohnung. In dem Kaufvertrag wurde vereinbart, daß die Käufer die auf der gekauften Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Schulden, darunter (III c) die Schuld gegenüber dem Land Niederösterreich aus einem nach dem WFG 1968 gewährten Darlehen in der Höhe von 10,741.000 S samt 0,5 % Zinsen, 9 % Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung von 1,074.100 S, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen. Im Kaufvertrag heißt es sodann:

"VI. Die Käufer übernehmen, in Kenntnis der Darlehensbedingungen, die auf ihre Miteigentumsanteile entfallenden, in Punkt III.

bezeichneten Lasten......und erklären gem. § 1405 ABGB unter

übernahme der persönlichen Haftung, daß sie die in Punkt III.

genannten Darlehen zur ungeteilten Hand übernehmen, sowie an

Stelle der Verkäuferin in die Schuldverhältnisse mit dem

Bundesland Niederösterreich......eintreten und verpflichten sich

die übernommenen Darlehen unter den in den Schuldscheinen angeführten Bedingungen zurückzuzahlen und die Verkäuferin hinsichtlich aller sich aus den Schuldurkunden ergebenden Verbindlichkeiten schad- und klagslos zu halten.

XIII. Die Käufer erklären, daß ihre persönlichen Verhältnisse den Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 in der jeweils gültigen Fassung entsprechen, daß sie bereit und in der Lage sind, die Fremdmittel abzustatten."

Da das Einkommen der Beklagten die im § 8 Abs 3 WFG 1968 festgesetzten Grenzen wesentlich überstieg, kündigte das Land Niederösterreich das der klagenden Partei gewährte Darlehen mit einem Schreiben vom 27.11.1986 gemäß § 13 Abs 1 lit g WFG 1968 unter Setzung einer Frist von "mindestens" sechs Monaten in dem Umfang auf, in dem es die Beklagten zur Zahlung übernommen hatten, und forderte die klagende Partei auf, den aushaftenden Betrag von 720.497,18 S bis 30.6.1987 einzuzahlen.

Die klagende Partei begehrte von den Beklagten die Bezahlung des angeführten Betrages samt 8 % Zinsen ab 1.7.1987. Die Beklagten hätten die übernommene Schuld trotz Aufforderung nicht bezahlt, weshalb der Kaufpreis noch mit dem eingeklagten Betrag aushafte.

Die Beklagten wendeten ein, daß sie der klagenden Partei schon vor Abschluß des Kaufvertrages die Unterlagen über ihr Einkommen übergeben hätten. Diese habe es unter Verletzung ihrer nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten unterlassen, sie über die für die Förderung maßgebenden Einkommensgrenzen zu unterrichten. Hätten sie gewußt, daß sie nicht förderungswürdig seien, hätten sie den Vertrag nicht geschlossen. Mit der klagenden Partei sei vereinbart worden, daß die übernommenen Darlehen in monatlichen Raten zurückzuzahlen seien, weshalb die klagende Partei nicht den gesamten Darlehensbetrag fordern könne. Da sie in der Höhe des eingeklagten Betrages ein Darlehen aufnehmen müßten, das um etwa 8 % höher als das geförderte Darlehen zu verzinsen sei, hätten sie während der mit zumindest 30 Jahren anzunehmenden Laufzeit des geförderten Darlehens einen Schaden von jährlich durchschnittlich 28.320 S und daher ingesamt

849.600 S. Außerdem hätten sie für die Wohnung unter Berücksichtigung von Investitionen und Rückzahlungen bisher 1,668.958,30 S aufgewendet. Bei einem Verkauf könnte voraussichtlich nur ein Kaufpreis von 1 Million Schilling erzielt werden, zumal der Käufer andere Darlehen übernehmen müsse. Es sei ihnen daher ein weiterer Schaden von 668.958,30 S entstanden. Beide Schadenersatzforderungen würden aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei eine Erfüllungsübernahme gemäß § 1404 ABGB vereinbart worden. Da die klagende Partei die Schuld an das Land Niederösterreich noch nicht bezahlt habe, könne sie auf Grund dieser Erfüllungsübernahme die Beklagten nur auf Leistung an den Darlehensgläubiger klagen. Das auf Zahlung an sie selbst gerichtete Klagebegehren sei daher nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht stellte infolge Berufung der klagenden Partei fest, daß deren Forderung gegen die Beklagten mit 720.497,18 S samt 4 % Zinsen seit 1.7.1987 zu Recht und die von den Beklagten eingewendeten Gegenforderungen von 849.600 S und 668.958,30 S nicht zu Recht bestehen, erkannte die Beklagten unter Abweisung des Zinsenmehrbegehrens zur ungeteilten Hand schuldig, dem Land Niederösterreich 720.497,18 S samt 4 % Zinsen seit 1.7.1987 zu bezahlen, und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die aus dem Kaufvertrag abzuleitende befreiende Schuldübernahme sei nicht zustande gekommen, weil der Gläubiger durch die Kündigung schlüssig zum Ausdruck gebracht habe, daß er ihr nicht zustimme. Aus der jedoch wirksam vereinbarten Erfüllungsübernahme habe die klagende Partei zwar keinen Anspruch auf Zahlung an sich selbst, das Klagebegehren sei jedoch von Amts wegen richtigzustellen. Da sich aus den Urkunden kein vertraglicher Anspruch des Landes Niederösterreich auf Verzugszinsen ergebe, könnten nur die gesetzlichen Verzugszinsen zugesprochen werden. Wegen der Verletzung von nebenvertraglichen Schutz- und Sorgepflichten, die von den Beklagten zur Begründung der eingewendeten Gegenforderungen geltend gemacht wurden, könne nur der Ersatz des negativen Vertragsinteresses, also des Schadens, der bei Unterbleiben der Irreführung nicht eingetreten wäre, begehrt werden. Die Beklagten hätten aber nicht dargetan, daß sie besser dagestanden wären, wenn sie den Vertrag nicht abgeschlossen hätten. Der Irrtum habe nicht bewirkt, daß sie deshalb das zinsgünstigere öffentliche Darlehen nicht erhielten. Ihr Begehren ziele darauf ab, so gestellt zu werden, wie wenn ihnen das Förderungsdarlehen gewährt worden wäre. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses stehe ihnen aber nicht zu. Überdies sei der behauptete Schaden noch nicht entstanden, weil sie das teurere Darlehen noch nicht aufgenommen und die Wohnung noch nicht verkauft hätten. Es bestehe kein Anspruch auf Vetrtragsanpassung, weil nicht anzunehmen sei, daß die klagende Partei bei Vertragsabschluß bereit gewesen wäre, den Beklagten den durch das Darlehen des Landes Niederösterreich gedeckten Betrag zu denselben Konditionen wie dieses zur Verfügung zu stellen.

Die von den Beklagten gegen dieses Urteil des Beurufungsgerichtes erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In der Revision gehen die Beklagten selbst davon aus, daß im Verhältnis zur klagenden Partei eine Erfüllungsnahme gemäß § 1404 vorliegt. Da das Klagebegehren in dem Umfang, in dem ihm das Berufungsgericht stattgegeben hat, auf Grund dieses Rechtsgrundes berechtigt ist und die klagende Partei die Abweisung des Mehrbegehrens, zu dem auch die - im Berufungsurteil enthaltene, wenn auch nicht ausdrücklich ausgesprochene Abweisung des Begehrens auf Zahlung an die klagende Partei selbst gehört, nicht angefochten hat, bedarf es keiner Stellungnahme zu den Ausführungen in der Revisionbeantwortung, in denen die klagende Partei darzutun versucht, daß das Klagebegehren aus einem anderen Rechtsgrund als dem der Erfüllungsübernahme berechtigt wäre.

Die von den Beklagten in der Revision bekämpfte Meinung des

Berufungsgerichtes, daß das Klagebegehren bei Erfüllungsübernahme

von Amts wegen auf Zahlung an den Gläubiger richtiggestellt

werden könne, wenn von vornherein feststeht, daß der Schuldner

seinerseits Zahlungen noch nicht geleistet hat, entspricht der

Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 18/74; MietSlg

34.297). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlaß, hievon

abzugehen, zumal es auch ständige Rechtsprechung ist, daß statt auf Zahlung an den Kläger auf Erlag zu Gericht (oder bei einem Notar) erkannt werden kann (JBl 1980, 318; SZ 56/194 ua). Die Beklagten verkennen, daß in dem angefochtenen Urteil nicht ein Anspruch des Landes Niederösterreichs begründet, sondern ein solcher der klagenden Partei, wenn auch auf Leistung an einen Dritten, festgestellt wird, weshalb die Aufrechnung mit Forderungen gegen diese weiterhin möglich ist (Rummel in Rummel, ABGB II Rz 17 zu § 1441; SZ 7/199; JBl 1967, 523). Der Einwand, daß sie mit der klagenden Partei die Zahlung von Raten vereinbart hätten, ist dadurch überholt, daß sie im Punkt VI. des Kaufvertrages die Bezahlung der Darlehensschuld zu den Bedingungen des Darlehensvertrages übernommen haben und daher die - von ihnen in der Revision selbst als gerechtfertigt bezeichnete - Aufkündigung des Darlehensvertrages gegen sich gelten lassen müssen. Die in diesem Zusammenhang in der Revision angestellten Überlegungen und Schlußfolgerungen sind daher nicht zielführend.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes ergibt sich aus dem Kaufvertrag auch, daß mit dem Land Niederösterreich die Bezahlung von 9 % Verzugszinsen vereinbart wurde. Die Beklagten sind daher durch den im Berufungsurteil enthaltenen Zinsenzuspruch nicht beschwert, weil der klagenden Partei ohnedies nur die niederen gesetzlichen Verzugszinsen zugesprochen wurden.

Die von den Beklagten als Gegenforderungen eingewendeten Schadenersatzansprüche können schon deshalb nicht als bestehend festgestellt werden, weil die Revisionswerber den Eintritt eines ersatzfähigen Schadens nicht dargetan haben. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannte, war der eingewendete Schaden aus der Differenz zwischen den Zinsen eines nicht geförderten Darlehens zu den Zinsen des geförderten Darlehens zumindest zum maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch nicht entstanden, weil sie ein solches Darlehen noch nicht aufgenommen hatten und wohl auch jetzt noch nicht aufgenommen haben. Da die bloß theoretische Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts, das ist die Möglichkeit des erst späteren Entstehens einer Verbindlichkeit, einen Ersatzanspruch nicht begründet (SZ 52/146), ist hier nicht zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein in dem erörterten Zusammenhang bereits eingetretener Schaden zu ersetzen wäre.

Mit dem Schaden, den die Revisionswerber darin erblicken, daß sie von einem Käufer ihrer Miteigentumsanteile nicht jenen Betrag erhalten könnten, den sie selbst aufgewendet haben, machen sie den Vertrauensschaden (das negative Vertragsinteresse) geltend, also jene Vermögensnachteile, die ohne das von ihnen behauptete schuldhafte Verhalten der klagenden Partei nicht entstanden wären. Der Ersatz des Vertrauensschadens kann aber nur begehrt werden, wenn der Vertrag nicht zustandegekommen oder ungültig ist (Koziol-Welser I8 411; Reischauer in Rummel, ABGB Rz 14 zu § 1293). Da der Vertrag hier wirksam abgeschlossen wurde, könnten die Beklagten den Ersatz des Vertrauensschadens nur begehren, wenn sie die Ungültigkeit dieses Vertrages geltend gemacht hätten. Dies ist jedoch nicht geschehen, von ihnen im übrigen auch offensichtlich nicht beabsichtigt und wegen § 1487 ABGB auch nicht mehr möglich.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E26488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00504.91.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19910710_OGH0002_0030OB00504_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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