TE OGH 1991/8/22 15Os75/91

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Veröffentlicht am 22.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.August 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Markel und Dr. Hager als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Murat D***** und Mevlüt K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, zweiter und dritter Fall, sowie Abs. 3 Z 3 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mevlüt K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 30.April 1991, GZ 20 Vr 254/91-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Kosten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten K***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil, das auch einen unangefochtenen Freispruch eines weiteren Angeklagten enthält, wurde Mevlüt K***** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, zweiter und dritter Fall, sowie Abs. 3 Z 3 SGG schuldig erkannt, weil er am 28. Februar 1991 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die zumindest das 25fache jener Menge ausmachte, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, aus- und einführte, indem er 1.480 Gramm Heroin mit einem Heroinbasegehalt von 739,1 Gramm über den Grenzübergang Spielfeld nach Österreich schmuggelte.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten K***** gegen den Schuldspruch erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Zur Verfahrensrüge (Z 4), mit der er sich darüber beschwert, daß der Zeuge Bezirksinspektor KR***** nicht zur Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer nach der dem Zeugen zugegangenen vertraulichen Information nur als "blinder Transporteur" anzusehen sei, verhalten wurde, wiewohl dies ungeachtet der Berufung des Zeugen auf die Amtsverschwiegenheit, von der er nicht entbunden wurde (s S 217), geboten gewesen wäre, mangelt es dem Beschwerdeführer an der Rechtsmittellegitimation. Denn nur hinsichtlich der Frage, wer der Informant war, dem Vertraulichkeit zugesichert worden war, erging auf Antrag des Angeklagten K***** ein Zwischenerkenntnis des Schöffensenates (S 233 f); daß dieses im Ergebnis der Judikatur entspricht (SSt 56/101 = EvBl 1986/135 = JBl 1986, 532), räumt der Beschwerdeführer ein. Die Verfahrensrüge bezieht sich aber (nur) auf die weitere, nach diesem Zwischenerkenntnis an den Zeugen gestellte Frage nach dem Inhalt der Information (über die Rolle des Beschwerdeführers bei dem gegenständlichen Suchtgiftschmuggel) und die Weigerung des Zeugen, sie mangels Entbindung von der Amtsverschwiegenheit zu beantworten. Diese Frage hat der Beschwerdeführer nicht zum Gegenstand eines - ihm freistehenden - Antrages gemacht, den Zeugen dennoch zur Aussage zu verhalten; demgemäß erging darüber auch kein Zwischenerkenntnis des Schöffensenates, das Voraussetzung für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge wäre.

Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mängelrüge, der Sache nach aber auch hier eine Verfahrensrüge (Z 4) ausführend, das Unterbleiben einer Vernehmung der im Punkt 2 seines außerhalb der Hauptverhandlung eingebrachten schriftlichen Beweisantrages vom 24.April 1991 genannten Personen (S 204) über die dort behaupteten Umstände moniert, ist er darauf zu verweisen, daß er einen derartigen Antrag in der Hauptverhandlung nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - wiederholte (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 29 zu § 281 Abs. 1 Z 4); es fehlt ihm demnach auch insoweit die Legitimation zur Geltendmachung der Verfahrensrüge.

Im übrigen wurde eine der beiden im Punkt 2 des schriftlichen Beweisantrages genannten Personen, nämlich Gürsoy K*****, dem Beschwerdevorbringen zuwider ohnedies vorgeladen und in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen (S 249), sodaß es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, ihn auch zu dem im Schriftsatz bezeichneten Beweisthema zu befragen.

Auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht berechtigt.

Das Schöffengericht legte ausführlich dar, daß die Tatumstände der Sicherstellung des Suchtgiftes in einer Reisetasche des Beschwerdeführers im Licht seiner als unglaubwürdig erachteten Verantwortung über die Modalitäten seiner Reise in die Türkei zu den Urteilskonstatierungen führten.

Die Beschwerde vermag nicht aufzuzeigen, daß das Schöffengericht bei Darstellung der mannigfachen Widersprüche in den Aussagen des Beschwerdeführers selbst, zwischen seiner Verantwortung und jener des Mitangeklagten D***** sowie den Bekundungen des Zeugen DE***** nicht aktengetreu vorgegangen sei. Soweit sie aber den vom Erstgericht gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ins Treffen geführten Umständen Beweiswert für einen Schuldspruch abspricht, unternimmt sie einen im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unbeachtlichen Angriff gegen die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes nach Art einer Schuldberufung.

Bei dem Hinweis, daß eine Diskrepanz zwischen seiner Verantwortung vor der Gendarmerie einerseits und jener vor Gericht andererseits damit zu erklären sei, er sei vor der Gendarmerie nicht ausdrücklich danach befragt worden, ob er mit D***** gemeinsam in die Türkei geflogen sei, greift der Beschwerdeführer auf seine vom Schöffengericht insgesamt als unglaubwürdig gewertete Verantwortung zurück und zeigt damit keinen formalen Begründungsmangel auf.

Daß der Beschwerdeführer Familienangehörige über sein Reiseziel belogen hatte - wie das Schöffengericht feststellte -, räumte er (vor dem Untersuchungsrichter) ausdrücklich ein (S 112 a); eine andere Bezeichnung für die Vorgabe, nach Wien zu reisen (in Wahrheit war Istanbul das Ziel), wäre geradezu eine verfälschende Beschönigung, auch wenn er seiner Behauptung zufolge einem einzelnen Familienmitglied das wahre Ziel der Reise mitgeteilt haben sollte.

Soweit die Beschwerde schließlich meint, die - gleichfalls als unglaubwürdig beurteilten - Angaben des Mitangeklagten D***** könnten nicht Grundlage dafür bieten, die Verantwortung des Beschwerdeführers als unglaubwürdig abzutun, löst sie einen Teil der beweiswürdigenden Argumente des Schöffengerichtes aus dem Zusammenhang, wird doch im Urteil vor allem auch auf den Widerspruch zwischen der Verantwortung des Beschwerdeführers und der Aussagen des Zeugen DE***** hingewiesen, dessen Darstellung ersterer, nachdem er ihr vorerst noch vehement entgegengetreten (S 255) und der Zeuge dennoch bei seiner Aussage geblieben war, schließlich als zutreffend anerkennen mußte (S 256).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt:

Der Beschwerdeführer räumt ein, daß im Urteil zur - von ihm bestrittenen - subjektiven Tatseite "auf die Wissens- bzw Willenskomponente des dolus eventualis Bezug genommen" wurde, vermißt jedoch "weitergehende Feststellungen, die tatsächlich die angenommene Verwirklichung der subjektiven Tatseite begründen könnten". Welche zusätzlichen, die subjektive Tatseite betreffenden Feststellungen zur rechtlichen Beurteilung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat jedoch noch erforderlich sein sollten, unterläßt er deutlich und bestimmt zu bezeichnen (§ 285 a Z 2 StPO). Zudem erhellt aus dem Vorbringen, das Urteil lasse nicht erkennen, "aus welchen Erwägungen" das Erstgericht zu seinen Feststellungen gelangt sei, daß die Beschwerde der Sache nach gar nicht auf einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a), sondern auf einen Begründungsmangel (Z 5) abzielt. Hiezu genügt es aber, auf das zuvor Gesagte zu verweisen, zumal der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine nicht bereits behandelten Argumente vorbringt.

Soweit er abschließend völlig unsubstantiiert behauptet, daß (auch) "nicht alle objektiven ... Merkmale des dem Angeklagten zur Last gelegten Deliktes in den tatsächlichen Feststellungen des Urteils ausreichend Deckung" fänden, mangelt es erneut an einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung jenes Tatumstandes, der Nichtigkeit begründen soll.

Aus den angeführten Erwägungen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufungen fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E26421

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00075.91.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19910822_OGH0002_0150OS00075_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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