TE OGH 1991/8/27 5Ob82/91

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Veröffentlicht am 27.08.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Schinko als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Gadi F***** und 2.) Lydia F*****, beide ***** Wien, beide vertreten durch Dr. Josef Ostermayer, Mietervereinigung Österreichs, ***** Wien, wider den Antragsgegner Dr. Robert B*****, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Mai 1991, GZ 48 R 355/90-11, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Februar 1990, GZ 48 Msch 43/89-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsgegner ist Eigentümer des Hauses Wien *****. Die Antragsteller sind aufgrund des Mietvertrages vom 10.3.1988 seit 15.3.1988 Mieter der Wohnung top. Nr.***** in diesem Haus; diese Wohnung hat eine Nutzfläche von 129,4 m2. Zur Zeit der Anmietung dieser Wohnung durch die Antragsteller gehörte die Wohnung der Ausstattungskategorie B an. Der Antragsgegner schrieb den Antragstellern für dieses Bestandobjekt an Hauptmietzins für März 1988 2.000,-- S und für die Zeit ab 1.4.1988 monatlich 4.000,-- S vor. Im Haus ***** befinden sich vier selbständige Wohnungen und darüberhinaus noch weitere, zu Geschäftszwecken vermietete Mietgegenstände.

Mit dem am 25.August 1988 beim Magistratischen Bezirksamt für den 1./8. Bezirk eingebrachten Antrag begehrten Gadi und Lydia F***** die Überprüfung der ihnen vorgeschriebenen Hauptmietzinse. Die Nutzfläche ihrer Wohnung liege unter 130 m2. Für den Fall, daß ein Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 MRG vorliege, bestritten die Antragsteller die Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses.

Der Antragsgegner sprach sich gegen den Antrag aus und wendete ein, daß die Nutzfläche des Bestandobjektes über 130 m2 liege und im übrigen nur vier selbständige Wohnungen im Haus gelegen seien.

Die Antragsteller gaben sich mit der ihren Antrag abweisenden Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden und riefen rechtzeitig das Gericht an.

Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluß eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes in der Zeit vom 15.3.1988 bis 31.3.1988 um 815,99 S, in der Zeit von April bis Oktober 1988 um je 1.631,98 S sowie in den Monaten November 1988 bis einschließlich Juli 1989 um 1.386,12 S fest und verhielt den Antragsgegner zur Rückzahlung nach § 37 Abs 4 MRG von 24.714,86 S samt Umsatzsteuer und Zinsen. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß der Antragsgegner sich nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 4 MRG berufen könne, weil die Wohnung der Ausstattungskategorie B zuzuordnen sei und nur über eine Nutzfläche von 129,4 m2 verfüge. Aber auch der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 a MRG liege nicht vor, weil in dem Haus neben vier Wohnungen weitere, zu geschäftlichen Zwecken vermietete Objekte vorhanden seien. Die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 3 a MRG sei nämlich berichtigend dahin auszulegen, daß das Gebäude insgesamt nur vier Mietgegenstände enthalten dürfe.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß des Rekurses des Antragsgegners den erstgerichtlichen Sachbeschluß hinsichtlich des Zeitraumes vom 1.6.1989 bis 31.7.1989 im Hinblick darauf als nichtig auf, daß das an die Schlichtungsstelle gerichtete Zinsüberprüfungsbegehren nur den Zeitraum bis einschließlich Mai 1989 erfaßt habe. Im übrigen gab es dem Rekurs nicht Folge, wobei es den ordentlichen Revisionsrekurs gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß für zulässig erklärte.

Rechtliche Beurteilung

Zu der im Rekurs ausschließlich in Ansehung des Ausnahmetatbestandes des § 16 Abs 1 Z 3 a MRG ausgeführten Rechtsrüge nahm das Rekursgericht im wesentlichen wie folgt Stellung:

Die Ansicht des Rekurswerbers, aus der vom Gesetzgeber verwendeten Formulierung "der Mietgegenstand eine Wohnung der Ausstattungskategorie ... ist ...." sei abzuleiten, daß es für die Unterscheidung zwischen Geschäftsräumlichkeiten und Wohnungen in diesem Zusammenhang nicht auf den vereinbarten Verwendungszweck, sondern auf die objektive Eigenschaft des Objektes, die beispielsweise durch die baubehördliche Widmung definiert werde, ankomme, widerspreche nicht nur § 16 Abs 1 Z 1 MRG, wonach für die Unterscheidung zwischen Wohnung und Geschäftsräumlichkeit der vereinbarte Verwendungszweck maßgeblich sei, sondern auch der ständigen Rechtsprechung (MietSlg 32.260, 34.371, 37.569 ua). Im übrigen sei dem Rekurswerber zuzugestehen, daß er bei seiner Interpretation des § 16 Abs 1 Zif 3 a MRG den Gesetzeswortlaut für sich habe. Während hier das Gesetz von einem "Gebäude" spreche, habe der Gesetzgeber beim Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 2 MRG die Wendung "Wohnhaus mit nicht mehr als 2 selbständigen Wohnungen" gebraucht, womit klargestellt sei, daß das Vorhandensein von Geschäftsräumlichkeiten den letztgenannten Ausnahmetatbestand jedenfalls hindere. Aus dieser Differenzierung könnte gefolgert werden, daß der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Zif 3 a MRG im Gegensatz dazu lediglich voraussetze, daß in dem Objekt nicht mehr als 4 selbständige Wohnungen vorhanden sein dürften, jedoch beliebig viele zu geschäftlichen Zwecken vermietete Objekte. Die Meinung des Erstgerichtes, daß hier eine berichtigende Auslegung in dem Sinne vorzunehmen sei, daß das Gebäude insgesamt nur 4 Mietgegenstände enthalten dürfe, gleichgültig, ob Wohnungen oder Geschäftsräume, erscheine berechtigt (in diesem Sinne auch Würth-Zingher, Miet- und WohnR19 Rz 13 zu § 16 MRG). Daß der Gesetzgeber ausschließlich die Eigentümer kleinerer Objekte - ebenso nach § 1 Abs 4 Zif 2 MRG - habe begünstigen wollen, finde darin seine Begründung, daß den Vermietern von Mietgegenständen in kleineren Objekten die Erhaltung des Hauses aus den Hauptmietzinseinnahmen habe erleichtert werden sollen. Verfüge aber ein Haus neben maximal 4 zu Wohnzwecken vermieteten Objekten noch über weitere, zu geschäftlichen Zwecken vermietete Objekte, die schon nach § 16 Abs 1 Zif 1 MRG zu einem angemessenen Hauptmietzins vermietet werden könnten, so falle dieser Grund für eine Begünstigung des Vermieters weg. Aufgrund dieser Erwägungen schließe sich auch das Rekursgericht der Auffassung von Würth-Zingher (aaO) an, wobei auch diese Interpretation durchaus gesetzeskonform sei und der Differenzierung des § 1 Abs 4 Zif 2 MRG und jener des § 16 Abs 1 Zif 3 a MRG zwischen Wohnhaus und Gebäude durchaus Rechnung trage, weil hier eine geschäftliche Verwendung eines der Mietgegenstände die Anwendung des Tatbestandes der Zif 3 a nicht ausschließe, sondern das Gebäude insgesamt nur 4 Mietgegenstände enthalten dürfe.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses in Ansehung der Bestätigung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses gründete das Rekursgericht auf § 37 Abs 3 Zif 16 und 18 MRG iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Zif 3 ZPO. Die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO erachtete es als gegeben, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 Zif 3 a MRG auf Häuser mit mehr als vier Mietobjekten, jedoch nicht mehr als vier Wohnungen noch nicht Stellung genommen habe.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners, mit dem er die Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne der Abweisung des Antrages der Antragsteller erreichen möchte.

Die Antragsteller beantragten in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Gericht zweiter Instanz angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

In seinem Revisionsrekurs hält der Antragsgegner an seiner Rechtsmeinung fest, § 16 Abs 1 Zif 3 a MRG sei auch dann anwendbar, wenn in dem Gebäude abgesehen von nicht mehr als vier selbständigen Wohnungen beliebig viele gewerblich genutzte Bestandobjekte vorhanden sind. Dies ergebe sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung. Dem Revisionsrekurswerber kann nicht gefolgt werden, wenn er meint, mit dem Wort "Gebäude" sei ein großer Bau gemeint, unter "Haus" und "Wohnhaus" hingegen "ein solches, das den Menschen zum Wohnen diene" zu verstehen. Eine derartige Begriffsbestimmung ist weder der Entstehungsgeschichte des MRG noch jener der MRG-Novelle 1985, mit der die hier auszulegende Bestimmung geschaffen wurde, zu entnehmen; der Novellengesetzgeber ist bei Verwendung des Ausdruckes "Gebäude" offensichtlich der bisher schon in § 16 Abs 1 Zif 2 und 3 MRG gebrauchten Diktion gefolgt, ohne dem übernommenen Ausdruck eine besondere Bedeutung beizumessen. Den Gesetzesmaterialien ist auch nicht zu entnehmen, daß der Novellengesetzgeber dabei ausdrücklich zwischen den Begriffen Wohnhaus und Gebäude differenzieren wollte. Das Rekursgericht hat die den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Zielsetzung des Novellengesetzgebers 1985 zutreffend zur Darstellung gebracht. Für die "typischen Klein- und Vorstadthäuser" (vgl Würth in Korinek-Krejci, HB z MRG, Ergänzungsheft, Die MRG-Novelle 1985, 29) sollten die strengen Mietobergrenzen in bestimmten Fällen gelockert werden. Dementsprechend erfolgte auch die Novellierung im Rahmen des § 16 Abs 1 MRG. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners hätte dieses Anliegen des Gesetzgebers nicht durch eine Änderung der Bestimmung des § 1 Abs 4 Z 2 MRG im Sinne der Ausdehnung dieser Bestimmung auf ein "Vierfamilienhaus" erreicht werden können, weil dann für solche Wohnungen nur die im ersten Satz des Abs 4 des § 1 MRG angeführten Bestimmungen, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des ersten und zweiten Hauptstückes des MRG gegolten hätten, und den Materialien auch nicht zu entnehmen ist, daß der Gesetzgeber dies gewollt hätte. Da somit dem Willen des Gesetzgebers deutlich zu entnehmen ist, daß er für kleinere Häuser mit nicht mehr als vier Bestandobjekten eine Ausnahme von der sonst bestehenden Möglichkeit, nur den Kategoriemietzins zu verlangen, machen wollte, hat der Oberste Gerichtshof keine Bedenken, die "Gesetzesmaterialien" und die Vorstellungen, die der Novelle 1985 in bezug auf das auch mitgeregelte Sachproblem zugrunde lagen, sowie die Wertungen und Zwecke, die mit der Erlassung des Gesetzes realisiert werden sollten, bei der Auslegung des Gesetzes mit zu berücksichtigen. Insoweit der Antragsgegner schließlich meint, die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung bedeute, daß der Gesetzgeber mit der Bestimmung der Zif 3 a eine bereits in der Zif 1 des § 16 Abs 1 MRG enthaltene Doppelregelung vorgenommen hätte, übersieht er, daß die Bestimmung der Zif 3 a leg cit eben primär auf eine Lockerung der strengen Mietzinsobergrenzen auch für C-Wohnungen und bestimmte B-Wohnungen abzielt, der Möglichkeit, bei Mietgegenständen, die nicht zu Wohnzwecken dienen, den angemessenen Zins zu verlangen, hier also keine Bedeutung zukommt. Von einer die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung unmöglich machenden Doppelregelung des Gesetzgebers kann somit keine Rede sein. Da die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - auch von der Lehre gebilligt wird, erweist sich der Revisionsrekurs als unberechtigt.

Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Anmerkung

E26590

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00082.91.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19910827_OGH0002_0050OB00082_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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