TE OGH 1991/9/10 4Ob552/91

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Veröffentlicht am 10.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechssache der Antragstellerin Mag.pharm.Edeltraud P*****, Apothekerin, ***** vertreten durch Dr.Horst Hoskovec, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Dr.Hubert B***** jun., Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 18. April 1991, GZ 47 R 73/91-113, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 5.Oktober 1990, GZ 3 F 7/86-103, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Parteien hatten am 6.5.1970 vor dem Standesamt Wien-Währing die Ehe geschlossen. Diese wurde mit - in Rechtskraft erwachsenem - Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17.2.1986, 3 Cg 370/82, aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Beide Parteien sind österreichische Staatsbürger. Der Ehe entstammt die am 25.8.1972 geborene Tochter Barbara B*****. Zur Zeit der Eheschließung hatte die Frau ihr Studium der Pharmazie beendet und war als Apothekenaspirantin beschäftigt. Der Mann promovierte 1970 als Geologe und arbeitete dann als Vertragsbediensteter an der Universität Wien und als Angestellter seines Vaters sowie nebenbei freiberuflich. In den Jahren 1970 bis 1972 erzielte er aus selbständiger Tätigkeit ein Einkommen zwischen S 40.000 und S 50.000 brutto jährlich. Die Frau verdiente als Angestellte in der Ungar-Apotheke 1970 S 41.273, 1971 S 56.051,40 und 1972 S 65.093,90. Gemeinsam mit seiner Frau - bis 1972 waren beide Parteien gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt gewesen - verdiente der Mann laut Einkommensteuererklärung 1970 S 112.707, 1971 S 189.110 und 1972 S 215.204, jeweils brutto. Diese Beträge waren das Gesamteinkommen beider Ehepartner sowohl aus selbständiger als auch aus unselbständiger Tätigkeit.

Zu Beginn der Ehe wohnten die Parteien im Haus der Eltern des Mannes, wo ihnen das Dachgeschoß zur Verfügung gestellt wurde. Der Mann bekam von seinen Eltern eine "Mitgift" in der Höhe von S 500.000; dieser Betrag wurde zum Kauf der späteren Ehewohnung in Wien 19., *****, gegeben. Die erste Hälfte des Betrages hatte der Mann noch vor der Eheschließung, die zweite Hälfte danach erhalten. Die Wohnung wurde 1971 um rund S 1,700.000 bis S 1,900.000 gekauft. Dieser Betrag wurde durch einen Kredit der Landeshypothekenbank Niederösterreich finanziert. Nach dem Beziehen der Wohnung hatten die Eheleute monatlich Rückzahlungsraten in der Höhe von S 8.000 bis S 10.000 zu zahlen. Diese Beträge leisteten sie aus dem gemeinsamen Einkommen. In den Jahren 1972 bis 1973 leistete das Ehepaar erhöhte Eigenmittelrückführungen, die aus der "Mitgift" des Mannes von S 500.000 stammten. Im Zuge einer Umschuldungsaktion schossen die Eltern des Mannes im Jahre 1976 noch einmal S 200.000 zu; das ermöglichte es dem Ehepaar, einen günstigeren Bausparkredit zu erlangen.

Der Mann erzielte zwischen 1974 und 1982 jährliche Nettoeinkommen zwischen S 113.359 (1974) und S 277.833 (1982). Die Frau verdiente - jeweils netto - im Jahr 1973 S 78.141,50, 1974 S 104.757,30 und 1975 S 151.006. 1976 machte sie sich selbständig. Sie verdiente - jeweils brutto - 1976 S 318.834, 1977 S 473.455, 1978 S 1,375.966, und 1979 S 511.000. Im Jahr 1980 bezog sie aus der "Alten-Hofapotheke" und einer von ihr gepachteten Drogerie netto S 518.276; im Jahr 1982 erzielte sie aus diesen Unternehmen S 852.628.

Die Frau war während der gesamten Dauer der Ehe berufstätig. Auch der Mann war meistens im Beruf, wurde aber 1976 schwer krank; er litt an der Hodgkinschen Krankheit. Er war rund ein halbes Jahr im Krankenstand, einige Monate davon auch in Spitalspflege. Als er krank war, unterstützte auch die Familie der Frau das Ehepaar mit rund S 140.000. Auf Grund seiner Krankheit konnte der Mann die bis dahin ausgeübte freiberufliche Tätigkeit als Geologe nicht mehr fortsetzen; er war nur mehr Angestellter seines Vaters, der das Gehalt in einer Zeit weiter zahlte, in welcher der Mann nur eingeschränkt leistungsfähig war. Nach der Krankheit half der Mann, der nur beschränkt belastbar war, seiner Frau in der "Hof-Apotheke" aus. Dazu übernahm er zu einem großen Teil die Pflege und Betreuung der gemeinsamen Tochter, kümmerte sich um sie, holte sie von der Schule ab, ging mit ihr in die "Hof-Apotheke" oder zu seinen Eltern, wo das Mittagessen eingenommen wurde.

Den Haushalt führte die Frau mit Unterstützung einer Bedienerin, die auch - selten - für den Mann und die Tochter kochte.

Die Ehe scheiterte schließlich 1982. Damals zog der Mann aus der Ehewohnung aus und brachte die Scheidungsklage ein. Schließlich verließ auch die Frau die Ehewohnung. Zur Zeit der Trennung waren keine Ersparnisse vorhanden.

Am 9.11.1982 errichtete der Mann beim Notar Dr.Umlaub eine Schuld- und Pfandbestellungsurkunde, in der er bekannte, seinem Vater Prof.Dipl.Ing.Dr.Hubert B***** sen. auf Grund eines Darlehens S 1,700.000 zu schulden. Diesen Betrag hatte Prof.Dr.Hubert B***** sen. seinem Sohn geborgt, damit dieser seinen Anteil an der Apotheke in Siebenhirten, die von seiner Frau betrieben wurde, bezahlen konnte. Da der Mann auf das Darlehen keine Rückzahlungen an seinen Vater leistete, stellte dieser das Darlehen fällig und leitete die Zwangsversteigerung der 139/16762-Anteile an der Liegenschaft EZ 944 KG N*****, mit denen das Wohnungseigentum an der Ehewohnung verbunden war, zur Hereinbringung seiner Forderung von S 1,700.000 sA ein. Schließlich trat er dem Versteigerungsverfahren noch mit dem Betrag von S 297.000 sA auf Grund eines Versäumungsurteils des Landesgerichtes für ZRS Wien bei; dabei handelte es sich um ein Bauspardarlehen, das sich der Vater des Mannes von der Bausparkasse hatte zedieren lassen und das er eingeklagt hatte. Dr.Hubert B***** sen. stellte schließlich am 9.5.1984 einen Übernahmeantrag gemäß § 200 Z 1 EO und erwarb nach Genehmigung seines Antrages durch das Exekutionsgericht (Beschluß vom 17.7.1984, 3 E 64/83-45 des BG Döbling) die Wohnung zu einem Preis von S 3,025.000. Zur Befriedigung seiner Forderungen wurden ihm S 2,269.177,76 zugewiesen; dem Mann verblieb die Hyperocha in der Höhe von S 755.822,24, die er in eine Gesellschaft mbH investierte.

Der Mann hatte sich im März 1981 an dem Komplementäranteil der Frau, mit dem diese Gesellschafterin der Apotheke "Zum guten Hirten" Mag.pharm.Edeltraud B***** KG geworden war, beteiligt. Das Ehepaar hatte damals eine bürgerlich-rechtliche Innengesellschaft an dem Komplementäranteil gegründet; die Frau war daran mit 56,7 %, der Ehemann mit 43,3 % beteiligt. Mittlerweile hat die Frau ihren Komplementäranteil verkauft. Zwischen den Parteien ist ein zivilrechtliches Verfahren betreffend die Ansprüche aus diesem Gesellschaftsverhältnis zu 39 Cg 216/83 des LGZ Wien anhängig. Der Mann hatte seine Beteiligung mit dem Darlehen seines Vaters in der Höhe von über S 2,000.000 finanziert, das er teilweise zurückzahlte und teilweise im Zuge des Versteigerungsverfahrens beglich. Die Frau hatte ihren Anteil aus einer Erbschaft und mit einem Kredit finanziert, den sie aus ihrem Einkommen zurückzahlte.

Als die Parteien die Ehewohnung räumten, lagerte die Frau bestimmte Fahrnisse mit einem Gesamtwert von S 712.750 bei einem Speditionsunternehmen ein. Weiteres Vermögen ist nicht vorhanden.

Sowohl die Frau (3 F 7/86) als auch der Mann (3 F 8/86) beantragen die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Nach Auffassung der Frau unterliegen der Aufteilung Einrichtungsgegenstände im Werte von S 700.000 und der Erlös der Ehewohnung von S 3,025.000. Ihr stehe die Hälfte - sohin S 1,862.500 - zu. Da sie bereit sei, die Einrichtungsgegenstände im Wert von S 700.000 zu übernehmen, begehre sie eine Ausgleichszahlung von S 1,162.500.

Der Mann beantragt hingegen, der Antragstellerin für die Wohnung nur den Anteil von S 62.204,17 zuzuerkennen; 91,77 % der Mittel für die Anschaffung der Eigentumswohnung habe nämlich er bereitgestellt. In das Aufteilungsverfahren sei nicht der Wert der Eigentumswohnung, sondern nur die Hyperocha einzubeziehen. Die Fahrnisse seien mit S 1,300.000 bis S 1,400.000 zu bewerten; er sei bereit, sie der Frau gegen Zahlung eines Betrages von S 700.000 zu überlassen. Die Frau solle ihm sohin eine Ausgleichszahlung von S 640.000 leisten. Ein Teil der von der Frau angeführten Fahrnisse sei ihm durch Schenkung oder im Erbwege zugekommen und unterliege daher nicht der Aufteilung.

Das Erstgericht wies der Frau 35 im einzelnen aufgezählte Gegenstände zu (Punkt 1.), erkannte den Mann schuldig, der Frau

S 460.000 zu zahlen (Punkt 2.), wies das Mehrbegehren der Frau von S 702.500 ab (Punkt 3.) und verwies den Mann mit seinem Aufteilungsantrag auf diese Entscheidung (Punkt 4.). Die Parteien hätten von ihrer Berufstätigkeit her ungefähr gleich viel in die Ehe eingebracht, die Last des Haushaltes habe aber zunächst in erster Linie die Frau getragen. Ab 1976 - der Erkrankung des Mannes - habe sich das Bild jedoch umgekehrt. Der Mann habe weniger verdient, die Frau jedoch ein sehr gutes Einkommen erreicht. Demgegenüber habe der Mann ihm zumutbare Arbeiten geleistet, insbesondere eine gewisse Betreuung des Kindes sowie Hilfsarbeiten in der Apotheke ausgeführt. Insgesamt ergebe sich bei Berücksichtigung der starken Belastung der Frau ein leichtes Übergewicht ihrer Beiträge gegenüber denen des Mannes. Dem stünden jedoch die dem Ehepaar von außen zugute gekommenen Beträge gegenüber. Der Mann habe S 500.000 in die Ehe eingebracht, so daß es möglich gewesen sei, die für die Verhältnisse der Ehegatten kostspielige Wohnung anzuschaffen. Dazu kämen die Hilfe der Eltern des Mannes in der Zeit, da er krank war, ihre weiteren Unterstützungsleistungen in der Höhe von

S 200.000 und ein von ihnen geschenkter Teppich im Wert von rund

S 150.000. Die Eltern der Frau hätten den Eheleuten hingegen nur

S 140.000 geschenkt. Dadurch verschiebe sich die Beitragsleistung zugunsten des Mannes, so daß ein Aufteilungsschlüssel von 2:1 angemessen sei. Das gesamte Vermögen bei Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft habe sich aus der Ehewohnung und den vorhandenen Fahrnissen zusammengesetzt. Der Mann habe in weiterer Folge dadurch eine Vermögensverschiebung herbeigeführt, daß er bei seinem Vater ein Darlehen aufgenommen habe, das allein ihm zugute gekommen sei und mit dem er sich an einem Unternehmen beteiligt habe; dadurch sei eheliches Gebrauchsvermögen in persönliches Vermögen umgewandelt worden. Dieses Vorgehen verwirkliche den Tatbestand des § 91 Abs 1 EheG, so daß der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen sei. Keinesfalls stehe der Frau nur die Hyperocha zu. Von dem Wert der Ehewohnung sei jedoch der Betrag von S 297.000 abzuziehen, habe es sich doch dabei um ein auf der Wohnung lastendes Bauspardarlehen gehandelt, das noch nicht abgezahlt gewesen sei, weshalb es sich um eheliche Schulden handle. Da die vorhandenen Fahrnisse S 712.750 wert seien und der Wert der Wohnung - nach Abzug der Schulden (Bauspardarlehen einschließlich Zinsen in der Höhe von rund

S 320.000) - S 2,805.000 (richtig: S 2,705.000) betrage, ergebe sich ein eheliches Gebrauchsvermögen von rund S 3,500.000 (richtig: S 3,400.000). Der Aufteilungsanspruch der Frau betrage sohin S 1,172.533. Nach Abzug des Wertes der Fahrnisse, welche die Frau zu übernehmen sich bereit erklärt habe, stehe ihr eine Ausgleichszahlung von S 460.000 zu. Der Komplementäranteil an der Apotheke "Zum guten Hirten" unterliege als Unternehmensbestandteil nicht der Aufteilung.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diese Entscheidung infolge Rekurses beider Parteien teilweise, und zwar dahin ab, daß es der Frau nur die im Punkt 1.) 1.6 bis 1.35 im einzelnen genannten Gegenstände ins Eigentum zuwies, den Mann schuldig erkannte, der Frau eine Ausgleichszahlung von S 800.000 zu leisten, und das Mehrbegehren von S 362.500 abwies; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Einwendungen der Frau gegen den Aufteilungsschlüssel von 1:2 seien teilweise berechtigt. Die Frau sei während der gesamten Dauer der Ehe berufstätig gewesen und habe ein beachtliches Einkommen erzielt. Darüber hinaus habe sie den Haushalt geleitet und bis 1976 - bis zur Erkrankung des Mannes - das gemeinsame Kind betreut. Ab 1976 habe der Mann zu einem beträchtlichen Teil die Betreuung des Kindes übernommen. Seine Erkrankung habe zu erheblichen Einkommenseinbußen geführt. Wäge man diese Leistungen gegeneinander ab, dann erscheine zunächst die Annahme eines gleichwertigen Beitrages beider Parteien im Einklang mit den Grundsätzen der Billigkeit (§ 83 EheG). Zu beachten sei aber die "Mitgift" des Mannes von S 500.000. Diese habe zweifellos entscheidend zur Schaffung des wesentlichen Teils der Aufteilungsmasse - der Ehewohnung - beigetragen. Das gleiche gelte für die zusätzliche Verwendung des von den Eltern des Mannes beigesteuerten Betrages von S 200.000. Diese Leistungen überstiegen die Unterstützung durch die Familie der Frau von S 140.000 doch wesentlich.Aus diesen Erwägungen sei eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Verhältnis von 60:40 zugunsten des Mannes angebracht.

Die unter Punkt 1.1 bis 1.5 des angefochtenen Beschlusses genannten Fahrnisse (Teppiche) fielen nicht in die Aufteilungsmasse, weil sie nach den Ergebnissen eines Prozesses dem Mann im Erbweg oder durch Schenkung zugekommen seien. Die zu verteilende Masse setze sich somit aus dem im Verfahren über die Versteigerung der Eigentumswohnung erzielten Erlös von S 3.025.000 abzüglich des auf der Wohnung lastenden Darlehens von rund S 320.000 - sohin S 2,705.000 - und dem Wert der restlichen Fahrnisse von S 457.750 zusammen (insgesamt also S 3,162.750). Unter Zugrundelegung des Aufteilungsschlüssels von 60:40 stehe der Frau ein Wert von rund S 1,265.000 zu; nach Abzug der ihr ins Eigentum zugewiesenen Fahrnisse im Wert von S 457.250 ergebe sich eine Ausgleichszahlung von rund S 800.000.

Den Rekursausführungen des Mannes, daß er zu 91,77 % die Ehewohnung bezahlt habe, komme keine Berechtigung zu. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes seien die Rückzahlungen für die Ehewohnung aus dem gemeinsamen Einkommen der Streitteile finanziert worden. Auf wessen Namen die Überweisungsbelege lauteten, sei rechtlich ohne Bedeutung. Da die Wohnung in der Nußbergstraße als Ehewohnung gedient habe, der Mann sie zur Besicherung eines Darlehens verpfändet habe, das dem Erwerb eines Unternehmensanteils für ihn gedient habe, und der Erlös der Wohnung bei der exekutiven Veräußerung zur Abdeckung des vom Manne aufgenommenen Darlehens gedient habe, ergebe sich zwingend, daß der gesamte Wert der Ehewohnung und nicht nur die dem Manne zugekommene Hyperocha gemäß § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei. Aus welchen Gründen nicht der gesamte Übernahmepreis der Ehewohnung, sondern nur der Schätzwert von S 2,420.000 zur Aufteilung heranzuziehen sei, vermöge der Mann nicht darzutun.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Mannes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Punkt 2. dahin abzuändern, daß der Frau eine Ausgleichszahlung von S 154.000 auferlegt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Frau beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 14 Abs 1 AußStrG schon deshalb zulässig, weil eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage, ob § 91 Abs 1 EheG auch auf den Fall exekutiver Verwertung eines Bestandteils des ehelichen Gebrauchsvermögens Anwendung findet, fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber vertritt die Auffassung, daß der Erlös für die Ehewohnung - von der Hyperocha abgesehen - nicht in das Aufteilungsverfahren falle, weil er zum maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Aufteilung nicht mehr vorhanden gewesen sei und auch keine Vermögensverringerung im Sinne des § 91 Abs 1 EheG vorliege. Dem kann nicht gefolgt werden:

Zur Verteilungsmasse gehören gemäß § 81 Abs 1 und 2 EheG (nur) solche Vermögenswerte, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch der Ehegatten dienten (Gebrauchsvermögen) oder als Ersparnisse angesammelt wurden. Demnach ist erste Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen, daß sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehörte (Koziol-Welser8 II 224; Bernat in Schwimann, Praxiskommentar, Rz 8 zu § 81 EheG; SZ 54/149; EFSlg 51.727, 57.293 uva). Das trifft hier - wie der Mann selbst zutreffend ausführt - auf die Eigentumswohnung in der Nußberggasse zu. Der Aufteilung unterliegt jedoch nur jenes eheliche Gebrauchsvermögen und jene ehelichen Ersparnisse, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anordnung noch vorhanden sind oder deren Wert gemäß § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (1 Ob 756/83 (insoweit nicht veröffentlicht in JBl 1985, 365); EFSlg 57.292 ua). Nach § 91 Abs 1 EheG ist der Wert des Fehlenden ua dann in die Aufteilung einzubeziehen, wenn ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert hat, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht. Das trifft nicht nur in den Fällen besonders aufwendiger Lebenshaltung zu. Nach einem Teil der Lehre (Pichler in Rummel, ABGB1 Rz 2 zu § 91 EheG) und der Rechtsprechung (EFSlg 49.007/2, 57.405) sind Umschichtungen von Vermögen in ein Unternehmen bei der Aufteilung dann zu veranschlagen, wenn sie nicht ihren Grund in der Sorge um die Erhaltung des bisher aus dem Unternehmen bezogenen Lebensunterhaltes hatten. Dagegen wurde der Einwand erhoben, daß damit eine unternehmerische Eigenentscheidung praktisch zunichte gemacht würde; § 91 Abs 1 EheG sollte sich nur auf Fälle erstrecken, in denen eine "Investition offensichtlich jeglicher unternehmerischen Vernunft widerspricht" (Rummler, Aufteilung 99 f; Bernat aaO Rz 4 zu § 91 EheG). Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage ist aber hier entbehrlich:

Daraus, daß die Eheleute eine bürgerlich-rechtliche Innengesellschaft am Komplementäranteil der Frau gegründet haben, geht eindeutig hervor, daß der Mann seine Beteiligung im März 1981 mit Zustimmung der Frau erworben hatte. Dieser Erwerb kann somit keinesfalls dem Tatbestand des § 91 Abs 1 EheG unterstellt werden. Die Frage, ob sein Erwerb jeglicher unternehmerischer Vernunft widersprochen habe, stellt sich demnach gar nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß die Schuld, welche der Mann damals gegenüber seinem Vater eingegangen ist, bei der Aufteilung - wie ein Umkehrschluß aus § 81 Abs 1 Satz 2 EheG ergibt - nicht in Abzug zu bringen ist, weil sie mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in keinem inneren Zusammenhang stand. Daß es sich bei dem vom Mann erworbenen Unternehmensanteil nicht um eine bloße Wertanlage handelte - in welchem Falle der Anteil der Aufteilung unterläge (§ 82 Abs 1 Z 4 EheG) - wurde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen; vielmehr gingen beide Vorinstanzen ungerügt davon aus, daß dieser Anteil nicht der Aufteilung unterliegt. Die Darlehensverbindlichkeit des Mannes war somit eine zum Erwerb nichtehelichen, also "privaten" Vermögens eingegangene "Privatschuld". Wenn nun der Mann - wie hier - ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung der Frau so handelt, daß zur Abdeckung seiner Privatverbindlichkeit eheliches Gebrauchsvermögen verwertet und damit verringert wird, insbesondere daß die (ehemalige) Ehewohnung veräußert wird, so widerspricht das der üblichen Gestaltung der Lebensverhältnisse während einer ehelichen Lebensgemeinschaft; daß dies hier auf die besonderen Verhältnisse der Parteien etwa nicht zuträfe, wurde nicht behauptet und ist auch nicht hervorgekommen. Wie sich aus den Rechtsmittelausführungen des Mannes selbst ergibt, hat er zunächst - wie es offenbar vorerst vorgesehen war - die Darlehensverbindlichkeiten laufend abgezahlt, so daß er zwischen März 1981 und November 1982 (Errichtung des Notariatsaktes über seine restliche Pfandschuld) rund S 600.000 beglichen hatte. Wenn er in der Folge die Eigentumswohnung zugunsten der noch offenen Darlehensforderung seines Vaters verpfändet und die laufenden Zahlungen eingestellt hat - nach dem Exekutionsantrag vom 9.3.1983 war der Kapitalbetrag von S 1,700.000 laut Notariatsakt vom November 1982 noch immer zur Gänze offen -, dann legen diese Umstände den Verdacht nahe, daß er in der Absicht gehandelt hat, die Frau bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu benachteiligen; das reicht aber für den Tatbestand des § 91 Abs 1 EheG aus (MietSlg 51.808). Einer ausdrücklichen Feststellung, daß er tatsächlich in der Absicht gehandelt hat, das eheliche Gebrauchsvermögen zu verringern, bedurfte es entgegen den Rechtsmittelausführungen nicht. Der Mann selbst erkennt richtig, daß § 91 Abs 1 EheG nach ständiger Rechtsprechung auch auf Vermögensverringerungen nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (oder nach der Ehescheidung) anzuwenden ist (EFSlg 51.809, 60.413 ua). Ob ein bewußtes Zusammenspiel des Mannes mit seinem Vater vorliegt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Für den Mann ist auch daraus nichts zu gewinnen, daß die Eigentumswohnung im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens verwertet wurde, kann es doch keinen Unterschied machen, ob ein Eheteil zur Abdeckung seiner zum Erwerb eines Unternehmens(-anteils) eingegangenen Schuld das in die Aufteilungsmasse fallende Pfandobjekt freihändig verkauft oder es auf eine zwangsweise Verwertung ankommen läßt. In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof - im Gegensatz zu der insoweit nicht veröffentlichten Entscheidung 7 Ob 514, 515/88 - ausgesprochen, daß auch bei exekutiver Verwertung einer Liegenschaft deren Verkehrswert bei der Aufteilung zu berücksichtigen ist (EFSlg 60.414).

Da Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG), nicht der Aufteilung unterliegen, ist zwar auch eine Liegenschaft, die zugunsten des Unternehmens des einen oder beider Ehegatten für Betriebsmittelkredite in einer den Verkehrswert der Liegenschaft erreichenden Höhe zum Pfand bestellt ist, bei der Aufteilung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (EFSlg 46.345; JBl 1986, 119). Das gilt aber entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers dann nicht, wenn mit der Verpfändung der Tatbestand des § 91 Abs 1 EheG verwirklicht wurde. Den Vorinstanzen ist sohin beizupflichten, daß bei der Aufteilung keineswegs nur die Hyperocha als Surrogat der Ehewohnung in Rechnung zu stellen ist.

Dem Revisionsrekurswerber kann aber auch darin nicht zugestimmt werden, daß nur der Schätzwert und nicht der - den Schätzwert um ein Viertel übersteigende (§ 200 Z 1 EO) - Übernahmepreis in die Aufteilung einzubeziehen sei. Unter dem Wert des Fehlenden im Sinn des § 91 Abs 1 EheG ist der gemeine Wert zu verstehen, den der fehlende Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Aufteilung hätte (SZ 55/192; EFSlg 51.810; EvBl 1988/11; EFSlg 60.416 ua). Daß dieser Wert dem im Zwangsversteigerungsverfahren 3 E 64/83 des BG Döbling vom Sachverständigen Wilhelm C***** am 9.4.1984 ermittelten Schätzwert von S 2,420.000 entspreche, wurde in erster Instanz nicht behauptet und auch nicht festgestellt; vielmehr gingen die Vorinstanzen übereinstimmend davon aus, daß der Übernahmepreis der "exakte Wert (sei), den die Wohnung zum Zeitpunkt der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft repräsentierte" (S. 331 und 406). Mangels eines entsprechenden Parteivorbringens hatten die Vorinstanzen keine Veranlassung, zu prüfen, ob der Preis, den Prof.Dr.Hubert B***** sen. im Jahr 1984 für die Eigentumswohnung zu zahlen bereit war, allenfalls über dem Verkehrswert dieser Wohnung zur Zeit der Aufteilung (1989) gelegen wäre, zumal es allgemein bekannt ist (§ 269 ZPO), daß die Liegenschafts- und Wohnungspreise (auch) in den letzten fünf Jahren eine steigende Tendenz aufgewiesen haben. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen den gesamten Übernahmepreis - abzüglich der auf die Eigentumswohnung entfallenden Schulden - bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages berücksichtigt. Bei dieser Sachlage braucht nicht untersucht zu werden, ob ein den Verkehrswert übersteigender Erlös nicht jedenfalls - als Surrogat der veräußerten Sache - zur Gänze der Aufteilung unterliegt.

Nach § 83 Abs 1 EheG ist die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen. Das Rekursgericht hat Gewicht und Umfang des Beitrages jedes der beiden Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens sorgfältig abgewogen. Wenn es den Aufteilungsschlüssel mit 60:40 ermittelt hat, kann darin ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Soweit der Revisionsrekurswerber weiterhin davon ausgeht, daß er ganz überwiegend die Eigentumswohnung bezahlt habe, entfernt er sich in unzulässiger Weise von den Feststellungen der Vorinstanzen.

Auf die Rechtsmittelausführungen, daß ihn seine Frau "finanziell ausgehungert" habe und er daher nicht in der Lage sei, die Ausgleichszahlung von S 800.000 zu erbringen, ist nicht einzugehen, weil er diese Umstände bisher nicht vorgebracht hat. Für die Vorinstanzen hatte demnach kein Grund bestanden, zwecks Festlegung der Ausgleichszahlung (§ 94 EheG) Feststellungen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mannes zu treffen.

Da auch die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vorliegen (§ 16 Abs 3 AußStrG, § 510 Abs 3 ZPO), war der angefochtene Beschluß zu bestätigen.

Es entspricht der Billigkeit (§ 234 AußStrG), daß der Mann, dessen Revisionsrekurs erfolglos geblieben ist, die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen hat. Die Frau hat für ihre Revisionsrekursbeantwortung Kosten nicht verzeichnet.

Anmerkung

E26568

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00552.91.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19910910_OGH0002_0040OB00552_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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