TE OGH 1991/9/12 6Ob602/91

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Veröffentlicht am 12.09.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Redl, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 22. September 1979 geborenen mj. Katharina S*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, 6. und 7. Bezirk als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dipl.-Ing. Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Oktober 1990, GZ 43 R 616/90-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. August 1990, GZ 9 P 309/79-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Vater der außer der Ehe geborenen Minderjährigen, deren Obsorge der Mutter zukommt, war zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 2.000 verpflichtet. Mit Schriftsatz vom 21. März 1990 beantragte das Kind, vertreten durch den Magistrat, Amt für Jugend und Familie, mit dem Vorbringen, die Bedürfnisse des Kindes seien gestiegen, der Vater erziele als selbständiger Architekt ein monatliches Nettoeinkommen von rund S 40.000, den monatlichen Unterhaltsbeitrag ab 1. Jänner 1990 auf S 6.400 zu erhöhen.

Mit Beschluß vom 30. März 1990 forderte das Erstgericht den Unterhaltspflichtigen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG zur Äußerung binnen 14 Tagen ab Zustellung auf. Der Beschluß samt Unterhaltserhöhungsantrag wurde beim Postamt *****W***** am 13. April 1990 hinterlegt, nachdem eine Zustellung an der Büroanschrift des Unterhaltspflichtigen in *****W***** B*****gasse 38/9, nicht möglich war.

Da keine Äußerung einlangte, verpflichtete das Erstgericht den Vater mit Beschluß vom 2. August 1990 antragsgemäß zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von S 6.400 ab 1. Jänner 1990.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters keine Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach dem im Akt erliegenden Rückschein stehe fest, daß dem Vater die Aufforderung zur Äußerung samt Gleichschrift des Erhöhungsantrages und Rechtsbelehrung durch Hinterlegung zugestellt worden sei, Hinweise auf Zustellmängel lägen nicht vor. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG sei es dem Rekurswerber verwehrt, sein in erster Instanz unterlassenes Vorbringen nachzuholen.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs bringt der erstmals anwaltlich vertretene Vater vor, es liege der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vor. Er habe sich in der Zeit vom 10. April bis 17. April 1990 (Osterwoche) auf Osterurlaub und anschließend bis 28. April 1990 auf einer Geschäftsreise in Italien befunden. Die Hinterlegung des Beschlusses vom 30. März 1990, welcher ihm ebenso wie der Unterhaltserhöhungsantrag nie zugekommen sei, am 13. April 1990 sei daher gesetzwidrig erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Der Eintritt der Rechtsfolgen nach § 185 Abs 3 AußStrG setzt voraus, daß die Aufforderung zur Äußerung nach den Bestimmungen für die Zustellung von Klagen rechtswirksam zugestellt wurde. Auf Grund der vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Erhebungen ist bescheinigt, daß der Revisionsrekurswerber in der Zeit vom 10. April bis 28. April 1990 infolge eines Osterurlaubes und einer unmittelbar anschließenden Geschäftsreise nach Italien ortsabwesend war. Die Hinterlegung am 13. April 1990 war daher gemäß § 17 Abs 3 ZustG gesetzwidrig. Das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, der auch im Außerstreitverfahren anzuwenden ist, stellt eine Verletzung grundlegender Verfahrensvorschriften dar und ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen.

Da die vom Rekursgericht angenommenen Rechtsfolgen der § 185 Abs 3 AußStrG mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht eingetreten sind, konnte der Vater gemäß § 10 AußStrG in seinem Rekurs Neuerungen vorbringen und hiefür Beweise anbieten. Das Rekursgericht hat dadurch, daß es auf die im Rekurs geltend gemachten Umstände nicht einging, das dem Vater zustehende rechtliche Gehör verletzt.

Dem Rekursgericht war daher eine neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters aufzutragen.

Anmerkung

E26236

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00602.91.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19910912_OGH0002_0060OB00602_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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