TE OGH 1991/9/17 14Os71/91

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loub als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich N***** wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27. April 1990, GZ 34 b Vr 1204/88-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, des Angeklagten Friedrich N***** und des Verteidigers Dr. Fürst zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (einschließlich des Kostenausspruches und des Ausspruches über die Vorhaft) unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 3 wegen des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StPO und demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Strafgesetzbuch aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Friedrich N***** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe im Frühjahr 1988 einen Gegenstand, der in Beschlag genommen worden war, nämlich einen Personenkraftwagen BMW 528 i im Wald versteckt, ihn somit der Verstrickung entzogen und hiedurch das Vergehen des Verstrickungsbruches nach § 271 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem Punkt 2 des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallende Vergehen der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach §§ 15 Abs. 1, 12, zweiter Fall, 289 StGB wird Friedrich N***** nach §§ 37, 289 StGB zu einer Geldstrafe von 90 (neunzig) Tagessätzen verurteilt. Die Höhe des Tagessatzes wird mit 50 (fünfzig) S und die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit 45 Tagen festgesetzt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte, soweit sie sich gegen die nach dem Strafgesetzbuch verhängte Strafe richtet, auf die Strafneubemessung verwiesen.

Seiner Berufung gegen den Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz wird dahin Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 40.000 (vierzigtausend) S, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe und die gemäß § 19 Abs. 1 lit b iVm § 17 Abs. 2 lit c Z 4 FinStrG für die beim Schmuggel verwendeten drei Personenkraftwagen der Marke Mercedes verhängte Wertersatzstrafe auf 150.000 (einhundertfünfzigtausend) S, im Nichteinbringungsfall drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt werden.

Im übrigen wird seiner gegen den Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz gerichteten Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Friedrich N***** wurde mit dem angefochtenen Urteil (zu Punkt 1) des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG und der Vergehen (zu Punkt 2) der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach §§ 15, 12, zweiter Fall, 289 StGB sowie (zu Punkt 3) des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihm zur Last von Ende März 1985 bis September 1987 in neun Fällen gewerbsmäßig eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich Muskelpräparate verschiedener Marken mit darauf entfallenden Eingangsabgaben von insgesamt 36.720 S vorsätzlich unter Verletzung der in § 48 ZollG normierten Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen zu haben (1); ferner im Dezember 1987 in Linz versucht zu haben, Brigitte R***** zu einer falschen Zeugenaussage vor einer Verwaltungsbehörde dadurch zu bestimmen, daß er sie aufforderte, für den Fall ihrer Vernehmung vor dem Zollamt Linz fälschlicherweise anzugeben, daß sie mit ihm anläßlich einer gemeinsamen Reise nach Genua die ganze Zeit zusammengewesen sei, und zu verschweigen, daß er am Vormittag alleine weggegangen war (2). Weiters hat der Angeklagte nach dem Schuldspruch im Frühjahr 1988 eine Sache, die behördlich in Beschlag genommen war, nämlich den Personenkraftwagen BMW 528 i, Baujahr 1978, dessen Beschlagnahme mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7.Jänner 1988 angeordnet war, dadurch, daß er das Fahrzeug in einem Wald bei Leonding versteckte, der Verstrickung entzogen (3).

Der Angeklagte wurde hiefür nach §§ 21, 22, 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von 70.000 S verurteilt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 70 Tagen festgesetzt.

Nach § 289 StGB wurde über ihn unter Anwendung der §§ 28 Abs. 1 und 37 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 S verhängt. Die Ersatzfreiheitsstrafe dafür wurde mit 60 Tagen bestimmt.

Weiters wurden gemäß § 17 Abs. 2 lit a und c FinStrG sowohl der (für zwei Schmuggelfahrten verwendete) Personenkraftwagen der Marke BMW als auch die Präparate, soweit sie beschlagnahmt wurden, für verfallen erklärt.

Für die nicht beschlagnahmten (weil bereits verkauften) Präparate und für die bei den anderen Schmuggelfahrten verwendeten, gemieteten drei Personenkraftwagen der Marke Mercedes der Typen 190 D (richtig: E s US 6, 18 AS 516/I uva) und 230 E wurden gemäß § 19 Abs. 1 lit a und b FinStrG jeweils Wertersatzstrafen festgesetzt, und zwar für das Schmuggelgut in der Höhe von 70.000 S, im Nichteinbringungsfall 70 Tage und für die genannten Beförderungsmittel 300.000 S, im Nichteinbringungsfall 150 Tage Freiheitsstrafe.

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 3, 4, 5, 5 a, 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, gegen die Strafaussprüche wendet er sich mit demselben Rechtsmittel, gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO und mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 3 StPO sieht der Beschwerdeführer deshalb vewirklicht, weil entgegen § 260 Abs. 1 StPO im Urteilsspruch nicht das Verstecken der eingeschmuggelten Präparate in den verwendeten Fahrzeugen, das die Grundlage für den Verfallsausspruch bilde, festgestellt wurde. Der Beschwerde zuwider verlangt das Gesetz zwar die konkrete Bezeichnung der dem Verfall unterzogenen Gegenstände im Urteilsspruch, nicht aber jene Feststellungen tatsächlicher Natur, welche die rechtliche Zulässigkeit dieser Unrechtsfolge begründen. Eine Konkretisierung in den Urteilsgründen, welche mit dem Spruch eine Einheit bilden, genügt (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 21-23, 70 und 71 zu § 260). Dieser Verpflichtung aber ist das Schöffengericht nachgekommen (US 6 f).

Der Angeklagte hat sich damit verantwortet, die Medikamente im Kofferraum des jeweiligen Fahrzeugs mitgeführt und keineswegs unter den Rücksitzen versteckt zu haben, wie er noch im Vorverfahren und auch vor dem Untersuchungsrichter angegeben hatte. Er beantragte deshalb die Durchführung eines Lokalaugenscheines bei einem Mercedes 230 E zum Beweis dafür, daß unter dessen hinterer Sitzbank keine Medikamente versteckt werden könnten (AS 514/I). Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt, daß das Gericht in nur teilweiser Entsprechung dieses Antrages einen Fachmann darüber als Zeugen vernommen und sich von diesem (allerdings an einem Mercedes der Type 190 D) ein solches Versteck zeigen ließ, den weitergehenden Antrag des Angeklagten aber abgewiesen hat (AS 515 f/I). Der bei Mercedes Benz O***** beschäftigte Karosseriespenglermeister Rudolf S***** hat nun als Zeuge auf Grund seiner Erfahrung bestätigt, daß die antragsrelevanten Gegebenheiten in dem von ihm vorgeführten Fahrzeug der Type 190 D die gleichen sind, wie in einem Mercedes der Type 230 E und der Type 190 E, die der Angeklagte seinerzeit verwendet hat. Das Erstgericht, das seine Feststellungen wesentlich auch auf die frühere Verantwortung des Angeklagten und frühere Zeugenaussagen stützen konnte, hat daher den Beweisantrag ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen, zumal nach der genannten Sachlage der Verteidiger auch nicht dargetan hat, welche zusätzlich bedeutsamen Aufschlüsse die Besichtigung eines Mercedes der Type 230 E noch bringen sollte.

Auch der weitere Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin Gabriele K***** zum Beweis dafür, daß die in der Anklageschrift behaupteten Mengen von Präparaten nicht zutreffen und diese nicht unter der Rücksitzbank eingeschmuggelt wurden (AS 518/I), wurde zu Recht abgewiesen. Die Zeugin war zur Zeit der Hauptverhandlung für längere Zeit zu einer Aussage vor dem Schöffengericht auf Grund ihres körperlichen Zustandes nicht fähig (ON 75). Sie konnte schon im Vorverfahren die Verantwortung des Angeklagten nicht stützen, zumal sie nur an zwei Fahrten beteiligt war. Bei dieser Sachlage hätte daher im Beweisantrag näher ausgeführt werden müssen, aus welchen Gründen dennoch zu erwarten gewesen wäre, daß eine spätere zusätzliche Einvernahme der beantragten Zeugin durch den erkennenden Senat das vom Angeklagten behauptete Ergebnis erwarten ließe.

Die Verfahrensrüge wendet sich weiters gegen die Abweisung des Antrages auf Vernehmung der Zeugin Monique S***** und Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Ankaufspreis der geschmuggelten Primobolan-Testoviron-Ampullen (AS 514 f/I). Das Erstgericht erachtete diese Beweisaufnahme für überflüssig, weil es ohnedies von den ursprünglichen genauen Wertangaben des Angeklagten ausgegangen ist.

Der Beschwerdeführer behauptet demgegenüber, dies sei nicht geschehen, weil er seine ursprüngliche Aussage vor der Zollbehörde, in der er einen Einkaufspreis von 27 S pro Ampulle nannte, widerrufen und angegeben habe, der Einkaufspreis habe nur 22 bis 24 S betragen. Er vernachlässigt dabei jedoch seine Verantwortung in der Hauptverhandlung vom 25.Juli 1989 (AS 73/I), in der er den Stückpreis von 27 S weiterhin als möglich bezeichnete, ohne andere Angaben zu machen. Auch in der mit dem Urteil abschließenden Hauptverhandlung hat er nicht behauptet, daß der genannte Stückpreis von 27 S unrichtig sei und auch keinen niedrigeren Preis genannt.

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft zunächst die Annahme der Gewerbsmäßigkeit des Schmuggels. Das Urteil stelle zwar einen Gesamtvorsatz fest, nicht aber eine Tendenz zu oftmaliger Tatwiederholung zwecks Erzielung eines fortlaufenden Einkommens. Damit wird jedoch weder ein Begründungsmangel im Sinn des behaupteten Nichtigkeitsgrundes dargetan, noch etwa auf gesetzmäßige Weise die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes als gewerbsmäßiger Schmuggel bekämpft. Die Absicht des Angeklagten, sich durch wiederholten Schmuggel von Muskelpräparaten und deren gewinnbringenden Verkauf eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5), ist mit dem Hinweis auf die Angaben des Angeklagten vor der Zollbehörde am 18. Dezember 1987 und auch noch vor dem Untersuchungsrichter (ON 9) ausreichend und mängelfrei begründet worden (US 13), zumal diesen Feststellungen auch die Tatsache von neun Schmuggelfahrten zugrunde gelegt wurde.

Auch die Feststellungen, daß die Muskelpräparate bei verschiedenen Fahrten jeweils unter der Rückbank der Kraftfahrzeuge versteckt waren, haftet entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen kein Begründungsmangel an. Die diesbezügliche, alle relevanten Umstände erörternde Beweiswürdigung (US 12) ist vielmehr mängelfrei.

Die Mängelrüge wirft letztlich dem Schuldspruch zu Punkt 2 vor, aus dem Inhalt der Aussage der Zeugin Brigitte R***** ließen sich die vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen nicht ableiten; dies jedoch zu Unrecht. Die Zeugin deponierte in der Hauptverhandlung, daß der Angeklagte zu ihr ins Geschäft gekommen sei und sie aufgefordert habe, sie solle sagen, daß sie in Genua immer zusammengewesen seien und auch nicht erwähnen, daß sie dort alleine unterwegs gewesen war (AS 507/I). Die Zeugin erklärte zwar, das Gespräch habe nur etwa eine Minute gedauert und sie habe nicht gewußt, worum es gehe (AS 510/I), fügte aber auch bei, daß der Angeklagte ihr gesagt hat, er habe Schwierigkeiten mit dem Zoll (AS 511/I). Schon in einem früheren Verfahrensstadium (Hauptverhandlung vom 25.Juli 1989, AS 429/I) hatte sie angegeben, der Angeklagte habe ihr den Besuch von Zollbeamten angekündigt. Die vom Erstgericht als glaubwürdig beurteilte (US 14) Aussage deckt somit die dem Schuldspruch zugrundeliegende Feststellung (US 8) zur Gänze. Ein Begründungsmangel liegt nicht vor.

Die in der Tatsachenrüge (Z 5 a) vorgebrachten Argumente können keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen hervorrufen. Die diesbezügliche Rüge führt aus, der Angeklagte habe am 20.Mai 1986 den damals gemieteten Personenkraftwagen nur über 864 Kilometer verwendet, diese Strecke sei kürzer als eine Fahrt von Linz nach Genua und zurück. Er habe damals vielmehr einen Casinobesuch in Baden absolviert. Am 1.September 1986 sei er nur 635 Kilometer gefahren. Für beide Fahrten fehle es daher an einer unbedenklichen Entscheidungsgrundlage.

Demgegenüber ist die Fahrt am 20.Mai 1986 (Faktum 1.5.) durch die Zeugenaussage der damaligen Begleiterin des Angeklagten Eva-Maria T***** (AS 500/I), sowie die vom Zollamt Linz durch die auf Grund der beim Angeklagten sichergestellten Unterlagen

(s Ordner II/S 350) objektiviert. Auch der Angeklagte hat eine Fahrt mit dieser Zeugin nach Genua nicht bestritten. Die von der Beschwerde erörterte, für eine solche Fahrt zu geringe, in der Abrechnung des Leihwagenunternehmens aufscheinende Fahrtstrecke (Ordner I/S 72), für die verschiedenste Ursachen denkbar sind, kann angesichts des Gewichts der Belastungsbeweise erhebliche Bedenken gegen den Schuldspruch nicht erwecken.

Zum Faktum 1.7. (Fahrt am 1.September 1986) unterlief dem Gericht offensichtlich ein Irrtum in der Datierung, der aber keineswegs gegen die Richtigkeit des Schuldspruchs spricht. Die Fahrt ist durch die Aussage der damaligen Begleiterin des Angeklagten auf dieser Reise, nämlich der Zeugin R*****, objektiviert (AS 505/I; US 7) und wird vom Angeklagten gar nicht bestritten. Wie bei den anderen Fahrten lassen auch die aufgefundenen Unterlagen und die Erhebungen über die Kontobewegungen einen eindeutigen Schluß auf diese Reise zu (Ordner II/S 351, Fahrt 11). Sie fand nach der Aktenlage allerdings erst in der Zeit vom 5. bis 8.September 1986 (Abrechnung von 2.914 km, Ordner I/S 79) statt. Für eine Fahrt am 1. September 1986 gibt es zwar Hinweise (Ordner II/S 351, Fahrt 10), doch erkannte schon die Finanzstrafbehörde, daß die Abrechnung der Kilometer (Ordner I/S 78) den Angeklagten entlastet (ON 51). Die Angaben der Zeugin R***** aber ließen sich auch mit einer kürzeren Reisedauer nicht in Einklang bringen. Die bloße Verwechslung des Datums kann bei dieser Beweislage erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der diesbezüglich dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht hervorrufen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet zunächst das Vorliegen der subjektiven Tatseite beim Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels. Das Gericht habe dazu keine Feststellungen getroffen und mit der ständigen Verwendung des Wortes "einschmuggeln" die rechtliche Beurteilung vorweggenommen. Daß das Erstgericht aber von der vorsätzlichen Umgehung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht ausging, ergibt sich nicht nur aus dem Urteilsspruch, sondern auch aus den festgestellten Verstecken der geschmuggelten Präparate unter dem Rücksitz des jeweils verwendeten Fahrzeugs. Der behauptete Feststellungsmangel in Ansehung der subjektiven Tatseite liegt daher nicht vor.

Ebenso versagt der in der Rechtsrüge erhobene Vorwurf, das Erstgericht sei beim Vergehen der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach §§ 12, 15, 289 StGB auf die subjektive Tatseite überhaupt nicht eingegangen. Mit der Urteilsfeststellung, der Angeklagte versuchte mit der Aufforderung Brigitte R***** zu einer falschen Aussage gegenüber den Beamten der Zollfahndung zu bestimmen (US 8), also sie zur Falschaussage zu bewegen, wird die Vorsätzlichkeit der Tat eindeutig dargetan. Indem die Rechtsrüge dies negiert, entfernt sie sich in unzulässiger Weise von den Urteilsfeststellungen.

Die Beschwerde ist aber insoweit im Recht, als sie bezüglich des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 StGB Verjährung einwendet (Z 9 lit b). Nach dem Urteilsspruch wurde diese Tat im Frühjahr 1988 begangen. Sie war mit der Sicherstellung des Fahrzeugs am 6.September 1988 (ON 29) abgeschlossen. Die erste gerichtliche Verfolgungshandlung erfolgte nach Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung vom 27.April 1990 (AS 484/I). Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nicht nur die einjährige Verjährungsfrist des § 57 StGB abgelaufen, es lag auch keiner der Umstände nach § 58 StGB vor, aus dem sich eine Ablauf- oder Fortlaufhemmung ableiten ließe. Der diesbezügliche Verdacht gegen den Angeklagten bestand bereits seit längerem, ohne daß irgendwelche Verfolgungshandlungen, sei es auch nur ein Vorbehalt der Ausdehnung der Anklage oder eine Vernehmung des Angeklagten hiezu, erfolgt wären. Dem Angeklagten kommt daher insoferne Verjährung zustatten. Der diesbezügliche Schuldspruch und der damit verbundene Strafausspruch nach dem StGB waren daher zu kassieren und ein Freispruch von der Anklage des Vergehens des Verstrickungsbruches zu fällen.

Bei der hiedurch erforderlichen Strafneubemessung war kein Umstand erschwerend, mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten und daß es beim Versuch blieb. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB, der festgestellten besonderen Strafzumessungsgründe und des Verschlimmerungsverbotes ist die aus dem Spruch ersichtliche Tagessatzzahl sowohl dem Schuld- als auch dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechend. Die Höhe des Tagessatzes ergab sich aus den vom Erstgericht festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers, in denen eine maßgebliche Änderung nicht eingetreten ist. Zur Erreichung der Strafzwecke konnte im vorliegenden Fall eine bedingte oder teilbedingte Strafnachsicht nicht ausgesprochen werden.

Mit Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO bekämpft der Angeklagte zunächst den Verfall seines von ihm zu zwei Fahrten verwendeten eigenen Fahrzeugees BMW 528 i, Baujahr 1978.

Nach § 38 Abs. 1 letzter Satz FinStrG sind bei gewerbsmäßigem Schmuggel unter anderem die Bestimmungen des § 35 FinStrG über den Verfall anzuwenden. Der Verfall umfaßt auch die Beförderungsmittel im Sinne des § 17 Abs. 2 lit c Z 4 FinStrG. Nach dieser Gesetzesstelle in der zur Tatzeit geltenden wie auch in der nunmehrigen Fassung (BGBl 1988/414) unterliegen unter anderem die zur Begehung des Finanzvergehens benützten Beförderungsmittel dem Verfall, wenn in ihnen Gegenstände des Finanzvergehens an Stellen verborgen waren, die für die Verwahrung üblicherweise nicht bestimmt sind. Der nur durch Hochklappen der Rücksitzbank zugängliche Raum unter dieser ist zur Unterbringung von Gegenständen, wie das Erstgericht mängelfrei feststellte, nicht bestimmt. Eine Aufbewahrung von Gegenständen an diesem Ort ist nicht üblich. Dieser Hohlraum kann mit dem Kofferraum eines Kraftfahrzeugs nicht verglichen werden. Die vom Angeklagten zitierte Entscheidung (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, ENr 16 zu § 17) betraf den Raum unter den Vordersitzen eines weitaus kleineren Personenkraftwagens anderer Marke. Diese Entscheidung kann daher auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden.

Anstelle des Verfalls tritt gemäß § 17 Abs. 6 FinStrG eine Wertersatzstrafe, wenn der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob der Verfall demgemäß unverhältnismäßig ist, ist einerseits die Bedeutung der Tat, andererseits der den Täter treffende Vorwurf.

Bei der Beurteilung des Mißverhältnisses des Verfalls zur Bedeutung der Tat kommt es einerseits auf den Wert des verfallsbedrohten Gegenstandes und andererseits auf den durch das Finanzvergehen bewirkten Schaden (den strafbestimmenden Wertbetrag), hier somit (s § 35 Abs. 4 FinStrG) auf den auf die Waren entfallenden Abgabenbetrag (vgl VfGH v 14.12.83, G 34/83

= ÖJZ 1984 S 613 und VfGH v 14.12.87, G 114,165,213,227/87

= ÖJZ 1988 S 59) an. Der Wert des verfallsbedrohten Gegenstandes

ist im Fall des § 17 Abs. 2 lit a FinStrG der Wert des Schmuggelgutes (samt Umschließungen) und im Fall des hier weiters aktuellen § 17 Abs. 2 lit c Z 4 FinStrG der Wert der (des) Beförderungsmittel(s) im Zeitpunkt der Tatbegehung (vgl § 19 Abs. 3 FinStrG). Das gilt auch gemäß § 19 Abs. 5 FinStrG betreffend der auch dort zu berücksichtigenden Bedeutung der Tat zum (teilweisen) Wertersatz. In diesen Fällen ist die gemäß § 19 Abs. 3 (bzw Abs. 4) FinStrG zu ermittelnde Höhe des Wertersatzes (des Wertersatzanteiles) dem durch das Finanzvergehen bewirkten Schaden gegenüberzustellen.

Der Beschwerdeführer kann nun selbst nicht dartun, daß das Erstgericht diese rechtlichen Grundlagen beim Verfall bzw den Aussprüchen über die Wertersatzstrafen außer acht gelassen hätte. Auch die - übrigens heute gar nicht mehr aktuelle "Zehntelregelung" - des § 17 FinStrG aF hätte entgegen den Beschwerdeausführungen im vorliegenden Fall gar wohl den Verfall des Personenkraftwagens Marke BMW gerechtfertigt. Denn dieser wurde vor Begehung des Schmuggels vom Angeklagten zum Preis von 55.000 S angekauft (AS 405/I) und zum Schmuggel von Präparaten verwendet, auf die ein Abgabenbetrag von insgesamt 6.930 S (Fakten 1.1. und 8.) entfallen wäre. Der Verfallsausspruch des Personenkraftwagens (gegen den der beschlagnahmten Präparate wird im Rechtsmittel überhaupt nichts vorgebracht) ist aber auch angesichts der vom Angeklagten zu verantwortenden Gewerbsmäßigkeit des Schmuggels und dem sich daraus ergebenden hohen Schuldgehalt der Tat (§ 38 FinStrG) nicht unverhältnismäßig.

Soweit der Beschwerdeführer aber die an die Stelle des Verfalls tretende Wertersatzstrafe der drei, zu weiteren Schmuggelfahrten verwendeten Mietfahrzeuge der Marke Mercedes bekämpft, so ist vorweg darauf zu verweisen, daß das Erstgericht ohnehin die Meinung vertreten hat, daß der (gesamte) Wertersatz (von über 700.000 S) unverhältnismäßig ist, weshalb es von der Auferlegung teilweise abgesehen hat. In welchem Ausmaß aber auf Grund der Bedeutung der Tat oder des den Täter treffenden Vorwurfes vom Wertersatz abzusehen war, ist eine im Rahmen der Berufung zu überprüfende Ermessensentscheidung.

Unberücksichtigt ließen jedenfalls dabei die Tatrichter entgegen der diesbezüglichen Rechtsrüge keineswegs die Möglichkeit allfälliger Mit- bzw Nachtäter. Nur hat das Erstgericht zutreffend keine Veranlassung gesehen, den Wertersatz für die letztgenannten Schmuggelfahrzeuge aufzuteilen, weil Mittäter am gewerbsmäßigen Schmuggel nicht beteiligt waren (siehe Einstellungserklärung zu den Fahrtbegleitern AS 3 e/I), die Nachtäter (Hehler) aber nicht für den Verfall der Beförderungsmittel (§ 37 FinStrG) haften. Der Verfall der Beförderungsmittel nach § 17 Abs. 2 lit c Z 4 FinStrG ist beim Schmuggel unter den hier aktuellen erschwerenden Umständen des § 38 FinStrG angedroht. Im übrigen aber würde auch die Frage der Aufteilung des Wertersatzes in den Ermessensbereich des Gerichtes fallen und wäre daher ebenfalls nur mit Berufung und nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde zu bekämpfen (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO ENr 59 zu § 19).

Soweit die Rechtsrüge die festgestellte Höhe der Eingangsabgaben und den dafür zugrunde gelegten Wert der Präparate bestreitet, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Sie hätte diesbezüglich nämlich den vom Schöffengericht ausdrücklich festgestellten Einkaufspreis einer Ampulle von 27 S ihren Rechtsausführungen zugrunde legen müssen. Im übrigen vermag die Beschwerde aber selbst nicht anzugeben, warum der vom Erstgericht angewendete Zollsatz und die dafür herangezogene Tarifpost des Zolltarifs unrichtig sein soll.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen, ausgenommen soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Verstrickungsbruches richtet.

Zur Berufung:

Zufolge Neubemessung der nach dem Strafgesetzbuch zu verhängenden Strafe ist der diesbezügliche Teil der Berufung gegenstandslos.

Bei der Strafbemessung für die nach dem Finanzvergehen auszumittelnde Geldstrafe wertete das Schöffengericht als erschwerend den Schmuggel von in Österreich nicht erlaubten Medikamenten, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel.

Den bloßen Teilwertersatz für die nicht verfallen erklärten Mietfahrzeuge der Marke Mercedes begründete das Erstgericht mit der Unverhältnismäßigkeit eines vollen Wertersatzes.

Mit seiner diesbezüglichen Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Geldstrafe, der Höhe des Wertersatzes und des Wertersatzanteils sowie der zugehörigen Ersatzfreiheitsstrafen und die Gewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht.

Er ist, ausgenommen die Wertersatzstrafe für das nicht ergriffene Schmuggelgut, im Recht.

Der vom Erstgericht bei der Strafzumessung angezogene einzige Erschwerungsgrund hat zu entfallen, weil eine unerlaubte Einfuhr von Medikamenten gesondert strafbar ist

(s § 6 ArzneiwareneinfuhrG) und daher nicht bei dem vorliegenden Finanzvergehen zu werten ist. Auch unter Berücksichtigung, daß die Strafdrohung gemäß § 38 Abs. 1 FinStrG bis zum Vierfachen des strafbestimmenden Wertbetrages (hier 36.720 S) reicht, ist die verhängte Geldstrafe überhöht, weshalb sie und die dafür zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß zu reduzieren waren. Für die Gewährung (teil-)bedingter Nachsicht dieser Strafe bestand schon angesichts der fast über einen Zeitraum von zwei Jahren durchgeführten Schmuggelfahrten kein Anlaß.

Auf die mit drei Mietwagen eingeschmuggelten Präparate entfielen Eingangsabgaben von nicht ganz 30.000 S. Ein Wertersatzanteil von 150.000 S ist im Verhältnis zur Bedeutung der Tat, dem auf diese Fahrten entfallenden strafbestimmenden Wertbetrag und dem sich aus der gewerbsmäßigen Begehung ergebenden hohen Schuldgehalt auszumessen. Diesem Wertersatz entsprechend wurde die Ersatzfreiheitsstrafe mit 3 Monaten bestimmt.

Bezüglich der Höhe des für die nicht ergriffenen Medikamente verhängten Wertersatzes vermag der Berufungswerber selbst keinen Ermessensfehler aufzuzeigen und bestand auch kein Anlaß zu einer diesbezüglichen Korrektur des Strafausspruches.

Die Strafe des Wertersatzes aber kann den Berufungsausführungen zuwider nach § 26 Abs. 1 FinStrG nur bei Jugendstraftaten bedingt nachgesehen werden.

Der Berufung war somit nur ein teilweiser Erfolg zuzuerkennen.

Anmerkung

E27016

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00071.91.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19910917_OGH0002_0140OS00071_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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