TE OGH 1991/9/17 5Ob70/91

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Viktor Z*****, Spenglermeister, ***** L*****, M*****gasse 17, vertreten durch Dr. Josef Hippacher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Verbücherung eines Kauf-, Wohnungseigentums- und Dienstbarkeitsvertrages betreffend die EZ ***** der KG L*****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 7. Mai 1991, GZ 1 b R 71/91, TZ 1179/91-3, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Lienz vom 16. April 1991, TZ 1102/91-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Erich S*****, der Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG L***** mit dem Wohnhaus M*****gasse 15, hat dem nunmehrigen Antragsteller 36/102 Anteile dieser Liegenschaft verkauft und mit ihm die Begründung von Wohnungseigentum vereinbart: Der Antragsteller soll das ausschließliche Nutzungs- und Verfügungsrecht an dem im Perterre nordseitig gelegenen Geschäftsraum im Ausmaß von 27,6 m2 erhalten, der Verkäufer an allen sonstigen Räumlichkeiten des Hauses einschließlich Kellergeschoß.

Der Verkäufer räumte dem Antragsteller außerdem das Recht ein, zum Zwecke der Versorgung seines Geschäftsraumes mit Wärmeenergie die erforderlichen Installationen durch die Kellerräumlichkeiten anzulegen, und zwar so, "wie dies in einem dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag beigefügten Lageplan des Dipl.Ing. Michael R***** vom 5.7.1989 dargestellt ist". (Es geht dabei um den Anschluß des Kaufobjektes an die Wärmeversorgungsanlage des Nachbarhauses, das dem Antragsteller gehört.) Schließlich wurde dem Antragsteller noch zugestanden, vom Kaufobjekt aus durch den Kellerraum des Hauses M*****gasse 15 Wasserleitungsinstallationen zum öffentlichen Wasserversorgungsnetz und Kanalrohre zum öffentlichen Kanalnetz anzulegen. Auch hier wurde bezüglich der Ausführung auf den bereits erwähnten Lageplan verwiesen. Der Verkäufer räumte dem Antragsteller insoweit die entsprechenden Dienstbarkeitsrechte zur Herstellung und Instandhaltung der erforderlichen Installationen ein und erklärte sich mit deren Einverleibung "so wie dies im Lageplan dargestellt ist" ausdrücklich einverstanden.

Zur Verbücherung dieser Vereinbarung wurden dem Grundbuchsgericht der Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 30.10.1989 samt Nachtrag und Aufsandungserklärung vom 7.12.1990, der Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz über die Nutzwertfestsetzung, ein mit der Rechtskraftbestätigung versehener Bescheid der Grundverkehrsbehörde, eine dem § 12 Abs. 2 Z 2 WEG entsprechende Bestätigung des Stadtbauamtes Lienz, eine (nicht in allen Details lesbare) Fotokopie des mehrmals erwähnten Lageplans mit verschiedenfärbig eingezeichneten Rohrleitungen und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes Innsbruck vorgelegt.

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch des Antragstellers (ua) aus den noch zu erörternden Gründen ab.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. So wie das Erstgericht bemängelte es, daß der Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz über die Nutzwertfestsetzung nicht mit einer Rechtskraftbestätigung versehen war, obwohl § 12 Abs. 2 Z 3 WEG ausdrücklich die Vorlage der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes (oder der Schlichtungsstelle) verlangt. Von einer gerichtsbekannten Tatsache könne in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Außerdem habe es der Antragsteller verabsäumt, den Lageplan über die vom Verkäufer zu duldenden Rohrleitungen im Original vorzulegen, obwohl in den Vertragsurkunden darauf Bezug genommen wird und daher § 87 Abs 1 GBG zu beachten gewesen wäre. Als gewichtigstes Eintragungshindernis wurde jedoch erkannt, daß die dem Antragsteller eingeräumten Grunddienstbarkeiten gesetzlich nicht gedeckt seien:

Zunächst einmal fehle es an der Voraussetzung, daß dem herrschenden Grundstück ein dienendes Grundstück korrespondieren müsse, worüber im gegenständlichen Fall keine Klarheit bestehe, da mehrere Grundstücke - neben der Vertragsliegenschaft auch noch die Nachbarparzellen 118/3 und 118/4 - von den vorgesehenen Installationen berührt würden. Soweit sich die Installationen nur auf die Vertragsliegenschaft (Bp 118/I) beziehen, stehe der Begründung einer Dienstbarkeit entgegen, daß die Belastung eines ideellen Miteigentumsanteils (auch wenn damit Wohnungseigentum verbunden ist) im Gesetz nicht vorgesehen sei. Eine solche Regelung hätte nach den Bestimmungen über das Miteigentum (§§ 825 ff ABGB) zu erfolgen.

Abschließend verwies das Rekursgericht noch darauf, daß ein ideeller Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft - auch zugunsten eines anderen Miteigentümers (MietSlg 22/22 = SZ 43/117 mwN) - wohl dann mit einer Dienstbarkeit belastet werden könnte, wenn dem Eigentümer des belasteten Anteils gemäß § 1 Abs 1 WEG die ausschließliche (dingliche) Nutzungs- und Verfügungsberechtigung über einen realen Teil der Liegenschaft eingeräumt wurde (Würth in Rummel II, Rz 2 zu § 1 WEG; Petrasch in Rummel I2, Rz 2 zu § 472 ABGB und Rz 1 zu § 521 ABGB;

Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Call-Ecker, Sachenrecht2, 161 ua);

ein solcher Ausnahmefall wurde aber - ohne dies auszusprechen - nicht angenommen.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage, ob zu Lasten eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteils eine Dienstbarkeit bestellt werden könne, keine Entscheidung des Höchstgerichtes vorliege.

Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller fristgerecht Revisionsrekurs erhoben. Er begehrt dessen Abänderung iS einer Bewilligung seines Eintragungsgesuches, allenfalls dessen Aufhebung und die Rückverweisung der Sache zur "neuerlichen Verhandlung und Entscheidung" an eine der Vorinstanzen, wobei er seinem Rechtsmittel "in bloßer Verbesserung der Urkunden" eine mit dem Rechtskraftvermerk versehene Ausfertigung der gerichtlichen Nutzwertfestsetzung und das Original des Lageplans beifügte.

In der Sache selbst beharrt der Antragsteller auf seinem Rechtsstandpunkt, daß die Rechtskraft der gerichtlichen Nutzwertfestsetzung innerhalb desselben Gerichts als amtsbekannt zu gelten habe und eine diesbezügliche Bestätigung allenfalls von Amts wegen hätte beigeschafft werden müssen, daß ein Lageplan zur räumlichen Eingrenzung der Dienstbarkeit (umsoweniger die Vorlage des Originals dieses Planes) gar nicht notwendig gewesen wäre und daß die Belastung des Miteigentumsanteils des Wohnungseigentümers mit einer Dienstbarkeit zugunsten des Miteigentumsanteils eines anderen Wohnungseigentümers sehr wohl möglich sei. Sogar das schlichte Miteigentum lasse die Begründung einer Dienstbarkeit zugunsten des ideellen Anteils eines Miteigentümers zu.

Dieser Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Rekursgericht als erheblich iS des § 14 Abs 1 AußStrG angesehene Rechtsfrage, ob der Mindestanteil eines Wohnungseigentümers mit einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Mindestanteils eines anderen Wohnungseigentümers (innerhalb derselben Wohnungseigentumsgemeinschaft) belastet werden kann, wurde vom Obersten Gerichtshof (soweit ersichtlich) tatsächlich noch nicht entschieden. Die bisherige Judikatur befaßte sich lediglich mit Problemen des schlichten Miteigentums und gelangte zum Schluß, daß zwar kein Hindernis besteht, eine solche Dienstbarkeit vorsorglich (also für den Fall einer späteren Realteilung) zugunsten eines Miteigentümers zu begründen (SZ 27/172; SZ 43/117; NotZ 1977, 26; vgl. Ehrenzweig, Sachenrecht2, 306 f; Klang in Klang II2, 551; Ostheim, Superädifikate auf eigenem Grund, ÖJZ 1975, 203 bei FN 21), daß jedoch die Dienstbarkeit immer die gesamte im Miteigentum stehende Liegenschaft belastet und folglich auch nur von allen Miteigentümern bestellt werden kann (vgl. JBl 1960, 441; 3 Ob 681/80 ua). Der bloßen Belastung eines ideellen Liegenschaftsanteils mit einer Grunddienstbarkeit stünde § 485 ABGB entgegen (JBl. 1960, 441; SZ 41/30; Petrasch in Rummel I2, Rz 2 zu § 472 ABGB).

Anders verhält es sich - worauf schon das Rekursgericht mit zutreffenden Literaturzitaten hingewiesen hat - beim Miteigentumsanteil des Wohnungseigentümers. Ihm steht gemäß § 1 Abs 1 WEG das dingliche Recht zu, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen, weshalb ihm insoweit auch das Recht zukommt, seinen Anteil mit Dienstbarkeit zu belasten. Dies gilt nicht nur für persönliche Dienstbarkeiten, wie z.B. das Wohnrecht (Petrasch in Rummel I2, Rz 1 zu § 521 ABGB; Würth in Rummel II, Rz 2 zu § 1 WEG), sondern grundsätzlich auch für Realservituten (vgl. Bärmann-Pick-Merle, WEG5, Rz 100; Röll im Münchner Kommentar, RZ 25 vor § 1 WEG; BGH in BB 1989, 2141). Gerade bei diesen ist anerkannt, daß herrschendes und dienendes "Grundstück" Wohnungseigentumsrechte derselben Gemeinschaft sein können, die Dienstbarkeit also zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils bestellt werden kann (vgl. Bärmann-Pick-Merle aaO, Rz 93 und 100; BGH aaO). Niemand vermag allerdings mehr Rechte zu überlassen, als er selbst hat. Darum ist dem einzelnen Wohnungseigentümer die Belastung seines Mindestanteils mit einer Grunddienstbarkeit nur soweit möglich, als sich ihr Ausübungsbereich auf sein ausschließliches Nutzungs- und Verfügungsrecht beschränkt (vgl. Petrasch aaO, Rz 2 zu § 472 ABGB; Röll aaO). Das bloße Mitbenützungsrecht des Wohnungseigentümers an allgemeinen Teilen des Hauses kann hingegen nicht zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden, die nur auf dem Mindestanteil des Bestellers einverleibt werden soll (vgl. Stürner in Soergel, Sachenrecht12, Rz 31 zu § 3 WEG; Bärmann-Pick,Merle aaO, Rz 101). Ob dies auch für Sondernutzungsrechte am gemeinschaftlichen Eigentum gilt, ist hier nicht zu entscheiden.

Wendet man diese Rechtsgrundsätze auf den gegenständlichen Fall an, dann haben die Vorinstanzen die Einverleibung der dem Antragsteller eingeräumten Dienstbarkeiten (und die davon nicht zu trennende Verbücherung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages) im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Nach dem Inhalt der Vereinbarung sollen nämlich die Wasser-, Heizungs- und Kanalrohre des dem Antragsteller zugewiesenen Geschäftslokals durch die Kellerdecke, teilweise sogar durch Außenmauern des gemeinsamen Hauses geführt werden, so daß von der Ausübung der Befugnisse des Dienstbarkeitsberechtigten allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind. Daß diese Regelung auf der Zustimmung aller Miteigentümer basiert (sie sind zugleich die Parteien des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages), ermöglicht noch nicht die Einverleibung der Dienstbarkeiten, da sie - den dargelegten Rechtsgrundsätzen widersprechend - nur den Mindestanteil des Verkäufers belasten sollen und auch nur von diesem eine entsprechende Aufsandungserklärung vorliegt.

Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann trotz der Vorschrift des § 95 Abs 3 GBG unterbleiben, weil die Wiederholung des Grundbuchsgesuches ohne Änderung der vorgelegten Vertragsurkunden nicht in Betracht kommt (vgl JBl 1953, 297; 5 Ob 83/87; 5 Ob 1003/91 ua) und der Antragsteller - wie die Beilagen zu seinem Revisionsrekurs beweisen - ohnehin leicht und jederzeit in der Lage ist, die von den Vorinstanzen beanstandeten Mängel zu beseitigen. Dennoch sei kurz bemerkt, daß § 12 Abs 2 Z 3 WEG ausdrücklich die Vorlage einer rechtskräftigen Nutzwertfestsetzung verlangt und die Beschaffung der Rechtskraftbestätigung nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichtes ist (§§ 94 Abs 1 Z 3, 75 Abs 1 GBG).

Eine Judikatur- und Literaturdifferenz, wie sie der Revisionsrekurswerber zu erkennen glaubt, besteht insoweit gar nicht. Die Rechtsansicht, das Grundbuchsgericht habe die Rechtskraft einer behördlichen Genehmigung (insbesondere einer Grundverkehrskommission) nicht zu prüfen und könne daher auch keine solche Bestätigung verlangen, wurde zwar von einigen Instanzgerichten (vgl EvBl 1953/61 und RPflSlgG 281) sowie von Bartsch (GBG7, 88 und 152) vertreten, baute jedoch auf anderen Rechtsgrundlagen auf und läßt sich jedenfalls dann nicht halten, wenn ein behördlicher Ausspruch - wie im gegenständlichen Fall - angefochten werden kann. Hier geht die höchstgerichtliche Judikatur eindeutig dahin, eine urkundliche Bestätigung der Rechtskraft zu verlangen (RPflSlgG 888; vgl SZ 30/46; in diesem Sinn etwa auch das LG Innsbruck in RPflSlgG 634). Die scheinbar gegenteilige Entscheidung RPflSlg 230 erging zu einer besonderen Rechtsvorschrift und hatte sich mit dem Problem der Anfechtbarkeit des behördlichen Ausspruchs nicht zu befassen. Die Rechtskraft einer Entscheidung ist auch keine "Tatsache", von der das Grundbuchsgericht iS des § 269 ZPO wissen könnte; sie bedarf vielmehr einer rechtlichen Beurteilung, die dem Grundbuchsgericht nicht zusteht. Schließlich wäre dem Rekursgericht beizupflichten, daß der Lageplan des Dipl.Ing. Michael R***** vom 5.7.1989 gemäß § 87 Abs 1 GBG im Original hätte vorgelegt werden müssen, weil sich die Parteien des zu verbüchernden Dienstbarkeitsbestellungsvertrages ausdrücklich auf ihn berufen haben, um den Inhalt der Dienstbarkeiten genau festzulegen. Auch die Aufsandungserklärung des Verkäufers nimmt darauf Bezug. Der Lageplan war daher eine Grundlage der begehrten Eintragung.

Anmerkung

E27475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00070.91.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19910917_OGH0002_0050OB00070_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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