TE OGH 1991/9/18 2Ob524/91

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm D*****, vertreten durch Dr. Marion Schön, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Sylvia S*****, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Erklärung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1990, GZ 1 R 593/90-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. Mai 1990, GZ 47 C 537/89a-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.175,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 362,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem Mietvertrag vom 23. 10. 1986 mietete die Beklagte vom Kläger als Eigentümer des Hauses 1070 Wien, ***** ab dem 1. 12. 1986 bis zum 30. 11. 1991 die "Start"wohnung *****. Unter Punkt XIV.) verpflichtete sich die Beklagte zur Überwachung und Sicherung der Einhaltung der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes mit dem Vermieter einen Räumungsvergleich zum Ende der vereinbarten Mietdauer zu schließen.

Gestützt auf letztere Vertragsbestimmung begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Räumungsvergleiches über die Wohnung zum Ende der vereinbarten Mietdauer, d.i. der 30. 11. 1991.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Verpflichtung zum Abschluß eines solchen Vergleiches zu einer unzulässigen Erweiterung der mietrechtsgesetzlichen Auflösungsgründe führen würde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren insoweit statt, als es die Beklagte verpflichtete, die Wohnung zum 30. 11. 1991 zu räumen. Die vertragliche Vereinbarung des Abschlusses eines Räumungsvergleiches stehe mit den Bestimmungen des Startwohnungsgesetzes im Einklang.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es die Beklagte zum Abschluß des Räumungsvergleiches zum 30. 11. 1991 schuldig erkannte; das Mehrbegehren auf Verzicht auf einen Räumungsaufschub wies es ab. Da es sich um eine im § 502 Abs 3 ZPO genannte Streitigkeit handle, sei der Streitgegenstand nicht zu bewerten, wohl aber sei die Revision für zulässig zu erklären, weil zur im folgenden behandelten Frage keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege. Im § 5 des Bundesgesetzes vom 12. 5. 1982 zur Verbesserung der Wohnverhältnisse von jungen Familien, Startwohnungsgesetz BGBl 264/1982 sei außerhalb des MRG ein neuer Typ eines zeitlich begrenzten Mietverhältnisses geschaffen worden. Zunächst werde im Absatz 1 festgelegt, daß die ursprüngliche oder verlängerte Vertragsdauer von Mietverträgen über Startwohnungen fünf Jahre nicht übersteigen darf; im Absatz 3 werde angeordnet, daß im Mietvertrag zu vereinbaren sei, daß der Vertrag durch Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt. Durch diese Spezialbestimmung sei dem MRG insoweit derogiert worden, als die vertragliche Verpflichtung zum Abschluß eines Räumungsvergleiches zur Einhaltung der Gesetzesbefehle des Startwohnungsgesetzes nicht als unzulässig angesehen werden könne, weil eine gesetzlich wirksame Befristung auch durch Vergleich bekräftigt werden darf. Weder aus dem vorliegenden Vertragstext noch aus dem Startwohnungsgesetz könne jedoch eine Verpflichtung des Mieters zur Abgabe eines Räumungsverzichtes abgeleitet werden.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, daß sich der zeitlich befristete Mietvertrag nach dem Startwohnungsgesetz auch in Ansehung seiner Befristung und der damit zusammenhängenden "automatischen" Auflösung nicht von anderen befristeten Mietverträgen unterscheide. Dazu war zu erwägen:

Das Bundesgesetz vom 12. 5. 1982 zur Verbesserung der Wohnverhältnisse von jungen Familien, Startwohnungsgesetz BGBl 264/1982 ist einerseits - wie sich aus dem Zusammenhalt seiner Bestimmungen ergibt (vgl 914 BlgNR 15. GP, 5; Eypeltauer,

Das Startwohnungsgesetz, ein Beitrag zur Althaussanierung und zur Wohnversorgung junger Menschen ImmZ 1982, 211) - dadurch charakterisiert, daß es jungen Menschen in der Phase der Familiengründung die Miete günstiger "Startwohnungen" zu ermöglichen sucht. Die im § 5 Abs 1 und 3 dieses Gesetzes angeordnete zeitliche Beschränkung solcher Mietverträge auf fünf Jahre soll aber andererseits zur Verwirklichung des Gesetzeszweckes die Hauseigentümer anregen, leerstehende Wohnungen dem Wohnungsmarkt zu dem genannten sozialpolitisch erstrebten Zweck zuzuführen (vgl Eypeltauer aaO).

Wenngleich die Kündigungsbeschränkungen des MRG nicht durch eine vor oder gleichzeitig mit dem Abschluß des Mietvertrages getroffene Räumungsvereinbarung umgangen werden dürfen (MietSlg. 35.343; ImmZ 1989, 96 ua), und dies auch angenommen wurde, wenn die Räumungsverpflichtung im Zusammenhang mit der Verlängerung eines gemäß § 1 Abs 2 Z 3 MRG vom MRG vollständig ausgenommenen Mietverhältnis mit bestimmten Endtermin getroffen worden war (WoBl 1989, 76), hat doch Würth in der Besprechung der zuletzt genannten Entscheidung mit Recht darauf hingewiesen, daß es bedenklich wäre, den Abschluß eines Räumungsvergleiches am Ende eines durchsetzbar befristeten Mietverhältnisses grundsätzlich als Umgehungshandlung einer willkürlichen Auflösung des Mietverhältnisses anzusehen. Mit Recht verweist der Autor darauf, daß sonst der Vermieter gezwungen wäre, stets die Räumungsklage einzubringen, um sich im Laufe dieses Verfahrens einen Räumungsvergleich mit entsprechendem Aufschub abnötigen zu lassen. Dies brächte aus Kostengründen auch für den Mieter Nachteile mit sich und wäre letztlich dem Zweck des Startwohnungsgesetzes, nämlich der Verfügbarmachung günstiger Wohnungen für junge Ehepaare, nachträglich.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die gesetzlich wirksame Befristung des Mietverhältnisses auch durch Vergleich bekräftigt werden darf, erweist sich daher unter Bedachtnahme auf die dargelegten Grundsätze im Endergebnis als richtig, weshalb der Revision der Erfolg zu versagen war.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27354

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00524.91.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19910918_OGH0002_0020OB00524_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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