TE OGH 1991/10/8 4Ob87/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr.Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, wider die beklagte Partei Josef B*****, vertreten durch Dr.Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in Köflach, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 400.000 S) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 12. Juni 1991, GZ 2 R 122/91-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5.April 1991, GZ 23 Cg 295/90-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.658,20 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 2.609,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Werbegraphiker und betreibt als solcher unter der Geschäftsbezeichnung "A*****-GRAFIK" ein Unternehmen in W*****. Er ließ im Anzeigenteil der "Kleinen Zeitung" vom 3.8.1990 ein Inserat veröffentlichen, dessen wesentlicher Text wie folgt lautete:

"GRAFIK-EXPRESS-Service in W*****. Die Fa.A*****-GRAFIK aus W***** bietet ein neues und interessantes Produkt an: Das GRAFIK-EXPRESS-Service. Mit Hilfe einer speziellen Grafik-Computer-Anlage und der Erfahrung eines kleinen - aber flexiblen Werbe-Teams bekommt der Kunde innerhalb von nur 36 Stunden druckfertige Unterlagen für ein Inserat, einen Flugzettel, einen Prospekt oder auch für eine Speisekarte. Änderungen können in nur wenigen Minuten - auch direkt im Beisein des Kunden - durchgeführt werden......."

Im Anzeigenteil der "Kleinen Zeitung" vom 10.10.1990 erschien folgendes Inserat des Beklagten:

"GRAFIK-EXPRESS-Service. Noch schneller! Noch besser! Z.B.: Wir entwerfen Ihnen ein werbewirksames Flugblatt od. Kleinprospekt innerhalb von 12 Stunden. Nach weiteren 36 Stunden sind Ihre Prospekte (z.B. 30.000 Stück) fertig! Rufen Sie uns an:

Fa.A*****-GRAFIK, W*****, Tel. *****."

Der klagende Wettbewerbsverband (§ 14 UWG) verband mit seiner am 11.10.1990 beim Erstgericht eingelangten Klage zur Sicherung seines Urteilsbegehren der Beklagte sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im Zuge eines sogenannten "Graphik-Expreß-Service" druckfertige Unterlagen für ein Inserat, einen Flugzettel, einen Prospekt oder für eine Speisekarte mit Hilfe einer speziellen Graphikcomputeranlage - sohin einen Computersatz - zum Verkauf anzubieten bzw für Dritte entgeltlich herzustellen, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher dem Beklagten das Anbieten druckfertiger Computersätze bzw Unterlagen an seinen Kundenkreis im Rahmen seines Geschäftsbetriebes verboten werden soll. Das Urteilsbegehren und der Sicherungsantrag des Klägers waren - soweit für das vorliegende Revisionsrekursverfahren noch von Interesse - nur auf das Inserat des Beklagten vom 3.8.1990 gestützt. Dort sei ein druckfertigter Computersatz angeboten worden, obwohl gemäß § 112 Abs 1 GewO die Satzherstellung nach allen Verfahren dem gebundenen Gewerbe der Drucker (§ 103 Abs 1 lit b Z 9 GewO) vorbehalten sei. Wenngleich nunmehr mittels "Desktop-Publishing" (DTP) die druckfertige Herstellung eines Computersatzes ermöglicht werde, dürfe der Beklagte als Angehöriger des freien Gewerbes der Werbegraphiker nach wie vor nur Layouts und Satzkonzeptionen anbieten - mögen diese auch im Wege des DTP hergestellt worden sein -, nicht aber fertige Drucksätze nach diesem Verfahren. Mit seinem Inserat vom 3.8.1990 habe daher der Beklagte in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich des Druckergewerbes eingegriffen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Er bediene sich lediglich der technischen Entwicklung in Form des DTP, welches es nunmehr ermögliche, neben Layout und Satzkonzeption auch reprofähige Druckvorlagen herzustellen. Dieses neue technische Hilfsmittel könnten nicht die Drucker für sich allein beanspruchen; es stehe vielmehr allen Gewerbetreibenden offen. Der Beklagte verwende DTP im Rahmen seines Gewerbes als Werbegraphiker zur Herstellung reprofähiger Druckvorlagen für die im Inserat vom 3.8.1990 genannten kreativ gestalteten Werbemittel; dazu sei er auch nach Auffassung der gesetzlichen Interessenvertretungen berechtigt.

In seiner Gegenäußerung ON 6 behauptete der Kläger erstmals, daß der Beklagte mit seinem Inserat vom 3.8.1990 tatsächlich eine Satzherstellung im engeren Sinn zur Übernahme von Druckaufträgen unter Verwendung von DTP angeboten habe; dazu sei er aber in keinem Fall berechtigt. Jedenfalls habe der Beklagte mit seinem - nunmehr vom Kläger erstmals beanstandeten - Inserat vom 10.10.1990 die Herstellung eines Prospektes in hoher Auflage, also auch die Ausführung des Druckauftrages, angeboten. Der Kläger beantragte "daher, die einstweilige Verfügung alternativ in der Weise zu erlassen, daß es dem Beklagten bis zur Beendigung dieses Rechtsstreites verboten wird,

1. in Zeitungsinseraten druckfertige Unterlagen für Flugblätter, Prospekte und sonstige Druckwerke generell anzubieten, außer mit dem Hinweis, daß er nur zur Erzeugung solcher Druckvorlagen berechtigt sei, wenn das künstlerisch-gestalterische Element überwiegt;

2. in Zeitungsinseraten den Entwurf von Flugblättern in Verbindung mit der Lieferung fertiger Prospekte in einer Massenauflage von bis zu 30.000 Stück anzubieten."

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung im Sinne der Punkte 1 und 2 des zuletzt genannten Sicherungsantrages des Klägers, mit welchem er seinem ursprünglichen Sicherungsbegehren nur eine neue Fassung gegeben habe. Traditionellerweise obliege einem Werbegraphiker die kreative Gestaltung von Satzentwürfen und Druckvorlagen (Layouts), einem Drucker hingegen die Umsetzung dieser Vorlagen in einen Drucksatz. Durch DTP-Systeme könnten nunmehr diese bisher getrennten Arbeitsvorgänge verschmolzen werden, weil jede mittels DTP erarbeitete Vorlage zugleich als Drucksatz für die Vervielfältigung im Rahmen dieses Systems verwendbar sei. Bei den im Inserat vom 3.8.1990 genannten Werbemitteln, für die der Beklagte "druckfertige Unterlagen", also offensichtlich Drucksätze, angeboten habe, dominiere regelmäßig das Handwerkliche gegenüber künstlerisch-gestalterischen Elementen. Der Beklagte habe damit in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich des Druckergewerbes gemäß § 112 Abs 1 GewO eingegriffen und so gegen § 1 UWG verstoßen. Das gleiche gelte für sein Inserat vom 10.10.1990, sei doch die dort angebotene Massenvervielfältigung von Prospekten gemäß § 112 Abs 1 GewO jedenfalls den Druckern vorbehalten.

Das Rekursgericht wies die beiden noch in Rede stehenden Sicherungsanträge des Klägers ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da der Kläger das Unterbleiben einer Entscheidung des Erstgerichtes über seinen ursprünglichen Sicherungsantrag nicht bekämpft habe, sei Gegenstand des Rekursverfahrens nur noch die Entscheidung über dessen "alternatives" Sicherungsbegehren, welches aber über den (nicht geänderten) Urteilsantrag hinausgehe. Das sei in bezug auf Punkt 2 des "alternativen" Sicherungsantrages evident, weil das hier beantragte Verbot des Anbietens der Lieferung fertiger Prospekte in einer Massenauflage über das mit dem Klagebegehren angestrebte Verbot des Anbietens druckfertiger Unterlagen - also eines Computersatzes - für Prospekte und andere Werbemittel hinausgehe. Auch Punkt 1 des "alternativen" Sicherungsantrages sei aber ein aliud gegenüber dem unveränderten Klagebegehren, weil er die Forderung enthalte, daß der Beklagte beim Anbieten druckfertiger Unterlagen darauf hinweisen müsse, daß er zur Erzeugung solcher Druckvorlagen nur dann berechtigt sei, wenn das gestalterische Element überwiegt. Nach der Einleitung eines Rechtsstreites könnten aber einstweilige Verfügungen auch in Wettbewerbssachen nur zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs und daher nur in dessen Rahmen erlassen werden. Da im vorliegenden Fall beide Punkte des "alternativen" Sicherungsantrages durch das unverändert gebliebene Urteilsbegehren nicht gedeckt seien, müsse dieser Antrag schon deshalb abgewiesen werden. Zwar könnten nach der ZVN 1983 einstweilige Verfügungen in Wettbewerbssachen jetzt auch schon vor Einleitung eines Rechtsstreites bei dem Gericht beantragt werden, das für den Prozeß in der Hauptsache zuständig wäre; eine derartige Vorgangsweise sei aber während eines Rechtsstreites ohne gleichzeitige entsprechende Ausdehnung des Hauptbegehrens nach wie vor ausgeschlossen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag auf Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes, hilfsweise auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinne des Urteilsbegehrens oder auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Der Beklagte beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt. Soweit sich der Kläger mit der Behauptung, das in seiner Gegenäußerung erhobene "alternative" Sicherungsbegehren sei in Wahrheit ein Eventualantrag gewesen, über den erst im Fall der Abweisung des "Hauptsicherungsantrages" (also des ursprünglichen Sicherungsantrages) hätte abgesprochen werden dürfen, jetzt erstmals in dritter Instanz einen Verstoß des Erstgerichtes gegen § 405 ZPO geltend macht, ist ihm dies schon deshalb verwehrt, weil er - zwar in erster Instanz mit seinem "Alternativsicherungsantrag" obsiegend, aber doch beschwert (SZ 24/264) - dagegen keinen Rekurs erhoben und die Geltendmachung dieses Verfahrensmangels auch in seiner - zu Recht als verspätet zurückgewiesenen - Rekursbeantwortung versäumt hat.

Im übrigen gesteht der Kläger nunmehr selbst zu, daß der zu Punkt 2 gestellte "alternative" Sicherungsantrag im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes weder vom Klagevorbringen noch vom Wortlaut des Klagebegehrens umfaßt wird, betrifft er doch nicht nur einen späteren (Inserat vom 10.10.1990), sondern auch einen anderen (Eingriff in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich der Drucker zur Vervielfältigung schriftlicher und bildlicher Darstellungen) Wettbewerbsverstoß des Beklagten. Der Kläger meint aber, gerade deshalb habe es sich zwangsläufig um einen Sicherungsantrag vor Einleitung eines Rechtsstreites (§ 378 Abs 1, § 391 Abs 2 EO) gehandelt, für welchen gemäß § 387 Abs 3 EO das Erstgericht als Gericht des Hauptprozesses zuständig gewesen sei. Dabei übersieht er jedoch, daß im vorliegenden Fall eine solche Wertung seines "alternativen" Sicherungsantrages schon deshalb ausgeschlossen ist, weil dieser während eines durch Klage eingeleiteten Rechtsstreites im Zuge des bereits laufenden Provisorialverfahrens erhoben wurde und aus ihm keineswegs eindeutig hervorgeht, ob das neue Sicherungsbegehren - welches sich in seinem Punkt 1 mit dem ursprünglichen Sicherungsantrag weitgehend deckt, insgesamt "alternativ" zu diesem erhoben werden sollte oder ob der Kläger damit die Erlassung einer einstweiligen Verfügung entweder (primär) im Sinne des Punktes 1 oder (in eventu) des Punktes 2 des neuen Sicherungsantrages anstrebt. In diesem Zusammenhang ist auch nicht zu erkennen, ob der Kläger mit Punkt 2 seines "alternativen" Sicherungsantrages

überhaupt - bewußt - einen vom Urteilsbegehren noch gar nicht umfaßten Anspruch geltend macht; ebenso fehlt jeder Hinweis darauf, daß er seinen Urteilsantrag entsprechend ausdehnen werde. Da der Kläger im übrigen die Erlassung der einstweiligen Verfügung ausdrücklich "bis zur Beendigung dieses Rechtsstreites" begehrt hat, war bei dieser Sachlage ein Begehren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinne des Punktes 2 des "alternativen" Sicherungsantrages außerhalb des schon anhängigen Rechtsstreites keinesfalls deutlich erkennbar. Damit lag aber ein während des Rechtsstreites erhobener Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Klagebegehrens vor, der aber dessen Rahmen bei weitem überschritten hat. Zumindest in einem solchen Fall ist die bisherige Rechtsprechung, wonach solche Sicherungsantrage abzuweisen sind (SZ 26/134; EvBl 1962/477; ÖBl 1971, 134 ua), aufrecht zu erhalten. Die Frage, ob im Hinblick auf die durch die ZVN 1983 eingeführte Bestimmung des § 387 Abs 3 EO nunmehr in Wettbewerbssachen auch während eines Rechtsstreites die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung eines mit der Klage noch gar nicht geltend gemachten Unterlassungsanspuches beim Gericht des Hauptprozesses beantragt werden kann, so daß dann im Fall der Erlassung der einstweiligen Verfügung die Rechtfertigungsklage auch im Wege der - unter Umständen sogar gesondert bewilligungsbedürftigen (§ 235 Abs 2 und 3 ZPO) - Klageausdehnung im Hauptverfahren erfolgen könnte, braucht daher nicht mehr näher geprüft zu werden.

Zutreffend wendet sich der Kläger aber gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß sein zu Punkt 1 des "alternativen" Sicherungsantrages erhobenes Begehren im Verhältnis zum Klagebegehren ein aliud sei; es geht vielmehr in seinem Obersatz nur insofern über den Urteilsantrag hinaus, als das Verbot des Anbietens druckfertiger Unterlagen bzw eines Computersatzes nicht wie im Hauptbegehren auf die vier dort namentlich genannten Werbemittel beschränkt ist, sondern jetzt generell auf "sonstige Druckwerke" ausgedehnt wird. Der daran anschließende, mit dem Wort "außer" beginnende Nebensatz bedeutet aber gegenüber dem Hauptbegehren eine rein quantitative Einschränkung, soll doch dem Beklagten damit das Anbieten von druckfertigen Unterlagen bzw Computersätzen für Werbemittel nicht mehr schlechthin und in jedem Fall untersagt, sondern dann gestattet sein, wenn er beim Anbot darauf hinweist, daß er nur zur Erzeugung solcher Druckvorlagen berechtigt sei, bei denen das künstlerisch-gestalterische Element überwiegt. Diese Einschränkung des Sicherungsantrages hat der Kläger auch ausdrücklich mit dem Hinweis auf die Einigung der beiden Fachgruppen Druck und Graphik vom 12.9.1990 begründet, wonach den Graphikern Satzarbeiten dann zugebilligt worden seien, wenn das graphisch-gestalterische Element überwiegt.

Die Abweisung des gesamten zu Punkt 1 erhobenen Sicherungsantrages kann somit nicht darauf gestützt werden, daß er sich nicht im Rahmen des Klagebegehrens halte und daher zu dessen Sicherung nicht geeignet sei. Damit ist aber für den Kläger noch nichts gewonnen, weil dem Beklagten der hier geltend gemachte Wettbewerbsverstoß aus folgenden Gründen nicht zur Last fällt:

Der Kläger behauptet, daß der Beklagte mit dem im Inserat vom 3.8.1990 enthaltenen Angebot druckfertiger Unterlagen für Inserate, Flugzettel, Prospekte und Speisekarten die Herstellung eines Computersatzes nach dem DTP-System angekündigt habe, weil mit Hilfe dieses Systems die genannten Werbemittel sofort ausgedruckt werden könnten; damit habe der Beklagte eine Satzherstellung angeboten, welche aber gemäß § 112 Abs 1 GewO "nach allen Verfahren" den Druckern vorbehalten sei. Der vom Kläger damit der Sache nach - wenn auch ohne Bezugnahme auf eine Bestimmung des UWG - geltend gemachte Vorwurf der Sittenwidrigkeit durch Rechtsbruch beruht darauf, daß der Beklagte als Mitbewerber bewußt in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich einer fremden Gewerbeberechtigung eingegriffen habe, um so im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (vgl MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100; ÖBl 1990, 7; eco 1991, 261 uva). Ein solcher Verstoß gegen § 1 UWG setzt aber eine dem Beklagten auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbare Mißachtung einer gesetzlichen Vorschrift voraus, welche jedenfalls dann entfällt, wenn die Auffassung über seine Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (SZ 56/2; ÖBl 1987, 71; ÖBl 1988, 72; ÖBl 1990, 108 uva; zuletzt etwa 4 Ob 119/90; 4 Ob 38/91). Das trifft aber hier auf das beanstandete Verhalten des Beklagten aus folgenden Gründen zu:

Gemäß § 112 Abs 1 GewO sind Drucker (ua) "zur Satzherstellung nach allen Verfahren" berechtigt.

Ein Werbegraphiker entwirft bzw gestaltet visuell wahrnehmbare Werbemittel (zB Plakate, Prospekte, Inserate). Seine Tätigkeit fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung (freies Gewerbe), ist also grundsätzlich nicht als Ausübung der schönen Künste (§ 2 Abs 9 GewO 1973) anzusehen und somit nicht gemäß § 2 Abs 1 Z 7 vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen. Das schließt aber nicht aus, daß in Einzelfällen ein solches Werbemittel von einem Künstler in Ausübung der schönen Künste entworfen wird (Mache-Kinscher, GewO5, 51 Anm 204).

Für die herkömmlichen Druckverfahren war bisher eine vorherige Herstellung des Satzes an Hand von Vorlagen zB eines Werbegraphikers (Layouts) erforderlich. Das in jüngster Zeit aufgekommene, aus den USA stammende "Desktop-Publishing" (DTP; wörtlich übersetzt: Publizieren vom Schreibtisch aus) ermöglicht nun das Publizieren auf elektronischer Grundlage; mittels Computer und speziellem Programm können dabei reproduktionsreife Dokumente (Texte und Graphik) erstellt werden (Bachmann, Großes Lexikon der Computerfachbegriffe 109). Kennzeichnend für DTP ist - im Unterschied zur bisherigen Textverarbeitung -, daß alle Vorgänge von der Text- und Graphikeingabe bis zur qualitativ hochwertigen Satzherstellung an einer einzigen integrierten Datenstation in einem Büro oder auch auf einem Personalcomputer in Verbindung mit einem Laserdrucker abgewickelt werden können. Das beabsichtigte Layout erscheint originalgetreu auf dem Bildschirm und kann dort mit Hilfe von Eingabegeräten bearbeitet, auch vergrößert oder verkleinert, werden. Verwendet wird DTP heute vor allem für kurzlebige Druckerzeugnisse mit verhältismäßig geringer Auflage, zB Rundschreiben, Werbeschriften, Kundenzeitschriften; auch Bücher wurden (vom Autor) bereits so erstellt (Brockhaus-Enzyklopädie19 Bd 5, 278). Eine "qualitativ hochwertige Satzherstellung" kann freilich auch im DTP-System durch Herstellung eines Lichtsatzes, also durch elektronisches Speichern der Schrift -und Bildzeichen (auch in Farbe) und deren Erzeugung mit Kathodenstrahlröhren (Brockhaus-Enzyklopädie19 Bd 13, 372), erreicht werden. Das wirft aber der Kläger dem Beklagten gar nicht vor; er meint vielmehr, das vom Kläger angebotene, im DTP-System nach Wunsch des Kunden erstellte endgültige Layout auf dem Monitor, sei schon eine Satzherstellung im DTP-Verfahren ("Computersatz"), weil es sofort ausgedruckt werden könne. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß das Monitor-Layout im DTP-System der nach der herkömmlichen Methode mit der Hand erstellten Reinzeichnung (reproduktionsreife Druckvorlage: Berufslexikon, Bd 28, 549) gleichsteht. Der Beklagte konnte also mit guten Gründen der Ansicht sein, daß das Anbieten im DTP-System hergestellter "Reinzeichnungen" als "druckfertige Unterlagen" einem Werbegraphiker gestattet ist, obwohl dieses fertige Layout - ohne weitere "Satzherstellung" - im DTP-System sofort ausgedruckt werden kann; dies umso mehr, als der Gesetzgeber bei der Regelung des § 112 Abs 1 GewO offenbar noch davon ausgegangen war, daß ohne vorherige gesonderte Satzherstellung an Hand einer Vorlage ein Druckvorgang gar nicht möglich ist.

Hat der Beklagte sohin nicht den guten Sitten zuwider gehandelt, so ist dem Unterlassungsanspruch der Boden entzogen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E27430

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00087.91.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19911008_OGH0002_0040OB00087_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten