TE OGH 1991/10/10 7Ob599/91

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christian G*****, infolge Revisionsrekurses 1.) der Bezirkshauptmannschaft *****, und

2.) Dr.Josef L*****, Rechtsanwalt, ***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 22.August 1991, GZ 22 a R 105/91-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 21.Juni 1991, GZ P 90/89-9, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Christian G***** wurde ***** außer der Ehe von Claudia G***** geboren. Klagen des durch seinen

Amtsvormund - ***** - vertretenen Kindes gegen Helmut F***** und Peter D***** auf Feststellung der Vaterschaft wurden abgewiesen. Claudia G***** behauptet, in der kritischen Zeit mit keinem anderen Mann als Helmut F***** geschlechtlich verkehrt zu haben.

Mit Schriftsatz vom 7.5.1991 stellte die Bezirkshauptmannschaft ***** als Sachwalter des Kindes (§ 212 Abs 2 ABGB, Art VI § 3 Abs 2 KindRÄG) den Antrag, sie von der Sachwalterschaft zur Feststellung der Vaterschaft und Festsetzung der Unterhaltsansprüche des minderjährigen Christian gemäß § 212 Abs 5 ABGB zu entheben und Dr.Josef L*****, Rechtsanwalt *****, gemäß § 213 ABGB zum Sachwalter des Minderjährigen zur Feststellung der Vaterschaft und Festsetzung der Unterhaltsansprüche zu bestellen. Sie vermöge zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung der Ansprüche des Kindes nach Lage des Falles nichts mehr beizutragen. Dr.L***** habe Peter D***** in dem gegen diesen gerichteten Verfahren vertreten; er habe in Erfahrung gebracht, daß Josef H*****, der Lebensgefährte der Mutter von Claudia G*****, Claudia G***** in der kritischen Zeit beigewohnt habe.

Josef H***** behauptet, mit Claudia G***** nie geschlechtliche Beziehungen gehabt zu haben.

Das Erstgericht wies beide Anträge ab. Zur beantragten Enthebung der Bezirkshauptmannschaft ***** als Sachwalter wäre eine schriftliche Zustimmung der Mutter erforderlich, die aber nicht vorliege; zudem stünde es der genannten Bezirkshauptmannschaft frei, selbst mit einer Klage gegen Josef H***** vorzugehen. Der Jugendwohlfahrtsträger sei gemäß § 213 ABGB nicht befugt, seinerseits einen Antrag auf Bestellung eines Sachwalters zu stellen.

Das Rekursgericht gab dem Antrag der Bezirkshauptmannschaft ***** auf Enthebung von der Sachwalterschaft zur Feststellung der Vaterschaft und Festsetzung der Unterhaltsansprüche des mj. Christian gemäß § 212 Abs 5 ABGB statt; es bestätigte die Abweisung des Antrages auf Bestellung des Rechtsanwaltes Dr.L***** zum Sachwalter des Kindes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da Claudia G***** darauf beharre, in der kritischen Zeit ausschließlich mit Helmut F***** geschlechtlich verkehrt zu haben, dieser aber von der Vaterschaft auszuschließen sei, und die Kindesmutter im Sinne des § 163a ABGB belehrt worden sei, welche Folgen es habe, wenn die Vaterschaft nicht festgestellt werden könne, sei der Jugendwohlfahrtsträger nicht mehr verpflichtet, für die Feststellung der Vaterschaft zu sorgen. Einer schriftlichen Zustimmung der Mutter zur Enthebung des Sachwalters bedürfe es nicht, wenn dieser zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung der Ansprüche des Kindes nach Lage des Falles nichts mehr beizutragen vermöge. Im Hinblick auf das Verhalten der Kindesmutter erscheine es aber auch nicht zielführend, den vom Jugendamt namhaft gemachten Rechtsanwalt zum Sachwalter gemäß § 213 ABGB zu bestellen.

Die Abweisung des Antrages der Bezirkshauptmannschaft *****, Dr.L***** zum Sachwalter des Kindes zu bestellen, wird sohwohl von der Bezirkshauptmannschaft ***** als auch von Dr.Josef L***** mit Revisionsrekurs bekämpft.

Keines der beiden Rechtsmittel ist zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 213 ABGB hat das Gericht, wenn einem Minderjährigen ein Vormund oder ein Sachwalter zu bestellen ist und sich eine hiefür geeignete Person nicht finden läßt, den Jugendwohlfahrtsträger zu bestellen. Ob im vorliegenden Fall ungeachtet des Verhaltens der Kindesmutter die Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung zur Feststellung der Vaterschaft und Festsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes gegeben ist, kann deshalb dahingestellt bleiben. Denn nach der genannten Gesetzesstelle hat zwar, wie sich aus ihrem Wortlaut ergibt, das Gericht den Jugendwohlfahrtsträger zum Sachwalter zu bestellen, wenn sich eine hiefür geeignete Person nicht finden läßt; es könnte deshalb - besteht die Notwendigkeit der Bestellung eines Vormundes oder eines Sachwalters - der Jugendwohlfahrtsträger seine Bestellung allenfalls dadurch verhindern, daß es ihm gelingt, das Gericht davon zu überzeugen, daß eine andere Person für die konkreten Aufgaben des Vormundes bzw Sachwalters besser geeignet ist (Schwimann in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB, Rz 1 zu § 213). Dagegen ergibt sich weder aus dieser, noch aus einer anderen Bestimmung ein Recht des Jugendwohlfahrtsträgers, die Bestellung einer dritten Person zum Sachwalter zu beantragen. Ein derartiges Recht ergibt sich auch nicht aus § 215 Abs 1 ABGB. Die Feststellung der Vaterschaft kann nicht den zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge - diese umfaßt gemäß § 144 ABGB die Pflege und Erziehung, die Vermögensverwaltung und die gesetzliche Vertretung - zugezählt werden (ganz abgesehen davon, daß dem Jugendwohlfahrtsträger auch bei Ausübung seiner Pflicht, Anträge nach § 215 Abs 1 ABGB zu stellen, weder Parteistellung noch Rechtsmittellegitimation zusteht - Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 215).

Auch dem Rechtsanwalt Dr.L***** steht eine Rechtsmittelbefugnis gegen die Abweisung des Antrages der Bezirkshauptmannschaft *****, ihn zum Sachwalter des Kindes zu bestellen, nicht zu. Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß nicht jedermann, der mit einer Entscheidung nicht zufrieden ist, sich also aus irgend einem Grund durch diese beschwert erachtet, auch schon befugt ist, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu erheben. Nur derjenige, in dessen Rechtssphäre (nicht bloß Interessenssphäre) eingegriffen wird, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den angefochtenen Beschluß beeinträchtigt worden sind, ist durch die richterliche Entscheidung so beschwert, daß ihm das Gesetz das Recht zubilligt, im eigenen Namen ein Rechtsmittel zu erheben (SZ 42/176). Durch die bekämpfte Entscheidung wurde mangels eines Rechtes, zum Sachwalter bestellt zu werden, in rechtlich geschützte Interessen des Beschwerdeführers nicht eingegriffen; allein dadurch, daß ihm die Vorinstanzen in verfehlter Weise die Entscheidung zugestellt haben, ist Dr.L***** noch nicht Partei geworden.

Die Rechtsmittel waren daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E26873

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00599.91.1010.000

Dokumentnummer

JJT_19911010_OGH0002_0070OB00599_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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