TE OGH 1991/10/10 6Ob550/91

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Redl, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) A***** Aktiengesellschaft, ***** und

2.) N*****-Aktiengesellschaft, ***** beide vertreten durch Dr. Alfred Strommer, Dr. Johannes Reich-Rohrwig und Dr. Georg Karasek, Rechtsanwälte in Wien, wegen 332.423,70 sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Dezember 1990, GZ 2 R 165/90-69, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28. Mai 1990, GZ 31 Cg 54/89-64, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die beklagten Parteien sind Gesellschafter einer Arbeitsgemeinschaft (im folgenden ARGE), die von der Z***** Aktiengesellschaft (im folgenden Bauherr) den Auftrag zur Errichtung einer Zellstofflagerhalle erhielt. Der vereinbarte Werklohn bestimmte sich nach den tatsächlich errichteten Massen zu bestimmten Einheitspreisen. Die ARGE sandte der klagenden Partei ein Leistungsverzeichnis (für einzelne Arbeiten an der Halle) zu, das die klagende Partei jedoch nicht verwendete; sie erstellte am 23. August 1984 ein eigenes detailliertes Anbot mit Einheitspreisen. Die ARGE erteilte der klagenden Partei am 30. August 1984 schriftlich den Auftrag zur Herstellung der Dachkonstruktion und der Wandverkleidung für die Halle. Dies betraf ua folgende Leistungen:

"A/Dacheindeckung

1.) Pfettenlage als Unterkonstruktion aus verzinkten Profilen

liefern und auf die Stahlbetonbinder verdübelt und teilweise als

Schiebestücke verdübelt montieren; ... Pfettenabstand 1,50 m,

Profil nach statischen Erfordernissen 5 875 lfm je lfm S 199,50

... C/Wandverkleidung

1.) Unterkonstruktion aus verzinkten Profilen liefern und bei den Stahlbeton-Fertigteilstützen entlanglaufend montieren; inkl. aller Befestigungsmittel. Die Durchbiegung der Wandriegel an den Giebelseiten wird mit Hilfsstützen abgefangen.

Stahlleichtbauwandriegel nach statischem Erfordernis mit HSA-Dübel befestigen 744 lfm je lfm S 270,-- ...."

Im Auftragsbrief wurden die Leistungen positionsweise beschrieben und diesen Einheitspreisen (ohne Umsatzsteuer) zugeordnet. Im Auftragsschreiben an die klagende Partei ist festgehalten: "... In den angebotenen Preisen sind alle Arbeiten und Lieferungen enthalten, die zur vollständigen Herstellung der beauftragten Leistungen gehören, auch wenn diese in der Leistungsbeschreibung nicht besonders angeführt oder näher beschrieben werden. Die Vergütung der Leistungen des Auftragnehmers erfolgt höchstens in dem Umfang, in dem sie von unserem Auftraggeber anerkannt werden." Die klagende Partei bestätigte am 11. September 1984 schriftlich diesen Auftrag, wobei sie ua ausführte: "... Der Abstand der Pfetten der Pos. A/1, beträgt im Mittel ca. 2,5 m, in den Feldern mit Lichtband wird dieser Abstand halbiert. ..."

Tatsächlich führte die klagende Partei den Auftrag in Ansehung der Dachkonstruktion mit einem Pfettenabstand von 2,06 m (in Feldern mit Lichtbändern 1,03 m) aus - nicht wegen der sonst nicht sinnvoll durchführbaren Verankerung der Dachkonstruktion zufolge auftretender Windsogkräfte, sondern weil die Pfetten zu gering dimensioniert waren -, wodurch sie sich gegenüber dem Maß im Auftragsbrief eine Vermehrung auf 6.680 lfm ergab. Die Unterkonstruktion der Wandverkleidung wurde gleichfalls vermehrt. Die ARGE legte am 30. Jänner 1985 dem Bauherrn die Schlußrechnung über den Neubau einer Zellstofflagerhalle. Unter Position (Pos.) "Dach- und Wandverkleidungen" waren unter "Pos. a/1) Pfettenlage als Unterkonstr." 6.680 lfm a 247,65 S und unter "Pos. C/1) Unterkonstruktion aus Z-Wandriegel" 1.484,85 lfm a 232,80 S verrechnet. Die beiden Positionen sind ident mit den beiden Positionen in der Schlußrechnung der klagenden Partei vom 16. Jänner 1985: Pos. "A) Dacheindeckung 1. Pfettenlage als Unterkonstruktion aus Z-Profilen" und "Pos. C) Wandverkleidung 1. Unterkonstruktion aus Z-Profilen ...". Der Auftraggeber akzeptierte 6.680 lfm Pfettenlage als Unterkonstruktion. In dem von einem Vertreter des Auftraggebers und den beklagten Parteien unterfertigten Bauaufmaßblatt wurde die Laufmeterzahl 6.680 abgehakt und vermerkt: "Massemehrung durch erforderliche Änderung des Pfettenabstandes, bedingt durch den Einbau der Rauchgasentlüftung". Das Ausmaß der Leistung "Pos. C/1) Unterkonstrutkion aus Z-Wandriegel" wurde zwischen ARGE und Bauherrn einvernehmlich von 1.484,85 lfm auf 1.140,65 lfm reduziert. Der Bauherr zahlte der ARGE 6.680 lfm Pfettenlage ... a 247,65 S und 1.140,65 lfm Unterkonstruktion aus Z-Wandriegel a 232,80 S, jeweils abzüglich 3 % Nachlaß und zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Die beklagten Parteien korrigierten die Schlußrechnung der klagenden Partei vom 16. Jänner 1985 von 4,579.972,05 S auf 4,157.779,72 S, wobei bei den genannten Positionen von 5.875 lfm Pfettenlage und 770,25 lfm Z-Wandriegel ausgegangen wurde.

Die klagende Partei begehrte von den beklagten Parteien im ersten Rechtsgang die Bezahlung von 422.192,30 S sA mit dem wesentlichen Vorbringen, aus ihrer Schlußrechnung hafte dieser Betrag noch offen aus. Die klagende Partei habe nur die tatsächlich erbrachten Massen verrechnet. Die beklagten Parteien seien auf die Überschreitung des Kostenvoranschlages aufmerksam gemacht worden. Der Auftraggeber der beklagten Parteien habe ihnen die von der klagenden Partei erbrachten Mehrleistungen bezahlt; dadurch sei die Abrechnung der klagenden Partei vom Auftraggeber anerkannt worden. Die beklagten Parteien seien um den für die außervertraglichen Mehrleistungen der klagenden Partei (805 lfm Pfettenlage und 370,40 lfm Unterkonstruktion aus Z-Wandriegel) erhaltenen Betrag bereichert.

Die beklagten Parteien wendeten im wesentlichen ein, die klagende Partei habe mehr Leistungen verrechnet, als sie angeboten und erbracht habe. Sie habe die beklagten Parteien nicht auf die beträchtliche Überschreitung des Kostenvoranschlages aufmerksam gemacht. Eine Bereicherung der beklagten Parteien liege nicht vor, weil zwischen den beklagten Parteien und ihrem Auftraggeber ein anderes Vertragsverhältnis bestehe als zwischen den Streitteilen.

Im ersten Rechtsgang sprach das Erstgericht der klagenden Partei einen Betrag von 5.700,98 S sA rechtskräftig zu und wies das Mehrbegehren ab, weil die Mehrleistungen nicht notwendig gewesen seien und eine Bereicherung der beklagten Parteien nicht vorliege. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil wegen Feststellungsmängel auf: Falls die beklagten Parteien ihrem Auftraggeber dem Vertrag nicht entsprechende Mehrleistungen der klagenden Partei verrechnet und von ihrem Auftraggeber auch bezahlt erhalten hätten, stehe der klagenden Partei in diesem Ausmaß ein Anspruch nach § 1041 ABGB zu. Denn durch die Verrechnung vertragswidriger Mehrleistungen der klagenden Partei hätten sie dessen vermögenswerte Leistungen zu ihrem Nutzen verwendet. Die klagende Partei habe Anspruch auf Wertersatz nach Maßgabe des Nutzens der beklagten Parteien.

Im zweiten Rechtsgang begehrt die klagende Partei zuletzt (ON 63 AS 270) die Bezahlung eines Betrages von 332.423,70 S sA mit dem wesentlichen Vorbringen, die außervertraglichen Mehrleistungen der klagenden Partei an die beklagten Parteien, die diese ihrem Auftraggeber weiterverrechnet und von diesem bezahlt erhalten hätten, errechneten sich zu den Einheitspreisen, die die beklagten Parteien ihrem Auftraggeber in Rechnung gestellt hätten.

Das Erstgericht erkannt iS des Klagebegehrens. Rechtlich ging es, der bindenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes im ersten Rechtsgang folgend, davon aus, daß die klagende Partei keinen Anspruch auf vertragliche Vergütung ihrer Mehrleistungen habe, weil diese Leistungen nicht dem Vertrag der Streitteile entsprochen hätten. Die beklagten Parteien hätten diese Leistungen nicht ihrem Auftraggeber verrechnen dürfen, hätten es aber getan und so die vermögenswerten, aber vertragswidrigen Leistungen der klagenden Partei zu ihrem Nutzen verwendet. Die klagende Partei habe daher nach § 1437 ABGB Anspruch auf Wertersatz nach Maßgabe des - in dem von ihrem Auftraggeber gezahlten Entgelt für die vertragswidrigen Leistungen der klagenden Partei bestehenden - Nutzens der beklagten Parteien. Die beklagten Parteien als Formkaufleute hafteten als Gesellschafter einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts solidarisch.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes; die ordentliche Revision ließ es zu. Nach der Rechtsauffassung der zweiten Instanz stehe der klagenden Partei ein Versionsanspruch zu. Erst die Mehrleistungen der klagenden Partei hätten die beklagten Parteien in die Lage versetzt, ihrem Auftraggeber (Bauherrn) größere Massen verrechnen und damit einen höheren Werklohn erzielen zu können. Eine Verbindung der Verträge zwischen der klagenden Partei und der ARGE einerseits sowie der ARGE und dem Bauherrn andererseits liege schon darin, daß die Leistungen der klagenden Partei höchstens in dem Umfang vergütet würden, in dem sie vom Auftraggeber der ARGE anerkannt würden. Dadurch habe die ARGE eine Art "back to back"-Rechtslage geschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Parteien ist gerechtfertigt.

a) Nach Lehre und Rechtsprechung entfällt der Verwendungsanspruch

des § 1041 ABGB dann, wenn die Vermögensverschiebung

gerechtfertigt ist; das ist dann der Fall, wenn sie durch ein

Vertragsverhältnis, sei es zwischen dem Verkürzten und dem

Bereicherten, sei es zwischen dem Verkürzten und einem Dritten,

oder durch das Gesetz gedeckt ist (SZ 61/158, SZ 52/9, SZ 47/130

uva; Rummel in Rummel2, § 1041 ABGB Rz 4; Apathy in Schwimann,

§ 1041 ABGB Rz 4; Stanzl in Klang2 IV/1 909; Koziol-Welser,

Grundriß8 I 384). Im vorliegenden Fall ist die

Vermögensverschiebung deshalb gerechtfertigt, weil sie durch die

gültigen Werkverträge zwischen dem klagenden Subunternehmer und

der ARGE als Generalunternehmer, dessen Gesellschafter die

beklagten Parteien sind, einerseits sowie ARGE und Bauherrn

andererseits gedeckt ist. Zutreffend verweist die Revision

darauf, daß die Mehrleistungen der klagenden Partei nicht bloß

äußerlich mit dem Werkvertrag der Streitteile im Zusammenhang

stehen (vgl Stanzl aaO, 910), sondern daß Inhalt dieses

Werkvertrages gerade die Herstellung einer Dachkonstruktion und

Wandverkleidung einer Halle war und auch die Mehrleistungen in

Erfüllung dieses Werkvertrages erbracht wurden. Der vertragliche Anspruch der nun klagenden Werkunternehmerin auf Honorierung der von ihr erbrachten Mehrleistungen, die in einer zu geringen Dimensionierung der Pfetten ihre Ursache hatten, war daher nur von den in § 1170 a Abs 2 ABGB geforderten Voraussetzungen abhängig. Es besteht hier kein vertragsloser Zustand und damit auch beim mehrpersonalen Verhältnis

(Bauherr - Generalunternehmer - Subunternehmer) kein Raum für einen Versionsanspruch.

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer bestehen unabhängig davon, welche Ansprüche der Bauherr gegen den Generalunternehmer besitzt und in welchem Umfang er davon Gebrauch macht (Soergel in Münchener Kommentar2, § 635 BGB Rz 17 mwN). Nach herrschender Auffassung steht der Subunternehmer, der vom nicht zur persönlichen Ausführung des Werkes verpflichteten Generalunternehmer den Auftrag erhält, einen Teil des dem Generalunternehmer obliegenden Werkes auszuführen, nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Beziehungen (JBl 1990, 587 = RdW 1990, 342 = ecolex 1990, 143 mwN; Krejci in Rummel, §§ 1165, 1166 ABGB Rz 79; Adler-Höller in Klang2 V 379). Handelt es sich aber um zwei selbständige Verträge, so kann es dem Generalunternehmer nicht verwehrt sein, unabhängig von der eigenen Vertragsgestaltung mit dem Bauherrn alle ihm aus dem zwischen ihm und seinem Subunternehmer abgeschlossenen Werkvertrag zustehenden Rechte gegen den Subunternehmer selbst dann in Anspruch zu nehmen, wenn es ihm etwa gelang, den Bauherrn zu einem teilweisen Verzicht auf Gewährleistungsansprüche zu bestimmen (JBl 1990, 587 mwN). Gleiches hat zu gelten, wenn der Bauherr eine beträchtliche Kostenüberschreitung ohne unverzügliche Anzeige iS des § 1170 a Abs 2 ABGB akzeptierte. Dem Generalunternehmer stehen also dem Subunternehmer gegenüber alle vertraglichen Rechte, somit auch das, nur unter den Voraussetzungen des § 1170 a Abs 2 ABGB einen höheren als den vereinbarten Werklohn zahlen zu müssen, grundsätzlich auch dann zu, wenn seine Ansprüche (einschließlich für Mehrleistungen) vom Bauherrn voll erfüllt wurden.

In der Entscheidung JBl 1990, 587 (mit weiteren Hinweisen aus deutscher Lehre und Rechtsprechung) wurde einschränkend eine partielle Verknüpfung der Verträge im dreipersonalen Verhältnis als notwendig oder jedenfalls als billig und geboten erachtet und dies dahin berücksichtigt, daß dann, wenn der Bauherr dem Generalunternehmer gegenüber nicht auf Verbesserung bestehe und der bestehende Bauvertrag insofern einvernehmlich abgeändert worden sei, diese Abänderung auf den Subunternehmervertrag insoweit durchschlage, als der Generalunternehmer nun nicht mehr vom Subunternehmer ein Werk fordern könne, das er selbst dem Bauherrn nicht zu erbringen habe. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem Genannten, weil hier nicht weitere, dem Bauherrn zu erbringende Leistungen des Generalunternehmers zu beurteilen sind, mit denen die Leistungen des Subunternehmers in untrennbarem Zusammenhang stehen, sondern ausschließlich Leistungen des Bauherrn, die ihre Ursache aber in dessen Werkvertrag mit dem Generalunternehmer haben.

b) Es kommt daher nach § 1170 a Abs 2 ABGB darauf an, ob die Überschreitung des als Kostenvoranschlag ohne Gewährleistung anzusehenden Anbotes der klagenden Partei beträchtlich und unvermeidlich war, bejahendenfalls ob es die klagende Partei unterlassen hat, der ARGE gegenüber die voraussichtlich beträchtlichen Kostenüberschreitungen unverzüglich anzuzeigen. Die dazu fehlenden Feststellungen wird das Berufungsgericht nach Beweisergänzung nachzutragen haben (§ 496 Abs 3 ZPO). Erst dann läßt sich beurteilen, ob die klagende Partei aus diesem Titel von den beklagten Parteien Restwerklohn zu fordern berechtigt ist.

Der Revision ist demnach Folge zu geben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E27503

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00550.91.1010.000

Dokumentnummer

JJT_19911010_OGH0002_0060OB00550_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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