TE OGH 1991/10/14 2Ob561/91

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Veröffentlicht am 14.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****KAMMER *****, vertreten durch Dr. Herwig Jasbetz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ilse H*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. April 1991, GZ 5 R 304/90-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. September 1990, GZ 21 Cg 170/89-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Verfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

2.) Die Revisionsbeantwortung der Beklagten vom 3. September 1991 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 21. Mai 1979 vermietete die Beklagte der

W***** Gesellschaft mbH die damals in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ ***** mit den Grundstücken ***** und ***** im Gesamtausmaß von 1587 m2. Die Mieterin war berechtigt, auf dieser Liegenschaft ein Einkaufszentrum zu errichten und während der Dauer des Mietverhältnisses ständig zu betreiben. Die Beklagte anerkannte das Eigentum der W***** Gesellschaft mbH an diesem zu errichtenden Bauwerk (Superädifikat). Diese sollte berechtigt sein, das Superädifikat zu belasten und zu veräußern. Für den Fall einer Veräußerung verpflichtete sich die Beklagte, den Erwerber dieses Superädifikates anstelle der W***** Gesellschaft mbH unter denselben Bedingungen in den Mietvertrag eintreten zu lassen. Bis 31. Dezember 2008 sollte das Mietverhältnis durch die Beklagte unkündbar sein. Das Bauwerk sollte nach Beendigung der Miete in das Eigentum der Beklagten übergehen. Dieses Bestandrecht wurde zugunsten der

W***** Gesellschaft mbH bücherlich eingetragen.

Mit dem Vertrag vom 5./17. März 1980 verkaufte die W***** Gesellschaft mbH das unterdessen errichtete und mit Vertrag vom 21. Mai 1979 an die Firma B***** Warenhandels-AG vermietete Einkaufszentrum an die klagende Partei. Dieser wurden gleichzeitig Untermietrechte an der Liegenschaft eingeräumt. Für den Fall der Überbauung des Einkaufszentrums durch die W***** Gesellschaft mbH sollte ab Fertigstellung des Überbaus die klagende Partei mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag mit der Beklagten eintreten. Diese stimmte dem Kaufvertrag zu und erklärte sich damit einverstanden, daß die Hauptmietrechte an die klagende Partei übergehen, falls die W***** Gesellschaft mbH, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr bestehen sollte. Die klagende Partei nahm zur Kenntnis, daß über dem (bereits bestehenden) Superädifikat die Errichtung eines Wohnhauses geplant sei, und erteilte ihre Zustimmung zur Ausführung dieses Überbaus bis 31. Dezember 1982. Bei einer späteren Überbauung sollte eine gesonderte Zustimmung einzuholen sein.

Mit Vertrag vom 13. August 1981 verkaufte die Beklagte aus ihrer Liegenschaft EZ ***** der W***** Gesellschaft mbH 5790/11580stel Anteile. Mit gerichtlichem Vergleich wurden diese auf 4460/11580stel Anteile vermindert. Nach dem Inhalt des Vertrages erfolgte der Verkauf zur Errichtung von sechs Eigentumswohnungen und sechs Garagen nach Inhalt der baubehördlich genehmigten Pläne der W***** Gesellschaft mbH vom 1. September 1978; die Baubewilligung war am 17. Oktober 1978 erteilt worden. Der Kaufpreis von S 663.000,-- sollte durch Übertragung des Wohnungseigentums an der im dritten Obergeschoß gelegenen Wohnung 6 (940/11580stel Anteile) an die Beklagte entrichtet werden. Diese verpflichtete sich zum Erwerb einer der geplanten sechs Garagen.

Die klagende Partei kaufte mit Vertrag vom 24. Februar 1988 von der W***** Gesellschaft mbH insgesamt 2660/11580stel Miteigentumsanteile der Liegenschaft, mit welchen das Wohnungseigentum an den Wohnungen 1, 3 und 4 im Haus S*****straße 3 in T***** verbunden ist. Nach dem Vertragstext ist die klagende Partei bereits im Jahre 1983 in den zwischen der Beklagten und der W***** Gesellschaft mbH am 21. Mai 1979 geschlossenen Bestandvertrag eingetreten. Unter anderem auf Grund des mit der W***** Gesellschaft mbH am 22. Dezember 1987 geschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages ist die Beklagte nun Eigentümerin von 5790/11580stel Liegenschaftsanteilen sowie von 2740/11580stel Anteilen, mit denen das Wohnungseigentum an den Wohnungen 2, 5 und 6 verbunden ist, und von sechs Garageneinheiten mit jeweils 65/11580stel Anteilen. Insgesamt kommen der Beklagten somit 8920/11580stel Miteigentumsanteile zu.

Im östlichen Bereich des Hofes des Wohn- und Geschäftshauses S*****straße 3 sollten entlang der dort errichteten Stützmauer - dieser Teil ist nicht mehr vom Einkaufszentrum unterbaut - nach den Vorstellungen der Beklagten und der Wohnbau M***** Gesellschaft mbH sechs Garagen errichtet werden. Die Beklagte hat bereits am 28. April 1980 um die Baugenehmigung angesucht. Die Bewilligung wurde am 30. Juni 1980 mit diversen Auflagen erteilt. Die Nutzwerte für die Garagen wurden am 22. Mai 1981 gerichtlich festgesetzt. Die Garagen sind bis heute nicht gebaut worden.

Das Niveau des Hofes an der Ostseite des Wohn- und Geschäftshauses ist gegenüber dem der Westseite um ca 3,7 m höher gelegen. Das Erdgeschoß springt somit nach Osten vor. Über den vorspringenden Teil ist im Bereich des Hofes eine Flachdecke ausgebildet. Das Hofgelände ist teils mit einem 8 mm dicken Bitukies, teils mit Schotter befestigt. In der asphaltierten Fläche befinden sich drei Lichtkuppelaufsätze. Unter dem Bitukies ist ein 4 - 5 cm dicker Schutzestrich, darunter befinden sich die Feuchtigkeitsisolierung aus Bitumenglasgewebebahnen und Hartschaumplatten als Wärmedämmung. Im geschotterten (östlichen) Bereich der Hoffläche liegt der Zuluftschacht für die Entlüftungsanlage des B*****-Marktes im Erdgeschoß. Östlich dieses Zuluftschachtes sind keine Gebäudeteile mehr unter dem Schotter gelegen. An der Südseite des Gebäudes führt ein mit Schotter befestigter Fahrweg (L*****weg) zur Hoffläche an der Ostseite. Dieser ist zunächst ein unbefestigter Schotterweg, der in die asphaltierte Fläche auf dem Dach des Superädifikates mündet und sich nach Norden auf der Schotterfläche fortsetzt. Noch weiter östlich geht der L*****weg in einen Gehweg über, der mit ca 12 % ansteigt und gegenüber dem Flachdach und der beschotterten Fläche mit einer Stützmauer abgesichert ist. Der mit Bitukies befestigte Flachdachbereich ist für ein Befahren mit PKW grundsätzlich geeignet. Allerdings sind die Vertikalisolierungen der Lichtkuppelaufsätze gegen mechanische Beschädigungen ungeschützt. Solche sind auch schon eingetreten. Der nach Osten vorspringende Flachdachbereich über Kühlraum, Kühlmaschinenraum und Zuluftschacht ist von der Konstruktion her für ein Befahren nicht geeignet. Der Schutzestrich und die Schütterschüttung reichten zum Schutze der darunter liegenden Feuchtigkeitsisolierung nicht aus. Insbesondere ist auch der Abschluß der Vertikalisolierung des Zuluftschachtes nicht geschützt und bereits beschädigt. Für die Befahrbarkeit dieses Bereiches müßten die Schachtwände mindestens 60 cm hochgezogen und die Vertikalisolierung gegen mechanische Beschädigungen entsprechend geschützt werden. Gleichzeitig müßte der Bereich über dem Kühlraum und dem Kühlmaschinenraum mit einem Übergriff von mindestens 1 m asphaltiert werden.

Am 1. Mai 1983 trat die klagende Partei in den von der W***** Gesellschaft mbH mit der Beklagten geschlossenen Mietvertrag mit Zustimmung der Beklagten ein. Die

W***** Gesellschaft mbH befindet sich seit 29. März 1988 in Liquidation. Den von der klagenden Partei entrichteten Mietzins nahm die Beklagte "teilweise nicht an"; er wurde gerichtlich hinterlegt.

Die Beklagte befährt mit ihrem PKW seit der Fertigstellung des Rohbaues der Wohnanlage im Jahre 1982 über den L*****weg das Flachdach, um in den geplanten Garagenbereich zu kommen. Sie hat die Absicht, dies auch weiter zu tun. Im Herbst 1987 verbot ihr die klagende Partei erstmals, das Flachdach zu befahren. Seit wann die klagende Partei Kenntnis davon hat, daß die Beklagte mit ihrem PKW über den L*****weg unter teilweiser Benützung des Flachdaches in den ostseitigen Hof fährt, konnte nicht festgestellt werden. Um die Beklagten an der Benützung des Flachdaches zu hindern, stellte die klagende Partei im Jahre 1989 Blumentröge auf dem Dach auf. Die Beklagte räumte sie zur Seite, um das Flachdach weiterhin befahren zu können. Durch das wiederholte Versetzen der Blumentröge durch die Beklagte entstanden der klagenden Partei Kosten von S 1.980,--.

Unter Berufung auf ihr Eigentum am Superädifikat und ihr Bestandrecht an der gesamten Liegenschaft begehrte die klagende Partei von der Beklagten, die Behinderung der Aufstellung von Betontrögen und das Befahren des Flachdaches mit Kraftfahrzeugen zu unterlassen. Außerdem begehrte sie den Ersatz des Schadens von S 1.980,-- sA.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im wesentlichen vor, die W***** Gesellschaft mbH und damit auch die klagende Partei als ihre Rechtsnachfolgerin hätten ihr das Recht des Befahrens des Flachdaches konkludent eingeräumt und dies auch ausdrücklich anerkannt. Überdies handle es sich um eine offenkundige Servitut zur Erreichung des Hofes des Hauses und hätte die klagende Partei von der geplanten Errichtung von sechs Garagen westlich des Gebäudes von Anfang an Kenntnis gehabt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Auf der Grundlage der oben wiedergegebenen Feststellungen und der Zusammenfassung derselben dahin, daß der klagenden Partei bei Ankauf des Superädifikates die von der W***** Gesellschaft mbH (und der Beklagten) geplanten Baumaßnahmen, insbesondere die Lage der Garagen und die bestehende (einzige) Zufahrtsmöglichkeit über den L*****weg unter teilweiser Benützung des Daches des Superädifikates bekannt war, vertrat es die Auffassung, daß die klagende Partei das Zufahrtsrecht der Beklagten nicht einseitig widerrufen könne. Sie habe der beabsichtigten Bauführung nach Punkt 10 des Kaufvertrages vom 5./17. März 1980 auch ausdrücklich zugestimmt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Infolge der einvernehmlichen Übernahme des Grundeigentums durch die Eigentümerin des Superädifikates einerseits und durch die Überbauung durch ein dreigeschoßiges massives Bauwerk mit Eigentumswohnungen anderseits sei die seinerzeit vorhandene Absicht, daß das Einkaufszentrum nur vorübergehend, nämlich für die Dauer seiner Nutzung, auf dem Grundstück bleibe, weggefallen. Der klagenden Partei sei es daher nicht möglich, ihr Unterlassungs- und Leistungsbegehren auf das Eigentum eines rechtlich nicht mehr vorhandenen Superädifikates zu gründen. Davon abgesehen sei die Beklagte als Mehrheitseigentümerin zur Benützung und Nutzung zumindest des mit einem Teil des Einkaufszentrums unterbauten, mit Bitukies befestigten (asphaltierten) Flachdachbereiches als Teil des Hofes des Hauses soweit berechtigt, als sie dadurch nicht in die Rechte der Eigentümerin des Einkaufszentrums eingreift. Aber auch dann, wenn man annimmt, daß der zum Teil mit Bitukies befestigte (asphaltierte) Flachdachbereich als Teil des Wohnhauses S*****straße 3, somit als Teil der Erdoberfläche von der Grundeigentümerin in Bestand gegeben werden konnte, seien die aus diesem Bestandverhältnis ableitbaren Benützungsrechte durch die der Beklagten als Wohnungseigentümerin zustehenden eingeschränkt. Die klagende Partei habe sich damit im Kaufvertrag vom 5./17. März 1980, mit dem sie das Einkaufszentrum erwarb, gleichzeitig aber bereits mit den Mietrechten übereinstimmende Untermietrechte an der Liegenschaft erhielt, einverstanden erklärt. Dazu stelle das Berufungsgericht Punkt 10 des genannten Vertrages ergänzend fest:

"Die Käuferin nimmt zustimmend zur Kenntnis, daß im Bauwerk für den Fall der künftigen Überbauung bereits Räumlichkeiten für den Überbau vorgesehen sind, und zwar die Kellerräume 1, 2, 3, 4, 5, 6 samt Vorraum, der Filterraum, ein Schutzraum, der halbe Ölraum sowie der anteilige Stiegenaufgang, alles laut Plänen vom 1. August 1979, Plan Nr 120/1/78 und 120/2/78. An diesen Räumen und an den für die Wohnungen entfallenden Grundanteilen soll den künftigen Wohnungseigentümern das Wohnungseigentum bzw das Benützungsrecht zustehen. Die Käuferin verpflichtet sich, alle in Zukunft für diese Rechtseinräumung und überhaupt der Begründung des Wohnungseigentums erforderlichen Urkunden zu unterfertigen, jedoch nicht auf ihre Kosten....." Diese Rechte als Mehrheits- und Wohnungseigentümerin berechtigten die Beklagten damit zur - wenn auch nur teilweisen - Benutzung des Hofes der Liegenschaft. Die klagende Partei könne sich daher für ihr Unterlassungs- und Leistungsbegehren auf ein ausschließliches Bestandrecht ebenfalls nicht berufen. Bei dieser Rechtslage brauche nicht mehr darauf eingegangen zu werden, ob der Klägerin bei Erwerb des Superädifikates die Absicht der Errichtung von 6 Garagen bekannt war und sie der Bauführung zugestimmt habe.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei erachtet sich zunächst als Eigentümerin des Superädifikates berechtigt, von der Beklagten die Unterlassung der Abstellung des PKWs auf dem Dach des Einkaufszentrums zu verlangen. Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend darauf verwiesen, daß für die Eigenschaft eines Superädifikates wesentlich der Mangel der Absicht ist, das Bauwerk beständig auf fremdem Grund zu belassen; dieser Mangel der Absicht muß objektiv in Erscheinung treten und ergibt sich jeweils durch die Bauweise des Gebäudes oder durch ein von vornherein zeitlich begrenztes Benützungsrecht, auf dessen Grundlage mit Einverständnis des Grundeigentümers gebaut wurde (JBl 1981, 479; JBl 1985, 741; Bydlinski, Das Recht der Superädifikate 17 f und 20 f). Die zwingende Bestimmung des § 297 ABGB kann nicht durch Parteienvereinbarung ausgeschaltet werden (NZ 1977, 26; JBl 1985, 741; Bydlinski aaO 22). Die Änderung der Absicht bewirkt den Zuwachs des Gebäudes zum Grundeigentum (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 297).

Im vorliegenden Fall wurde auf das zunächst als Superädifikat bezeichnete Einkaufszentrum, das ab 31. Dezember 2008 ins Eigentum der Beklagten übergehen sollte, ein dreigeschoßiges Wohnhaus mit 6 Eigentumswohnungen erbaut. Wenngleich der vereinbarte "Heimfall" des Einkaufszentrums an die Beklagte allein noch nicht bewirkt, daß damit schon der sofortige Eigentumserwerb des Grundeigentümers am Gebäude verbunden wäre (Bydlinski aaO 23; SZ 59/156), kann doch in der einvernehmlich erfolgten Errichtung des genannten Massivgebäudes auf einem Teil des Einkaufszentrums nur der objektiv manifestierte Schluß gezogen werden, daß die die Eigenschaft des Superädifikates begründende und erhaltende Absicht der Parteien, das Bauwerk nur vorübergehend (= "nicht für Dauer" - Spielbüchler aaO Rz 4 zu § 297) auf fremdem Grund zu belassen, weggefallen ist. Damit fehlt es aber an der Berechtigung der klagenden Partei, das Unterlassungsbegehren aus dem Alleineigentum am Superädifikat abzuleiten.

Zutreffend erkannte das Berufungsgericht auch, daß die klagende Partei nach der Konstruktion der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisse Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** geworden und Bestandnehmerin derselben geblieben ist. Die Bestandnahme der Liegenschaft durch die Vorgängerin der klagenden Partei hatte den Zweck, die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb des Einkaufszentrums zu schaffen. Die Erhaltung desselben und damit dessen Gesamtintegrität liegt daher nach wie vor im Interesse der klagenden Partei als Rechtsnachfolgerin der

M***** Gesellschaft mbH, auch wenn in der Zwischenzeit ihr Sondereigentum am Superädifikat zufolge der oben dargestellten Rechtslage untergegangen und im Miteigentum an der gesamten Liegenschaft aufgegangen ist.

Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes stehen der klagenden Partei daher weiterhin die Rechte eines Bestandnehmers zu, die im § 1096 ABGB umschrieben und mit der vorliegenden Klage berechtigterweise geltend gemacht werden. Die Verpflichtung, den Bestandnehmer im bedungenen Gebrauch, also in der Verwendung der Sache zum Bestandzweck (Würth in Rummel2, ABGB, Rz 2 zu § 1090) und Genuß nicht zu stören, umfaßt auch die Unterlassung all dessen, was der Bestandnehmer nicht auf Grund besonderer Vereinbarung, der Verkehrsauffassung oder des Gesetzes zu dulden hat (Würth in Rummel2, ABGB, Rz 7 zu § 1096). Daher darf die Beklagte auch nicht in dessen Rechte an der ungestörten Nutzung des Einkaufszentrums durch Befahren ihres Daches eingreifen; es sei denn, ihr wäre dies von der klagenden Partei ausdrücklich oder stillschweigend erlaubt worden.

Eine solche schlüssige Erlaubnis hat das Erstgericht angenommen, dazu aber im wesentlichen nur festgestellt, daß die klagende Partei um die Absicht der Errichtung von 6 Garagen wußte und daß auch ihre Vorgängerin mit dem Befahren des Flachdaches zur Erreichung der Garagen einverstanden gewesen sei. Da die Garagen aber noch nicht gebaut wurden, kommt es auf die Berechtigung der Zufahrt zu diesen nicht an; vielmehr bedarf es der Klärung der Frage, ob der Beklagten überhaupt erlaubt wurde, auf das Dach des Einkaufszentrums zu fahren. Ihr Vorbringen deckt jedenfalls auch dieses Beweisthema (vgl AS 12). Die klagende Partei hat jedoch jegliche ausdrückliche oder stillschweigende Einräumung dieser Befugnis bestritten und auch in Abrede gestellt, jemals ein derartiges Recht der Beklagten anerkannt zu haben (AS 25 ff). Die oben dargelegten Feststellungen des Erstgerichtes reichen zur Beurteilung dieser Frage somit nicht aus. Es ist daher in Stattgebung der Revision der klagenden Partei mit Aufhebung der Urteile beider Vorinstanzen vorzugehen. Dem Erstgericht ist eine neue Verhandlung und Entscheidung aufzutragen, wobei es auf die dargelegte Rechtslage entsprechend Bedacht zu nehmen haben wird.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Da das Rechtsmittelrecht der Beklagten durch die Einbringung der Revisionsbeantwortung vom 30. August 1991 erschöpft ist, war der später nachfolgende, ebenfalls als Revisionsbeantwortung bezeichnete Schriftsatz der Beklagten zurückzuweisen.

Anmerkung

E27343

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00561.91.1014.000

Dokumentnummer

JJT_19911014_OGH0002_0020OB00561_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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