TE OGH 1991/11/14 15Os132/91 (15Os133/91)

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Veröffentlicht am 14.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.November 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin, in der Strasache gegen Robert T***** wegen des Vergehens des schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 (3. Fall), 146, 147 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, sowie wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.April 1988, GZ 12 E Vr 241/88-23, und gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 1. Juli 1988, GZ 12 E Vr 3655/86-14, nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Das Gesetz wurde verletzt

1. durch das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. April 1988, GZ 12 E Vr 241/88-23, soweit darin der Ausspruch unterlassen wurde, welche strafbare Handlung durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte Robert T***** zu Punkt B/ des Urteilssatzes schuldig befunden wurde, begründet wird, in der Bestimmung des § 260 Abs. 1 Z 2 StPO;

2. durch den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 1.Juli 1988, GZ 12 E Vr 3655/86-14, womit aus Anlaß der Verurteilung des Robert T***** in dem unter Punkt 1 bezeichneten Verfahren dieses Gerichtes die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, in der Bestimmung des § 55 Abs. 3 StGB. Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem (gemäß §§ 458 Abs. 3, 488 Z 7 StPO in gekürzter Form ausgefertigten) rechtskräftig gewordenen Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. April 1988, GZ 12 E Vr 241/88-23, wurde Robert T***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (A/) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (C/) und der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB (D/) schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. Dezember 1986, GZ 12 E Vr 3655/86-7, gemäß §§ 31 und 40 StGB zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren - bedingt nachgesehenen Zusatzstrafe verurteilt. Gleichzeitig erging der Beschluß, daß vom Widerruf der mit dem letztgenannten Urteil gewährten bedingten Strafnachsicht (die Probezeit war dort gleichfalls mit drei Jahren bestimmt worden) aus Anlaß der neuen Verurteilung gemäß § 55 (Abs. 1) StGB abgesehen werde (§ 494 a Abs. 1 Z 2 StPO iVm Abs. 7 aF dieser Gesetzesstelle).

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. April 1988, GZ 12 E Vr 241/88-23, legt Robert T***** neben den bereits angeführten Delikten auch noch - mit einer sachgerecht individualisierenden Tatbeschreibung - ein wiederholtes betrügerisches Verhalten zur Last (B/), ohne aber zugleich die erforderliche Unterstellung dieses Sachverhaltes unter ein darauf anzuwendendes Gesetz vorzunehmen und die darnach als verwirklicht angesehene Straftat zu bezeichnen (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO; siehe hiezu S 88 und 91/III).

Im Verfahren zu AZ 12 E Vr 3655/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wurde in der Folge mit dem (unangefochten gebliebenen) Beschluß vom 1.Juli 1988, ON 14, die dort gewährte dreijährige Probezeit aus Anlaß der neuerlichen Verurteilung des Robert T***** im Verfahren zu AZ 12 E Vr 241/88 dieses Gerichtes auf fünf Jahre verlängert.

Dem Landesgericht für Strafsachen Graz unterliefen folgende Gesetzesverletzungen:

1. im Urteil dieses Gerichtes vom 25.April 1988, GZ 12 E Vr 241/88-23, fehlt es an dem gemäß § 260 Abs. 1 Z 2 StPO erforderlichen Ausspruch darüber, welche strafbare Handlungen durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren Robert T***** zu Punkt B/ des Urteilssatzes für schuldig befunden wurde, begründet wird (und damit auch am Ausspruch, ob die strafbare Handlung ein Verbrechen oder ein Vergehen ist). Eine derartige Unterlassung steht, soweit sie die gebotene Subsumtion des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes unter einen anzuwendenden Tatbestand selbst betrifft (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO), gemäß § 260 Abs. 1 StPO unter Nichtigkeitssanktion (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 Z 3, E 41). Demnach ist das betreffende Urteil insoweit mit dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 3 StPO (iVm § 260 Abs. 1 Z 2 StPO) behaftet. Diese Unterlassung gereicht aber dem Verurteilten nicht zum Nachteil, zumal hiedurch (zu dessen Gunsten) bewirkt wurde, daß der weitere Schuldspruch (wegen Betruges) in der allein auf die (hier fehlende) Deliktsbezeichnung abstellenden Strafregisterauskunft nicht aufscheint; es ist diese Gesetzesverletzung daher bloß festzustellen.

2. Aber auch der Beschluß vom 1.Juli 1988, GZ 12 E Vr 3655/86-14, mit dem die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Muß bei nachträglicher Verurteilung auf ein früheres Urteil gemäß § 31 StGB Bedacht genommen werden, so ist ein allfälliger Widerruf einer mit dem früheren Urteil gewährten bedingten Strafnachsicht nach § 55 Abs. 1 StGB zu beurteilen. Wird in einem solchen Fall (wie hier) von einem Widerruf abgesehen, kommt die Bestimmung des § 55 Abs. 3 StGB zur Anwendung, welche - anders als die Vorschrift des § 53 Abs. 2 StGB - eine (fakultative) Probezeitverlängerung durch Richterspruch nicht vorsieht. Vielmehr tritt nach dem klaren Wortlaut des § 55 Abs. 3 StGB eine entsprechende Verlängerung der Probezeit (obligatorisch) kraft Gesetzes in der Weise ein, daß jede der zusammentreffenden Probezeiten bis zum Ablauf der Probezeit dauert, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre. Die zuletzt endende Probezeit ist vorliegend die zu AZ 12 E Vr 241/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz gewährte. Sie begann mit Rechtskraft des Urteiles (§ 49 StGB) am 29.April 1988 und lief demgemäß am 29.April 1991 ab. An diesem Tag endete sohin gemäß § 55 Abs. 3 StGB auch die Probezeit zu 12 E Vr 3655/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz. Die Verlängerung dieser Probezeit auf fünf Jahre gereichte daher Robert T***** zum Nachteil, weil hiedurch das Ende der Probezeit erst mit 16. Dezember 1991 einträte.

Auf Grund der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde waren daher die dem Landesgericht für Strasachen Graz unterlaufenen Gesetzesverletzungen festzustellen; weiters war der dem Verurteilten zum Nachteil gereichende Beschluß vom 1.Juli 1988 (ersatzlos) aufzuheben.

Anmerkung

E27059

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00132.91.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19911114_OGH0002_0150OS00132_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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