TE OGH 1991/12/11 2Ob545/91

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Veröffentlicht am 11.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** AG, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr. Otto L*****,

2.) Andrea L*****, beide vertreten durch Dr. Paul Weiss, Dr. Renate Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 7. März 1991, GZ 41 R 83/91-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Dezember 1990, GZ 41 C 342/90g-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.450,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 458,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht hob die auf § 30 Abs 2 Z 13 MRG (Verkauf des Palais A*****) gestützte Aufkündigung auf und wies das Begehren auf geräumte Übergabe der im zweiten Stock dieses Gebäudes gelegenen Räumlichkeiten ab. Es erachtete das Verfahren schon auf Grund des Vorbringens der klagenden Partei für spruchreif. Die Vertragsbestimmung, auf die sich die klagende Partei stütze, laute:

"Zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist ist die Vermieterin berechtigt, wenn sie das Palais A***** verkauft und "dem Mieter" für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusagt, die unter Annahme einer Amortisation in 10 Jahren der noch nicht abgelaufenen Amortisationszeit entspricht, zuzüglich eines Betrages von S 100.000 zur Abgeltung der Übersiedlungskosten, Kosten der Bekanntmachung des neuen Standortes und der gleichen ....... Dieser vereinbarte Auflösungsgrund wird von den Vertragsteilen auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart".

Nach Ansicht des Erstgerichtes habe dieser Kündigungsgrund nicht rechtswirksam vereinbart werden können.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es führte aus, daß ein als wichtig und bedeutsam bezeichneter Umstand nur dann als Kündigungsgrund gewertet werden könne, wenn er den in § 30 Abs 2 MRG aufgezeigten Fällen an Bedeutung nahekomme. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 MRG setze eine bereits im Mietvertrag enthaltene schriftliche Vereinbarung voraus, wonach der Eintritt einer bestimmt bezeichneten Tatsache einen Kündigungsgrund darstellen soll, welcher für die Vermieter objektiv wichtig und bedeutsam sein müsse. Diese Voraussetzungen seien bei einer Vereinbarung, mit der der Verkauf des Hauses generell als Kündigungsgrund gelten sollte, nicht gegeben. Das Berufungsgericht anerkenne kein Anliegen des Vermieters, von ihm oder seinem Rechtsvorgänger eingegangene Bestandverträge zwecks besserer, seiner alleinigen Willensentscheidung anheim gestellten Verwertung der Liegenschaft auflösen zu können. Die zitierte Vereinbarung rechtfertige die Aufkündigung auch dann nicht, wenn die Verwertung der Liegenschaft schon bei Abschluß des Mietvertrages in Erwägung gezogen wurde. Gegenteiligen Entscheidungen des Revisionsgerichtes könne nicht gefolgt werden. Die Größe der Liegenschaft oder die Anzahl der auf ihr vorhandenen Mietobjekte spiele für das zu Unrecht als schutzwürdig erachtete besondere Bedürfnis des Vermieters nach der vereinbarten Auflösungsmöglichkeit keine Rolle.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter ...... oder für das Unternehmen, für das er allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist. Dieser auf § 19 Abs 6 Satz 2 MG zurückgehende Kündigungsgrund setzt voraus, daß die Vereinbarung schriftlich und schon im Mietvertrag getroffen wird und daß die Tatsachen, deren Eintritt den Kündigungsgrund darstellen sollen, bestimmt bezeichnet werden. Es kommen nur solche Umstände als Kündigungsgründe in Betracht, die den im § 30 Abs 2 ausdrücklich genannten nahekommen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 45 zu § 30 MRG; MietSlg. 33.396). Der Oberste Gerichtshof hat zwar den Verkauf eines Ein- bzw. Zweifamilienhauses (unkritisch, vgl. Würth aaO) als wichtigen und bedeutsamen Umstand im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG angesehen (ImmZ 1989, 153; MietSlg. 35.382/16); hiezu ist jedoch hervorzuheben, daß es sich um Objekte handelte, die gar nicht zur Vermietung, sondern nur zur persönlichen Nutzung durch den Eigentümer bestimmt waren und nur vorübergehend durch Vermietung genutzt werden sollten. Ähnlich verhielt es sich auch im Falle der Entscheidung SZ 61/52. Diese Merkmale liegen aber im vorliegenden Fall nicht vor. Außerhalb dieses Bereiches ist wegen der Bedeutung, die das Gesetz den Kündigungsbeschränkungen beimißt (vgl. § 30 Abs 3 MRG) und aus der Erwägung, daß ein nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG als Kündigungsgrund anzuerkennender Umstand den im Gesetz ausdrücklich genannten Gründen nahekommen muß, davon auszugehen, daß die Veräußerung des Bestandobjektes für sich allein nicht als wichtiger Umstand für die Kündigung angesehen werden kann. Die Frage, ob eine einem kulturell und historisch bedeutsamen Bestandobjekt adäquate, konkret bezeichnete Verwendung durch den Eigentümer als Kündigungsgrund vereinbart werden kann, braucht nicht erörtert zu werden, weil es an einer diesbezüglichen schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag fehlt. Alle Argumente der Rechtsmittelwerberin, die in diese Richtung gehen, lassen die Grundvoraussetzungen des Kündigungstatbestandes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG außer acht.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Z 2 lit. a RAT ist in Streitigkeiten aus dem Bestandvertrag und in Streitigkeiten über Räumungsklagen der Gegenstand in jenen Fällen mit S 24.000 zu bewerten, in denen die Bemessungsgrundlage des Jahresmietzinses in der Aufkündigung oder Klage nicht ziffernmäßig geltend gemacht wird; letzteres ist hier der Fall.

Anmerkung

E27701

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00545.91.1211.000

Dokumentnummer

JJT_19911211_OGH0002_0020OB00545_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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