TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/24 2004/08/0232

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Veröffentlicht am 24.01.2006
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

NVG 1972 §15 Abs3;
NVG 1972 §15 Abs4;
NVG 1972 §15 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. W in W, vertreten durch Dr. Michael Günther, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. März 2004, Zl. MA 15-II-K43/2003, betreffend Vorschreibung von Verzugszinsen nach dem Notarversicherungsgesetz 1972 (mitbeteiligte Partei:

Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates, 1082 Wien, Florianigasse 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. Juni 2003 hat die mitbeteiligte Versicherungsanstalt den Beschwerdeführer verpflichtet,

"Auf Grund der Neuberechnung der Beiträge für die Pensionsversicherung des Notariates für das Kalenderjahr 1995 ... gemäß § 15 Abs. 4 NVG 1972 bei einem Zinssatz von 14 % Verzugszinsen in der Höhe von EUR 23.091,28 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten ..." (Fettdruck imOriginal)

Nach der Begründung sei im Juli 1999 der mitbeteiligten Versicherungsanstalt vom zuständigen Finanzamt der damals noch nicht rechtskräftige Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 1995 vorgelegt worden. Die vorläufige Beitragsabrechnung für dieses Jahr habe eine Beitragsnachzahlung in der Höhe von EUR 34.177,42 (S 470.291,50) ergeben, die am 30. Juni 1999 zur Vorschreibung gelangt sei. Am 9. August 1999 habe der Beschwerdeführer EUR 11.633,25 (S 160.077,--) und am 14. November 2000 EUR 8.009,60 (S 110.214,50) an Beitragsnachzahlungen für das Jahr 1995 geleistet. Mit Telefax vom 9. Oktober 2002 sei der mitbeteiligten Versicherungsanstalt der Einkommensteuerbescheid 1995 vom 6. Juli 1998 übermittelt worden mit der Bemerkung, dass dieser Bescheid laut Berufungsentscheidung vom 29. April 2002 rechtskräftig sei. Mit Schreiben der mitbeteiligten Versicherungsanstalt vom 15. Oktober 2002 sei um Überweisung der noch offenen Beitragsnachzahlung für das Jahr 1995 in der Höhe von EUR 14.534,57 ersucht worden. Die Zahlung der restlichen Beträge sei einerseits durch Umbuchung eines Guthabens aus für das Jahr 1999 entrichteten Beiträgen in der Höhe von EUR 13.317,43 (S 183.251,83) am 15. Oktober 2002 sowie durch Überweisung von EUR 1.217,14 (S 16.748,21) am 22. Oktober 2002 erfolgt.

Einer dem Bescheid angeschlossenen Verzugszinsenberechnung ist zu entnehmen, dass die mitbeteiligte Versicherungsanstalt bei einem Zinssatz von 14 % bei nachstehenden Beträgen von folgenden Verzugszeiträumen ausgegangen ist: S 160.077,-- 1.134 Tage, S 110.214,50 463 Tage, S 183.251,83 700 Tage und S 16.748,21 sieben Tage.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, er habe für das Jahr 1995 eine Einkommensteuererklärung abgegeben und auf dieser Basis die Pensionsbeiträge an die mitbeteiligte Versicherungsanstalt entrichtet. Nach einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt sei seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1995 mit Bescheid vom 6. Juli 1998 abgeändert und das zu versteuernde Einkommen um einen Betrag von S 3,083.000,-- erhöht worden. Diese Erhöhung habe sich durch vom Finanzamt festgelegte, von seiner Erklärung abweichende Zeiträume der Abschreibung für Abnützung insbesondere für eine neu angeschaffte EDV-Ausstattung und durch Streichung von Rückstellungen ergeben. Seiner Berufung gegen diesen Bescheid sei nicht stattgegeben worden, die Berufungsbehörde sei von einer fünfjährigen Abschreibungsfrist anstelle der vom Beschwerdeführer angenommenen dreijährigen Frist ausgegangen. Verzugszinsen könnten erst ab Rechtskraft der Feststellung des Einkommens berechnet werden, was im vorliegenden Fall den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung am 29. April 2002 bedeute. Die Höhe der Verzugszinsen von 14 % widerspreche den Marktgegebenheiten. Nach § 59 ASVG sei die Höhe der Verzugszinsen aus einem Fixsatz von 3 % und der jeweiligen von der österreichischen Nationalbank verlautbarten Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen zusammengesetzt. Der Verzugszinssatz betrage nach dieser Bestimmung etwa für das Jahr 2003 6,049 %. Die gemäß § 15 NVG verrechneten Verzugszinsen seien unangemessen überhöht.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge gegeben.

Begründend hat der Landeshauptmann von Wien nach der Wiedergabe des Verwaltungsverfahrens und nach einer Darstellung der Rechtslage - den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Bescheides folgend - zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Beiträge nicht fristgerecht bezahlt, weshalb in Anbetracht der Höhe der neu berechneten Beiträge die Verzugszinsen gemäß § 15 Abs. 4 NVG zu berechnen gewesen seien. Die Höhe der Verzugszinsen ergebe sich aus § 15 Abs. 3 NVG.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 9. Oktober 2004, B 599/04, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde auftragsgemäß ergänzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; die mitbeteiligte Versicherungsanstalt hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Auffassung vertritt, dass die Beschwerde abzuweisen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem seit der Stammfassung dieses Gesetzes BGBl. Nr. 66/1972 unveränderten Teil der Bestimmung des § 9 Abs. 2 NVG haben die Versicherten monatlich einen Beitrag in der Höhe des jeweils als Beitragssatz festgesetzten Hundertsatzes der Beitragsgrundlage zu entrichten. Nach § 9 Abs. 4 NVG beginnt die Beitragspflicht mit dem Kalendermonat, in dem die Voraussetzung für die Versicherungspflicht eintritt, sie endet mit dem Kalendermonat, in dem diese Voraussetzung wegfällt. Die grundsätzlich jeden Monat fällig werdenden Beiträge sind vom Beitragsschuldner bis zum 15. des der Fälligkeit zweitfolgenden Kalendermonates an die Versicherungsanstalt einzuzahlen (§ 11 zweiter Satz NVG).

§ 15 NVG in der Fassung BGBl. I Nr. 67/2001 lautet in den hier maßgebenden Teilen:

"§ 15. (1) Sind aufgrund einer Neuberechnung der Beiträge von der Versicherungsanstalt Beiträge nachträglich vorzuschreiben, so sind diese mit Ablauf des Kalendermonates fällig, in dem die Zustellung des Bescheides erfolgt. ...

...

(3) Werden die Beiträge nach Abs. 1 nicht innerhalb der Frist für die Einzahlung der Beiträge (§ 11 zweiter Satz) eingezahlt, so sind unbeschadet des Abs. 5 von diesen rückständigen Beiträgen Verzugszinsen in der Höhe von 14 vH zu entrichten. Für die Berechnung der Verzugszinsen sind die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abzurunden. ...

(4) Ist aufgrund einer Neuberechnung der Beiträge der für ein Kalenderjahr zu entrichtende Beitrag um mehr als 15 vH höher als der Betrag der nach § 9 entrichteten Beiträge, ist Abs. 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass vom Unterschiedsbetrag in seiner jeweils aushaftenden Höhe, ungeachtet der Fälligkeit, ab dem siebenten Kalendermonat des dem abgerechneten Jahr folgenden Kalenderjahres Verzugszinsen zu entrichten sind.

(5) Die Hauptversammlung kann unter Bedachtnahme auf den jeweils geltenden Zinsfuß für Eskomptierungen der Österreichischen Nationalbank die Verzugszinsen gemäß Abs. 3 entsprechend ändern; der Hundertsatz darf jedoch 10 vH nicht unterschreiten und 16 vH nicht überschreiten. ..."

Der Verfassungsgerichtshof hat in dem oben angeführten Beschluss vom 9. Oktober 2004 folgendes zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Verfassungswidrigkeit der Abs. 3, 4 und 5 des § 15 NVG 1972 in der hier maßgebenden Fassung ausgeführt:

"Sie (die Beschwerde) übersieht jedoch, dass die Versicherten ihre monatlichen Beiträge (§ 9 Abs. 2 NVG 1972) zunächst den voraussichtlichen Einkünften, durch die bis 30. Juni des Folgejahres bestehende Möglichkeit, Nachzahlungen zu leisten, aber auch den tatsächlichen Einkünften anpassen und so jeweils den Anfall von Verzugszinsen nach § 15 Abs. 4 NVG 1972 weitgehend vermeiden können. Ihr Vorbringen lässt daher - unter weiterer Berücksichtigung der Leistungswirksamkeit auch der Verzugszinsen (§ 48 Abs. 3 iVm § 14 Abs. 1 Z. 2 NVG 1972) sowie vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zum Verzugszinsensatz vgl. VfSlg. 13.823/1994, S 863; zum Anspruch auf Vergütungszinsen vgl. VfSlg. 13.796/1994, S 718; siehe auch VfSlg. 9.645/1983 mwN, weiters zB VfSlg. 10.455/1985 und 11.616/1988, wonach nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche, leicht handhabbare Regelung mit sich bringt, diese selbst als unsachlich erscheinen lässt) - die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

In seiner Beschwerdeergänzung wiederholt der Beschwerdeführer jene Argumente, die er auch in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgetragen hat und erachtet sich in seinem Recht auf "richtige Anwendung des Notarversicherungsgesetzes" verletzt. Der Beschwerdeführer hält die Höhe der Verzugszinsen von 14 % für unangemessen hoch. Diese sieht der Beschwerdeführer - offenbar in Anlehnung an die Berechnung nach § 59 Abs. 1 ASVG - mit rund 6 % als angemessen. Zur Dauer des Laufes der Verzugszinsen führt der Beschwerdeführer aus, diese hätten erst ab Zustellung des "neuen Einkommensteuerbescheides" am 6. Juli 1998 vorgeschrieben werden dürfen. Der Beschwerdeführer habe seine Einkommensteuererklärung 1995 mit bestem Wissen und Gewissen erstellt und nicht vorhersehen können, dass für die EDV-Ausstattung seitens der Finanzbehörde eine fünfjährige - anstelle der von ihm zu Grunde gelegten dreijährigen - Abschreibungsdauer festgelegt werde.

Der Beschwerdeführer kann sich bei seiner Behauptung, die Verzugszinsen hätten erst ab Zustellung des "neuen Einkommensteuerbescheides" am 6. Juli 1998 vorgeschrieben werden dürfen, auf keine gesetzliche Grundlage stützen. Er hat auch nicht bestritten, dass die Voraussetzungen des von der belangten Behörde herangezogenen Berechnungsmodus des § 15 Abs. 4 NVG im Beschwerdefall vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen aber unbestritten vor und hat die belangte Behörde die Zinsenläufe gemäß dem im § 15 Abs. 4 NVG festegelegten Modus berechnet bzw. vom erstinstanzlichen Bescheid übernommen, kann ihr keine Rechtswidrigkeit bei der Ermittlung des Beginnes und Endes des jeweiligen Zinsenlaufes vorgeworfen werden.

Behauptet der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, es habe ihn am Verzug der Beitragszahlungen kein Verschulden getroffen, ist er darauf zu verweisen, dass die Vorschreibung von Verzugszinsen kein Verschulden voraussetzt (vgl. das Erkenntnis vom 17. November 1999, Zl. 99/08/0124, mwH auf die Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes).

Auch bei der Höhe der Verzugszinsen vermag der Beschwerdeführer der belangten Behörde keine dem Gesetz widersprechende Unrichtigkeit vorzuwerfen. Der Hinweis auf die Verzugszinsenregelung des § 59 ASVG ist nicht geeignet, ein gesetzwidriges Vorgehen aufzuzeigen, zumal die belangte Behörde verhalten war, nicht diese Bestimmung, sondern § 15 Abs. 3 NVG, der Verzugszinsen in der Höhe von 14% vorsieht, heranzuziehen.

Mit Blick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im oben wiedergegebenen Ablehnungsbeschluss hegt der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich § 15 Abs. 3, 4 und 5 NVG 1972 auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Insgesamt war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333; die mitbeteiligte Versicherungsanstalt hat keinen Antrag auf Ersatz ihres Aufwandes gestellt.

Wien, am 24. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004080232.X00

Im RIS seit

03.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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