TE OGH 1991/12/17 10ObS257/91

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Dr. Edith Söllner (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Margarete F*****, Landwirtin, ***** vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei SOZIALVERSICHERUNGSANSTALT DER BAUERN, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Juni 1991, GZ 33 Rs 83/91-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 11. Jänner 1991, GZ 3 Cgs 139/90-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 24. April 1990 wurde auf Grund des Antrages der Klägerin vom 23. Jänner 1990 festgestellt, daß sie nicht erwerbsunfähig sei (§§ 124, 124 a BSVG).

Die Klägerin erhob dagegen rechtzeitig Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, ab Antragstellung die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin iS des § 124 BSVG "anzuerkennen".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die am 21. Februar 1933 geborene Klägerin ist zusammen mit ihrem Ehemann, der seit 1. Jänner 1987 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bezieht, je zur Hälfte Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes im Ausmaß von ca. 11,3 ha. Daneben hat sie eine Pachtfläche von ca. 4,7 ha, darin enthalten eine Waldfläche von ca. 2,2 ha. Insgesamt wird also ein Betrieb von rund 16 ha bewirtschaftet. Diesen Betrieb führt die Klägerin seit langem allein, weil ihr Ehemann, der ihr seinen Hälfteanteil an der Landwirtschaft verpachtet hat, einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Laborant in einem Kraftwerk nachging, aber "faktisch" in der Landwirtschaft ebensowenig mitarbeitete wie der etwa 36 Jahre alte Sohn, der den Beruf eines Landwirtschaftslehrers ausübt. Bis 1985 wurden Rinder und Schweine gehalten. Diese Tierhaltung wurde beginnend 1985 allmählich abgebaut, daneben wurde allmählich eine Mastgeflügelhaltung aufgebaut. In der Folge wurden bis etwa Mitte Mai 1988 ungefähr 400 Stück Geflügel gehalten. Seither gibt es im Betrieb keine Viehhaltung mehr. Neben der Viehhaltung wurden stets und werden auch noch auf rund 4 ha Roggen, auf rund 2,5 ha Raps, auf 1,4 ha Erbsen und auf rund 3,8 ha Gerste gebaut. Es wurde auch der Wald bewirtschaftet. Solange die Viehhaltung andauerte, betrug das land- und forstwirtschaftliche Einkommen der Klägerin jährlich S 240.281,--; seit der viehlosen vereinfachten Wirtschaftsführung nur mehr jährlich S 2.121,--. Bis Mitte 1988 gliederte sich die im Betrieb anfallende Arbeit der Schwere nach auf 5 % leichte Arbeiten, 25 % schwere Arbeiten und 70 % mittelschwere Arbeiten. Ab Mitte 1988 (ohne Viehhaltung) fallen 5 % leichte, 15 % schwere und 80 % mittelschwere Arbeiten an. Für die Verrichtung der Arbeit ohne Viehhaltung am Hof sind 0,2 Arbeitskräfte, im Zeitraum der Viehhaltung waren 1,3 Arbeitskräfte erforderlich, dies insbesondere während der Vegetationszeit von März bis Oktober. Die Klägerin hat zusammen mit Nachbarn, die unentgeltlich arbeiteten, die letzten 60 Monate die Arbeiten auf dem Anwesen verrichtet; im Wald arbeitete sie nicht. Die Klägerin kann noch leichte, mittelschwere und gleichmäßig auf den Arbeitstag verteilt, drittelzeitig auch schwere Arbeiten zu den üblichen Zeiten mit den üblichen Pausen ohne Einschränkung der Körperhaltung verrichten. Schwere Arbeiten können zusammenhängend rund 30 Minuten geleistet werden. Dann muß die Klägerin die Möglichkeit haben, für etwa 30 Minuten eine leichte und/oder mittelschwere Arbeit zu verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten unter dauerndem besonderen Zeitdruck. Unter Berücksichtigung dieses medizinischen Leistungskalküls wäre die Klägerin nach wie vor in der Lage, den landwirtschaftlichen Betrieb so zu führen, wie er seit Mitte 1988 ohne Viehhaltung besteht. Sie ist aber außerstande, den Betrieb mit Mastviehhaltung zu führen. Wollte sie dies tun, benötigte sie eine Arbeitskraft, die jährliche Kosten von

ca. S 150.000,-- verursachen würde.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die Klägerin nicht als erwerbunfähig anzusehen sei, weil sie einerseits den Betrieb so weiterführen könnte, wie er tatsächlich seit Mitte 1988 geführt werde, andererseits bei einem Familieneinkommen der Klägerin und ihres Ehemannes von S 506.000,-- jährlich auch ein Masthühnerbetrieb unter Zuhilfenahme einer fremden Arbeitskraft finanziert werden könnte. Daß der Ehemann als Hälfteeigentümer der Landwirtschaft einen Beitrag leisten müßte, sei durchaus zumutbar.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil infolge Berufung der Klägerin auf und verwies die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Erwerbsunfähigkeit iS des § 124 Abs 2 BSVG liege nicht vor, wenn der Versicherte seinen Betrieb wie bisher ohne die Leistungsfähigkeit übersteigende Verrichtung von Arbeiten weiterführen könne. Der Klägerin möge zugestanden werden, daß der vereinfachte Betrieb wie seit 1988 nicht rentabel zu führen sei. Für die Beurteilung aber, ob die Klägerin mit ihrer derzeitigen Leistungsfähigkeit den Betrieb mit Tierhaltung, wie dies bis 1988 der Fall gewesen sei, aufrecht erhalten könne oder ob sie außerstande wäre, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordere, die sie zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt habe, reichten die bisherigen Feststellungen nicht aus. Der erstgerichtlichen Rechtsansicht, bei einem Familieneinkommen von jährlich S 506.000,-- könne auch ein Masthühnerbetrieb unter Zuhilfenahme einer fremden Arbeitskraft finanziert werden, schließe sich das Berufungsgericht nicht an. Ein Ehegatte sei gemäß § 90 Satz 2 ABGB verpflichtet, im Erwerb des anderen Ehegatten mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar und es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sei. Die Pflicht zur Mitwirkung im selbständigen Erwerb des anderen Ehegatten sei eine Form der materiellen Beistandspflicht. Die Mitarbeit müsse persönlich nach Alter, Gesundheitszustand, Ausbildung usw. zumutbar und nach den Lebensverhältnissen üblich sein. Im bäuerlichen Bereich sei die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen als üblich anzusehen. Dazu komme, daß der Ehegatte der Klägerin Miteigentümer des Landwirtschaftlichen Betriebes sei und seine Hälfteanteile an die Klägerin verpachtet habe. Nach seiner Zeugenaussage habe er fallweise mitgearbeitet, jedoch auf Grund seines Gesundheitszustandes keine schwerere Arbeit verrichtet. Es sei nicht geprüft worden, welche Arbeiten dem Schweregrad nach der Ehemann der Klägerin tatsächlich geleistet habe und zu welchen Arbeiten er auf Grund seiner Leistungsfähigkeit außerstande sei. Diese Umstände würden im fortgesetzten Verfahren zu erheben und festzustellen sein, um das Ausmaß der Beistandspflicht des Ehegatten zu beurteilen. Weiters werde der landwirtschaftliche Sachverständige zu präzisieren haben, warum eine Umstrukturierung (Technisierung) des Betriebes bei Mastgeflügelhaltung nicht möglich wäre und auf Grund welcher Umstände die Klägerin keinen anderen Betrieb im Rahmen ihres Leistungskalküls führen könnte. Erst danach werde beurteilt werden können, ob die Klägerin imstande wäre, ihren Betrieb mit Tierhaltung oder einen anderen ähnlichen Betrieb weiterhin rentabel zu führen.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs zulässig sei, weil - soweit überschaubar - zu den angesprochenen Fragen noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Ein Verfahren auf Feststellung der Erwerbsunfähigkeit nach § 124 a BSVG ist ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen (vgl. SSV-NF 1/18, 4/112 ua), weshalb der vom Rekursgericht für zulässig erklärte Rekurs auch ohne die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG zulässig ist (§ 47 Abs 2 ASGG).

Der Rekurs ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Gemäß § 124 Abs 2 BSVG gilt als erwerbsunfähig der (die) Versicherte, a) der (die) das 55. Lebensjahr vollendet hat und

b) dessen (deren) persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die der (die) Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Die danach als Vergleichsmaßstab dienende Erwerbstätigkeit, die der Versicherte als letzte durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat, muß nicht die letzte Erwerbstätigkeit vor dem Stichtag sein und es ist auch nicht erforderlich, daß sie in 60 aufeinander folgenden Kalendermonaten ausgeübt wurde (vgl. SSV-NF 4/93 = SZ 63/112 zu dem insoweit vergleichbaren § 133 Abs 2 GSVG). Schon aus dieser Erwägung ist entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei unerheblich, ob die Klägerin ihren Betrieb, wie er seit 1988 (in erheblich eingeschränkter Form) bestand, weiterführen kann. Auszugehen ist vielmehr von jener Erwerbstätigkeit, die sie zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Von Mitte 1988 bis zur Antragstellung sind aber nur rund eineinhalb Jahre vergangen, so daß die in diesem Zeitraum ausgeübte Tätigkeit aus der Betrachtung ausscheiden kann.

Im übrigen vertritt die beklagte Partei die Rechtsansicht, der Ehegatte müsse neben seiner Mitarbeit im Rahmen der Zumutbarkeit auch einen finanziellen Beitrag zum Betrieb der Klägerin aus seiner Pension leisten, weil die im § 90 ABGB verfügte Mitwirkungspflicht auch Geldzuschüsse umfasse.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Die vom § 90 ABGB verfügte Mitwirkungspflicht im selbständigen Erwerb des Partners beschränkt sich auf den normalen, dem regelmäßigen Familienunterhalt dienenden Erwerb. Es ist richtig, daß diese Mitwirkung sowohl Arbeitsleistung, als auch Sach- oder Geldleistungen (zB Zurverfügungstellung von Arbeitsräumen, Zahlung von Darlehen oder Zuschüssen) umfassen kann. Die Mitwirkungspflicht besteht nach dem Gesetzeswortlaut freilich nur, soweit die Mitwirkung zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Partner üblich ist. Die Zumutbarkeit hängt ab von den erforderlichen körperlichen, psychischen, ausbildungsmäßigen oder allenfalls vermögensbedingten Voraussetzungen des Mithilfepflichtigen, ferner vom Fehlen sonstiger Belastungen durch Familienpflichten (Kindererziehung, Krankenpflege) und vom Fehlen eines allenfalls höherwertigen (zB wegen höherer Qualifikation oder besserer Bezahlung) Interesses an eigener Berufstätigkeit des Ehegatten (Schwiman/Schwimann ABGB Rz 12 zu § 90 mwN). Eine solche Mitwirkung im Erwerb wird also nur bei jenen Verrichtungen angenommen werden dürfen, die den allein erwerbstätigen Gatten bei dessen Bemühen unterstützen, den Familienunterhalt zu verdienen (Fenyves in: Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978, 146). Grenzen der Zumutbarkeit ergeben sich also dort, wo das legitime Interesse an der Ausübung eines eigenen Berufes stärker ist als die Verpflichtung zur Mithilfe (Schwind, Komm. z. Österreichischen Eherecht2 38 mwN). Die subjektive Voraussetzung der Zumutbarkeit sichert dem Ehegatten, an den das Anliegen der Mitwirkung gestellt wird, daß seine persönlichen Verhältnisse, seine Eigenpersönlichkeit und Eigenständigkeit, aber auch seine eigenen Vorstellungen über seine Berufstätigkeit geachtet werden (Ent/Hopf, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, 31, 85). Nur unter diesen Einschränkungen wird gesagt werden können, daß die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten geforderte Üblichkeit im allgemeinen bei Kleinbetrieben der Landwirtschaft gegeben ist (Schwimann aaO; Ent/Hopf 31, 86). Wirkt ein Ehegatte im Erwerb des anderen mit ,so hat er allerdings gemäß § 98 ABGB Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Dabei richtet sich die Höhe dieses Anspruches nach der Art und Dauer der Leistungen; die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten, insbesondere die gewährten Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen. Auf keinen Fall umfaßt aber die materielle Beistandspflicht des Ehegatten etwa die Pflicht, Verluste aus dem Betrieb der Ehegattin durch Zuschüsse aus eigenen Pensionsbezügen auszugleichen; dies würde die oben dargelegten Zumutbarkeitsgrenzen überschreiten (vgl SZ 58/132).

Aus dem richtig verstandenen Wesen der ehelichen Beistandspflicht ist jedoch abzuleiten, daß sie einerseits ein bestimmtes Verhalten gegenüber dem anderen Ehegatten umfaßt, der eine erhebliche Verletzung dieser Pflicht als Eheverfehlung geltend machen könnte, daß sie andererseits aber nur dem anderen Ehegatten selbst und nicht etwa der Allgemeinheit Rechte einräumen soll. Der Oberste Gerichtshof hat in einem anderen Zusammenhang, nämlich bei Beurteilung der Schadenersatzansprüche eines Unfallopfers, ausgesprochen, daß die Höhe der Pflegekosten nicht deshalb zu kürzen sei, weil die Ehefrau des Verletzten zur Unterstützung ihres Gatten in seiner verletzungsbedingten Lage verhalten wäre. Der ehelichen Beistandspflicht komme in keiner Weise die Funktion zu, den für eine Verletzung des Ehepartners haftpflichtigen Dritten in seinen Schadenersatzpflichten zu entlasten (6 Ob 721/89). Insoweit gilt die wechselseitige Beistandspflicht der Ehegatten nur im Verhältnis zueinander, ohne Rechte Dritter zu begründen (vgl. Pichler in Rummel ABGB I2 Rz 2 zu § 90 mit Hinweis auf hier nicht vorliegende Ausnahmen).

Berücksichtigt man nun, daß die Sozialversicherung auf dem Versicherungsprinzip aufbaut, das durch Versorgungs- und Fürsorgeelemente lediglich angereichert wird (für viele: Tomandl, Grundriß des öst. SozR4 Rz 42), dann ergibt sich insbesondere für das Recht der Pensionsversicherung, daß der ehelichen Beistandspflicht auch hier nicht die Funktion zukommt, den Sozialversicherungsträger in seinen Pflichten zur Gewährung der Erwerbs-, Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension zu entlasten. Eine solche Funktion ist weder den eherechtlichen Normen des ABGB, noch den hier anzuwendenden Bestimmungen des BSVG zu entnehmen. Daraus folgt aber, daß die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit nach § 124 Abs 2 BSVG nicht deshalb verneint werden dürfen, weil der Ehegatte auf Grund seiner ehelichen Beistandspflicht alle jene Verrichtungen vornehmen müsse, zu denen die versicherte Klägerin auf Grund gesundheitsbedingter Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kommt es daher nicht darauf an, welche Arbeiten der Ehemann der Klägerin tatsächlich geleistet hat und zu welchen Arbeiten er auf Grund seines Leidenszustandes außerstande ist. Zu prüfen ist nicht die Erwerbsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin, sondern ihre eigene. Der diesbezügliche Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes hat also zu entfallen.

Die Sache ist aber dennoch nicht spruchreif, weil die Feststellungen zu den entscheidenden Fragen, welche Arbeiten die Klägerin in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate verrichtet hat und inwieweit sie nunmehr dauernd außersande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, teils unvollständig, teils widersprüchlich sind, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Insbesondere ist nach den bisherigen Feststellungen auch völlig unklar, warum die Klägerin den Betrieb mit Mastviehhaltung, der einen Anteil an schweren Arbeiten von 25 % erforderte, nicht mehr führen kann, kann sie doch nach dem festgestellten Leistungskalkül drittelzeitig, wenn auch nicht zusammenhängend, so doch jeweils eine halbe Stunde durchgehend mit anschließender ebensolanger Weiterarbeit bis zu mittelschwerer Belastung, noch schwere Arbeiten verrichten. Es ist auch erörterungsbedürftig, warum eine fremde Arbeitskraft, die den Ausfall jenes Teiles der Arbeitskraft der Klägerin, den sie nicht mehr bewältigen kann, auszugleichen hätte, jährliche Kosten von rund

S 150.000,-- verursachen würde.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E26915

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00257.91.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19911217_OGH0002_010OBS00257_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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