TE OGH 1991/12/18 13Os121/91

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zarko J***** und Nasta J***** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Oktober 1991, GZ 10 Vr 1934/91-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Zarko J***** und Nasta J***** des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt und nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB zu je zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben sie am 15.Juli 1991 in Graz im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter durch Herausbrechen des Zylinderschlosses der Türe zur Boutique W***** fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert, nämlich Textilwaren mit einem Einkaufswert von ca 200.000 S, dem Erich W***** mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, wobei sie den Diebstahl in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Dieses Urteil bekämpfen beide Angeklagten mit getrennt ausgeführten, von Zarko J***** auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit b und 10, von Nasta J***** auf jene der Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden sowie mit Berufung.

Zur Beschwerde des Angeklagten Zarko JELINIC:

Rechtliche Beurteilung

Die für den Qualifikationsausspruch nach dem zweiten Deliktsfall des § 130 StGB maßgeblichen Feststellungen (US 3 und 5 verso), daß der Angeklagte den ihm hier angelasteten Einbruchsversuch in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Textilgeschäfte eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hat das Erstgericht damit begründet, daß er seinen Lebensunterhalt zugegebenermaßen durch Beschaffung von Bekleidungsgegenständen im Ausland und deren Weiterverkauf in Jugoslawien zu bestreiten sucht und er auch schon in der Bundesrepublik Deutschland im dringenden Verdacht gestanden war, einen derartigen Geschäftseinbruch begangen zu haben, weshalb er von dort nach Entlassung aus der Untersuchungshaft erst im Mai 1991 abgeschoben worden ist.

Ausgehend von diesen Prämissen und unter Berücksichtigung der sorgfältigen Tatvorbereitung im gegenständlichen Fall (US 5 verso unten) konnten die Tatrichter - dem Beschwerdevorbringen (Z 5) zuwider - ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder die Lebenserfahrung den Schluß ziehen, daß der Angeklagte gezielt darauf aus war, sich durch wiederholte Einbruchsfahrten nach Österreich eine ständige Einnahmsquelle zu erschließen. Daß derartige Schlußfolgerungen zwingend sein müßten, wird vom Gesetz nicht gefordert (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 144 ff zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Davon, daß zum angenommenen Qualifikationstatbestand überhaupt keine Feststellungen getroffen worden wären, kann nach dem Vorgesagten keine Rede sein. Insoweit übergeht der Beschwerdeführer die eben wiedergegebenen Konstatierungen und bringt den Einwand eines materiellrechtlichen Feststellungsmangels (Z 10) nicht zu gesetzmäßiger Darstellung.

Die entscheidenden Urteilsannahmen, daß der Beschwerdeführer unter Beteiligung seiner mitangeklagten Ehefrau das Schloß zur Boutique W***** mit einem Werkzeug aufzubrechen versuchte, hat das Erstgericht mit den Beobachtungen der beiden Polizeibeamten G***** und W***** sowie damit begründet, daß an den beim Angeklagten sichergestellten (für einen Einbruchsdiebstahl geeigneten) Werkzeugen Spuren festgestellt wurden, die mit jenen am abgedrehten Schloßzylinder annähernd in Einklang gebracht werden konnten. Auch diese Begründung ist angesichts der übrigen zeitlichen und örtlichen Umstände ohne weiteres nachvollziehbar, mögen die Polizisten den Angeklagten auch nicht unmittelbar bei der eigentlichen Versuchshandlung im Blickfeld gehabt haben. Daß die Angeklagten, die sich nach den Urteilsfeststellungen beobachtet glaubten, nicht davongelaufen sind, sondern sich langsamen Schrittes vom Geschäftseingang entfernten, spricht nach forensischer Erfahrung nicht gegen ihre Täterschaft. Eröterungen darüber waren daher entbehrlich.

Eben diese Feststellung aber, daß sich die Angeklagten beobachtet fühlten und deshalb ihr Tatvorhaben aufgaben, konnten die Tatrichter zu Recht aus der dahin ausgesprochenen Vermutung des Zeugen Insp G***** (S 149) in Verbindung mit der Tatsache erschließen, daß nach den Verfahrensergebnissen sonst kein Grund dafür zu erkennen wäre, warum sie sich von dem bereits aufgebrochenen Geschäftslokal wieder entfernt haben sollten.

Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermochte der Beschwerdeführer angesichts der Beobachtungen der Polizeibeamten und der speziellen Ausrüstung, mit der er betreten worden ist, aus den Akten nicht darzutun.

Mit dem Einwand (Z 9 lit b) schließlich, die Feststellungen seien nicht ausreichend, um die Frage nach allfälligem Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB) verläßlich beurteilen zu können, läßt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, daß er nach den Urteilsannahmen von der weiteren Tatausführung nicht freiwillig, sondern eben bloß deshalb Abstand genommen hat, weil er vermutete, bereits entdeckt worden zu sein (US 4 verso).

Zur Beschwerde der Angeklagten Nasta J*****:

Diese Beschwerdeführerin bekämpft nach dem Inhalt ihrer Rechtsmittelausführungen lediglich die Annahme gewerbsmäßiger Begehungsweise im Sinne des zweiten Deliktsfalles des § 130 StGB. Sie vermag jedoch ebensowenig wie ihr mitangeklagter Ehemann Zarko J***** formelle Mängel (Z 5) der dazu von den Tatrichtern gegebenen Begründung aufzuzeigen. Auch sie muß deren Argumentation gegen sich gelten lassen, daß sie wegen eines gleichartigen Einbruchsversuches erst kürzlich in der Bundesrepublik Deutschland inhaftiert war und naturgemäß von der Erwerbstätigkeit ihres Mannes Kenntnis hatte, zumal sie selbst einen einschlägigen Beruf erlernt hat. Unter diesen Umständen sowie unter Bedachtnahme auf die zielgerichtete Planung und Durchführung der gegenständlichen Einbruchsfahrt nach Österreich ist die Schlußfolgerung des Erstgerichts keineswegs denkgesetzwidrig oder lebensfremd, daß es sich auch nach der Vorstellung der Zweitangeklagten bei dem vorliegenden Einbruchsversuch nicht bloß um eine einmalige Gelegenheitstat gehandelt hat, sondern daß ihre Beteiligung daran gleichfalls von der Absicht getragen war, im Falle des Gelingens weitere Geschäftseinbrüche zu unternehmen, um auf diese Weise das Familieneinkommen aufzubessern.

Die an den Einwand einer unzureichenden Begründung der Annahme einer qualifziert gewerbsmäßigen Begehungsweise anknüpfende Subsumtionsrüge (Z 10) ist ebenso wie die Strafbemessungsrüge (Z 11) nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil mit dem bloßen Hinweis auf die behauptete mangelhafte Fundierung des Qualifikationstatbestandes weder die dementsprechende rechtliche Beurteilung noch die Anwendung des darnach in Betracht kommenden höheren Strafsatzes bekämpft werden kann. Zufolge ihrer materiellrechtlichen Natur haben derartige Einwände stets vom festgestellten Sachverhalt auszugehen und diesen mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 30 zu § 281).

Mit dem Vorwurf schließlich, der Milderungsgrund des Alters der Zweitangeklagten unter 21 Jahren sei zwar im Urteil angeführt, jedoch im Hinblick auf die über sie in der selben Höhe wie über den Erstangeklagten verhängten Strafe ersichtlich nicht berücksichtigt worden, wird kein Nichtigkeits- sondern ein Berufungsgrund geltend gemacht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren somit zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO, im übrigen aber als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen der Angeklagten hat demnach das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden (§ 285 i StPO), wobei zu bemerken ist, daß die von der Zweitangeklagten ausgeführte "Schuldberufung" der Sache nach nur auf eine günstigere Beurteilung ihrer Schuld als Grundlage für die Bemessung der Strafe (§ 32 StGB) abzielt und daher als Teil der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe zu behandeln sein wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E27010

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00121.91.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19911218_OGH0002_0130OS00121_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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