TE OGH 1991/12/18 13Os115/91

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Medienrechtssache der Antragstellerin "D***** i***** W*****" ***** GmbH & Co KG gegen die Antragsgegnerin K*****-V***** GmbH & CO KG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 19. November 1990, AZ 27 Bs 380/90, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Vertreters der Antragstellerin Dr. Johannes Neumayer, jedoch in Abwesenheit der Antragsgegnerin zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 19.November 1990, AZ 27 Bs 380/90 (= GZ 9 a E Vr 1445/90-23 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 14 Abs. 3 MedienG, 395 Abs. 3 StPO iVm § 1 RATG und TP 4 des Normalkostentarifes.

Text

Gründe:

I./ Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.April 1990, GZ 9 a E Vr 1445/90-15, wurde ein Entgegnungsbegehren der Antragstellerin "D***** i***** W*****", ***** GmbH & Co KG, rechtskräftig abgewiesen und demzufolge gemäß dem § 19 Abs. 3 MedienG deren Kostenersatzpflicht ausgesprochen.

Mit Beschluß vom 19.Oktober 1990, ON 20 dA, bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien die Kosten auf Antrag der Antragsgegnerin, K*****-V*****GmbH & Co KG, mit 5.993,28 S und wies damit im Ergebnis das auf § 5 Z 25 (richtig: Z 24 lit. b) iVm § 9 Abs. 1 Z 2 und § 10 der Autonomen Honorar-Richtlinien (AHR) gestützte Mehrbegehren (in der Höhe von 10.672,92 S; vgl. ON 17) mit der Begründung ab, daß für die Entlohnung von Rechtsanwälten im Sinne des § 395 Abs. 3 StPO das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) und der auf Grund dieses Gesetzes erlassene Normalkostentarif (NKT) gelten. Demgemäß seien die Vertretungskosten nach TP 4 I 2 bzw. (für einzelne Schriftsätze) nach TP 1 des Tarifes zu bestimmen, zumal auf die Ansätze der AHR nur dann Bedacht genommen werden könne, wenn die Entlohnung für Leistungen eines Rechtsanwaltes durch Gesetz oder Verordnung nicht geregelt sind.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß von der Antragsgegnerin erhobenen Beschwerde (ON 21 dA) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 19.November 1990, AZ 27 Bs 380/90 (= ON 23 dA), Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten der Vertretung (antragsgemäß) mit 16.666,20 S bestimmt wurden. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht Wien aus, daß auf die Autonomen Honorar-Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages dann zurückzugreifen sei, wenn Leistungen eines Rechtsanwaltes im Rechtsanwaltstarifgesetz und dem auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Normalkostentarif nicht geregelt sind (vgl. § 1 lit. a AHR). TP 4 NKT regle "in dem hier bedeutsamen Zusammenhang nur die Entlohnung für Privatanklagen wegen in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes oder des Gerichtshofes fallender Vergehen und Anklagen wegen Preßordnungsdelikten, Preßinhaltsdelikten und 'Vergehen unlauterer Wettbewerb'". Die dort nach wie vor als Preßordnungs- und -inhaltsdelikte bezeichneten Fälle könnten zum Entgegnungsrecht auch dann keinen Bezug herstellen, wenn man sie im Sinne der nach dem Mediengesetz aktuellen Begriffe und Begriffsbestimmungen verstünde, ebensowenig der Begriff "Vergehen". Das bedeute, daß Vertretungshandlungen im Entgegnungsverfahren im Normalkostentarif nicht geregelt sind, wohl aber (zufolge der zivilrechtlichen Natur des Entgegnungsanspruchs nicht zu Unrecht im "II. Teil - Zivil- und Verwaltungssachen") im § 5 Z 24 lit. b der AHR, auf die somit zurückzugreifen sei.

II./ Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach dem § 14 Abs. 3 MedienG gelten (verbis: "Auch im übrigen ..") für das Entgegnungsverfahren - soweit das MedienG keine andere Regelung trifft - die Bestimmungen der StPO 1975 für das Verfahren auf Grund einer Privatanklage dem Sinne nach, wobei der Antragsteller die Rechte des Privatanklägers, der Antragsgegner die Rechte des Beschuldigten hat. Damit gelten aber auch, soweit es den Ersatz von Vertretungskosten der Höhe nach

anlangt - mangels einer hiefür bestehenden Sonderregelung im § 19 MedienG -, (sinngemäß) die Vorschriften der StPO über den Kostenersatz in einem Privatanklageverfahren (somit insbesondere auch des § 395 Abs. 3 StPO mit seinem Verweis auf das RATG). Der § 1 RATG erfaßt nun seinerseits ua auch die Entlohnung eines Rechtsanwaltes für seine Vertretungstätigkeit in Strafverfahren über eine Privatanklage, und es enthält die TP 4 des Normalkostentarifes auch Ansätze für die Entlohnung eines Rechtsanwaltes für Vertretungshandlungen in einem Verfahren auf Grund einer Privatanklage wegen eines in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fallenden Vergehens.

Da also - wie dargelegt - bei der Bemessung des Kostenersatzes im Entgegnungsverfahren die Ansätze in TP 4 (für die bei Privatanklagen anfallenden Leistungen) sinngemäß anzuwenden sind (der Verwendung der - längst überholten - Begriffe der "Preßordnungs"- und "Preßinhaltdelikte" in TP 4 I 1 a kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu), durfte das Oberlandesgericht Wien bei seiner Beschwerdeentscheidung nicht von Ansätzen der Autonomen Honorar-Richtlinien ausgehen. Denn diese sind ihrer eigenen Zweckbestimmung zufolge (§ 1 lit. a) für Leistungen eines Rechtsanwaltes nur so weit bedeutsam, als dessen Entlohnung nicht durch Gesetz oder Verordnung geregelt ist. Gerade dies trifft hier aber zu.

Der dem Oberlandesgericht Wien demnach unterlaufene Rechtsirrtum wirkte sich allerdings zum Vorteil der mit der Rechtsstellung einer Beschuldigten ausgestatteten (§ 14 Abs. 3 erster Satz MedienG) Antragsgegnerin aus, sodaß es mit der Feststellung der Gesetzesverletzung sein Bewenden haben mußte.

Anmerkung

E27001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00115.91.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19911218_OGH0002_0130OS00115_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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