TE OGH 1992/1/16 7Ob506/92

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Veröffentlicht am 16.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der wiederaufnahmsklagenden Partei Wolfgang R*****, vertreten durch Dr. Bernhard Humer, Rechtsanwalt in Linz, wider die wiederaufnahmsbeklagte Partei Liselotte R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer und andere Rechtsanwälte in Linz wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 6 Cg 44/89 des Landesgerichtes Linz (Streitwert DM 75.058,75) infolge Revision der wiederaufnahmsklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29. Mai 1991, GZ 3 R 39/91-18, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. November 1990, GZ 6 Cg 63/90-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die seinerzeitige Klägerin und nunmehrige Wiederaufnahmsbeklagte hat im Vorverfahren 6 Cg 44/89 des Landesgerichtes Linz die Zahlung von 150.117,50 DM mit der Behauptung verlangt, sie sei Erbin des am 13. 4. 1987 verstorbenen Dr. Günther R*****. Dieser habe auf einem Spareinlagebuch der Sparkasse Passau ein Sparguthaben gehabt. Zu Unrecht habe der Beklagte den auf dem Sparbuch erliegenden Betrag behoben.

Der Beklagte wendete ein, ihm sei das Sparbuch und das Sparguthaben vom Erblasser geschenkt worden.

Das angerufene Gericht hat im Vorverfahren unter rechtskräftiger Abweisung des Mehrbegehrens der damaligen Klägerin 75.058,75 DM zum Umrechnungskurs am Tag der Zahlung samt 4 % Zinsen seit 15. 5. 1987 zugesprochen. Es nahm hiebei die behauptete Schenkung nicht als erwiesen an.

Der seinerzeitige Beklagte beantragte im vorliegenden Verfahren die Wiederaufnahme des zu 6 Cg 44/89 des Landesgerichtes Linz abgeführten Verfahrens, wobei er sich auf einen Zeugen berief, der neben bereits vernommenen Personen die behauptete Schenkung bestätigen könne. Davon habe der nunmehrige Wiederaufnahmskläger erst jetzt erfahren.

Das Erstgericht hat die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt und nunmehr auch das restliche Klagebegehren abgewiesen. Es nahm als erwiesen an, daß der Wiederaufnahmskläger erst innerhalb der Frist des § 534 ZPO von dem neuen Beweismittel Kenntnis erlangt hat. Nach seinen Feststellungen konnte der Zeuge tatsächlich den Schenkungsvorgang bestätigen. Unter Einbeziehung dieser Zeugenaussage ging es von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Die nunmehrige Beklagte ist die Erbin des am 14. 4. 1987 verstorbenen Dr. Günther R*****. Der Kläger und Dr. Werner R***** sind die Brüder des Verstorbenen. Dieser verfügte unter anderem über ein Sparbuch bei der Sparkasse Passau mit einem Einlagestand von 150.117,50 DM. Das Sparbuch war bei der Sparkasse Passau hinterliegt. Der Erblasser hatte einen sogenannten Hinterlegungsschein.

Anläßlich einer Geburtstagsfeier im Jänner 1987 wurden zwischen den Brüdern R***** geschäftliche Probleme und sich daraus ergebende Differenzen besprochen. Um diese Differenzen zu bereinigen, zog der Erblasser den Hinterlegungsschein für das Sparbuch aus der Tasche, legte ihn auf den Tisch und sagte, er schenke dieses Sparbuch dem Kläger und Dr. Werner R***** zu gleichen Teilen. Er gab ihnen das Losungswort bekannt und erklärt, hiemit habe er ihnen den Betrag, der sich auf dem Sparbuch befinde, geschenkt, damit wieder Ruhe zwischen den Brüdern einkehre. Sowohl der Kläger als auch Dr. Werner R***** nahmen die Schenkung an. Der Erblasser gab ihnen bekannt, bei welcher Bank in Passau das Sparbuch liege, gab Dr. Werner R***** eine schriftliche Vollmacht für diese Bank und sagte zum Kläger, auch für ihn erliege bereits eine Vollmacht bei der Sparkasse Passau, mit welcher er das Guthaben beheben könne. Diese Vollmacht war über den Tod hinaus erteilt worden.

Am 13. 4. 1987 beging Dr. Günther R***** Selbstmord.

Am 14. 9. 1987 fuhren der Kläger und Dr. Werner R***** nach Passau und behoben unter Vorweisung des Hinterlegungsscheines und der beiden jeweils für sie ausgestellten Vollmachten 150.117,50 DM. Nach Prüfung der Formalitäten wurden seitens der Bank keine Schwierigkeiten bezüglich der Ausfolgung des Betrages gemacht.

Das Erstgericht ging davon aus, daß die gesamte Rechtssache nach deutschem Recht zu beurteilen sei. Der Kläger habe daher durch formlose Zession die Forderung auf das Sparguthaben erworben. Im übrigen wäre auch nach österreichischem Recht eine wirksame Schenkung zustandegekommen, weil der Kläger in die Lage versetzt worden sei, über die geschenkte Sache frei und ausschließlich zu verfügen.

Das Berufungsgericht hat die Wiederaufnahmsklage mit der Begründung abgewiesen, es komme auf die Richtigkeit der in der Berufung angefochtenen Aussage des nunmehr namhaft gemachten Zeugen nicht an, weil die Schenkung nach österreichischem Recht zu beurteilen sei und auch der aufgrund der erwähnten Aussage festgestellte Sachverhalt keinesfalls eine wirkliche Übergabe des Sparbuches und des diesem zugrundeliegenden Guthabens anzunehmen sei. Die Rechtssache sei gem. § 37 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen, weil Dr. Günther R***** seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt habe.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für nicht zulässig.

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Infolge verschiedener Anknüpfungspunkte war die Rechtssache vorerst unter dem Gesichtspunkt des IPR zu prüfen. Hiebei ist die Rechtslage bezüglich der für das Zustandekommen eines Schenkungsvertrages erforderlichen Form infolge inhaltlicher Übereinstimmung des § 518 Abs 1 BGB mit § 1 Abs 1 lit d NotZwG in Österreich und in Deutschland gleich. Auch in Deutschland bildet der Schenkungsvertrag den die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grund (Soergel KommzBGB11 Rz 2 zu § 516, Staudinger BGB12 Rz 2 zu § 516). Da im vorliegenden Fall der Schenker seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte, ist gemäß § 37 IPRG für die Beurteilung des Vertrages österreichisches Recht anzuwenden. Bei Schenkungen ist allerdings zwischen Titel und Modus zu unterscheiden. Beide haben ihr eigenes Statut. Bei beweglichen Sachen und einer Schenkung mit Übergabe ist für den Eigentumserwerb an der geschenkten Sache die lex rei sitae im Augenblick der Übergabe maßgebend (Schwind IPR Rz 442). Zu prüfen war demnach, ob die wirkliche Übergabe zum Titel der Schenkung, der nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, oder zum Modus, für den wegen der Lage des geschenkten Gegenstandes zum Zeitpunkt der Schenkung deutsches Recht gilt, gehört. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, weil bezüglich der wirklichen Übergabe (Handschenkung) zwar in beiden Staaten die Gesetzeslage gleich ist, bei der Schenkung von Sparbüchern aber verschiedene Auslegungen der entsprechenden Gesetzesstellen vorgenommen werden.

In Deutschland erfolgt der Erwerb des dem Sparbuch zugrundeliegenden Guthabens im Falle einer Schenkung durch formlose Abtretung. Der Übergabe oder Nichtübergabe des Sparbuches kommt Bedeutung nur im Hinblick auf die Beurteilung des Schenkungswillens zu (Pallandt BGB50 Rz 10, RGK zum BGB12 Rz 4 c, Staudinger BGB12 Rz 22; Münchner Kommentar2 Anm 24 jeweils zu § 518 BGB). Durch die Abtretung des Guthabens geht auch das Eigentum an dem Buch über (Soergel aaO Rz 9 zu § 518).

Da nach den getroffenen Feststellungen der Schenkungswille vorlag, wäre bei Beurteilung der Übergabsfrage nach deutschem Recht eine weitere Erörterung überflüssig. Das Klagebegehren wäre bei Übernahme des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes ohne weiters abzuweisen.

Nach der Fassung des § 943 ABGB könnte allenfalls der Schluß gezogen werden, daß die Notwendigkeit der Verfassung einer Urkunde bei der Schenkung ohne wirkliche Übergabe bloßer Modus ist. Diese Bestimmung wurde jedoch durch § 1 Abs 1 lit d NotZwG ersetzt. Nach dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung ist die Gültigkeit des Vertrages von der Errichtung eines Notariatsaktes abhängig, was im übrigen auch § 518 Abs 1 BGB entspricht. Der Rechtstitel der Schenkung kann daher nur durch die Errichtung eines Notariatsaktes entstehen, woraus sich ergibt, daß das Erfordernis des Notariatsaktes zur Schaffung des Titels gehört. Demnach muß aber auch jener Vorgang, der die Schaffung eines Titels ohne Notariatsakt ermöglicht, zum Titel gehören. Wird ein Notariatsakt nicht errichtet, kommt ein gültiger Schenkungsvertrag nur bei wirklicher Übergabe zustande. Die wirkliche Übergabe ist daher ein Teil der Schaffung des Titels und nicht bloß Modus für den Eigentumserwerb. Demnach ist aber gemäß § 8 IPRG auch die für eine gültige Schenkung vorgesehene Form nach jenem Recht zu beurteilen, das für den Titel gilt, also hier nach dem österreichischen Recht.

Die Auslegung im österreichischen Recht fordert bei Schenkung des Guthabens eines Sparbuches im allgemeinen die Übergabe des Sparbuches samt Bekanntgabe des Losungswortes (SZ 48/81, SZ 39/140 ua). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß ohne Übergabe des Sparbuches der Schenkungswille meist nicht nach außen hin in Erscheinung tritt. "Wirkliche Übergabe" liegt vor, wenn zum Schenkungsvertrag noch ein anderer, von diesem verschiedener, als Übergabe erkennbarer Akt hinzukommt. Dieser Akt muß sinnfällig nach außen hin bemerkbar und so beschaffen sein, daß aus ihm der Wille des Geschenkgebers hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (Stanzl in Klang2 II/1, 612, Koziol-Welser I7, 308, SZ 54/51, SZ 45/35 ua). Der Ausdruck "wirkliche Übergabe" bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (Schubert in Rummel2 Rz 1 zu § 943 ABGB, JBl 1985, 672 ua).

Im vorliegenden Fall wurde nicht nur ein Schenkungsversprechen abgegeben und der den Ersatz des deponierten Sparbuches darstellende Hinterlegungsschein ausgefolgt sowie das Losungswort mitgeteilt, sondern dem Beschenkten auch eine Vollmacht erteilt, die ihn nach ihrem Sinn und Inhalt auch zur Behebung des bei der Bank hinterlegten Sparbuches berechtigte. Der Kläger wurde daher instandgesetzt, jederzeit das Sparbuch an sich zu nehmen und darüber zu verfügen. Daß der geschenkte Gegenstand dem Beschenkten direkt in die Hand gegeben wird, ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn dem Beschenkten der unmittelbare Zugriff ermöglicht wird. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß ein etwa in einem Schließfach liegendes Sparbuch durch Übergabe des Schlüssels zu diesem Schließfach übergeben wird. Anders liegt die Sache aber nicht, wenn dem Beschenkten eine Urkunde übergeben wird, die dem Verwahrer eines Sparbuches klar den Schenkungswillen des bisherigen Eigentümers klarmacht und dem Beschenkten außerdem eine Vollmacht zur Behebung des Sparbuches (in ihrem Zusammenhang können die beiden Vorgänge nur im Sinne einer Ermächtigung auch zur Behebung des Sparbuches verstanden werden) erteilt wird. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen, als die Übergabe von auf einem Bankdepot erliegenden Aktien. Hier genügt ebenfalls eine schriftliche Bevollmächtigung zur Behebung der Aktien (SZ 40/86). Daß hier die schriftliche Vollmacht bereits bei demjenigen lag, der das Sparbuch ausfolgen sollte, spielt keine Rolle. Die Bevollmächtigung selbst kann wirksam auch mündlich erfolgen (§ 1005 ABGB). Sie ist keine Schenkung. Eine solche mündliche Bevollmächtigung zur Behebung eines Sparbuches muß jedenfalls dann als wirkliche Übergabe des Sparbuches angesehen werden, wenn dem Beschenkten der für die Herausgabe des Buches erforderliche Hinterlegungsschein übergeben wird und beim Hinterleger bereits eine schriftliche Vollmacht erliegt.

Daß dem Schenker nicht absolut die Möglichkeit zu einem rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des Beschenkten genommen waren, spielt keine Rolle. Gerade bei einer Schenkung eines Sparbuches und Sparguthabens mittels eines Notariatsaktes hätte der Schenker nachträglich immer noch die Möglichkeit, rechtswidrig das Guthaben solange zu beheben, als es nicht vom Beschenkten behoben worden ist. Maßgebend ist nur, ob durch das Verhalten des Schenkers der geschenkte Gegenstand sinnfällig aus dem Vermögen des Schenkers ausgeschieden und in das Vermögen des Beschenkten übertragen werden sollte. Diese wäre unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes hier der Fall gewesen. Es ergibt sich sohin, daß, entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, auch nach österreichischem Recht eine wirkliche Übergabe des Sparbuches und somit auch des ihm zugrundeliegenden Guthabens erfolgt wäre. Bereits mit der Ausfolgung der entsprechenden Urkunde und der Bevollmächtigung hätte der Kläger sein Recht erworben, weshalb die Behebung eines Teiles des Guthabens nicht rechtswidrig wäre. Geht man daher von dem festgestellten Sachverhalt aus, so besteht der Herausgabeanspruch der Beklagten nicht.

Ob die Bank ein in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenes Abtretungsverbot nicht beachtet hat, ist ebenso wenig von Bedeutung, wie die Frage, ob die Bank bei Kenntnis des Todes des ursprünglichen Sparbuchinhabers aus steuerrechtlichen Gründen eine Auszahlung verweigert hätte. In beiden Fällen wäre nicht in Rechte der Klägerin eingegriffen und hiedurch ein Ersatzanspruch gegen den Beklagten begründet worden.

Ist durch die Hingabe des Hinterlegungsscheines, Bekanntgabe des Losungswortes und die Bevollmächtigung bereits die Schenkung rechtswirksam geworden, so spielt es keine Rolle, daß der Schenker vor Behebung des Guthabens verstorben ist. Im übrigen enthält die Bestimmung des § 1022 ABGB, derzufolge die Vollmacht mit dem Tod des Geschäftsherrn erlischt, dispositives Recht (Strasser in Rummel2 Rz 26 zu §§ 1020 bis 1026 ABGB). Der Fortbestand der Vollmacht nach dem Tod des Machtgebers kann sich aus der Natur des Geschäftes, aus der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs ergeben (Stanzl in Klang2 IV/1, 872). Nach den getroffenen Feststellungen lag es in der Absicht der Parteien, daß die Behebungsvollmacht auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortbestehen sollte.

Es ergibt sich demnach, daß die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Aussage des namhaft gemachten Zeugen komme keine Bedeutung zu, unrichtig ist. Vielmehr wäre diese Aussage im Zusammenhang mit den anderen Beweismitteln geeignet, eine andere Entscheidung als die im Vorverfahren gefällte herbeizuführen, nämlich die vom Erstgericht nunmehr gefällte Entscheidung.

Im Wiederaufnahmsverfahren hat eine eingeschränkte Beweiswürdigung nur dahin zu erfolgen, ob die Nichtberücksichtigung dieser Tatsachen oder Beweismittel im Vorprozeß einen Verstoß gegen die Findung der materiellen Wahrheit und Vollständigkeit der Urteilsgrundlage darstellt (Fasching4, 551, JBl 1982, 497, SZ 38/215 ua). Aber auch im Wiederaufnahmsverfahren selbst läßt sich im Regelfall noch nicht abschließend beurteilen, ob aufgrund dieser Neuerungen die angefochtene Entscheidung abgeändert werden muß, weil dazu ja auch auf die bereits im Vorprozeß erzielten konkreten Beweisergebnisse zurückgegriffen und beides gemeinsam verwertet werden muß, was aber erst im wiederaufgenommenen Verfahren möglich ist. Daher ist im Wiederaufnahmsverfahren nach mündlicher Verhandlung nur zu prüfen, ob die behaupteten neuen Tatsachen vorliegen bzw ob die neuen Beweismittel konkret geeignet sind, zu einer Änderung der Tatsachenfeststellung des Vorprozesses zu führen (Fasching Lehrbuch Rz 268).

Im Wiederaufnahmsverfahren war sohin nicht zu prüfen, ob die Aussage des nunmehr nahmhaft gemachten Zeugen in der Hauptsache richtig ist oder nicht. Geprüft mußte allerdings die Rechtzeitigkeit der Wiederaufnahmsklage werden. Da auch die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes in der Berufung bekämpft worden sind und das Berufungsgericht zu der Beweisrüge nicht Stellung genommen hat, konnte auch über die Wiederaufnahmsklage nicht abschließend entschieden werden. Vielmehr war auch in diesem Punkt eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur Erledigung der Feststellungsrüge erforderlich. Selbstverständlich war auch im Falle der Bewilligung der Wiederaufnahme die Sache im Hauptprozeß für den Obersten Gerichtshof noch nicht entscheidungsreif, weil auch hier eine Auseinandersetzung des Berufungsgerichtes mit der Beweiswürdigung des Erstgerichtes fehlt.

Zur Erledigung der Beweisrüge der Berufung war das angefochtene Urteil aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E28396

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00506.92.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19920116_OGH0002_0070OB00506_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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