TE OGH 1992/1/28 10ObS371/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar Peterlunger und Dipl.Ing. Walter Holzer (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helmut S*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Dr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner und Dr. Walter Müller, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern (Landesstelle OÖ), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Oktober 1991, GZ 13 Rs 84/91-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 18.April 1991, GZ 14 Cgs 93/89-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 17.7.1989 wurde gemäß § 124a BSVG auf Grund des vom Kläger am 16.6.1989 gestellten Antrages festgestellt, daß er nicht erwerbsunfähig im Sinn des § 124 BSVG sei.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren des Inhaltes, es werde festgestellt, daß beim Kläger Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 124 BSVG vorliege, ab. Es gelangte zu dem Ergebnis, daß der am 20.8.1940 geborene Kläger auf Grund gesundheitsbedingter Beeinträchtigungen zwar nicht mehr den Beruf eines Landwirtes, wohl aber beispielsweise die Tätigkeiten eines Verpackers von leichten Gegenständen in der Brillenindustrie und Kleingeräteerzeugung, eines Adjustierers in verschiedenen Branchen, eines Arbeiters in der Schuhindustrie oder eines innerbetrieblichen Transportarbeiters mittels Wagen verrichten könne; Arbeitsplätze der genannten Art gebe es in nennenswerter Anzahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach den Feststellungen könne der Kläger noch zu leichten bzw. im eingeschränkten Maß mittelschweren Tätigkeiten herangezogen werden, weshalb er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin regelmäßigen Erwerbstätigkeiten nachgehen könne und er nicht als erwerbsunfähig im Sinn des § 124 BSVG anzusehen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es nahm in der mündlichen Berufungsverhandlung eine teilweise Wiederholung des Beweisverfahrens vor und traf die ergänzenden Feststellungen, daß die vom berufskundlichen Sachverständigen ermittelten und eben genannten Verweisungstätigkeiten dem Kläger auch ohne die vom psychiatrischen Sachverständigen für zweckmäßig gehaltene Behandlung zumutbar seien. Durch die Behandlung würde in erster Linie das subjektive Wohlbefinden des Klägers wiederhergestellt, ohne daß dies auf das Leistungskalkül einen wesentlichen Einfluß hätte. Unter Einbeziehung der vom internen Sachverständigen angegebenen Krankenstände könnten jährlich maximal 30 Krankenstandstage auftreten; dazu kämen noch allfällige unvorhersehbare Krankenstände wie etwa durch grippale Infekte. Für über das physiologische Ausmaß hinausgehende Arbeitspausen ergebe sich keine Notwendigkeit.

In rechtlicher Hinsicht trat das Berufungsgericht der erstgerichtlichen Ansicht bei, daß der Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinne des für ihn maßgeblichen § 124 Abs.1 BSVG sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs.3 Satz 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Nach den vom Berufungsgericht auf Grund teilweiser Beweiswiederholung in der mündlichen Berufungsverhandlung getroffenen ergänzenden Feststellungen sind die ermittelten Verweisungstätigkeiten (Verpacker von leichten Gegenständen, Adjustierer in verschiedenen Branchen, Arbeiter in der Schuhindustrie, innerbetrieblicher Transportarbeiter) dem Kläger ohne Einschränkung, also auch ohne Behandlung der psychischen Beschwerden zumutbar; die zu erwartenden Krankenstände wurden mit jährlich maximal 30 Tagen festgestellt. Da nunmehr alle wesentlichen Tatsachenfeststellungen vorliegen, ist die Entscheidungsgrundlage vollständig. Die Frage, ob ein zusammenfassendes ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre, welcher Sachverständige dafür zuständig gewesen wäre und ob ein solches bereits vorliegt, fällt hier in den Bereich der Mängel- und Beweisrüge (RZ 1990, 76/33). Das Berufungsgericht hat den schon in der Berufung gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz (nämlich Fehlen eines zusammenfassenden Gutachtens) ausdrücklich verneint, sodaß dieser Mangel nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden kann (SSV-NF 1/32 = SZ 60/197; SSV-NF 3/115 = JBl.1990, 535 uva).

Weiters rügt der Kläger, daß "keinerlei Anfragen an die zuständigen Arbeitsämter bzw. an das Landesarbeitsamt" gerichtet wurden, ob es tatsächlich Arbeitsplätze in den Verweisungsberufen gebe. Die erstgerichtliche, auf dem berufskundlichen Sachverständigengutachten beruhende Feststellung über das Vorhandensein von Arbeitsplätzen in den genannten Verweisungsberufen wurde in der Berufung nicht bekämpft, ein damit zusammenhängender Verfahrensmangel nicht behauptet. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in der Berufung nicht geltend gemacht wurden, können aber nicht den Gegenstand der Revision bilden (SSV-NF 1/68; zuletzt mit ausführlicher Begründung 10 Ob S 275/91).

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß der am 20.8.1940 geborene Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinn des § 124 Abs.1 BSVG ist, trifft zu (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Einer gesonderten Feststellung, wo tatsächlich Arbeitsplätze der genannten Art bestehen, bedurfte es deshalb nicht, weil bei Prüfung der Verweisbarkeit vom gesamtösterreichischen Arbeitsmarkt auszugehen ist und ohne rechtliche Bedeutung bleiben muß, ob der Versicherte in den ihm zumutbaren Verweisungsberufen tatsächlich einen Dienstposten finden wird (vgl. SSV-NF 3/91, 4 81; 10 ObS 242/91 ua; die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck (SV-Slg 36.239 betrifft lediglich Anmarschwege zum und vom Arbeitsplatz, hinsichtlich derer der Kläger aber nicht eingeschränkt ist). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es auf die Verhältnisse am Wohnort des Versicherten nur dann an, wenn er diesen aus medizinischen Gründen nicht verlegen kann (SSV-NF 1/20, 3/142 ua; zuletzt 10 ObS 155/91, 10 ObS 213/91). Jährliche Krankenstände von höchstens 30 Tagen bedeuten jedenfalls keinen Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt (SV-Slg.35.690).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den unterlegenen Kläger aus Billigkeit sind dem Akt nicht zu entnehmen und wurden auch nicht geltend gemacht.

Anmerkung

E27928

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00371.91.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19920128_OGH0002_010OBS00371_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten