TE OGH 1992/2/20 8Ob513/92

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Veröffentlicht am 20.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Z*****, vertreten durch Dr.Herbert Hofbauer und andere Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagte Partei A***** M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Schuppich und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 505.722,80 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen Punkt 1. des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 16.Dezember 1991, GZ 3 R 196/91-57, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18. September 1991, GZ 13 Cg 121/86-54, zurückgewiesen wurde, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht setzte am 20.8.1991 eine Verhandlungstagsatzung für den 3.7.1992 an. Mit dem am 10.9.1991 eingelangten Schriftsatz beantragte der Kläger, die Verhandlungstagsatzung vom 3.7.1992 abzuberaumen und umgehend die Verhandlungstagsatzung noch im November oder Dezember 1991 anzuberaumen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Vorverlegung der für den 3.7.1992 anberaumten Tagsatzung auf einen Termin im November oder Dezember 1991 mit der Begründung ab, daß für die voraussichtlich mehrstündige Verhandlung ein früherer Termin nicht zur Verfügung stehe.

Das Rekursgericht wies den gegen die Abweisung des Vorverlegungsantrages gerichteten Rekurs des Klägers zurück. Die Prozeßökonomie und der Grundsatz der Verfahrenskonzentration forderten die Begünstigung der Vorverlegung einer Tagsatzung, sodaß auch ohne entsprechende Vorschrift der ZPO eine analoge Anwendung des § 129 ZPO (Fristverkürzung) auf Antrag als gerechtfertigt anzusehen sei. Die Abweisung eines Antrages auf Vorverlegung einer Tagsatzung sei aber unanfechtbar, was aus den Grundsätzen des § 129 ZPO iVm § 141 letzter Satz ZPO wie auch des § 130 ZPO zu erschließen sei. Den Revisionsrekurs ließ es zu, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Beschluß der vorliegenden Art fehle.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Klägers ist zwar aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber meint, das Rekursgericht habe zwar zu Recht angenommen, daß trotz fehlender Regelung - analog der Verkürzung von Fristen (§ 129 Abs 2 ZPO) - auf Antrag einer Partei auch Tagsatzungen vorverlegt werden können, es habe aber verkannt, daß der Rechtsmittelausschluß des § 141 letzter Satz ZPO nicht analog angewendet werden dürfe, weil das Gesetz zwischen Tagsatzungen und Fristen streng unterscheide und nach § 514 Abs 1 ZPO Beschlüsse, sofern deren Anfechtung nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei, grundsätzlich anfechtbar seien und eine solche Anfechtbarkeit auch der im Art 6 Abs 1 MRK letztlich verankerte Grundsatz des "fair trial" erfordere.

Rechtliche Beurteilung

Folgte man den Gedankengängen des Revisionsrekurswerbers, daß zwischen Tagsatzungs- und Fristenregelungen streng zu unterscheiden sei und eine analoge Anwendung der für Fristen gegebenen Vorschriften auf Tagsatzungen unzulässig sei, wäre mangels gesetzlicher Regelung der Antrag auf Vorverlegung einer Tagsatzung lediglich als Anregung an das Gericht, nicht aber als Antrag mit einem Anspruch auf meritorische Erledigung zu werten, sodaß gegen die Nichtaufgreifung dieser Anregung ein Rechtsmittel jedenfalls ausgeschlossen wäre.

Zu Recht hat aber das Rekursgericht, der Lehre folgend (Fasching, Komm II 696; ders Handbuch2 Rz 564; Holzhammer2 142), aus Gründen der Prozeßökonomie und der Verfahrenskonzentration eine analoge Anwendung des § 129 Abs 2 ZPO (Antrag auf Fristverkürzung) auch auf Anträge auf Vorverlegung einer Tagsatzung als gerechtfertigt angesehen. Wendet man § 129 Abs 2 ZPO analog auf Anträge an, mit denen die nicht ausdrücklich geregelte Vorverlegung von Tagsatzungen begehrt wird, und billigt dem Antragsteller einen Anspruch auf meritorische Erledigung seines Antrages zu, folgt daraus zwingend, daß auch die Vorschrift über die Rechtsmittelzulässigkeit analog anzuwenden ist. Es wäre inkonsequent, einer Partei einen gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten Anspruch analog einzuräumen, dem in der analog angewendeten Vorschrift vorgesehenen Rechtsmittelausschluß aber unter Hinweis auf § 514 Abs 1 ZPO und die Rechtsprechung, daß prozeßleitende Verfügungen grundsätzlich anfechtbar seien (JBl 1955, 173 ua), zu negieren. Dagegen spricht schon § 130 Abs 2 ZPO, der ausdrücklich vorsieht, daß die Anberaumung einer Tagsatzung durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden kann. Da gegen die Verweigerung der Abkürzung einer Frist gemäß § 141 letzter Satz ZPO ein Rechtsmittel ausgeschlossen ist, steht auch demjenigen, der die Vorverlegung einer Tagsatzung begehrt hat, gegen die Verweigerung der Vorverlegung kein Rechtsmittel zu. Aus dem Grundsatz des "fair trial" ist für den Rechtsmittelwerber nichts zu gewinnen; gegen die ungebührliche Verzögerung eines Verfahrens hat der Gesetzgeber andere Rechtsbehelfe, nämlich den Fristsetzungsantrag (§ 91 GOG) zur Verfügung gestellt, den der Rechtsmittelwerber ohnedies - wenn auch erfolglos - in Anspruch genommen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E28421

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00513.92.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19920220_OGH0002_0080OB00513_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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