TE OGH 1992/2/20 7Ob508/92

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Veröffentlicht am 20.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emilie A*****, vertreten durch Dr. Gerhard Sarlay, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Z-Länderbank Bank Austria Aktiengesellschaft, Innsbruck, Museumstraße 23, vertreten durch Dr. Karl Klee, Dr. Axel Fuith und Dr. Günther Riess, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Herausgabe (Streitwert S 1,950.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15. November 1991, GZ 4 R 262/91-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Juni 1991, GZ 18 Cg 140/91-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.984,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.830,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art aus einem von der beklagten Partei der K***** GmbH eingeräumten Einmalkredit von S 1,5 Mio bestellte die Klägerin ihre Liegenschaft in EZ ***** KG O***** zum Pfand. Die Klägerin nahm die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen zur Kenntnis, dessen Punkt 26 folgenden Wortlaut hat: "Kosten und Auslagen, die bei der Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten sowie durch die Inanspruchnahme von Mitverpflichteten erwachsen, wie z.B. Lagergelder, Kosten der Beaufsichtigung, Versicherungsprämien, Vermittlungsprovisionen und Prozeßkosten, gehen zu Lasten des Kunden." Aus Anlaß des Kaufes von Miteigentumsanteilen an der Liegenschaft der K***** GmbH, auf der diese eine Wohnhausanlage errichtet hatte und die gleichfalls mit dem Simultanpfandrecht für den obgenannten Kredit belastet war, übernahm die Klägerin ferner mit einer Bürgschaftserklärung als Bürgin und Zahlerin die Haftung für alle Forderungen die der beklagten Partei aus dem der K***** GmbH gewährten Kredit bereits erwachsen waren oder in Hinkunft erwachsen sollten, bis zu einem Höchstbetrag von S 243.000,-- zuzüglich der auflaufenden Zinsen, Provisionen, Spesen und Kosten jeder Art. Ein weiterer Käufer von Miteigentumsanteilen der Liegenschaft der K***** GmbH bezahlte am 9. Oktober 1987 auf das Kreditkonto der Verkäuferin bei der beklagten Partei S 580.000,--, worauf die Löschung des Pfandrechtes der beklagten Partei auf den Liegenschaftsanteilen des Käufers einverleibt wurde. Am 22. Oktober 1987 wurde über die K***** GmbH der Konkurs eröffnet. Durch Überweisung von S 613.718,08 aus einem der Klägerin zur Verfügung stehenden Wohnbauförderungsdarlehen wurde am 29. Februar 1988 das Kreditkonto der K***** GmbH bei der beklagten Partei zur Gänze abgedeckt. Nebenverbindlichkeiten bestanden nicht.

Der Masseverwalter der Gemeinschuldnerin focht die Zahlung des Käufers von Miteigentumsanteilen der Liegenschaft der Gemeinschuldnerin vom 9. Oktober 1987 in Höhe von S 580.000 an die beklagte Partei an und begehrte auch die Herausgabe des der beklagten Partei aus dem Wohnbauförderungsdarlehen der Klägerin zugekommenen Betrages. Er unterlag in beiden Prozessen. Die der beklagten Partei zuerkannten Prozeßkosten sind durch die Masse nicht gedeckt. Die beklagte Partei verweigert ihre Zustimmung zur Löschung des Pfandrechtes ob der Liegenschaft der Klägerin EZ ***** KG O*****. Nach ihrem Standpunkt hafte die Klägerin auch für die ihr in den Prozessen des Masseverwalters entstandenen Prozeßkosten.

Die Vorinstanzen gaben dem auf Ausstellung einer Löschungserklärung gerichteten Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht letztlich aus der Erwägung, eine Vertragsauslegung nach den Regeln der §§ 914, 915 ABGB ergebe, daß sich die Haftung der Klägerin nicht auch auf Prozeßkosten aus der Anfechtung einer Leistung des Pfandschuldners erstrecken sollte.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig ist.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Bedeutung einer Höchstbetragshypothek entsprechen der Lehre und Rechtsprechung und werden von der Revisionswerberin auch nicht in Zweifel gezogen. Unstrittig ist auch, daß es sich bei den dem Einwand der beklagten Partei zugrunde liegenden Nebenansprüchen nicht um Kosten iS der §§ 16 GBG und 216 Abs 2 EO handelt. Die Kosten der beklagten Partei waren nicht zur Geltendmachung der auf der Liegenschaft der Klägerin pfandrechtlich sichergestellten Forderung erforderlich und sind nicht aus Anlaß der Sicherstellung und Einbringung der Hypothekarforderung aufgelaufen. Unbeschadet der Einräumung einer Höchstbetragshypothek lag dem Kreditverhältnis der beklagten Partei mit der Personalschuldnerin nur ein Einmalkredit zugrunde, wobei allen Beteiligten klar war, daß eine Wiederausnützung nicht erfolgen sollte. Streit besteht lediglich darüber, ob durch das Pfandrecht auch die Kosten der Abwehr der nach gänzlicher Bezahlung der Schuld durch die Pfandschuldner vom Masseverwalter erhobenen Anfechtungs- bzw. Herausgabeansprüche gesichert werden sollten. Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß die Beantwortung dieser Frage durch Auslegung des Pfandbestellungsvertrages zu erfolgen hat (vgl. SZ 37/123; NZ 1973, 79). Die beklagte Partei beruft sich auch für ihren Standpunkt auf den Wortlaut der Pfandbestellungsurkunde und auf Punkt 26 der der Pfandbestellung zugrunde gelegten allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist bei Auslegung von Verträgen, ausgehend vom Wortsinn der Erklärungen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung, die Absicht der Parteien zu erforschen. Die Parteienabsicht ist zwar nicht ident mit dem Vertragszweck, aus letzterem kann sich aber die Parteienabsicht ermitteln lassen. Es ist daher der Zweck des Vertrages und der Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen und der gebrauchten Ausdrücke zu berücksichtigen. Zu beachten ist aber immer, daß die Auslegung der einzelnen Erklärungen am Horizont eines redlichen Erklärungsempfängers zu messen ist; maßgebend ist der objektive Erklärungswert (Rummel in Rummel2 Rz 4 zu § 914 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Unter die in der Pfandbestellungsurkunde (S. 4) detailliert aufgezählten Kosten fallen die hier strittigen Prozeßkosten schon deshalb nicht, weil es sich bei jenen eindeutig nur um solche handelt, die im Zusammenhang mit der Pfandrechtsbegründung und Pfandverwertung entstehen. Auch von den Kosten und Auslagen des Punktes 26 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen sind diese Prozeßkosten schon nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht erfaßt. Es kommt daher allein auf die Bedeutung der Worte "zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art" an. Aus den letzten Worten ergibt sich, daß der Begriff von Nebenverbindlichkeiten sehr weit zu verstehen ist. Der beklagten Partei ist daher darin beizupflichten, daß auch Kosten aus "Passivprozessen" grundsätzlich mitumfaßt sind. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch können aber unter Nebenverbindlichkeiten einer Kreditforderung nicht auch Prozeßkosten verstanden werden, die nach gänzlicher Bezahlung aller Ansprüche des Kreditgebers und Tilgung der Hauptforderung und ohne daß diese wiederauflebt, dem Kreditgeber entstehen. Die Pfandbestellung erfolgte zwar in Form einer Höchstbetragshypothek, diese diente jedoch der Sicherstellung eines sogenannten Einmalkredites. Eine Wiederausnützung der Kreditzusage innerhalb des betraglich ausgewiesenen Rahmens im Falle einer teilweisen Rückzahlung war nicht vereinbart. Daraus ist aber zu schließen, daß die Absicht der Parteien nur auf die Begründung einer Haftung der Klägerin für jene Nebenverbindlichkeiten gerichtet war, die bis zur gänzlichen Tilgung des eingeräumten Kredites entstanden sind oder im Zuge der Tilgung entstehen. Nur in diesem Sinn konnte ein redlicher Erklärungsempfänger die strittige Klausel verstehen. Derjenige, der in dieser Form eine Sachhaftung übernimmt, kann davon ausgehen, daß dann, wenn er bei Eintritt des Haftungsfalles die noch offene Hauptschuld (einschließlich der bis dahin entstandenen Nebengebühren) bezahlt, seine Haftung erlischt, sofern es nicht zum Wiederaufleben der Hauptschuld kommt, und er nicht auch für Prozeßkosten einzustehen hat, die dem ehemaligen Gläubiger dadurch entstehen, daß dieser von einem Dritten, dem Masseverwalter als Vertreter der Konkursmasse, auf Herausgabe einer auf anfechtungsfester Grundlage beruhenden Zahlung auf die besicherte Schuld in Anspruch genommen wird.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E28413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00508.92.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19920220_OGH0002_0070OB00508_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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