TE OGH 1992/3/10 5Ob80/91

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Anneliese T*****, medizinisch-technische Fachkraft, ***** vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) R***** AG, ***** und 2.) A***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 1 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. Februar 1991, GZ 41 R 422/90-19, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 27. März 1990, GZ 5 Msch 31/89-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte im Verfahren vor der Schlichtungsstelle gegen die Erstantragsgegnerin

a) ihre Anerkennung als Hauptmieterin der Wohnung top Nr.6 im Haus Wien *****;

b) die Feststellung, in welche Ausstattungskategorie die Wohnung nach § 16 Abs 2 MRG einzuordnen sei;

c) die Überprüfung der bezahlten Mietzinse und die ziffernmäßige Feststellung der Überschreitungen der gesetzlich höchstzulässigen Mietzinse, und

d) die Erlassung eines Rückzahlungsauftrages gemäß § 37 Abs 4 MRG.

Die Antragstellerin begründete ihre Anträge unter anderem damit, daß der am 2.12.1983 mit der A*****gesellschaft mbH, nunmehr A*****gesellschaft mbH (HRB ***** des Handelsgerichtes Wien) abgeschlossene Untermietvertrag ein Umgehungsgeschäft gewesen und sie daher in Wahrheit Hauptmieterin dieser Wohnung sei. Die "A*****" sei nur Strohmann für die Hauseigentümer gewesen, die zugleich deren einzige Gesellschafter gewesen seien.

Die Erstantragsgegnerin wendete ein, der Hauptmietvertrag zwischen den früheren Hauseigentümern und der "A*****" sei lange vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes abgeschlossen worden, sodaß die materiellrechtlichen Bestimmungen des § 2 Abs 3 MRG nicht anzuwenden seien. Die Untervermietung sei im Rahmen des Unternehmensgegenstandes der "A*****" erfolgt. Das Eigentum (an der Liegenschaft) sei an die Erstantragsgegnerin, das Hauptmietrecht an die im Zuge des gerichtlichen Verfahrens (ON 6) beigezogene Zweitantragsgegnerin übertragen worden.

Da die Antragstellerin die Investitionen in der Wohnung selbst durchführen wollte, die an und für sich die "A*****" vornehmen wollte, sei die Vereinbarung geschlossen worden, daß die Investitionen und der damit festgelegte Ablöseanspruch mit S 269.000,-- begrenzt seien, wobei eine Abminderung von 1 % pro Monat gelten sollte. Zum Ausgleich dieser Regelung sei ein im Verhältnis zum Wert der Wohnung niedriger Untermietzins in der Höhe von S 3.037,03 (einschließlich Betriebskosten) vereinbart worden.

Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin, sie als Hauptmieterin der genannten Wohnung festzustellen, ab (und damit implicite auch alle ihre anderen davon abhängigen Begehren).

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die A*****gesellschaft mbH wurde im Jahre 1972 gegründet. Im Jahre 1973 wurde ihr Gesellschaftszweck durch Gebäudeverwaltung, Vermittlung von Realitäten, Wohnungs- und Geschäftsvermittlung, Realitätenhandel und Verwertung erweitert. Ihre Gesellschafter waren ursprünglich Ferdinand F*****, Dkfm. Erich H***** und ab 1973 auch Gerhard B*****, nunmehr zu je einem Drittel. Letzterer war von 1973 bis Ende 1978 Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der "A*****". Er war in dieser Zeit bei einem Immobilienbüro angestellt. Am 1.1.1976 machte er sich als Immobilienverwalter selbständig und schied in der Folge als Gesellschafter und Geschäftsführer aus der "A*****" aus. Seitdem sind F***** und H***** die alleinigen Gesellschafter und beide Geschäftsführer.

B***** führte seitdem die Hausverwaltung von Häusern, die den Gesellschaftern gehörten.

Anläßlich des Erwerbes eines Hauses durch einen oder beide Gesellschafter wurde jeweils mündlich vereinbart, daß die "A*****" die Hauptmietrechte an allen freien und an jeweils freiwerdenden Wohnungen in diesen Häusern erhalte. Diese Vereinbarungen wurden zwischen B***** als Geschäftsführer und den Eigentümern bzw. von den Eigentümern als Geschäftsführer untereinander mündlich vereinbart, indem man sich zusammensetzte und dies absprach. Hauptmietzins sollte jeweils der gesetzliche Mindestzins sein. Dieser wurde dann der "A*****" hinsichtlich der freien Wohnungen vorgeschrieben und von ihr bezahlt. Wenn eine Wohnung frei wurde, schrieb B***** ab diesem Zeitpunkt im Einvernehmen mit F***** und Dkfm. H***** den Hauptmietzins in gesetzlicher Mindesthöhe der "A*****" vor und nahm diese in die Zinslisten auf.

Das verfahrensgegenständliche Haus ***** erwarben F***** und Dkfm. H***** mit Kaufvertrag vom 21.12.1974 je zur Hälfte. Ihr Eigentum wurde am 23.1.1975 verbüchert. Auch hinsichtlich dieses Hauses wurde von den Eigentümern und B***** als (damaligem) Geschäftsführer der "A*****" eine derartige mündliche Vereinbarung geschlossen. Der Zins war hier ein nach § 7 MG erhöhter, der der "A*****" für freie bzw. freiwerdende Wohnungen von B***** vorgeschrieben wurde.

Die Überlassung der Hauptmietrechte an die "A*****" erfolgte wirtschaftlich zu dem Zweck, die Wohnungen zu verbessern und instandzusetzen, und die Kosten durch die Untermietzinse zu refinanzieren. Daß die Eigentümer dies nicht selbst auf ihre Kosten durchführten, hatte einerseits steuerliche Gründe. So hätten sie bei Einsatz eigener Leute - insbesondere bei Verbindung mit aus der Hauptmietzinsreserve zu finanzierenden Instandhaltungsarbeiten - Verrechnungsschwierigkeiten gehabt. Die "A*****" war Nachfolgerin eines Elektroinstallationsunternehmens und hatte einen Personalstock, mit dem sie die Arbeiten durchführen konnte. Der steuerliche Vorteil war auch deswegen gegeben, weil die Eigentümer nur die gesetzlichen Mindestmieten erhielten, also aus dem Haus keine Gewinne erzielten, die "A*****" wieder die Kosten für die Verbesserungen aufbrachte und ihrerseits deswegen keine Gewinne aus den Untervermietungen zog. Es wurden auch die gesetzlichen Vorteile von Untermieten genützt. So wurden Untermietverträge ab Inkrafttreten des MRG grundsätzlich auf nicht länger als 5 Jahre befristet abgeschlossen.

Die Untervermietungen führte Gerhard B***** durch, der dafür eine Vollmacht der "A*****" besaß. Er hatte in diesem Bereich die Vertretungsmacht im Umfang eines Geschäftsführers weiterbehalten. Im Einzelfall hielt er für die Kalkulation der Untermieten Rücksprache bei den Gesellschaftern. Er trat den Untermietern gegenüber als Vertreter der Hauptmieterin "A*****" auf. Geschlossen wurden die Verträge in seiner Hausverwaltungskanzlei.

Er schrieb auch die Untermieten vor, welche auf ein Sonderkonto der "A*****" (und nicht auf das Hauskonto) von den Untermietern bezahlt wurden.

Der Untermietvertrag zwischen der Antragstellerin und der Zweitantragsgegnerin (richtig wohl: "A*****") wurde am 2.12.1983 hinsichtlich der Wohnung top.Nr.6 befristet auf fünf Jahre mit Beginn am 1.1.1984 und Ende am 31.12.1988 abgeschlossen. Die Wohnung war bis dahin von einem Dritten als Hauptmieter in Bestand genommen gewesen. Sie wurde erst nach dem 1.1.1982 frei. Der Hauptmietzins wurde dann der "A*****" vorgeschrieben, die sie erstmals an die Antragstellerin untervermietete. Diese nahm die Investitionen deswegen selbst vor, weil die "A*****" gerade keine Kapazität frei hatte und die Ausführung der Verbesserung durch die "A*****" lange gedauert hätte. Der Antragstellerin war bewußt, daß sie nur Untermieterin war.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß zwischen den früheren Hauseigentümern und der "A*****" bereits Mitte der 70iger-Jahre ein mündlicher Hauptmietvertrag über die freien und frei werdenden Wohnungen zu dem Zweck geschlossen worden sei, durch Untervermietung die auf Kosten der "A*****" in Aussicht genommenen und zu tätigenden Standardverbesserungen zu refinanzieren. Dieser Vertrag, dessen Objekt hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar sei, wäre durch das Freiwerden der Wohnungen aufschiebend bedingt gewesen. Er sei daher hinsichtlich der Wohnung top.Nr.6 erst nach dem 1.1.1982 (Freiwerden der Wohnung erst im Jahre 1984) in Kraft getreten. Die materiellrechtlichen Bestimmungen des § 2 Abs 3 MRG seien daher auf diesen Hauptmietvertrag anzuwenden. Diene der bloß zum Zweck der Untervermietung geschlossene Hauptmietvertrag auch dazu, es dem Hauptmieter zu ermöglichen, durch Untervermietung der im Standard angehobenen Wohnungen das für diese Verbesserung von ihm aufgewendete Kapital samt angemessener Verzinsung und angemessenem Gewinn während der Bestanddauer der Standardverbesserung wieder hereinzubringen, ohne daß der Hauseigentümer mehr als den Kategoriemietzins erhalte, so fehle die Umgehungsabsicht, auch wenn der Hauseigentümer der Geschäftsführer der die Standardanhebung und Untervermietung vornehmenden Gesellschaft mbH sei. Der Umstand, daß es im konkreten Fall nicht zur Standardverbesserung durch den Hauptmieter gekommen sei, schade nicht, weil es nur auf den Zweck des Abschlusses des Hauptmietvertrages, nicht aber auch auf die Realisierung des Zweckes ankomme.

Ein Generalmietvertrag zwischen den Hauseigentümern und der "A*****" liege nicht vor, weil nicht das ganze Haus in Bestand gegeben worden sei, sondern jeweils für sich, wenn auch teilweise aufschiebend bedingt, bestimmte Wohnungen.

Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach die Zulässigkeit des weiteren Rekurses aus.

Das Rekursgericht äußerte folgende Rechtsansicht:

Der Mitte der 70iger-Jahre zwischen den Hauseigentümern und der "A*****" abgeschlossene Vertrag könne nicht als aufschiebend bedingter Hauptmietvertrag bezüglich der jeweils freiwerdenden Wohnungen angesehen werden, weil sich daraus, daß jeweils der gesetzliche Mindestmietzins oder ein nach § 7 MG erhöhter Mietzins vereinbart worden sei, ein bestimmtes oder bestimmbares Entgelt, bezogen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinbarung nach dem 1.1.1982, nicht ableiten ließe. Seit dem Inkrafttreten des MRG (am 1.1.1982) könne die Vereinbarung eines "gesetzlichen Mietzinses" nämlich nicht mehr als bestimmt angesehen werden. Daß damit der per 1.1.1982 "erstarrte" Hauptmietzins vereinbart worden sei, könne nicht angenommen werden, weil sich dieser nur auf das konkrete Mietverhältnis mit einem Dritten beschränkte, welches "nach dem 1.1.1982" endete. Aufgrund der Behauptung der Antragstellerin, der gemäß § 7 MG erhöhte Hauptmietzins habe bis 31.12.1985 monatlich S 2.400,-- betragen, während ab 1.1.1986 (nach Auslaufen der Erhöhung nach § 7 MG) der Mietzins lediglich S 1.250,-- betragen habe, erweise sich aber auch die Feststellung, "der Zins war hier ein nach § 7 MG erhöhter" als nicht ausreichend, um darauf aufbauend von einer bestimmten oder bestimmbaren Zinsvereinbarung bezüglich der gegenständlichen Wohnung ausgehen zu können. Es lasse sich daher aufgrund der bisherigen Feststellungen des Erstgerichtes noch nicht abschließend beurteilen, welches Rechtsgeschäft oder welche ein solches simulierende Gestion dem am 2.12.1983 mit der Antragstellerin geschlossenen Untermietvertrag als Verfügungsgeschäft der Liegenschaftseigentümer gegenüber dem Untervermieter zugrunde lag. Dabei werde auch noch zu klären sein, aufgrund welcher rechtlicher Umstände davon auszugehen sei, daß nicht mehr die "A*****" als Untervermieter anzusehen sei, sondern die Zweitantragsgegnerin. Sollte sich dabei herausstellen, daß weiterhin die "A*****" als "Untervermieterin" anzusehen wäre, so würde diese dem Verfahren beizuziehen und ihr Gelegenheit zur Erstattung von Sachvorbringen zu bieten sein.

Aufgrund des gegebenen Naheverhältnisses zwischen den seinerzeitigen Hauseigentümern F***** und H***** und der untervermietenden Gesellschaft mbH werde es Sache der Antragsgegner sein, nachzuweisen, daß ein Scheingeschäft nicht vorliege bzw. daß dem zugrundeliegenden Verfügungsgeschäft, welches der Untervermieterin diese Position verschaffte, sollte dieses nach dem 1.1.1982 stattgefunden haben, die von § 2 Abs 3 MRG verpönte Umgehungsabsicht gefehlt habe (MietSlg. 40.238). Nach Ansicht des Rekursgerichtes könne in der vom Erstgericht bisher festgestellten mündlichen Vereinbarung, daß der "A*****" die Hauptmietrechte an allen freien und an jeweils freiwerdenden Wohnungen zum jeweils gesetzlichen Mindestzins bzw. zu einem "nach § 7 MG erhöhten" noch kein durch Freiwerden der jeweiligen Wohnung bedingter Hauptvertrag erblickt werden, sondern allenfalls ein Vorvertrag, künftig einen Vertrag abzuschließen, oder aber allenfalls ein Vorrechtsvertrag mangels Bestimmtheit des Vorvertrages.

Ausgehend von dieser Rechtsansicht erwiesen sich die erstgerichtlichen Feststellungen auch aus dem weiteren Grund für ergänzungsbedürftig, daß das Erstgericht, aufbauend auf der vom Rekursgericht nicht geteilten Rechtsansicht, es sei Mitte der 70-iger Jahre ein mündlicher Hauptmietvertrag mit der "A*****" geschlossen worden, keine Feststellungen darüber getroffen habe, aufgrund welchen, wann geschlossenen und wie ausgestalteten Rechtsgeschäftes oder welcher sonstigen Gestion die Untervermieterin "nach dem 01.01.1982" diese Position erlangte.

Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren die aufgezeigten Ergänzungen durchzuführen und Feststellungen zu treffen haben, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nach den aufgezeigten Grundsätzen ermöglichten.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob eine vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossene Vereinbarung zur Überlassung von Mietrechten an freiwerdenden Wohnungen "zum gesetzlichen Mindestmietzins" oder zu einem gemäß § 7 MG erhöhten Mietzins rechtlich als Hauptvertrag, Vorvertrag oder aber lediglich Vorrechtsvertrag zu werten sei, und ob auf einen solchen Vertrag, falls dieser infolge Freiwerdens einer Wohnung nach dem 1.1.1982 erst im Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes wirksam werde, bereits § 2 Abs 3 MRG anwendbar sei.

Gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen lag zwischen den Liegenschaftseigentümern und der "A*****" kein Scheingeschäft vor. Die festgestellten Tatsachen lassen nicht die Qualifikation zu, daß die Vertragsparteien überhaupt nicht rechtsgeschäftlich tätig werden wollten (absolutes Scheingeschäft) oder ein anderes (als einen zwischen ihnen abzuschließenden, durch das Freiwerden der Wohnung aufschiebend bedingten Hauptmietvertrag) wirklich gewolltes Geschäft (verdecktes Geschäft) hätten verschleiern wollen (siehe dazu Koziol-Welser, Grundriß8 I 115).

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes kann auch nicht von vornherein gesagt werden, daß zwischen den Liegenschaftseigentümern und der "A*****" ein bedingter Hauptmietvertrag mangels Bestimmtheit des Mietzinses nicht zustande gekommen wäre. Die von den Vertragsparteien zur Bestimmung des vereinbarten Mietzinses gebrauchten Wörter "gesetzlicher Mindestmietzins" bilden zwar keinen ohne weiteres verständlichen Begriff, weil es einen gesetzlichen Mindestmietzins in der Zeit vor dem Inkrafttreten des MRG - wie auch danach - nicht gab. Bei der Auslegung von Verträgen darf man aber gemäß § 914 ABGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften. Es ist vielmehr die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Es wurde aber bisher nicht festgestellt, was die Parteien unter "gesetzlichem Mindestmietzins" verstanden. Erst dann könnte beurteilt werden, ob ein solches übereinstimmendes Verständnis einen zumindest bestimmbaren Mietzins umschreibt. Demnach kann bloß auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden, ob seinerzeit ein Hauptmietvertrag zwischen den Liegenschaftseigentümern und der "A*****" zustande kam oder ob dies erst anläßlich des Freiwerdens der betreffenden Wohnung nach Inkrafttreten des MRG (gegebenenfalls durch Vorschreibung eines bestimmten Betrages als Hauptmietzins und Bezahlung desselben durch die Mieterin) der Fall war. Darauf kommt es aber in Wahrheit gar nicht an, weil sowohl im Falle des Abschlusses des Hauptmietvertrges erst nach dem Inkrafttreten des MRG als auch im Falle des Abschlusses eines aufschiebend bedingten Hauptmietvertrages vor diesem Zeitpunkt, wenn die Bedingung erst nach dem Inkrafttreten des MRG eintrat, nach § 2 Abs 3 MRG zu beurteilen ist, ob der mit der "A*****" abgeschlossene Hauptmietvertrag ein Umgehungsgeschäft war und daher die Antragstellerin als Untermieterin der "A*****" als Hauptmieterin der damaligen Liegenschaftseigentümer und nunmehr von deren Rechtsnachfolgerin (= der Erstantragsgegnerin) anzuerkennen ist:

Bedingung ist gemäß den §§ 696 und 704 ABGB die einem Rechtsgeschäft von den Parteien hinzugefügte Beschränkung, durch die der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung - hier:

des Mietverhältnisses - von einem ungewissen Umstand - hier:

Freiwerden der Wohnung infolge Beendigung eines bestehenden Hauptmietverhältnisses - abhängig gemacht wird (Koziol-Welser, Grundriß8 I 149).

Durch den Abschluß des Hauptmietvertrages unter aufschiebender Bedingung würde das Rechtsverhältnis (= Mietverhältnis) selbst noch nicht begründet, die gegenseitigen Rechte und Pflichten noch nicht erworben. Es bestünden vielmehr während des Schwebens der Bedingung bloß Vorwirkungen, die unter der Bezeichnung "Anwartschaft(srecht)" zusammengefaßt werden können und die dem bedingt Berechtigten eine feste Rechtsposition insofern verschafften, als sich zB kein Teil einseitig vom Vertrag lösen dürfte, von keinem Vertragsteil treuwidrig der Eintritt oder die Vereitelung der Bedingung bewirkt werden dürfte etc. (Koziol-Welser, Grundriß8 I 151; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 4 und 5 zu § 897; Flume, Das Rechtsgeschäft3 702 und 710; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 324; Westermann in Münchener Kommentar2, Rz 2 zu § 161 dBGB). Rechtsbedingung jedes Vertrages ist aber auch die gesetzliche Zulässigkeit desselben. Liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs 3 MRG vor, dann ist der Hauptmietvertrag (hier: zwischen den Liegenschaftseigentümern und der "A*****") nichtig (SZ 60/8). Durch das Inkrafttreten des MRG während des Schwebens der Bedingung wurde daher - wenn ein Umgehungsgeschäft vorlag - verhindert, daß das Anwartschaftsrecht noch in das Vollrecht übergehen konnte.

Es ist daher zur Entscheidung dieser Rechtssache nicht zu prüfen, ob der erkennende Senat seine bisherige Rechtsprechung (so WoBl 1988, 110/64; WoBl 1989, 136/75) trotz der Kritik der Lehre daran (Call in WoBl 1988, 111; Hanel in WoBl 1989, 137 f) und der davon mit neuen Argumenten abweichenden Rechtsprechung des 3. Senates (3 Ob 552/91 unter Hinweis auf 3 Ob 2/90 = WoBl 1990, 73/39) aufrecht erhalten wird.

Ein Umgehungsgeschäft liegt nach den erstgerichtlichen Feststellungen vor, weil infolge weitgehender (bzw zeitweise vollständiger) Identität der Liegenschaftseigentümer mit den Gesellschaftern der "A*****" wirtschaftliche Identität zwischen Vermieter und Hauptmieter bestand, so daß die Liegenschaftseigentümer auch die (einzigen) wirtschaftlichen Nutznießer aus dem Untermietverhältnis geworden wären und über ihre Gesellschafterstellung in der "A*****" dieses Verhältnis sogar allein und - als sie selbst Geschäftsführer waren - direkt beeinflussen konnten. Es handelt sich um einen geradezu lehrbuchhaften Fall eines Umgehungsgeschäftes: Hauseigentümer gründen eine Gesellschaft mbH mit sich selbst als alleinige oder doch allein mit maßgebendem Einfluß ausgestattete Gesellschafter, vermieten im Laufe der Zeit alle Wohnungen an diese Gesellschaft und diese schließt in der Folge Untermietverträge mit denjenigen Personen ab, die ohne eine solche Konstruktion (= Kreation eines weiteren, wirtschaftlich die Liegenschaftseigentümer repräsentierenden Rechtssubjektes) mit den Liegenschaftseigentümern selbst Mietverträge, dann eben Hauptmietverträge, abzuschließen hätten. Am Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes ändert auch der Umstand nichts, daß mit der genannten Konstruktion im Einzelfall auch noch steuerliche Vorteile verbunden sein mögen.

Aus den genannten Gründen liegt auch keine sogenannte Sanierungshauptmiete im Sinne der Ausführungen des Erstgerichtes (siehe SZ 60/8; Fenyves in WoBl 1988, 55 ff) vor, weil in einem solchen Fall das zur Sanierung erforderliche Kapital wirtschaftlich nicht von den Liegenschaftseigentümern stammen darf. Dies ist aber hier der Fall. Es ist daher in dieser Rechtssache nicht weiter zu untersuchen, ob trotz der Sanierung durch die Antragstellerin selbst wegen der Vereinbarung der Rückzahlung des hiefür aufgewendeten Betrages durch die Vermieter an die Antragstellerin bei Vertragsende, je nach Vertragsdauer allerdings gemindert, ein der Sanierung durch die Untervermieter gleichzuhaltender Vorgang angenommen werden könnte.

Dennoch kann der Oberste Gerichtshof dem Begehren der Antragstellerin auf Anerkennung als Hauptmieterin nicht selbst stattgeben, weil damit die Verneinung der Rechte der "A*****" und ihrer Rechtsnachfolgerin verbunden wäre, bisher aber weder die Beteiligung der "A*****" am Verfahren noch die Tatsache des Rechtsüberganges auf die Zweitantragsgegnerin der Aktenlage mit Sicherheit entnommen werden kann: Feststellungen über den Rechtsübergang fehlen, die Vertretung der "A*****" durch den Antragsgegnervertreter im Verfahren steht nicht fest. Das Erstgericht wird daher diese Punkte klarzustellen und auch den Untervermietern Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu geben haben.

Ferner wird das Erstgericht auch über die anderen Anträge der Antragstellerin zu entscheiden haben. Da durch die Feststellung, daß die Wohnung der Antragstellerin in eine bestimmte Ausstattungskategorie fällt, auch die Interessen der anderen Hauptmieter unmittelbar berührt werden können (§ 37 Abs 3 Z 2 MRG), ist auch ihnen Gelegenheit zur vollen Teilnahme am Verfahren zu geben (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 52; MietSlg 36.503).

Im Ergebnis war daher der rekursgerichtliche Aufhebungsbeschluß zu bestätigen.

Anmerkung

E28364

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00080.91.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19920310_OGH0002_0050OB00080_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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