TE OGH 1992/3/25 6Ob532/92

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mag.Dr.Hans Spohn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N***** Gesellschaft mbH iL., ***** vertreten durch Mag.DDr.Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 24.September 1991, GZ 48 R 360/91-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29.Jänner 1991, GZ 48 C 405/89-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 (darin S 603,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Klage vom 21.7.1989 begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei mit dem Vorbringen, diese schulde trotz Mahnung die Mietzinse für Juni und Juli 1989, einen Betrag von S 5.386,40 und die Verurteilung zur Räumung des gemieteten Bestandobjektes. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.10.1989 brachte die klagende Partei vor, die eingeklagten Rückstände seien im September 1989 bezahlt worden; es hafte jedoch noch der Mietzins für August 1989 aus. Das Zahlungsbegehren wurde, nachdem die beklagte Partei daraufhin auf diesen Rückstand nur eine Barteilzahlung geleistet hatte, auf S 1.693,20 eingeschränkt; das Räumungsbegehren blieb aufrecht.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung dieses Mietzinsrückstandes und zur Räumung. Es führte im wesentlichen aus, der zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung offene Mietzinsrückstand sei von der beklagten Partei der Höhe nach unbestritten. Mangels Zahlung aller rückständigen Mietzinse sei das Räumungsbegehren berechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil die Verpflichtung der beklagten Partei zur Zahlung des Zinsrückstandes; die Entscheidung des Erstgerichtes über die Räumungsverpflichtung hob es auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es führte aus, auch erst während des Rechtsstreites fällig werdende Bestandzinse könnten den Aufhebungstatbestand des § 1118 zweiter Fall ABGB erfüllen. Die Rechtsprechung sehe Mahnung und Auflösungerklärung in der Fortführung des Verfahrens. Dies sei aber nur vertretbar, wenn der Betrag zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens einen qualifizierten Rückstand ergeben und nicht innerhalb der Nachfrist ab Geltendmachung des erst fällig gewordenen Betrages bezahlt worden sei. Der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.10.1989 (in welcher das Verfahren auch geschlossen wurde) erstmals geltend gemachte Mietzinsrückstand für August 1989 sei kein qualifizierter Rückstand, weil das Kriterium der Setzung bzw Gewährung einer Nachfrist fehle. Das Erstgericht müsse daher den Einwand der beklagten Partei, es treffe sie an dem Rückstand kein grobes Verschulden, noch prüfen.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Räumungsbegehren ab. Es stellte fest, daß zum Zeitpunkt der Klagseinbringung die Mietzinse für Juni und Juli 1989 unberichtigt waren. Dieser Rückstand wurde von der beklagten Partei zugleich mit dem Mietzins für September 1989 am 6.9.1989 beglichen. Der Mietzins für August 1989, welcher zunächst bis 6.10.1989 zur Gänze unberichtigt war, wurde durch Zahlung eines Teilbetrages von S 1.000 in der mündlichen Streitverhandlung vermindert, weshalb zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung insgesamt 1.693,20 S auf den Mietzins August 1989 unberichtigt aushafteten.

Das im einzelnen festgestellte Verhalten des Liquidators der klagenden Partei - diese war am 2.10.1989 gemäß § 2 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9.10.1934 von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden, besitzt aber noch Gegenstände, die im strittigen Lokal gelagert sind, und Rechte an einem Messestandplatz - sei nicht als grobes Verschulden zu werten. Dieses sei zwar nur zu prüfen, wenn vor Schluß der mündlichen Verhandlung alle aufgelaufenen, auch nicht qualifizierten Rückstände beglichen seien; wegen der Bindung an die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes habe jedoch eine solche Prüfung unterbleiben müssen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei Folge und änderte es im Sinne der Stattgebung der Räumungsklage ab. Es stehe fest, daß die beklagte Partei zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung den Mietzins für August 1989 mit einem Betrag von S 1.693,20 nicht bezahlt habe. Dieser Rückstand sei nunmehr auch qualifiziert, weil seit der Einmahnung durch Geltendmachung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.10.1989 jedenfalls eine ausreichende Nachfrist gewährt worden sei. Ob ein grobes Verschulden vorliege, sei daher nicht mehr entscheidend. Da eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären gewesen sei, sei die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß in Rechtsstreitigkeiten wegen Aufhebung der Miete und Räumung des Mietgegenstandes nach § 1118 zweiter Fall ABGB bzw im Verfahren über die Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG unter dem "geschuldeten Betrag" im Sinne des § 33 Abs 2 und Abs 3 MRG - also zur Inanspruchnahme des dort eingeräumten Privileges - alle bis zur Beschlußfassung über die strittige Höhe des Mietzinses oder bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung fällig gewordenen unbestrittenen Beträge zu verstehen sind. Dementsprechend ist zur Feststellung des Rückstandes nicht nur der Zeitraum bis zur Aufkündigung bzw zur Vertragsaufhebungserklärung zu berücksichtigen, es sind vielmehr auch alle erst danach bis zur Beschlußfassung oder bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung fällig werdenden Mietzinse einzubeziehen (MietSlg 40.480 mwN, MietSlg 30.473, Würth in Rummel ABGB Rz 7 zu § 33 MRG).

Durch eine Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO tritt das Verfahren in den Stand vor Schluß der Verhandlung erster Instanz zurück. Für die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes ist dann der Schluß der Verhandlung im zweiten Rechtsgang maßgeblich.

Die Rüge der Revisionswerberin, das Ersturteil enthalte keine Feststellung, daß auch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtsgang ein Mietzinsrückstand vorgelegen sei, das Berufungsgericht sei ohne Beweiswiederholung oder -ergänzung von einer solchen Annahme ausgegangen, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend. Durch das in Rechtskraft erwachsene Teilurteil steht fest, daß ein Mietzinsrückstand von S 1.693,20 besteht. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß ein aufgelaufener Rückstand bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Gänze berichtigt wurde, trifft den säumigen Mieter. Da die beklagte Partei eine solche Behauptung im zweiten Rechtsgang gar nicht aufgestellt hat, erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Ergebnis als zutreffend.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E28791

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00532.92.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19920325_OGH0002_0060OB00532_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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