TE OGH 1992/4/1 1Ob557/92

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Veröffentlicht am 01.04.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maximilian K*****, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien

1.) Karl L*****, 2.) Peter L*****, beide vertreten durch Dr. Anton Kern, Rechtsanwalt in Frohnleiten, wegen Unterlassung (Streitwert S 50.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19.November 1991, GZ 5 R 133/91-98, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 11.März 1991, GZ 11 Cg 104/90-91, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß sie zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind schuldig, es zu unterlassen, auf dem Weggrundstück 279/1 der KG M***** die ihnen jeweils eigentümlichen oder von ihnen benützten Fahrzeuge in einer Weise abzustellen, daß der klagenden Partei die Benützung des am südlichen Ende des Weggrundstückes liegenden Umkehrplatzes unmöglich gemacht oder erschwert wird."

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 65.448,42 bestimmten Kosten sämtlicher Instanzen (darin enthalten S 10.491,40 Umsatzsteuer und S 6.599,50 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist zur Hälfte, der Erstbeklagte zu 1/8 Miteigentümer der Liegenschaft EZ 200 KG M***** Grundstück 279/1. Dieses Grundstück ist in Natur der Zufahrtsweg zu den Grundstücken 279/2, 279/3, 279/4 und 279/5 je KG M*****. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes 279/3, der Erstbeklagte und seine Gattin sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes 279/5 Haus Sch***** 33. Dieser Zufahrtsweg ist 2,3 bis 2,4 m breit. In der Mitte befindet sich ein Rasenstreifen, der Weg ist auch durch Rasenstreifen begrenzt. Am Ende des Zufahrtsweges befindet sich ein Umkehrplatz mit einer Fläche von 7,8 zu 10 m. Der Erstbeklagte und seine Gattin haben das Grundstück 279/5 im September 1990 verkauft. Die grundbücherliche Durchführung unterblieb bisher, weil die Gattin des Erwerbers deutsche Staatsangehörige ist.

Mit der am 13.9.1985 eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, auf der Wegparzelle 279/1 der KG M***** die ihnen jeweils eigentümlichen oder von ihnen benützten Fahrzeuge, und zwar zum Zeitpunkt der Klagserhebung der PKW Opel Kadett mit dem amtlichen Kennzeichen *****, VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen *****, den VW Käfer mit dem amtlichen Kennzeichen *****, den Opel Kadett Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen *****, den VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen ***** in einer Weise abzustellen, daß dem Kläger die Benützung des am südlichen Ende der Wegparzelle liegenden Umkehrplatzes unmöglich oder erschwert wird. Vor der Hauseinfahrt des Erstbeklagten werde der Zufahrtsweg durch Fahrzeuge beider Beklagter derart verstellt, daß der Umkehrplatz nicht mehr benützt werden könne.

Die Beklagten bestritten, daß sie Fahrzeuge auf dem Zufahrtsweg derart abstellten. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.11.1990 brachte der Erstbeklagte ergänzend vor, er und seine Gattin hätten die Liegenschaft am 1.10.1990 verkauft, an diesem Tag sei die Liegenschaft auch geräumt worden, der Kaufvertrag sei grundbücherlich noch nicht durchgeführt worden. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.1.1991 wiederholte er dieses Vorbringen.

Nunmehr replizierte der Kläger, solange der Erstbeklagte grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft sei, sei er auch verfügungsberechtigt. Er hafte daher Dritten gegenüber im Hinblick auf die Publizitätswirkung des Grundbuches für alle Vorkommnisse im Zusammenhang mit seiner Liegenschaft.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, beide Beklagten hätten ihre Fahrzeuge derart auf dem Zufahrtsweg abgestellt, daß eine berührungsfreie Durchfahrt und eine Benützung des Umkehrplatzes nicht möglich gewesen sei. Dadurch hätten sie die widmungsgemäße Benützung des Weges für den Kläger behindert. Es liege ein Eingriff in das Miteigentumsrecht des Klägers vor. Daß der Erstbeklagte die Liegenschaft im September 1990 verkauft habe, ohne daß eine grundbücherliche Durchführung bisher erfolgt sei, vermöge an der Haftung der Beklagten im Hinblick auf die Publizitätswirkung des Grundbuches nichts zu ändern.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige, die (ordentliche) Revision erklärte es nicht für zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die Rechtsrüge sei berechtigt. Die Beklagten hätten nicht nur behauptet, die Liegenschaft verkauft zu haben, sondern auch, daß sie die Liegenschaft nicht mehr nutzen und bereits geräumt hätten. Das Erstgericht habe dazu nur festgestellt, daß der Erstbeklagte die Liegenschaft im September 1990 verkauft habe und die grundbücherliche Durchführung deshalb bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung noch nicht erfolgt sei, weil die Gattin des Erwerbers deutsche Staatsangehörige sei. Die Behauptung der Räumung und damit der Aufgabe der Nutzung sei nicht beweisbedürftig gewesen, weil der Kläger dies nicht bestritten habe. Gemäß § 267 ZPO sei sein Zugeständnis anzunehmen. Durch Verkauf und Räumung habe der Erstbeklagte seinen Lebensbereich nicht mehr im Bereich des Zufahrtsweges. Das Verfahren gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß der Erstbeklagte auch in Hinkunft seinen PKW die Benützung des Zufahrtsweges erschwerend oder behindernd abstellen werde. Wenn nun auch das Vorhandensein der Wiederholungsgefahr nicht engherzig zu prüfen sei, und diese schon auf Grund des den Anspruch des Klägers bestreitenden Rechtsstandpunktes des Beklagten zu bejahen sei, wäre es nach der Behauptung des Verkaufes und der Räumung doch Sache des Klägers gewesen, Behauptungen darüber aufzustellen, daß trotz des Verlegens des Lebensbereiches die Gefahr wiederholter Störungen durch den Erstbeklagten gegeben sei. Da dies nicht geschehen sei, führe schon die Verneinung der Wiederholungsgefahr zu einer Abweisung des Klagebegehrens gegen den Erstbeklagten. Diese Überlegungen gelten aber auch für den Zweitbeklagten, weil nach den Feststellungen des Erstgerichtes dieser sein Kraftfahrzeug auf dem Zufahrtsweg nur anläßlich der Besuche bei seinen Eltern abgestellt habe, sodaß nach dem Wegzug seiner Eltern auch für ihn kein ersichtlicher Grund vorhanden sei, den Zufahrtsweg in Zukunft weiterhin zu benützen.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Minderheitseigentümer kann die Beseitigung und damit auch die Unterlassung weiterer rechtswidriger Eingriffe in das Eigentum nicht nur gegen Dritte, sondern auch gegen andere Miteigentümer mit einer Klage nach § 523 ABGB anstreben (SZ 51/56; EvBl 1980/44; RZ 1974/73 ua; Gamerith in Rummel2, Rz 4 zu § 829 ABGB; Hofmeister in Schwimann, ABGB Rz 9 zu § 829). Bei beschränkter Gebrauchsmöglichkeit darf jeder Teilhaber die gemeinschaftliche Sache nur derart gebrauchen, daß er dadurch den konkreten Gebrauch der anderen Teilhaber nicht beeinträchtigt (NZ 1987, 183; SZ 58/10; JBl 1980, 31 ua; Gamerith aaO, Rz 4 zu § 828). Nach den vom Berufungsgericht ausdrücklich übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes beeinträchtigten (entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbeantwortung) beide Beklagten durch Abstellen ihrer Fahrzeuge die freie Durchfahrt und die Benützung des Umkehrplatzes durch den Kläger.

Läge Wiederholungsgefahr vor, wäre damit ein auf § 523 ABGB gestütztes Unterlassungsbegehren berechtigt. Daß zum Zeitpunkt der rechtswidrigen Eingriffe der Beklagten Wiederholungsgefahr gegeben war, zieht auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel. Für den Wegfall einer ursprünglich bestandenen Wiederholungsgefahr ist aber der Beklagte beweispflichtig (SZ 52/99; JBl 1975, 486 ua; Petrasch in Rummel2, Rz 3 zu § 523 ABGB). Dazu brachten die Beklagten nur vor, die Liegenschaft sei verkauft und geräumt worden. Eine Behauptung, sie sei bereits übergeben worden, stellten sie ebensowenig auf wie daß dadurch die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Nicht einmal in der Berufung stützten sie sich auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr, sie bekämpften vielmehr nur, sie hätten Fahrzeuge behindernd abgestellt, was ihrem Prozeßvorbringen in erster Instanz entsprach. Da andererseits feststeht, daß der grundbücherlichen Durchführung offensichtlich rechtliche Hindernisse entgegenstehen, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß der Erstbeklagte seine Liegenschaft wieder in Benützung nimmt. Aus den überschießenden Beweisergebnissen konnte daher das Berufungsgericht nicht den einwandfreien Schluß ziehen, die Wiederholungsgefahr sei endgültig weggefallen. Mangels Vorbringens der hiefür beweispflichtigen Beklagten lag dann aber auch ein Feststellungsmangel nicht vor (vgl SZ 63/65 mwN).

Der Revision ist Folge zu geben. Bei Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes hatte im Urteilsspruch die Angabe der nur zu demonstrativen Zwecken angeführten Fahrzeuge, die behindernd abgestellt gewesen wären, zu entfallen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Ein 60 %iger Einheitssatz war erst für Leistungen nach dem 1.Juli 1991 zuzuerkennen.

Anmerkung

E28676

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00557.92.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19920401_OGH0002_0010OB00557_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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