TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2002/06/0170

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Veröffentlicht am 26.01.2006
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

BauO Tir 1998 §26 Abs3 lita;
BauO Tir 1998 §26 Abs4 lita;
BauRallg;
B-VG Art139;
B-VG Art7 Abs1;
ROG Tir 1997 §40 Abs6;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der AF in A, vertreten durch Dr. Peter Riedmann, Dr. G. Heinz Waldmüller und Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Oktober 1999, Zl. Ve1-550-2829/1-1, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom 25. Mai 1998 (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 8. Juli 1998) stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf baurechtliche Genehmigung von zwei Doppelhäusern (Einfamilienhäusern) auf einem näher angeführten Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.

Zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages sah der für das Baugrundstück maßgebliche Flächenwidmungsplan die Widmung "allgemeines Mischgebiet" vor.

Dieser Antrag wurde nach Einholung eines ortsplanerischen Gutachtens und Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung gemäß § 26 Abs. 4 lit. a i.V.m. § 50 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15, mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Mai 1999 abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der für das Grundstück geltende Flächenwidmungsplan dahingehend geändert worden sei, dass die Widmung nun auf "Mischgebiet mit nur betriebstechnisch notwendigen Wohnungen" laute. Die betreffende Flächenwidmungsplanänderung sei den Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 entsprechend vorgenommen und mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. September 1998 genehmigt worden. Gemäß § 26 Abs. 4 TBO 1998 sei ein Bauansuchen abzuweisen, wenn im Zuge des Verfahrens ein Abweisungsgrund nach § 26 Abs. 3 TBO 1998 hervorkomme. Ein solcher Abweisungsgrund sei u.a. dann gegeben, wenn ein Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche. Dies sei hier der Fall.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. August 1999 als unbegründet abgewiesen wurde.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 1999 als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Baubehörden ihren Beurteilungen grundsätzlich jene Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen hätten, wie sie zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bestand. Der geänderte Flächenwidmungsplan sei für den gegenständlichen Bereich mit 22. Oktober 1998 "rechtskräftig" geworden. Daher hätten sowohl der Bürgermeister als auch der Gemeindevorstand von dieser Rechtslage auszugehen und sie ihrer Beurteilung zu Grunde zu legen gehabt. Das dem Bauansuchen zu Grunde liegende Bauvorhaben sehe unbestritten Gebäude ausschließlich zu Wohnzwecken vor. Da die vorhandene Widmungsart jedoch nur eingeschränkt betriebstechnisch notwendige Wohnungen zulasse, habe das Bauansuchen nicht genehmigt werden dürfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem mit Beschluss vom 23. September 2002, B 2038/99-8, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung 1998 (TBO 1998), LGBl. Nr. 15, ist das Bauvorhaben ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn bereits auf Grund des Ansuchens offenkundig ist, dass das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften widerspricht.

Das Bauvorhaben ist weiters gemäß § 26 Abs. 4 lit. a u. a. abzuweisen, wenn im Zuge des Verfahrens ein Abweisungsgrund nach Abs. 3 hervorkommt.

Gemäß § 40 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 10, kann für Teile von Mischgebieten festgelegt werden, dass als Wohnungen nur betriebstechnisch notwendige Wohnungen und Wohnungen für den Betriebsinhaber und das Aufsichts- und Wartungspersonal errichtet werden dürfen, soweit dies erforderlich ist, um Nutzungskonflikte oder wechselseitige Beeinträchtigungen zwischen betrieblichen Tätigkeiten und Wohnnutzungen hintanzuhalten.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass das mit ihrem Antrag zur Bebauung vorgesehene Grundstück nach dem geltenden Flächenwidmungsplan als "Mischgebiet mit nur betriebstechnisch notwendigen Wohnungen" gewidmet ist. Sie wendet sich auch nicht gegen die Beurteilung der Baubehörden und der belangten Behörde, dass ihr Antrag die Errichtung von Gebäuden ausschließlich zu Wohnzwecken vorsieht.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid aber zunächst deswegen für rechtswidrig, weil das gegenständliche Grundstück zum Zeitpunkt der Einbringung ihres Bauantrages noch als "allgemeines Mischgebiet" gewidmet gewesen sei. Die Baubehörden hätten den Zeitpunkt der Einbringung ihres Antrages als für die Beurteilung der Übereinstimmung ihres Projektes mit dem Flächenwidmungsplan als maßgeblich erachten müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die Verwaltungsbehörden im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden haben, es sei denn, das anzuwendende Recht ordne anderes an (vgl. etwa die von Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, 2. Auflage 1998, 922 ff, dargestellte hg. Rechtsprechung). Der TBO 1998 und auch dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 kann im vorliegenden Fall nun kein Hinweis darauf entnommen werden, dass der Gesetzgeber bezogen auf einen Fall wie den gegenständlichen eine von diesem Grundsatz abweichende Rechtslage angeordnet hätte. Den Baubehörden und der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie zur Schlussfolgerung gelangten, dass das Bauvorhaben wegen mangelnder Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan gemäß § 26 Abs. 4 lit. a TBO 1998 zu versagen war.

Soweit die Beschwerdeführerin die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes für ihr Grundstück als eine Inselwidmung insoferne ansieht, als die umliegenden Grundstücke allesamt als Sonderflächen gewidmet seien und in einem Gebiet, in welchem u.a. Sportanlagen betrieben würden, durch die Genehmigung der Errichtung einer Betriebsfläche eindeutig ein Nutzungskonflikt herbeigeführt würde, zeigt sie ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angewendeten Flächenwidmungsplanes auf. Insoferne hat der Verfassungsgerichtshof in seinem oben angeführten Beschluss vom 23. September 2002 ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall der ursprünglich 1990 verfolgte Widmungszweck der Betriebsansiedlung durch die Festlegung "Mischgebiet mit betriebstechnischen Wohnungen" weiterhin erfüllt sei und dass daher vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Umwidmung, nämlich die Vermeidung von Nutzungskonflikten, als gegeben angesehen werden kann. Aus diesen Erwägungen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, die Frage der Gesetzmäßigkeit der gegenständlichen Umwidmung des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof neuerlich in Form eines auf Art. 139 B-VG gestützten Antrages heranzutragen.

Nach dem Gesagten kann die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung daher nicht als gegeben erachtet werden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. Jänner 2006

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002060170.X00

Im RIS seit

24.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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