TE OGH 1992/5/20 1Ob562/92

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Veröffentlicht am 20.05.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fred D***** Gesellschaft mbH & Co KG, N*****, vertreten durch Dr.Klaus Dieter Strobach, Dr.Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wider die beklagten Parteien 1.) Herbert K*****, vertreten durch Dr.Ernst Chalupsky, Dr.Maximilian Gumpoldsberger, Rechtsanwälte in Wels,

2.) Josef E*****, vertreten durch Dr.Gerhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7.Jänner 1992, GZ 4 R 37/91-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 10.Oktober 1990, GZ 1 Cg 37/90-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei, der Erstbeklagte und das Ziegelwerk E***** Gesellschaft mbH waren Kommanditisten der mit Gesellschaftsvertrag vom 4.7.1985 gegründeten Ziegelwerk N***** Gesellschaft mbH & Co KG. Nur der Erstbeklagte und das Ziegelwerk E***** Gesellschaft mbH waren Gesellschafter der geschäftsführenden Komplementärgesellschaft. Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft sind die beiden Beklagten. Die Kommanditisten erbrachten ihre Einlage durch Einbringung der EZ 232 KG K***** in das Vermögen der Gesellschaft. Diese Liegenschaft stand zu 1/4 im Eigentum der klagenden Partei und zu je 3/8 im Eigentum der beiden anderen Kommanditisten. Auf dieser Liegenschaft befand sich ein nicht in Betrieb stehendes Ziegelwerk. Die klagende Partei ist mit Wirkung vom 31.12.1987 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden.

Die klagende Partei begehrt die Feststellung, daß ihr die Beklagten zur ungeteilten Hand für alle Schäden haften, die ihr durch Handlungen der Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft entstanden seien. Mit Schiedsklage vom 2.6.1987 habe die klagende Partei unter anderem ein Auseinandersetzungsguthaben von S 4 Mill. (= der Wert ihrer Einlage) begehrt. In diesem Schiedsverfahren sei behauptet worden, daß das Auseinandersetzungsguthaben nur rund S 150.000 betrage. Die Höhe dieses Auseinandersetzungsguthabens werde im Schiedsverfahren vorerst durch einen Sachverständigen zu klären sein, sodaß der Schade der klagenden Partei ziffernmäßig noch nicht feststehe. Die Beklagten hätten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft vorsätzlich gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen und Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 4.7.1985 verstoßen. Nachdem sich bereits im Jahr 1986 herausgestellt habe, daß das geplante Dachziegelwerk nicht in Betrieb genommen werden könne, hätten die Beklagten die Kommanditgesellschaft als Abschreibungsgesellschaft benutzt, um ihre eigene persönliche Steuerlast zu mindern. Eine solche Möglichkeit habe für die klagende Partei nicht bestanden, weil sie keine weiteren Geschäftsbetriebe führe, sodaß ihr aus der Geschäftsführung der Beklagten nur Verluste (durch Minderung des Auseinandersetzungsguthabens) entstanden seien. Die Beklagten hätten Ziegel aus ihren eigenen Produktionen über die Kommanditgesellschaft mit Verlust fakturiert. Die Schwiegertochter des Zweitbeklagten sei ohne betriebliche Notwendigkeit beschäftigt worden. Es seien auch Sonderabschreibungen auf das Anlagevermögen vorgenommen worden.

Die klagende Partei führte zwei Rechtsgründe ausdrücklich an: Sie sei zum direkten Durchgriff auf die Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft aufgrund deren deliktischen Verhaltens berechtigt, die Beklagten hätten vorsätzlich zum Nachteil der klagenden Partei gehandelt.

Die Beklagten wendeten ein, sie seien passiv nicht legitimiert. Allfällige Ansprüche der klagenden Partei, die sie aus der Minderung ihrer Kommanditeinlage ableite, könnten nur gegen die Komplementärgesellschaft, nicht aber gegen die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft geltend gemacht werden. Im übrigen wurde bestritten, daß der klagenden Partei solche Ansprüche zustünden. Es fehle an einer Rechtsbeziehung zwischen den Geschäftsführern der Komplementärgesellschaft und den Kommanditisten. Es mangle der klagenden Partei auch an einem rechtlichen Interesse. Sie habe ihre Einlage voll erbracht, eine direkte Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern komme daher nicht in Betracht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft mbH & Co KG obliege der Komplementärgesellschaft mbH. Die Komplementärgesellschaft mbH habe als mit der Geschäftsführung und Vertretung betraute Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft die gesellschaftsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Die Kommanditgesellschaft habe Anspruch auf Erfüllung und auf Schadenersatz bei Verletzung dieser Pflichten und könne diese Ansprüche selbst mit Klage geltend machen. Darüber hinaus könne auch jeder Mitgesellschafter die Komplementärgesellschaft mbH auf Erfüllung der Pflichten und auf Schadenersatz bei Verletzung der Pflichten klagen. Die Komplementärgesellschaft mbH könne ihrerseits Rückgriff auf ihre Geschäftsführer nehmen. Mit der vorliegenden Klage begehre die klagende Partei als ehemalige Kommanditistin die Feststellung der Haftung der Beklagten für Handlungen, die diese als Geschäftsführer der Ziegelwerk N***** GesmbH als Geschäftsführerin der Ziegelwerk N***** GesmbH & Co KG gesetzt haben. Nach herrschender Ansicht müßte diese Klage jedoch gegen die Ziegelwerk N***** GesmbH gerichtet werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Vorauszuschicken sei, daß nach der Gesetzeslage ein direkter Anspruch der Kommanditgesellschaft bzw über die actio pro socio der Kommanditisten gegen die Geschäftsführer der KomplementärgesmbH nicht vorgesehen sei. Art 7 Nr 9 EVHGB in Verbindung mit § 109 HGB regle nur die Sorgfaltspflicht des Gesellschafters. Die Vorschrift des § 25 GesmbHG normiere die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GesmbH. Eine Bestimmung über die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der GesmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft fehle jedoch. In den Entscheidungen 8 Ob 624/88 = SZ 63/124 und GesRZ 1986, 32, habe der Oberste Gerichtshof zwar einen direkten Durchgriff einer Kommanditgesellschaft gegen die Geschäftsführer der KomplementärgesmbH eingeräumt. Ob ein solcher Durchgriff auch im vorliegenden Fall, in dem die Verflechtungen der Personen- und der Kapitalgesellschaft nicht so eindeutig auf der Hand lägen wie in den beiden vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fällen möglich wäre, könne jedoch dahingestellt bleiben. Bei den behaupteten Schadenersatzansprüchen, die aus einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten als Geschäftsführer der KomplementärgesmbH abgeleitet würden, handle es sich entgegen der Ansicht der klagenden Partei nicht um einen unmittelbaren Schaden ihrerseits, sondern infolge der durch das behauptete Vorgehen der Beklagten verursachten Verminderung der Mittel der GesmbH & Co KG um einen Anspruch dieser Gesellschaft. Schadenersatzansprüche bei Verletzung der Geschäftsführungspflicht in einer Personengesellschaft gehören zu den sogenannten Sozialansprüchen und könnten auch von jedem einzelnen Gesellschafter geltend gemacht werden. Das folge daraus, daß die Gesellschafter sich im Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichteten, die Leistungen aus dem Gesellschaftsverhältnis daher jedem einzelnen der anderen Gesellschafter versprochen würden. Die Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten schulde die GesmbH bei einer GesmbH & Co KG nicht nur der durch den Vertrag entstandenen GesmbH & Co, sondern auch jedem einzelnen Mitgesellschafter. Daher können nicht nur die GesmbH & Co in ihrer Gesamtheit, sondern auch jeder einzelne Mitgesellschafter von der GesmbH die Erfüllung des Gesellschaftsvertrages verlangen. Zu beachten sei aber, daß die Leistung, da sie ja der Erfüllung des Gesellschaftszweckes dienen soll, nur an die Gesellschaft gefordert werden könne und nicht, wie es die klagende Partei anstrebe, an sie als Gesellschafterin; beim Begehren auf Leistung an einen Gesellschafter gegenüber der Leistung an die Gesellschaft handle es sich um ein aliud. Die Leistung an sich selbst könne ausnahmsweise gefordert werden, wenn und soweit dies bei einer aufgelösten Gesellschaft die Auseinandersetzung vorwegnehme oder eine weitere Auseinandersetzung erspare, zB weil keine Gesellschaftsverbindlichkeit und außer der Forderung an den Gesellschafter kein Vermögen vorhanden sei. Solche Behauptungen seien aber nicht aufgestellt worden. Bereits aus diesem Grunde wäre das Klagebegehren abzuweisen. Schließlich sei aber auch noch zu berücksichtigen, daß die klagende Partei bereits mit Wirkung vom 31.12.1987 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, weshalb sie auch zur Geltendmachung von Sozialansprüchen nicht mehr legitimiert sei. Der ausscheidende Gesellschafter höre nämlich mit dem Augenblick seines Ausscheidens auf, Mitglied der Gesellschaft zu sein. Er büße somit alle seine dinglichen Mitberechtigungen ein, und habe nur noch schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft. Die klagende Partei als ausgeschiedene Kommanditistin sei daher auf die ihr zustehenden Ansprüche gegen die Gesellschaft im Sinn des Art 7 Nr 15 und 16 EVHGB zu verweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten in ihren Revisionsbeantwortungen wäre das Feststellungsbegehren nicht schon deshalb abzuweisen, weil es der klagenden Partei am erforderlichen Feststellungsinteresse mangle. Die klagende Partei brachte vielmehr ausdrücklich vor, daß eine Entscheidung des Schiedsgerichtes über das ihr zustehende Auseinandersetzungsguthaben noch nicht gefällt worden sei, sodaß sie unabhängig von den dort aufgestellten Behauptungen der Beklagten, dieses Auseinandersetzungsguthaben betrage nur S 150.000, die Höhe ihres Auseinandersetzungsguthabens und damit eine wesentliche Komponente des von ihr dem Grunde nach behaupteten Anspruches der Höhe nach noch nicht angeben könne. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, daß dann, wenn der Kläger eine dem Grunde nach bestrittene Schadenersatzforderung behauptet, die ziffernmäßige Höhe des Schadens aber noch nicht bekannt ist, schon zur Vermeidung von Verjährung der Ansprüche Feststellungsklagen zulässig sind (VersRdSch 1989, 384; 8 Ob 11/85 ua; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 317 f).

In der Revision stellt die klagende Partei klar, daß sie ihren Feststellungsanspruch nicht auf die vereitelte Erfüllung des Gesellschaftszweckes stütze. Geltend gemacht würden vielmehr Schadenersatzansprüche, die darauf gegründet werden, daß die Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft nur zu ihrem eigenen Vorteil gehandelt und dadurch erreicht hätten, daß Schäden nur am Vermögen der klagenden Partei, nicht aber an dem der Beklagten eingetreten seien. Dieser Effekt sei von den Beklagten angestrebt worden.

Soweit die klagende Partei allerdings auch noch nach ihren Revisionsausführungen die Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft kraft "Durchtgriffshaftung" in Anspruch nehmen will, ist ihr Vorbringen nicht schlüssig. Die Revisionswerberin gibt dem Begriff der Durchgriffshaftung einen anderen als den nach Lehre und Rechtsprehung üblichen Inhalt. Unter Durchgriffshaftung wird die private Zusatzhaftung von Verbandsmitgliedern für Schulden der Verbandsperson verstanden. Aus Anlaß der Haftungserstreckung wird der mit der selbständigen Rechtsperson verbundene Schutzschild der Haftungsbeschränkung zur Seite geschoben, sodaß Gesellschaftsgläubiger zusätzlich die Mitglieder der Gesellschaft persönlich mit ihrem Privatvermögen in Anspruch nehmen können (EvBl 1992/45; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I 221); der Rechtsgrund der betriebenen Forderung bleibt demnach gleich, nur die Haftung wird erstreckt (EvBl 1992/45; vgl Kastner-Doralt-Nowotny, Gesellschaftsrecht5 15), es geht somit um die Frage, wem eine Schuld zuzuordnen sei (EvBl 1992/45; Mertens in Hachenburg, GmbH7, Rz 37 zu § 13 Anh I; Reich-Rohrwig GmbHG 554). Die klagende Partei macht aber keine Ansprüche geltend, die der Erfüllung des Gesellschaftszweckes dienen. Sie erhebt somit keine actio pro socio. Sie nimmt die Beklagten nicht als Verbandspersonen (die der Zweitbeklagte auch nicht wäre), sondern wegen eines eigenen deliktischen Verhaltens in Anspruch. Wird aber Haftung kraft eigener Schuld geltend gemacht, bedarf es nicht des Durchgriffs (vgl Soergel-Hönn, BGB11 Rz 225 zu § 826 BGB).

Stützt die klagende Partei ihr Begehren nicht (mehr) auf die Durchsetzung von Gesellschaftsansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis, erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Argumente des Berufungsgerichtes und eine Beantwortung der Frage, ob nur bei Personenidentität der Gesellschafter der Komplementärgesellschaft und der Kommanditisten die Kommanditgesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringende Schadenersatzansprüche unabhängig von dem Bestehen eines Anstellungsvertrages und dem Fehlen eines Anspruches der GesmbH gegen ihre Geschäftsführer wegen Handelns aufgrund von Weisungen der Gesellschafter direkt gegen die Gesellschafter erhoben werden können (vgl SZ 63/124; für den Fall der Personenidentität mit Besprechungen von Karollus in ecolex 1990, 672, und Dellinger in WBl 1990, 351, die beide die Haftung der Geschäftsführer auch ohne Personenidentität bejahen; zum gesamten Problemkreis Rowedder in GmbHG2 Rz 54 zu § 43 dGmbHG und Uwe H.Schneider in Scholz, GmbHG7 Rz 262 zu § 43 dGmbHG).

Die klagende Partei stützte ihr Feststellungsbegehren aber ausdrücklich auch darauf, die Beklagten hätten vorsätzlich zu ihrem Nachteil gehandelt und ihr dadurch einen Vermögensschaden zugefügt. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Vermögen einer Person allerdings im Fall einer Schädigung kein absoluter Schutz zu, sodaß die Ersatzpflicht von Vermögensschäden nur dann bejaht wurde, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung etwa aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übetretung von Schutzgesetzen ableiten ließ (SZ 61/279 mwN; SZ 59/70 uva; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 19 zu § 1293 und Rz 3 zu § 1295). Darüber hinaus werden bloße Vermögensinteressen allerdings dann geschützt, wenn ihre Beeinträchtigung durch deliktisches sittenwidriges Verhalten herbeigeführt wurde (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 21 f; vgl Mertens in Münchener Kommentar2 Rz 469 zu § 823; Soergel-Hönn aaO, Rz 60 zu § 826 BGB; Steffen in BGB-RGRK12 Rz 5 zu § 823, Rz 37 zu § 826; Karl Schäfer in Staudinger12 Rz 76 zu § 823). Die guten Sitten sind der Inbegriff der zwar im Gesetz nicht ausdrücklich normierten, sich aber aus der Gesamtbetrachtung der rechtlichen Interssen ergebenden Rechte (SZ 62/123 mwN, zuletzt 8 Ob 565/91; Koziol aaO II 95 mwN in FN 6). Die Wertentscheidungen und Grundprinzipien der Rechtsordnung sind für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebend (8 Ob 565/91; Mayrhofer-Ehrenzweig, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 268; Soergel-Hefermehl12 Rz 10 zu § 138 BGB). Die klagende Partei hat ein Tatsachenvorbringen in der Richtung erstattet, das, wäre es erwiesen, den Schluß auf ihre deliktische sittenwidrige Schädigung durch die Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft zuließe. Die Geschäftsführung einer Personengesellschaft ist entsprechend den Gesellschaftsinteressen und nicht den eigenen Interessen auszuüben (Torggler-Kucsko in Straube, HGB Rz 13 zu § 114, Rz 8 zu § 109;

Schlegelberger-Martens5 Rz 30 zu § 114 HGB; Peter Ulmer in Staub, Großkommentar4 Rz 239 zu § 105 HGB), alles dem Gesellschaftszweck abträgliche ist zu unterlassen (Baumbach-Duden-Hopf, HGB28 399);

gerade wenn die GesmbH bloße Arbeitsgesellschaft der Kommanditgesellschaft gewesen sein sollte (Kastner-Doralt-Nowotny, aaO 161 mwN in FN 42), würden die Gesellschaftsinteressen ausschließlich in der Förderung der Vermögensinteressen aller Kommanditisten bestanden haben. Die klagende Partei brachte dazu schon in erster Instanz vor, die Beklagten hätten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft vorsätzlich für die Kommanditgesellschaft verlustreiche Geschäfte getätigt und die Kommanditgesellschaft deshalb als bloße Abschreibungsgesellschaft benutzt, weil durch die Verluste der Kommanditgesellschaft und damit durch die Schmälerung der Kommanditeinlagen ihre eigene persönliche Steuerlast aus anderen Unternehmungen vermindert worden sei, die klagende Partei aber keinen weiteren Geschäftsbetrieb geführt habe, sodaß die den Gesellschaftsinteressen widerstreitende Vorgangsweise der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft zu Verlusten der Gesellschaft und damit zur Minderung des Wertes der Einlage der klagenden Partei geführt hätte. Eine solche Vorgangsweise verstieße gegen die Wertentscheidungen des Gesetzes. Die von den Beklagten verfolgten eigenen Interessen werden von der Rechtsordnung nicht gebilligt, sodaß bei Gesamtbetrachtung der beiderseitigen Interessenlage ein krasses Mißverhältnis der von den Beklagten geförderten eigenen Interessen und den vom Gesetz geschützten Interessen der klagenden Partei bestünde. Daraus folgt, daß der Mißbrauch der Organstellung, der zur Schädigung der Gesellschafter führt, gegen die guten Sitten verstoßen kann (Steffen in BGB-RGRK12 Rz 71 zu § 826). Voraussetzung für die Annahme einer sittenwidrigen deliktischen Schädigung wäre allerdings nicht nur der Nachweis aller für eine Sittenwidrigkeit sprechenden Umstände, sondern auch die Beurteilung, daß die Schädigung der klagenden Partei durch die Beklagten vorsätzlich erfolgte, wobei allerdings bedingter Vorsatz ausreichte (8 Ob 565/91; Steffen aaO Rz 33; Soergel-Hönn aaO Rz 66).

Entgegen den Ausführungen des Zweitbeklagten im Rechtsmittelverfahren hat die klagende Partei nicht erst dort unzulässigerweise den Rechtsgrund der Sittenwidrigkeit geltend gemacht. Die klagende Partei erstattete vielmehr bereits in erster Instanz das notwendige Tatsachenvorbringen und behauptete ausdrücklich, die Beklagten hätten sie vorsätzlich geschädigt.

Der Revision ist Folge zu geben. Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht, das die angebotenen Beweise über das Vorliegen der behaupteten sittenwidrigen Schädigung aufzunehmen haben wird, zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E29139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00562.92.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19920520_OGH0002_0010OB00562_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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