TE OGH 1992/5/26 4Ob52/92

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Veröffentlicht am 26.05.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jörg H*****, vertreten durch Dr.Hansjörg Schweinester und Dr.Paul Delazer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Walter P*****, 2. Christian H*****, 3. Horst M*****, 4. Erich R*****, 5. Harald S*****, sämtliche vertreten durch Dr.Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 500.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17.März 1992, GZ 2 R 76/92-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 3.Februar 1992, GZ 10 Cg 20/92-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 38.940,75 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 6.490,12 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Inhaber der für die Klassen 9 (Tonträger, Schallplatten, Tondbandkassetten), 16 (Musikalien, Noten, musikalische Druckschriften) und 41 (Darbietung von Tanz, Unterhaltungs- und Volksmusik, Konzert- und Showveranstaltung) mit dem 10.6.1986 als dem Beginn der Schutzdauer eingetragenen Wort-Bild-Marke Nr. 112.868, deren Wortbestandteil "ORIG.TIROLER SPATZEN" lautet. Mit Vereinbarung vom 14.12.1988 übertrug er das Recht, die Bezeichnung "Original Tiroler Spatzen" zu führen, Franz W*****, dem Leiter einer Musikgruppe, die aus den fünf Beklagten sowie Stefan O*****, Andreas M***** und Josef U***** bestand. Diese vereinbarten am 10.4.1989 für die Zeit vom 1.4.1989 bis zum 1.11.1992, daß sie gemeinsam als Unterhaltungs- und Showorchester unter dem Namen "Original Tiroler Spatzen" auftreten wollten. Diese Musikgruppe fand sich als bügerlich-rechtliche Gesellschaft zusammen, veranstaltete Musikabende, Tanzabende, Konzert- sowie Showveranstaltungen und produzierte verschiedene Tonträger. Zweck der Gesellschaft war es, unter dem erwähnten Namen im geschäftlichen Verkehr, nämlich im Bereich der Tanz-, Volks- und Unterhaltungsmusik, aufzutreten, um Geld zu verdienen.

Auf Grund interner Zwistigkeiten, die 1991 eskalierten, werden zwischen Franz W***** und den fünf Beklagten verschiedene Zivilprozesse beim Landesgericht Innsbruck geführt; dabei geht es im wesentlichen darum, daß die Beklagten den Leiter und Manager der Gruppe Franz W***** abgesetzt haben.

Am 2.9.1991 teilte der Rechtsanwalt Dr.A***** als Vertreter des Klägers den Beklagten mit, daß die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft die Bezeichnung "Original Tiroler Spatzen" nur dann führen dürfe, wenn Franz W***** als Manager und künstlerischer Leiter der Gruppe fungiere. Daraufhin wurde Franz W***** wiederum als Leiter eingesetzt.

Am 6.9.1991 erteilte der Kläger durch seinen Rechtsanwalt Dr.A***** den Beklagten die Ermächtigung zur Verwendung der geschützten Marke "Original Tiroler Spatzen" für die Musikgruppe, und zwar so lange, als Franz W***** Manager und künstlerischer Leiter dieser Gruppe sei und auch die übrigen Bedingungen der seinerzeitigen Vereinbarung vom 14.12.1988 erfüllt würden.

Die fünf Beklagten haben in der Folge eine eigene Gruppe unter dem Namen "Tiroler Spatzen" gegründet und die deutsche Managerfirma U***** beauftragt, entsprechende Werbeveranstaltungen zu machen. Das U*****-Management schrieb schon am 6.1.1992 dem "Tiroler Musikkontakt", daß die Kapelle "Tiroler Spatzen" aus Österreich alle geschlossenen Verträge für 1992 (gemeint wohl die von den "Original Tiroler Spatzen" geschlossenen Verträge) einhalten würden. In dem Schreiben wurde weiters mitgeteilt, daß nur drei Kapellenmitglieder ausgetreten seien und diese Gruppe - mit leicht veränderter personeller Besetzung und kleinen Namenskorrekturen - alle Termine reserviert halten wolle; ferner wurde angekündigt, daß Langspielplatten bei gleichbleibender, wenn nicht noch verbesserter Qualität produziert würden.

Mit der Behauptung, daß die Beklagten die für ihn registrierte Marke in einer zur Verwechslung geeigneten Weise benützten, damit gegen die guten Sitten verstießen und das angesprochene Publikum in die Irre führten, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, den Namen "Tiroler Spatzen" zu führen, damit aufzutreten, Verträge abzuschließen und zu werben.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sollte die Marke tatsächlich zugunsten des Klägers eingetragen worden sein, so sei dies rechtswidrig gewesen, weil der Kläger zur Zeit des Erwerbes der Marke kein selbständiges Unternehmen betrieben habe; er sei vielmehr damals Kapellenleiter und Gesellschafter der in Form einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft bestandenen Gruppe "Original Tiroler Spatzen" gewesen. Sollte aber die Markenanmeldung rechtsgültig sein, dann wäre mangels anderer Vereinbarung das Markenrecht gemäß § 11 MSchG auf die neuen Eigentümer (= die neuen Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes "Original Tiroler Spatzen") übergegangen, so daß die Beklagten zur Führung des Namens berechtigt seien. Die vom Kläger behauptete Weitergabe des Markenrechtes an Franz W***** widerspreche § 11 MSchG. Die Beklagten seien davon ausgegangen, daß alle Mitglieder der "Original Tiroler Spatzen" eine Lizenz erhalten hätten; weder Franz W***** noch der Kläger habe sie über eine andere Vereinbarung (vom 14.12.1988) unterrichtet. Der Kläger habe auch nicht bescheinigt, daß der Löschungsgrund nach § 33 a MSchG nicht vorliege.

Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Wenngleich im Provisorialverfahren davon auszugehen sei, daß die Voraussetzungen für die Markenregistrierung zugunsten des Klägers gegeben waren, folge daraus noch nicht, daß der Kläger Mitbewerber der Beklagten sei. Überdies habe der Kläger nicht bescheinigt, daß ein Löschungsgrund nach § 33 a MSchG nicht vorliege.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Registrierung der Marke schaffe einen Anscheinsbeweis dafür, daß die Voraussetzungen für die Registrierung gegeben waren; konkretes Sachvorbringen zur Widerlegung dieser Bescheinigung hätten die Beklagten nicht erstattet. Der Kläger sei daher zur Klageführung nach § 9 UWG berechtigt. Die von den Beklagten verwendete Bezeichnung sei der registrierten Marke des Klägers verwechselbar ähnlich, komme doch der Weglassung des Wortes "Original" keine maßgebliche Unterscheidungskraft zu. Ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien sei keine Voraussetzung des Tatbestandes nach § 9 UWG. Der Kläger habe den Gebrauch der Marke im Sinn des § 33 a Abs 5 MSchG hinreichend bescheinigt: Die Marke sei zunächst vom Kläger selbst und in der Folge mit seiner Zustimmung von Franz W***** laufend kennzeichenmäßig gebraucht worden; noch für 1992 seien unter dieser Bezeichnung entsprechende Veranstaltungsverträge geschlossen worden. Damit liege die im § 55 MSchG geforderte Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil - soweit

überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Klagelegitimation eines Markeninhabers, der seine Unternehmereigenschaft verloren hat, fehlt; er ist auch berechtigt.

Die von den Beklagten geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Der Kläger hat die im Akt befindliche und von den Vorinstanzen verwertete Registrierungsbestätigung des Österreichischen Patentamtes vom 20.6.1986, Beilage M - wie sich aus der Anführung dieser Beilage im Beschluß des Erstrichters (S. 33 = S. 7 der Beschlußausfertigung) ergibt - schon in erster Instanz vorgelegt. Die über die Markeneintragung getroffene Feststellung steht somit im Einklang mit der Aktenlage.

Den Beklagten kann auch darin nicht beigepflichtet werden, daß der Kläger nicht berechtigt gewesen wäre, die Marke "Original Tiroler Spatzen" zu erwerben. Richtig ist, daß das Markenrecht gemäß § 3 MSchG nur insoweit erworben werden kann, als die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Waren und Dienstleistungen aus dem Unternehmen des Anmelders oder des Erwerbers hervorgehen können. Zur Zeit der Markenanmeldung war aber der Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten (S. 10) Kapellenleiter und Gesellschafter der unter dem Namen "Original Tiroler Spatzen" tätigen bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft. Markeninhaber kann jede natürliche oder juristische Person, nicht jedoch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sein; wohl aber können die Gesellschafter als Einzelpersonen Markeninhaber sein, wenn sie - zusammen mit den anderen - einen Geschäftsbetrieb haben (OPM PBl 1989, 95 mit Nachweisen aus dem deutschen Schrifttum zum insoweit vergleichbaren § 1 WZG, insbesondere Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12 Rz 3 zu § 1 dWZG).

Daß der Kläger somit berechtigt war, die Marke zu erwerben, vermag ihm aber nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach § 3, letzter Halbsatz, MSchG erlischt das Markenrecht, soweit die Voraussetzung, daß die Waren oder Dienstleistungen aus dem Unternehmen des Markeninhabers hervorgehen können, wegfällt. Daß Inhaber einer Marke nur ein einschlägiges Unternehmen sein darf, gilt demnach sowohl für den (originären und derivativen) Erwerb der Marke als auch für deren Fortbestehen. Gerade die Einführung der freien Übertragbarkeit der Marke (§ 11 MSchG) ließ es dem Gesetzgeber angezeigt erscheinen, das Erfordernis des Bestehens eines Unternehmens ausdrücklich zu normieren, um einen unerwünschten "Handel" mit Marken zu verhindern (RV zu MSchG-Nov 1977, 489 BlgNR 14. GP zu § 3 MSchG). Die Löschung einer solchen Marke nach § 29 Abs 1 Z 3 MSchG hat nur deklarative Bedeutung.

Der Kläger hat in erster Instanz nicht behauptet, ein Unternehmen - sei es auch nur als Mitglied einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes - zu betreiben; in seiner Revisionsrekursbeantwortung gibt er sogar ausdrücklich zu, daß er 1988 aus dem Unternehmen (Musikgruppe "Original Tiroler Spatzen") ausgeschieden sei (S. 111). Damit ist aber sein Markenrecht erloschen. Daß Franz W***** die Marke auf Grund einer Lizenz beim Betrieb der gleichen Musikgruppe noch verwendet hat, kann daran nichts ändern. Nur wenn der Kläger selbst weiterhin ein einschlägiges Unternehmen betrieben hätte, wäre ihm der Markengebrauch durch Franz W***** gemäß § 33 a Abs 1 MSchG zuzurechnen gewesen. Da sich der Kläger somit nicht mehr befugterweise der Marke bedient, ist er zur Klageführung nach § 9 Abs 1 und 3 UWG nicht befugt.

Aus diesem Grund mußte in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beschluß des Erstgerichtes auf Abweisung des Sicherungsantrages wiederhergestellt werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

Bemessungsgrundlage im Provisorialverfahren ist nur der Streitwert des Unterlassungsanspruches (S 500.000); Pauschalgebühren waren für den Revisionsrekurs nicht zu entrichten.

Anmerkung

E29259

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00052.92.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19920526_OGH0002_0040OB00052_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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