TE OGH 1992/6/16 4Ob65/92

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur,

Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Georg H*****, vertreten durch Dr.Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Herausgabe und Feststellung (Gesamtstreitwert S 102.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 19. September 1991, GZ 6 R 48/91-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 28. November 1990, GZ 1 Cg 360/89-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den Beschluß

gefaßt:

Aus Anlaß der Revision wird das bisherige Verfahren, soweit es den auf die analoge Anwendung des § 7 Abs 2 PatG gestützten Anspruch der klagenden Partei zum Gegenstand hatte, für nichtig erklärt und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, welcher sein Studium im Sommersemester 1982 beendet hatte, war dann zunächst als Studienassistent und in der Folge vom 31.1.1983 bis zum 31.1.1989 als Universitätsassistent am Institut für Baustatik der Technischen Universität Wien beschäftigt. Die Anstellung war gemäß §§ 3 bis 5 BDG BGBl 1979/333 in Verbindung mit § 6 Abs 2 HochschulassistentenG BGBl 1962/216 und § 40 Abs 2 UOG BGBl 1975/258 erfolgt. Der Beklagte bezog neben dem normalen Gehalt eine pauschalierte monatliche Aufwandsentschädigung und eine pauschalierte Vergütung für zeitliche Mehrleistungen. Ein eigener Dienstvertrag bestand ebensowenig wie ein Vertrag zur Regelung von Diensterfindungen oder der Verwertung und Nutzung allfälliger Leistungen des Beklagten, insbesondere im Hinblick auf die Erstellung und Verwertung von Computer-Programmen einschließlich Quellentexten usw.

Zu den Aufgaben eines Hochschulassistenten zählte nach dem damals gültigen Hochschulassistentengesetz die Mitarbeit in der Lehre und die Vorbereitung der eigenen wissenschaftlichen Laufbahn. Der Beklagte erarbeitete von 1983 bis 1989 die Grundlagen für eine Dissertation und erstellte dazu ein Programm, ohne allerdings bis zum Ende seiner Tätigkeit als Hochschulassistent die Dissertation und das darauf aufbauende Programm abgeschlossen zu haben. Das war einer der Gründe, warum sein Vertrag nicht verlängert wurde. Daneben war er für das Abhalten von Übungen aus Baustatik 1 und 2 im Rahmen der Sommer- und Wintersemester eingesetzt. Hiefür mußte er die Übungs- und Prüfungsbeispiele erarbeiten und die Heim- sowie Klausurarbeiten verbessern; außerdem stand er den Studenten für allfällige Fragen zu den Übungen zur Verfügung. Den Übungsbetrieb führten außerdem der Universitätsassistent Dr.Dipl.Ing.B***** und Dozent Dr.K***** sowie Dipl.Ing.J***** durch. Die Inanspruchnahme durch den Übungsbetrieb war sehr unterschiedlich; sie hing auch von der Zahl der Übungen und der Zahl der Studenten ab.

Im Jahre 1984 wurde ein Institutsrechner angeschafft, welchen im wesentlichen der Beklagte in Betrieb setzte und betreute. In diesem Zusammenhang kam ihm der Gedanke, die Übungs- und Prüfungsbeispiele für die Übungen am Institut nicht wie bisher mit einem Taschenrechner zu erarbeiten, sondern ein umfassendes Programm zur Erarbeitung eines Übungsprogrammes für baustatisches Rechnen - Elastizitäts- uund Fließgelenkstheorie 1. und 2. Ordnung - zu entwickeln. Ein solches Programm bestand zwar am Institut für das Gebiet der Baustatik 1; es stand aber nur dem Universitätsassistenten Dr.B***** zur Verfügung. Auch Dozent Dr.K***** verfügte über ähnliche eigene Programme. Als der Beklagte dem Institutsvorstand Dipl.Ing.Dr.R***** von seinen Absichten erzählte, meinte dieser, für den Beklagten wäre es besser, sich in erster Linie der wissenschaftlichen Arbeit zu widmen und sich bei der Errechnung der Prüfungsbeispiele der bisher üblichen Taschenrechnermethode zu bedienen. Prof.Dr.R***** sah das als Ratschlag an, ließ aber dem Beklagten im übrigen freie Hand. Dieser ging dann tatsächlich daran, neben dem Abhalten der Übungen und seiner Arbeit an der Dissertation auch ein Programm für den Lehrbetrieb zu erarbeiten; es wurde nach seiner Fertigstellung der Beklagten und - bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1988 - von Dipl.Ing.J***** sowie teilweise von Dr.B***** und Dozent Dr.K***** benützt. Dieses Formel- und Rechenprogramm für den Übungsbetrieb wäre auch geeignet, in gewissen Forschungsprogrammen eingesetzt zu werden, da die bis dahin eingesetzten Taschenrechner eine zu geringe Rechenkapazität hatten.

Der Institutsvorstand Prof.Dipl.Ing.Dr.R***** duldete die Verwendung des vom Beklagten hergestellten Programms, hielt aber seine Vorbehalte dagegen, insbesondere was den Beklagten betraf, aufrecht, weil er befürchtete, daß der Beklagte in der wissenschaftlichen Arbeit, nämlich der Erstellung einer Dissertation, behindert werde; außerdem befürchtete er, daß sich die Assistenten die Arbeit insgesamt zu leicht machten. Zuletzt gab es auch noch institutsinterne Meinungsverschiedenheiten über die Regelarbeitszeiten der Assistenten sowie den Vorwurf des Institutsvorstandes, daß die Assistenten ihre wissenschaftliche Arbeit vernachlässigten.

Als klar war, daß der Vertrag mit dem Beklagten nicht mehr verlängert werde, forderte Prof.Dipl.Ing.R***** den Beklagten auf, das von ihm entwickelte Programm samt Quelltext dem Institut zur Verfügung zu stellen und den Universitätsassistenten Dr.B***** einzuweisen. Nach einiger Diskussion vertrat der Beklagte schließlich die Auffassung, daß das Programm sein Eigentum sei; er sei zwar bereit, dem Institut eine lauffähige Version zu überlassen, nicht aber den Quelltext samt Dokumentation. Bei dieser Haltung blieb der Beklagte trotz einer schriftlichen Aufforderung des Institutsvorstandes vom 31.1.1989, das Programm schriftlich zu dokumentieren, um es gegebenenfalls weiterentwickeln zu können.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten schuldig zu erkennen, den Sourcetext (Quelltext) des von ihm erarbeiteten Computer-Programms, betreffend ein "Baustatisches Rechenprogramm, Elastizitäts- und Fließgelenkstheorie

1. und 2. Ordnung, für den Lehrbetrieb" herauszugeben und eine Programmdokumentation (Beschreibung des Programminhaltes) zu erstellen und zu übergeben;

2. gegenüber dem Beklagten festzustellen, daß der Klägerin das Werknutzungsrecht an dem von ihm erarbeiteten, in Punkt 1. genannten Computer-Programm zustehe;

3. für den Fall der Abweisung des Begehrens zu Punkt 2.:

gegenüber dem Beklagten festzustellen, daß der Klägerin eine zeitlich unbeschränkte Werknutzungsbewilligung an dem erwähnten Computer-Programm zustehe, welche das Recht auf Benützung und Vervielfältigung für den eigenen Gebrauch sowie auf Bearbeitung, all dies für den Betrieb des Institutes für Baustatik der Technischen Universität Wien, umfasse.

Der Beklagte habe das Programm während des Dienstverhältnisses im Auftrag des Institutsvorstandes innerhalb seiner Dienstzeit unter Verwendung von Institutsmitteln entwickelt. Vor Beendigung seines Dienstverhältnisses habe er dem Institutsvorstand zugesagt, das Programm durch Aufzeichnung des Quelltextes und Herstellung einer Dokumentation in einer Art und Weise zu dokumentieren, die eine Weiterbenützung und Weiterbearbeitung durch Dritte auch nach seinem Ausscheiden ermögliche. Trotzdem habe er beim Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis den Quelltext mitgenommen und das Programm lediglich in Form einer sogenannten "Black-Box"-Version hinterlassen, also in einer Version, die zwar ein Arbeiten mit dem Programm ermögliche, aber jede Änderung und Weiterentwicklung ausschließe. Die Entwicklung von Computer-Programmen sei grundsätzlich urheberrechtsfähig; im Gegensatz zur Diensterfindung seien aber die Rechtsfolgen der Schaffung eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch den Dienstnehmer gesetzlich nicht geregelt. Das Werknutzungsrecht sei aber jedenfalls nicht an die Person des Urhebers gebunden. Unter den hier gegebenen Voraussetzungen - daß nämlich das Werk in Erfüllung dienstlicher Obliegenheiten des Dienstnehmers und Urhebers im Auftrag des Dienststellenleiters während der Dienstzeit unter Verwendung von Mitteln des Dienstgebers geschaffen wurde - sei davon auszugehen, daß das Werknutzungsrecht dem Dienstgeber zukomme. In jedem Fall müsse angenommen werden, daß das Werknutzungsrecht zumindest durch konkludente Vereinbarung auf den Dienstgeber übertragen wurde. Die Erstellung eines Programms für die Erleichterung des Lehrbetriebes zähle zu den Dienstpflichten eines Hochschulassistenten (§ 4 HochschulassistentenG 1962). Habe der Beklagte im Sinne dieser Dienstpflicht außerhalb seiner Dienstzeit gearbeitet, dann könne das nicht als Privatzeit angesehen werden; vielmehr sei dies Dienstzeit gewesen, für die der Beklagte eine pauschalierte Mehrleistungsvergütung erhalten habe.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Wegen der ablehnenden Haltung des Institutsvorstandes habe er das Programm in seiner Freizeit - an den Wochenenden, an Feiertagen und nach Dienstschluß - geschaffen; einen Auftrag dazu habe er vom Institutsvorstand nie erhalten. Er habe auf Grund eigener Initiative gehandelt, um sich und anderen die Arbeit zu erleichtern. Die Herausgabe des Quelltextes habe er niemals zugesagt. Eine konkludente Vereinbarung über ein Werknutzungsrecht an dem Programm liege nicht vor.

Der Erstrichter wies das Klagehaupt- und das Eventualbegehren ab. Er stellte noch fest, daß die Inanspruchnahme des Beklagten durch den Übungsbetrieb jedenfalls einen Großteil der Normalarbeitszeit - ausgehend von einer 40-Stunden-Woche - in Anspruch genommen habe. Rechtlich meinte er, daß Computer-Programmen grundsätzlich Urheberrechtsschutz zukomme. Das vom Beklagten entwickelte Programm sei unbestrittenermaßen eine eigentümliche individuelle geistige Schöpfung, also ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Dieses Gesetz enthalte keine Regelung der Dienstschöpfung; eine analoge Anwendung der Bestimmungen des Patentgesetzes über die Diensterfindung komme nicht in Frage. Auszugehen sei davon, daß Ausnahmen vom Schutz individueller geistiger und technischer Leistungen nur in den im Gesetz geregelten Fällen zulässig sind. Diese restriktive Betrachtungsweise aus dem Schutzzweck lasse keine Analogie zu. Selbst wenn man aber eine analoge Anwendung des Patentgesetzes bejahen wollte, wäre zu bedenken, daß der Beklagte das Programm entgegen den Empfehlungen des Institutsvorstandes entwickelt habe, dieses Werk somit nicht unter Einordnung des Beklagten in die Arbeitsorganisation und das Weisungsrecht der Klägerin als geschuldete Arbeitsleistung geschaffen wurde und das Nichtschaffen des Werkes keine Verletzung einer Dienstpflicht bedeutet hätte. Im übrigen habe das Programm mit den Anregungen des Beklagten aus der Arbeit am Institut für Baustatik nichts oder kaum etwas zu tun; es sei universal verwendbar. Da eine schriftliche Vereinbarung über die Nutzung des Urheberrechtes des Beklagten durch die Klägerin fehle, sei der Klägerin die Nutzung des Programms jedenfalls verwehrt, wäre doch in analoger Anwendung des § 7 Abs 1 PatG jedenfalls Schriftlichkeit erforderlich gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert der Entscheidungsgegenstände jeweils S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Computer-Software sei grundsätzlich urheberrechtlich geschützt; gegen einen patentrechtlichen Schutz spreche § 1 Abs 2 Z 3 PatG. Beide Parteien seien davon ausgegangen, daß das vom Beklagten entwickelte "Übungsprogramm" den Anforderungen eines Werkes im Sinn des § 1 UrhG gerecht wird. Der Beklagte habe sich als Universitätsassistent in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Klägerin befunden. Ansprüche aus einem solchen Dienstverhältnis seien grundsätzlich im Verwaltungsweg zu klären; sie seien keine bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und daher nicht vor den Gerichten auszutragen. Nur dort, wo zum öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis ein zivilrechtlicher Rechtsgrund für die geltend gemachten Ansprüche hinzutritt, sei für die Beurteilung dieses zivilrechtlichen Anspruchsgrundes das ordentliche Gericht berufen. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche darauf gründet, daß der Beklagte im Rahmen des öffentlichen Dienstverhältnisses das Computer-Programm entwickelt habe, mache sie einen öffentlich-rechtlichen Anspruch geltend, welcher nicht auf den Rechtsweg gehöre; dieses Vorbringen könne daher nicht Gegenstand einer Sachentscheidung sein. Obwohl daher offenbleiben könne, ob die Bestimmungen des Patentgesetzes über die Diensterfindung des öffentlich Bediensteten auch auf die Schaffung eines Werkes nach § 1 UrhG angewendet werden können, sei die Klägerin auf § 183 BDG idF BGBl 1988/148 - in Kraft seit 1.10.1988 - hinzuweisen, wonach der Universitätsassistent das Recht habe, eigene wissenschaftliche (künstlerische) Arbeiten selbständig zu veröffentlichen. Da dasVeröffentlichungsrecht als Bestandteil der einzelnen Verwertungsarten des Urheberrechtes angesehen werde, gehe also § 183 BDG davon aus, daß dem Universitätsassistenten das Urheberrecht an seinen eigenen wissenschaftlichen bzw künstlerischen Arbeiten zukomme. Mit dieser Fassung der Bestimmung sei lediglich die bereits vorher in Geltung gestandene Rechtslage klargestellt worden. Gerade § 183 BDG verhindere eine analoge Anwendung der Bestimmungen des Patentgesetzes über die Diensterfindung auf die Schaffung von Werken durch Universitätsassistenten. Aus dieser Bestimmung ergebe sich auch, daß dem Universitätsassistenten das Urheberrecht an seinen wissenschaftlichen Arbeiten unabhängig davon zukommt, ob er sie während seiner Tätigkeit als Assistent oder in der Freizeit mit und ohne Verwendung von Hochschuleinrichtungen geschaffen hat. Das streitverfangene Computer-Programm sei sehr wohl eine wissenschaftliche Arbeit, weil es den wissenschaftlichen Lehr- und Übungsbetrieb erleichtere und auch bei gewissen Forschungsprogrammen eingesetzt werden könne. Daß dieses Programm eine eigene Arbeit des Beklagten war, ergebe sich daraus, daß er es nicht im Auftrag des Institutsvorstandes entwickelt habe.

Die Klägerin bringe aber auch einen privatrechtlichen Anspruchsgrund vor, behaupte sie doch eine - zumindest konkludente - Vereinbarung der Streitteile über die Herausgabe des Quelltextes durch den Beklagten. Eine solche Vereinbarung sei jedoch nach den - vom Berufungsgericht als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung übernommenen - Feststellungen des Erstgerichtes nicht zustande gekommen. Ein Sachverhalt, aus dem eine schlüssige Zustimmung des Beklagten zum Ansinnen Dr.R*****s, den Quelltext herauszugeben, anzunehmen wäre, liege gleichfalls nicht vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen nicht Die Revision ist zulässig, weil eine Nichtigkeit wahrzunehmen ist (EFSlg 57.813 ua) und außerdem zu der Frage, wie weit der Klägerin als (ehemaliger) Dienstgeberin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Grund des Urheberrechtsgesetzes zusteht, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.

I. Aus Anlaß der Revision mußte wahrgenommen werden, daß teilweise Unzulässigkeit des Rechtsweges vorliegt:

Zutreffend hat schon das Berufungsgericht erkannt, daß die Ansprüche auf das Computer-Programm des Beklagten, welche die Klägerin unter analoger Anwendung des § 7 Abs 2 PatG aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ableitet, einer Sachentscheidung entzogen sind; diese Auffassung hat indes im Spruch der angefochtenen Entscheidung keinen Niederschlag gefunden.

Aus § 18 PatG - wonach für Streitigkeiten, die (ua) zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern aus den Bestimmungen der §§ 7 bis 17 PatG entstanden, dann, wenn das Dienstverhältnis auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhte, die Arbeitsgerichte zuständig waren - war abgeleitet worden, daß für derartige Ansprüche im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (§ 7 Abs 2 PatG) die Dienstbehörden zuständig seien (Fasching I 327 (anderer Meinung aao 70 unter Hinweis auf ZBl 1911 Nr. 375); Hermann-Schmidt, Österreichisches Patentgesetz Anm 3 zu § 18).

§ 18 PatG ist aber durch § 99 Z 2 lit f des am 1.1.1987 in Kraft getretenen ASGG (§ 98) aufgehoben worden. Nunmehr sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis Arbeitsrechtssachen im Sinne des § 50 Abs 1 Z 1 ASGG. Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind aber alle Personen, die zueinander in einem privat- oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis stehen oder gestanden sind (§ 51 Abs 1 ASGG). Die in § 50 Abs 1 ASGG aufgezählten Rechtsstreitigkeiten müssen jedoch, um Arbeitsrechtssachen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu sein, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, also Streitigkeiten des Privatrechtes, sein, zu deren Entscheidung gemäß § 1 JN die ordentlichen Gerichte berufen sind. Ein Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechtes - welches dadurch gekennzeichnet ist, daß eine Partei der anderen Partei zufolge der dieser zukommenden Hoheitsgewalt untergeordnet ist (Fasching LB2 Rz 100) - ist nicht dem Privatrecht zuzuzählen (Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz Anm 2 zu § 50); Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten sind daher im Verwaltungsweg auszutragen. Nur dann, wenn von oder gegen Beamte Ansprüche zivilrechtlicher Natur geltend gemacht werden, sind für solche Rechtsstreitigkeiten die Arbeits- und Sozialgerichte zuständig (Kuderna aaO).

Nach § 7 Abs 2 PatG kann der Dienstgeber eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses - anders als der privatrechtliche Dienstgeber (§ 7 Abs 1 PatG) -, ohne daß es einer Vereinbarung mit dem Dienstnehmer bedarf, dessen Diensterfindungen zur Gänze oder ein Benützungsrecht an solchen Erfindungen für sich in Anspruch nehmen. Dieses Recht des Dienstgebers sollte nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Dienstverhältnisses Rechnung tragen (347 BlgNR 2. GP in PBl 1925, 133). Fließt demnach der Anspruch des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers unmittelbar aus seiner Hoheitsgewalt gegenüber dem Beamten, dann sind diese Ansprüche dem öffentlichen Recht und nicht dem Privatrecht zuzuordnen; sie sind daher im Dienstrechtsverfahren geltend zu machen (im Ergebnis - wenn auch unter nunmehr verfehlter Berufung auf § 18 PatG - übereinstimmend Geppert in Floretta, Österreichische Landesberichte zum XII. Internationalen Kongreß für das Recht der Arbeit und der sozialen Sicherheit in Madrid 2,7; Marterer, Forschungs- und Diensterfindungsrecht 48 f;

Gräser, Forschungs- und Lizenzrecht 81). Ob das auch für Vergütungsansprüche der Beamten gilt (bejahend Gräser aaO;

ablehnend Gamerith in ÖJZ 1991, 143 f (144)), bedarf hier im Hinblick auf das von der Klägerin gestellte Begehren keiner Untersuchung. Den Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen der Diensterfindung eines Beamten und auf Klärung der Frage, daß ihr daran ein Benützungsrecht zusteht, hat der Dienstgeber im Verwaltungsverfahren geltend zu machen; Ansprüche dieser Art sind daher den ordentlichen Gerichten entzogen (§§ 1, 42 Abs 1 JN). Einen solchen Anspruch macht aber die Klägerin hier insoweit geltend, als sie ihre Klage auf § 7 Abs 2 PatG stützt, welcher ihrer Ansicht nach - da eine "planwidrige Unvollständigkeit", also eine nicht gewollte Lücke (Bydlinski in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 7 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung) vorliege - offenbar deshalb auch auf Werke des Dienstnehmers anzuwenden sei, weil der Gesetzeszweck des § 7 Abs 2 PatG die Erstreckung seiner Rechtsfolgenanordnung auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall eines vom Dienstnehmer geschaffenen Werkes fordere, also eine "teleologische" ("unechte") Lücke bestehe (Bydlinski aaO). Da die Vorinstanzen die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht rechtskräftig bejaht haben (§ 42 Abs 3 JN) - das Berufungsgericht hat sogar ausdrücklich die Unzulässigkeit des Rechtsweges in dem hier behandelten Umfang angenommen -, mußte als prozessuale Konsequenz das Verfahren insoweit für nichtig erklärt und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen werden. Auf die Frage einer analogen Anwendung des § 7 Abs 2 PatG auf Werke eines Dienstnehmers ist daher hier nicht einzugehen.

II. Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß ihr der Beklagte weder ausdrücklich noch - auf Grund der konkreten Umstände dieses Falles - schlüssig die Verwertungsrechte an dem von ihm entwickelten EDV-Programm übertragen habe, wendet sich die Klägerin nicht (S.184); sie meint jedoch, daß ihr die Verwertungsrechte - und damit auch der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Quelltextes - zustünden, weil schon im Eingehen des Dienstverhältnisses eine generelle und konkludente Rechtseinräumung liege. Obwohl das Urheberrechtsgesetz nur in bestimmten Fällen ausdrücklich anordne, daß dem Unternehmer das Recht zur Verwertung der von seinen Dienstnehmern geschaffenen Werken zusteht, ergebe sich doch aus § 7 Abs 2 UrhG die Ansicht des Gesetzgebers, daß dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (und damit der klagenden Republik als Arbeitgeber) die Verwertungsrechte an den von den Beamten hergestellten Landkarten zukomme, obwohl nur diese als Urheber im Sinn des § 10 UrhG in Betracht kämen. Daraus ist aber für die Klägerin nichts zu gewinnen:

Nach § 7 Abs 2 UrhG sind vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen hergestellte oder bearbeitete und zur Verbreitung bestimmte Landkartenwerke - im Gegensatz zu Gesetzen, Verordnungen, amtlichen Erlässen, Bekanntmachungen und Entscheidungen sowie ausschließlich oder vorwiegend zum amtlichen Gebrauch hergestellte amtlichen Werken der in § 2 Z 2 oder 3 UrhG bezeichneten Art (§ 7 Abs 1 UrhG) - keine freien Werke. Damit wollte der Gesetzgeber gewiß nicht - im Gegensatz zu § 10 Abs 1 UrhG - zum Ausdruck bringen, daß das genannte Bundesamt (bzw der Rechtsträger) Urheber der Landkartenwerke sei; über die Frage der Verwertungsrechte wird in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich abgesprochen. Wohl aber läßt sich der Bestimmung tatsächlich die Ansicht des Gesetzgebers entnehmen, daß das Arbeitsergebnis der Bediensteten des Amtes diesem Amt zuzuordnen sei - eine Auffassung, die sich mit dem Grundsatz deckt, daß der wirtschaftliche Erfolg der Arbeitsleistung dem Arbeitgeber zukommt (RZ 1957, 39; Adler-Höller in Klang2 V 238; Dittrich, Arbeitnehmer und Urheberrecht 22 mwN). So wird insbesondere die Auffassung vertreten, daß - auch ohne besondere vertragliche Regelung im Einzelfall - immer dann, wenn der Erbringung der Leistung ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt - diese Arbeitsleistung also nicht aus eigener Machtvollkommenheit, sondern in der Form der personellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Einbindung in den Betrieb des Arbeitgebers geschieht -, die Verwertungsrechte an einem Werk des Dienstnehmers dem Dienstgeber zustehen (Korn, Das Sachverständigengutachten als urheberrechtlich geschütztes Werk in FS 50 Jahre Urheberrechtsgesetz, 179 ff (187 f)). Diese Auffassung gilt aber nur für den Fall, daß ein Arbeitgeber Bedienstete gerade zu dem Zweck beschäftigt, daß sie Werke schaffen (zB ein Werbeunternehmen, das Grafiker anstellt udgl.). Ob diese Ansicht zu teilen ist, bedarf diesmal keiner Untersuchung, liegen doch hier andere Voraussetzungen vor. Dienstpflicht des Beklagten war es zwar, (ua) Übungen für Studenten abzuhalten und dabei Übungs- sowie Prüfungsbeispiele zu erstellen und Heim- sowie Klausurarbeiten zu verbessern; zur Entwicklung eines geeigneten Computer-Programms war er aber nicht in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis aufgenommen worden. Das vom Beklagten aus eigenem Antrieb geschaffene Computer-Programm ist daher nicht das Ergebnis einer weisungsgebundenen Arbeitsleistung, die, eingebettet in den betrieblichen Organismus und auf wirtschaftliches Risiko des Arbeitgebers, erbracht worden ist (vgl Korn aaO 188; Wolff, Die Rechte an durch Arbeitnehmer entwickelter Computer-Software, EDV & Recht 1/86, 8). Ein privatrechtlicher, aus dem Wesen des Dienstverhältnisses abzuleitender Anspruch der Klägerin auf ein solches Arbeitsergebnis des Beklagten ist daher gleichfalls nicht zu sehen.

Der Klägerin kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß die von ihr herangezogenen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes, nach welchen dem gewerblichen Unternehmer die Verwertungsrechte an den in seinem Unternehmen hergestellten Werken oder sonstigen Leistungsgegenständen zukommen (§ 38 Abs 1, § 74 Abs 1, letzter Satz, § 76 Abs 1, letzter Satz, UrhG), hier analog angewendet werden könnten. In diesen gesetzlich geregelten Fällen stehen dem Unternehmer die Rechte an den Arbeitsergebnissen zu, die seine Dienstnehmer auf Grund des Arbeitsverhältnisses geschaffen haben. Zusätzliche Leistungen, zu denen ein Dienstnehmer nur durch seine Berufstätigkeit angeregt oder deren Zustandekommen durch die Benützung der Erfahrungen oder der Hilfsmittel des Unternehmens wesentlich erleichtert worden ist (vgl § 7 Abs 3 lit b und c PatG), können aber nicht unter die "gewerbsmäßig hergestellten" Werke (oder sonstigen Leistungen) subsumiert werden. Zweck der angeführten Bestimmungen ist - wie sich aus den EB zum Urheberrechtsgesetz 1936 ergibt (Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 106 f und 151 f) - der Schutz bestimmter gewerblicher Erzeugnisses im Hinblick darauf, daß der Gewerbeinhaber (Unternehmer) bei solchen Erzeugnissen (letztlich) alle Herstellungskosten (Material-, Lohnkosten, Generalunkosten) sowie das Risiko des Mißlingens des geschützten Erzeugnisses trägt (ÖBl 1991, 44). Wie weit diese Vorschriften analog anzuwenden sind, wenn der Arbeitgeber ohne Gewinnabsicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handelt und am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, also alle seine Erfordernisse nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten befriedigt, dh seine Arbeitskräfte bezahlt, seinen Bürobedarf kauft usw. (Dittrich, Arbeitnehmer und Urheberrecht 55), bedarf hier schon deshalb keiner Untersuchung, weil keine Rede davon sein kann, daß das Computer-Programm des Beklagten auf das wirtschaftliche Risiko der Klägerin entwickelt worden wäre. Auch wenn der Beklagte Einrichtungen (Hardware) der Klägerin verwendet hat, stand doch im Vordergrund seine aus eigener Initiative, zur Erleichterung seiner eigenen Arbeit erbrachte Leistung, zu welcher er in keiner Weise verpflichtet war und von der sein Vorgesetzter sogar abgeraten hatte. Ein dem Interesse der Hersteller von Filmen, Schallträgern oder Fotos vergleichbares schutzwürdiges Interesse der klagenden Republik ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen.

§ 183 BDG, wonach der Universitätsassistent das Recht hat, eigene wissenschaftliche Arbeiten selbständig zu veröffentlichen und dazu nur dann der Zustimmung des Leiters der Universitätseinrichtung bedarf, wenn die Veröffentlichung unter Berufung auf seine Zugehörigkeit zu dieser Einrichtung geschehen soll, spricht gleichfalls für den Standpunkt der Klägerin. Wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, sollte mit dieser Bestimmung "angesichts der bisherigen Probleme, die insbesondere für Universitätsassistenten bei der Veröffentlichung eigener wissenschaftlicher ... Arbeiten aufgetreten sind, ... nunmehr klargestellt werden", daß der Universitätsassistent grundsätzlich seine eigenen Arbeiten ohne Zustimmung seiner Vorgesetzten veröffentlichen darf. Daraus kann aber entgegen den Revisionsausführungen nicht der Schluß gezogen werden, daß nach der Meinung des Gesetzgebers vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung mit 1.10.1988 die Verwertungsrechte an wissenschaftlichen Arbeiten der Assistenten dem Träger der Universität zugestanden wären. Da somit jede rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch fehlt, war das angefochtene Urteil - ohne daß es einer Prüfung der Frage bedurft hätte, ob das in Rede stehende Computer-Programm ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes ist - zu bestätigten. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E933994Ob65.92

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00065.92.0616.000

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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