TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/27 2004/04/0219

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Veröffentlicht am 27.01.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
16/02 Rundfunk;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
ORF-G 2001 §3 Abs1;
PrivatradioG 2001 §10 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §10 Abs2;
PrivatradioG 2001 §11 Abs2;
PrivatradioG 2001 §2 Z5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 14. Oktober 2004, GZ. 611.194/0001-BKS/2004, betreffend Entziehung von Nutzungsberechtigungen nach dem PrR-G, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates (BKS) vom 14. Oktober 2004 wurden der beschwerdeführenden Partei die Nutzungsberechtigungen hinsichtlich der Übertragungskapazitäten LINZ 2 - Freinberg 91,8 MHz, LINZ 2 - Freinberg 95,8 MHz, LINZ 2 - Freinberg 99,4 MHz und LINZ 2 - Freinberg 102,0 MHz entzogen; ein von der beschwerdeführenden Partei gestellter Eventualantrag wurde zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der beschwerdeführenden Partei seien derzeit die Übertragungskapazitäten LINZ 1 - Lichtenberg 97,5 MHz (Ö1), 95,2 MHz (Ö2-Oberösterreich), 88,8 MHz (Ö3) und 104,0 MHz (FM4) sowie die Übertragungskapazitäten LINZ 2 - Freinberg 91,8 MHz (Ö1), 95,8 MHz (Ö2-Oberösterreich), 99,4 MHz (Ö3) und 102,0 MHz (FM4) rechtskräftig zugeordnet. Bei ausschließlicher Betrachtung der gemessenen Feldstärken werde die Stadt Linz und ihre Umgebung mit den Programmen Ö1, Ö2- Oberösterreich, Ö3 sowie FM4 durch den Sender LINZ 1 - Lichtenberg ausreichend versorgt; durch den Sender LINZ 2 - Freinberg entstehe kein Zugewinn in der Versorgung. Bei einer reinen Betrachtung der gemessenen Feldstärken komme es hinsichtlich des Versorgungsgebietes zu einer 100 %igen Doppelversorgung durch die am Freinberg bzw. am Lichtenberg zugeordneten Übertragungskapazitäten mit den Programmen Ö1, Ö2-Oberösterreich, Ö3 und FM4. Bei Einbeziehung von Qualitätsparametern seien - selbst nach den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei - nur 3.000 Personen von 160.000, die durch den Sender LINZ 2 versorgt würden, betroffen; daraus ergäbe sich eine Doppelversorgung zu 98 %. Die Messungen durch Amtssachverständige hätten erbracht, dass in diesem Bereich im westlichen Teil von Urfahr und in Puchenau der behauptete Qualitätsmangel nur in einem Unterabschnitt in Form von hörbaren Reflexionsverzerrungen auftrete, die als leichtes Nachschaben oder Nachkratzen wahrgenommen würden. Der kleine Teilbereich sei kaum besiedelt. Es existierten auch andere Gebiete in Österreich, etwa zwischen dem Kahlenberger Dörfel und Klosterneuburg, in denen der Empfang nur in einer ähnlichen Qualität möglich sei. Als versorgt gelte ein urbanes Gebiet, wenn entsprechend der Empfehlung ITU-R BS. 412-9 eine Mindestfeldstärke von 66 dB(V/m gegeben sei, was eine zufrieden stellende durchgehende Stereoversorgung sicherstelle. Da der Raum Linz zu 100 % vom Sender LINZ 1 und vom Sender LINZ 2 mit ausreichender Feldstärke versorgt werde, liege eine Doppelversorgung vor. Die beschwerdeführende Partei bestreite nicht, dass der Doppelversorgungsgrad im interessierenden Versorgungsgebiet 100 % betrage, wenn man auf die Mindestfeldstärke von 66 dB(V/m laut der erwähnten Empfehlung abstelle. Sie behaupte vielmehr, dass für den einwandfreien Empfang auch der Schutzabstand und die Signalverzerrung maßgebend seien, dass von Empfangsbeeinträchtigungen bei Wegfall des Senders LINZ 2 3.000 Einwohner, das seien 2 % der Versorgten, betroffen wären und solcherart der Versorgungsauftrag des ORF gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 3 ORF-G nicht erfüllt würde. Dem sei zunächst entgegenzuhalten, dass jenes Gebiet als versorgt zu gelten habe, in dem die für die Sicherstellung einer zufrieden stellenden durchgehenden Stereoversorgung erforderlichen technischen Mindestwerte erreicht würden. Bei dieser Feststellung könne auf die in ITU-R BS. 412-9 empfohlenen Werte zurückgegriffen werden. Der dort für urbanes Gebiet vorgesehene Wert von 66 dB(V/m werde im gesamten Versorgungsgebiet auch bei Wegfall des Senders LINZ 2 im Wege des Senders LINZ 1 erreicht. Unter dieser Prämisse sei daher von einer Doppelversorgung durch den Sender LINZ 2 auszugehen. Betreffend die behauptete Minderung der Empfangsqualität hätten nur in einem Unterabschnitt des Gebiets zwischen dem westlichen Teil von Urfahr und Puchenau, das überdies dünn besiedelt sei, Reflexionsverzerrungen festgestellt werden können, die sich durch ein leichtes Nachschaben oder Nachkratzen bemerkbar machten. Der Versorgungsauftrag des § 3 Abs. 1 ORF-G gestehe zu, dass die Empfangsqualität maßgeblich von der technischen Entwicklung bzw. der wirtschaftlichen Tragbarkeit abhänge. Ein Empfang in ähnlicher Qualität sei demnach auch in anderen Gebieten Österreichs anzutreffen, was von der beschwerdeführenden Partei auch eingeräumt worden sei. Es sei der Erstbehörde daher beizupflichten, dass die Optimierung der Nutzung des Frequenzspektrums, wie dies § 2 Abs. 2 Z. 5 KOG auftrage, den verfahrensgegenständlichen Entzug der Übertragungskapazitäten LINZ 2 als mit dem Gesetz in Einklang stehen lasse, zumal damit nur eine räumlich kleine, qualitativ minimale und nur wenige Bewohner betreffende Einbuße an Empfangsqualität verbunden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete im Übrigen aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Nichtentziehung der Nutzungsberechtigungen hinsichtlich der genannten Übertragungskapazitäten verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Gebiet als versorgt zu gelten habe, wenn technische Mindestwerte, um eine zufrieden stellende durchgehende Stereoversorgung sicherzustellen, erreicht würden. Sie übersehe nämlich, dass ein Rückgriff auf die Empfehlung ITU-R BS. 412/9 wohl möglich, nicht aber zwingend sei. Es sei keineswegs ausgeschlossen, die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführten Qualitätsparameter zu berücksichtigen. Dies hätte die belangte Behörde auch tun müssen, wäre sie im Sinne des § 3 Abs. 1 ORF-G vorgegangen und hätte sie das ihr bei Feststellung der Versorgung eingeräumte Ermessen im Sinn des Gesetzes geübt. Der Versorgungsauftrag des ORF spreche ausdrücklich die Qualität des Rundfunkempfangs an und beschränke sich keinesfalls auf die bloße technische Überdeckung des Bundesgebietes. Ungeachtet konkret festgestellter Mängel und Beeinträchtigungen bei der Rundfunkübertragung habe die belangte Behörde jedoch eine ausreichende Versorgung angenommen. Sie sei auch der Auffassung, dass Doppel- und Mehrfachversorgungen jedenfalls zu vermeiden seien, obwohl der Gesetzgeber selbst in § 10 Abs. 2 PrR-G normiere, dass Doppel- und Mehrfachversorgungen nur "nach Möglichkeit" zu vermeiden seien. Bei der Abwägung der Interessen sei die belangte Behörde einseitig vorgegangen, indem sie wohl berücksichtigt habe, dass nur räumlich kleine, qualitativ minimale und nur wenige Bewohner betreffende Qualitätseinbußen zu erwarten seien. Sie habe aber nicht konkret dargelegt, worin denn ein Interesse an der Entziehung der Übertragungskapazitäten bestünde. An einer solchen Entziehung bestehe nämlich per se noch kein öffentliches Interesse; Doppelversorgungen seien - wie dargelegt - nur "nach Möglichkeit" zu entziehen. Soweit die belangte Behörde damit argumentiere, es gäbe in Österreich weitere Gebiete mit nur eingeschränkter Empfangsqualität, übersehe sie, dass es nicht Ziel des PrR-G sein könne, durch den Entzug von Übertragungskapazitäten eine flächendeckende Qualitätsverschlechterung zu erreichen. Genau das Gegenteil müsse der Fall sein. Schließlich gerate die belangte Behörde mit ihrem Argument, es seien nur wenige Personen von der Verschlechterung betroffen, in Widerspruch zum Versorgungsauftrag des § 3 ORF-G, wonach "alle" zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes mit entsprechender Programm- und Empfangsqualität versorgt werden müssten. Eine Einschränkung dieses Auftrags dahin, dass eine beträchtliche Anzahl von Bewohnern des Bundesgebietes nicht mit entsprechender Empfangsqualität versorgt werden müsste, sei daher rechtswidrig.

Gemäß § 11 Abs. 1 Privatradiogesetz, in der gemäß seinem § 32 Abs. 4 im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung, BGBl. I Nr. 136/2001, (PrR-G), hat die Regulierungsbehörde die Zuordnung von Übertragungskapazitäten zu den Versorgungsgebieten von Hörfunkveranstaltern sowie zum Österreichischen Rundfunk fortlaufend von Amts wegen auf ihre Übereinstimmung mit den Kriterien des § 10 zu überprüfen und die Nutzungsberechtigung für einzelne Übertragungskapazitäten, die länger als zwei Jahre nicht regelmäßig zur Programmverbreitung genutzt werden, zu entziehen sowie gemäß § 13 auszuschreiben.

Die Regulierungsbehörde hat gemäß § 11 Abs. 2 PrR-G die Zuordnung von Übertragungskapazitäten fortlaufend dahin gehend zu überprüfen, ob durch die Nutzung bereits zugeordneter Übertragungskapazitäten in bestimmten Versorgungsgebieten Doppel- und Mehrfachversorgungen entstanden sind. Stellt die Regulierungsbehörde nach Anhörung des Nutzers der Übertragungskapazität fest, dass eine Doppel- oder Mehrfachversorgung in dem betreffenden Versorgungsgebiet vorliegt, so hat sie die Nutzungsberechtigung für die Übertragungskapazität dem bisherigen Nutzer zu entziehen und die Übertragungskapazität gemäß § 13 auszuschreiben.

Unter "Doppel- und Mehrfachversorgung" im Sinne des PrR-G gilt gemäß § 2 Z. 5 PrR-G die Nutzung einer Übertragungskapazität, die technisch nicht zwingend zur Versorgung eines Versorgungsgebietes oder für eine Versorgung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. notwendig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 PrR-G ist für den Österreichischen Rundfunk eine Versorgung im Sinne des § 3 ORF-G mit höchstens vier Programmen des Hörfunks zu gewährleisten, wobei für das vierte Programm der Versorgungsgrad der zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes ausreicht, wie er am 1. Mai 1997 in jedem Bundesland besteht.

Doppel- und Mehrfachversorgungen sind gemäß § 10 Abs. 2 PrR-G - im Rahmen der Frequenzzuordnung - nach Möglichkeit zu vermeiden.

Gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G hat der Österreichische Rundfunk nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit dafür zu sorgen, dass in Bezug auf Programm- und Empfangsqualität alle zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes gleichmäßig und ständig mit jeweils einem bundeslandweit und zwei

österreichweit empfangbaren Programmen des Hörfunks und zwei

österreichweit empfangbaren Programmen des Fernsehens versorgt werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die den Gegenstand der Entziehung bildende Berechtigung zur Nutzung der Übertragungskapazitäten sei technisch nicht zwingend zur Versorgung notwendig, weil der vom Sender LINZ 2 - Freinberg erfasste Bereich ohnedies durch den Sender LINZ 1 - Lichtenberg ausreichend versorgt werde; die Mindestfeldstärke von 66 dB(V/m laut Empfehlung ITU-R BS. 412-9, der technische Mindestwert für eine zufrieden stellende Versorgung, werde durch den Sender LINZ 1 - Lichtenberg im gesamten Bereich, der vom Sender LINZ 2 - Freinberg abgedeckt werde, erreicht bzw. überschritten.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet dies nicht, meint jedoch, dass neben der Berücksichtigung technischer Mindestwerte auch Qualitätsparameter wie Schutzabstand und Signalverzerrung in Betracht gezogen werden müssten. Diese Parameter zeigten jedoch eine Verschlechterung der Qualität des Empfangs, wie dies im angefochtenen Bescheid auch eingeräumt worden sei.

Nun ist es der Standpunkt des Gesetzes, dass eine zur Versorgung "technisch nicht zwingend" notwendige Nutzung einer Übertragungskapazität schon bei der Frequenzzuordnung möglichst hintanzuhalten und, wenn sie (dennoch) entstanden ist, durch Entziehung der Nutzungsberechtigung zu beseitigen ist. Technisch nicht zwingend notwendig ist die Nutzung einer Übertragungskapazität, wenn das Rundfunkprogramm auf Grund der technischen Voraussetzungen im Versorgungsgebiet auch ohne diese Nutzung in zufrieden stellender Qualität empfangen werden kann, wobei - so die Gesetzesmaterialien (RV 401 BlgNR, 21. GP, S. 14) - bei der Feststellung der technischen Mindestwerte für eine zufrieden stellende Versorgung auf die in der Empfehlung ITU-R BS. 412-9 genannten Werte zurückgegriffen werden kann.

Von der Notwendigkeit, zusätzlich zu LINZ 1 - Lichtenberg das Gebiet von Linz und Umgebung durch LINZ 2 - Freinberg zu versorgen, wäre daher im vorliegenden Fall insoweit auszugehen, als technisch bedingt die Programme der beschwerdeführenden Partei hier andernfalls - und sei es auch nur partiell - nicht in Mindestqualität empfangen werden könnten; diesfalls könnte ohne die zusätzliche, den Gegenstand der Entziehung bildenden Nutzungsberechtigung dem Versorgungsauftrag des § 3 Abs. 1 ORF-G, alle zum Betrieb eines Hörfunkempfangsgerätes berechtigten Bewohner des Bundesgebietes in Bezug auf Programm- und Empfangsqualität nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit gleichmäßig und ständig zu versorgen, nicht entsprochen werden.

Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei rechtfertigen aber nicht bereits geringfügige Verschlechterungen der Empfangsqualität eine Doppel- oder Mehrfachversorgung. Entscheidend ist vielmehr, ob es ohne die zusätzliche Nutzung einer Übertragungskapazität zu einer die Grenze zufrieden stellender Versorgung unterschreitenden Verschlechterung der Empfangsqualität im Versorgungsgebiet kommt. Dass dies der Fall wäre, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeschlossen; es handle sich um eine "qualitativ minimale" Einbuße an Empfangsqualität, die überdies nur in einem verhältnismäßig kleinen Bereich zu erwarten sei.

Dem ist die beschwerdeführende Partei konkret nicht entgegengetreten. Sie hat lediglich auf eine "spürbar schlechtere" Versorgung hingewiesen. Dass ungeachtet der unbestrittenermaßen erfüllten technischen Mindestwerte für eine zufrieden stellende Versorgung die zu fordernde Mindestempfangsqualität im betroffenen Gebiet nicht (mehr) gewährleistet wäre, ist dem Beschwerdevorbringen jedoch nicht zu entnehmen.

Bei der Feststellung, ob die Nutzung einer Übertragungskapazität zur Versorgung eines Versorgungsgebietes oder für eine Versorgung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 PrR-G technisch zwingend notwendig ist, ist der Behörde - im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei - kein Ermessen eingeräumt. Vielmehr hat sie gemäß § 11 Abs. 2 PrR-G zu überprüfen, ob durch die Nutzung zugeordneter Übertragungskapazitäten in bestimmten Versorgungsgebieten Doppel- und Mehrfachversorgungen entstanden sind und gegebenenfalls die zur Versorgung technisch nicht zwingend notwendigen Nutzungsberechtigungen zu entziehen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Behörde abgesehen und ihr die Bestimmung ihres Verhaltens selbst überlassen hätte.

Auch sieht § 11 Abs. 2 PrR-G die Entscheidung über die Entziehung von Nutzungsberechtigungen nicht als Ergebnis einer Interessenabwägung, sondern - wie dargelegt - immer dann vor, wenn eine zur Versorgung des betreffenden Gebietes technisch nicht zwingend notwendige Nutzungsberechtigung für eine Übertragungskapazität vorliegt. Soweit die beschwerdeführende Partei daher Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides behauptet, weil für die Entziehung sprechende Interessen nicht dargetan worden seien, liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel schon aus diesem Grunde nicht vor.

Nicht zielführend ist schließlich auch der weitere, unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Begründungspflicht von Bescheiden erhobene Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe nicht dargetan, warum eine beträchtliche Zahl schlechter versorgter Personen außer Acht gelassen werden könne. Die "Schlechterversorgung" von gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G zu versorgenden Personen stünde der verfahrensgegenständlichen Entziehung einer Nutzungsberechtigung nämlich dann hindernd entgegen, wiese sie ein die Versorgung in Mindestempfangsqualität beeinträchtigendes Ausmaß auf. Eine "Schlechterversorgung" in diesem Ausmaß wäre daher erst dann rechtserheblich, eine solche greift aber - wie dargelegt - im vorliegenden Fall nicht Platz.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Jänner 2006

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Ermessen VwRallg8 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004040219.X00

Im RIS seit

23.02.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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