TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/27 2005/02/0321

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Veröffentlicht am 27.01.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs5 Z2;
StVO 1960 §5 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1998/I/092;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des DA in Wien, vertreten durch Dr. Ramin Mirfakhrai, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Oktober 2005, Zl. UVS- 03/P/16/7446/2005/6, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer wurde am 26. Februar 2005 gegen 05.02 Uhr von einem Organ der Straßenaufsicht aufgefordert, sich einer Atemalkoholuntersuchung zu unterziehen. Die erste Messung um 05.18 Uhr ergab einen Atemluftalkoholgehalt von 0,68 mg/l, weitere 7 Versuche schlugen fehl, wobei viermal die Atmung unkorrekt und zweimal das Blasvolumen zu klein war. Der Beschwerdeführer litt auf Grund einer einen Monat zurückliegenden Zahnbehandlung an Schmerzen und hatte Medikamente eingenommen. Der Beschwerdeführer teilte letzteres dem Organ der Straßenaufsicht mit. Da der Beschwerdeführer nicht hustete, schloss dieses Organ nicht auf eine "besondere Erkrankung" des Beschwerdeführers.

Ein von der belangten Behörde beigezogener ärztlicher Sachverständiger erstattete ein Gutachten, wonach die Entzündung des regionalen Lymphknotens zwar zu Schmerzen und zu einer Schwellung am Hals führe, auf das "Blasverhalten" jedoch nur geringe Auswirkungen habe. Die belangte Behörde führte darauf gestützt aus, dass medizinische Gründe, nach denen es dem Beschwerdeführer unmöglich gewesen wäre, die Atemluftuntersuchung durchzuführen, nicht vorlägen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 26. Februar 2005 um 05.19 - 05.24 Uhr in W die Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomatgerät gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten und besonders geschulten Organ der Straßenaufsicht insoferne verweigert, als er bei 7 Messversuchen, die im besagten Zeitraum durchgeführt worden seien, unkorrekt geatmet bzw. zu wenig Atemluft in das Mundstück des Alkomatgerätes hineingeblasen habe, obgleich er verdächtig gewesen sei, am gleichen Tag um 05.02 Uhr ebendort ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 2 iVm. § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.162,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet ein, auf Grund seiner dem Organ der Straßenaufsicht gegenüber vorgebrachten Schmerzen und der Einnahme von Medikamenten hätte ihn dieses Organ der Straßenaufsicht "einem Arzt übergeben" müssen.

Der Beschwerdeführer legt die in diesem Zusammenhang von ihm zitierten hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 2004, Zl. 2001/02/0095, und vom 24. Februar 2000, Zl. 98/02/0090, sinnentstellt aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat im erstgenannten Erkenntnis vom 11. Mai 2004 zum Einwand der dortigen Beschwerdeführerin, es könne eine Verpflichtung des zur Durchführung der Atemluftuntersuchung Aufgeforderten, dem einschreitenden Organ der Straßenaufsicht sofort die Gründe für die Unmöglichkeit der Atemluftuntersuchung darzulegen, aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden, folgende Antwort gegeben:

"Nach der nunmehrigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ... hat derjenige, der gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, umgehend (d.h. bei diesem Anlass) auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomats aus medizinischen Gründen hinzuweisen, sodass die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand zu nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeidirektion tätigen Arzt zu bringen."

Dass der Verwaltungsgerichtshof damit keineswegs eine "Verpflichtung" des Organs der Straßenaufsicht zur Verbringung des Probanden zu einem Arzt ausgesprochen hat, sondern auf die Voraussetzungen (Vorbringen des Probanden) eingeht, um dem Organ der Straßenaufsicht zu ermöglichen, einen tauglichen Nachweis des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu erwirken, erhellt eindeutig etwa aus folgender Aussage im hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/02/0219:

"Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die belangte Behörde hätte auf Grund der Aussage dieses Beamten, die Beschwerdeführerin habe ihm möglicherweise mitgeteilt, nicht länger in den Alkomat hineinblasen zu können, zu dem Schluss kommen können, dass der Gendarmeriebeamte verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 5 Z 2 Straßenverkehrsordnung 1960 zu einer klinischen Untersuchung samt Blutabnahme zu bringen. Gemäß dieser Gesetzesstelle sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum Dienst habenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war. Daraus folgt, dass in dieser Gesetzesstelle lediglich eine Ermächtigung, nicht aber eine Verpflichtung von Organen der Straßenaufsicht, in der beschriebenen Weise vorzugehen, enthalten ist."

Aus der folgend wiedergegebenen Aussage in dem vom Beschwerdeführer zweitzitierten Erkenntnis vom 24. Februar 2000 leitet er den - verfehlten - Schluss ab, es sei von der belangten Behörde "nicht zu prüfen, ob tatsächlich medizinische Gründe für die Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung vorgelegen sind, sondern ob der Beschwerdeführer medizinische Gründe für die Nichtdurchführung der Atemluftprobe glaubhaft gemacht" habe:

"Abgesehen davon, dass die Verbringung zu einem im Sinne des § 5 Abs. 5 StVO tätigen Arzt und die daran anschließende Untersuchung samt Blutabnahme (im Falle des Abs. 6) dem Probanden wohl nicht "zum Vorteil" gereichen muss, muss es dem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugemutet werden, an Ort und Stelle zu beurteilen, ob eine Person, die sich auf in ihrer Person gelegene (medizinische) Gründe für die Nichtdurchführung der Atemluftprobe beruft, dies glaubhaft gemacht hat. Bejahendenfalls ist die Atemluftuntersuchung abgeschlossen und kommt die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO zum Tragen, ohne dass eine Bestrafung wegen des Verstoßes gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 2 StVO im Betracht kommt. Ob der Proband sohin objektiv in der Lage gewesen wäre, die Atemluftprobe durchzuführen (was allenfalls Gegenstand eines diesbezüglichen medizinischen Gutachtens zu sein hätte), ist in einem solchen Fall rechtlich unerheblich."

Der Verwaltungsgerichtshof hat damit ausgesprochen, dass ein Organ der Straßenaufsicht selbst beurteilen darf, ob die vorgebrachten Gründe überhaupt tauglich sind, eine Nichtdurchführung der Atemluftalkoholuntersuchung zu erklären. Nur im Falle, als das Organ der Straßenaufsicht dies bejaht und die Atemluftuntersuchung abschließt, kommt eine Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO nicht (mehr) in Betracht. Dieses Verständnis wird durch die ständige hg. Rechtsprechung klargestellt, dass nämlich einem geschulten Organ der Straßenaufsicht die einwandfreie Beurteilung der Frage, wieso bei der Atemluftuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zu Stande gekommen ist, zugemutet werden kann (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/02/0219); damit ist auch der Einwand des Beschwerdeführers als unrichtig widerlegt, dass der die Atemalkoholuntersuchung vornehmende Sicherheitswachebeamte "als medizinischer Laie nicht an Ort und Stelle beurteilen" dürfe, "dass die Angaben des Beschwerdeführers über die Einnahme von Antibiotikum keine medizinischen Gründe für die Unmöglichkeit der Atemalkoholuntersuchung indizieren."

Im gegenständlichen Fall beurteilte das Organ der Straßenaufsicht die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe als nicht tauglich für die Erklärung des Nichtzustandekommens eines zweiten, rechtlich für die Verwertung notwendigen Messergebnisses.

Dem Beschwerdeführer wäre allerdings dahingehend Recht zu geben, dass im Falle, als - wenn trotz des diesbezüglichen Hinweises des Probanden im Sinne des zitierten hg. Erkenntnisses vom 11. Mai 2004, Zl. 2001/02/0095, seine Verbringung zu einem Arzt unterblieben ist - nachträglich durch einen ärztlichen Sachverständigen hervorgekommen wäre, dass der Beschwerdeführer tatsächlich aus medizinischen Gründen außer Stande gewesen wäre, die geforderte Atemluftalkoholuntersuchung zu leisten, eine Bestrafung nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO nicht rechtens wäre. Im gegenständlichen Fall hat der ärztliche Sachverständige aber in einem schlüssigen Gutachten - unabhängig von der Frage, ob es im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers bei der in Rede stehenden Amtshandlung eines solchen bedurfte - die Beurteilung des Organs der Straßenaufsicht bestätigt. Der Beschwerdeführer kann die auf ein solches schlüssiges Gutachten gestützten Feststellungen der belangten Behörde mit seinen nicht auf der gleichen fachlichen Ebene stehenden Ausführungen nicht entkräften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/03/0004).

Insofern der Beschwerdeführer noch vorbringt, er habe im Rahmen der Atemluftalkoholuntersuchung "auch um Vorführung zu einem Amtsarzt verlangt", genügt es, ihn auf die hg. ständige Rechtsprechung (zB. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2002, Zl. 99/03/0458) hinzuweisen, wonach eine Wahlmöglichkeit, an Stelle der Atemluftalkoholuntersuchung mittels Alkomaten eine klinische Untersuchung bzw. eine Blutalkoholuntersuchung vornehmen zu lassen, dem Probanden nicht zusteht.

Die belangte Behörde durfte sohin zu Recht von der Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung durch die im Spruch dargestellten Handlungen des Beschwerdeführers ausgehen. Die vom Beschwerdeführer 11 Stunden später veranlasste (private) Blutabnahme und die Blutuntersuchung auf Alkoholgehalt sind schon deshalb unbeachtlich, weil es gegenständlich nicht um die tatsächliche Alkoholisierung des Beschwerdeführers geht.

Die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers beruhen zur Gänze auf seiner verfehlten Rechtsansicht, weshalb sie unbeachtlich sind.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 27. Jänner 2006

Schlagworte

Alkotest Straßenaufsichtsorgan Alkotest Verweigerung Alkotest Wahlrecht Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Gutachten Polizeiarzt Amtsarzt Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung ärztliche bzw klinische Untersuchung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005020321.X00

Im RIS seit

03.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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