TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/30 2005/17/0221

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2006
beobachten
merken

Index

L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §289;
LAO OÖ 1996 §212;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des WB in L, vertreten durch Poduschka, Anwaltsgesellschaft mbH in 4320 Perg, Dr. Schoberstraße 25, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Juli 2005, Zl. BauR-013540/1-2005-Kr/VI, betreffend Vorstellung i.A. Verkehrsflächenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 2000/17/0023, verwiesen. Folgende Umstände sind hervorzuheben:

Am 30. November 1998 erließ der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt einen Bescheid, dessen Spruch (auszugsweise) wie folgt lautete:

"Zufolge der §§ 19, 20, 21, 54 und 55 Oö. Bauordnung 1994....., ist der Bewilligungswerber des mit Bescheid des Magistrates Linz, Bauamt, vom 20.8. 1998 genehmigten Bauvorhabens, der Beschwerdeführer, zur Entrichtung nachstehender Anliegerleistung verpflichtet:

Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde:

Für die Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche "A" ist ...., ein Betrag von S 51.811,-- an die Stadt Linz zu entrichten."

In der Begründung wird zunächst auf die erteilte Baubewilligung verwiesen. Weiters wird eine Stellungnahme des Tiefbauamtes des Magistrats Linz vom 3. September 1998 erwähnt, wonach die mitbeteiligte Landeshauptstadt die in Rede stehende öffentliche Verkehrsfläche bereits in endgültiger Breite errichtet habe, wobei die Errichtung die Niveauherstellung, Oberflächenentwässerung und Aufbringung einer mittelschweren Befestigung erfasst habe. In der daran anschließenden rechtlichen Würdigung nahm die erstinstanzliche Abgabenbehörde ausschließlich auf den in § 19 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (im Folgenden: Oö. BauO 1994), umschriebenen Abgabentatbestand Bezug.

Nachdem der Beschwerdeführer erfolglos Berufung und sodann erfolglos Vorstellung erhoben hatte, wandte er sich an den Verwaltungsgerichtshof, der den im Beschwerdefall ergangenen Vorstellungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 1999 mit Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 2000/17/0023, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob. Tragender Grund für die Aufhebung war, dass die belangte Behörde § 19 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 anzuwenden gehabt hätte. Eine Vorschreibung hätte demnach nur ergehen dürfen, wenn der Beschwerdeführer Eigentümer des Bauplatzes gewesen wäre und überdies durch das Bauvorhaben die Nutzfläche insgesamt um mehr als 100 m2 vergrößert worden wäre.

In weiterer Folge hob - nach Behebung des im ersten Rechtsgang des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheides durch die Vorstellungsbehörde - das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 10. Juli 2000 die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung vom 30. November 1998 ersatzlos auf.

Mit Schreiben vom 19. November 2003 teilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Beschwerdeführer mit, dass das in seinem Eigentum stehende Grundstück durch die Verkehrsfläche A mit dem bestehenden Straßennetz in Verbindung gebracht worden sei. Diese Straße sei laut Stellungnahme eines straßenbautechnischen Amtssachverständigen des Magistrates Linz durch die Fertigstellung am 6. Juni 1999 erstmals entsprechend den Ausbaukriterien des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 errichtet worden. Vor diesen Baumaßnahmen sei lediglich ein Straßenprovisorium vorhanden gewesen. Die Errichtung sei mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung und Oberflächenentwässerung, sowie der Aufbringung eines Verschleißbelages erfolgt. Es bestehe daher die Absicht, dem Beschwerdeführer in Verbindung mit der mit Bescheid vom 26. November 1951 erteilten Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses gemäß den §§ 19 bis 21 Oö. BauO 1994 einen Verkehrsflächenbeitrag in der Höhe von EUR 2.016,90 bescheidmäßig vorzuschreiben.

In seiner dagegen erhobenen Stellungnahme vom 5. Dezember 2003 brachte der Beschwerdeführer ua. vor, ihm sei der gegenständliche Verkehrsflächenbeitrag bereits vorgeschrieben worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch festgestellt, dass dies rechtswidrig erfolgt sei. Es handle sich somit um eine entschiedene Sache. Dies auch deshalb, da die damalige Vorschreibung nicht nur auf Grund der Erteilung einer Baubewilligung erfolgt sei, sondern auch auf die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche gestützt worden sei.

Auf Grund dieser Stellungnahme wurde am 12. Juli 2004 vom Tiefbauamt der Landeshauptstadt Linz ein straßenbautechnisches Gutachten erstellt. Darin wird ausgeführt, die öffentliche Verkehrsfläche sei durch die am 6. September 1999 fertig gestellten Baumaßnahmen erstmals im Sinne des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung samt Oberflächenentwässerung mit Verschleißschichte errichtet worden. Ursprünglich habe die Fahrbahn aus einem ca. 5-10 cm starken "Asphaltfleckerlteppich" mit verschiedenen Korngrößen bestanden. Unter dieser Deckschichte sei kein geeignetes Schottermaterial vorhanden gewesen. Lediglich an Stellen ohne Asphalt sei mit Schottermaterial ausnivelliert worden. In der Stellungnahme des Tiefbauamtes vom 3. September 1998 sei die öffentliche Verkehrsfläche nur augenscheinlich beurteilt worden. Um den genauen Aufbau der Straße feststellen zu können, wären kosten- und zeitaufwändige Probebohrungen nötig gewesen. Der tatsächliche Aufbau der Straße sei erst durch den im Jahr 1999 beendeten Straßenausbau zum Vorschein gekommen. Zum damaligen Zeitpunkt sei daher die gegenständliche Fahrbahn fälschlicherweise als errichtet im Sinne des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 beurteilt worden.

Mit Bescheid vom 28. September 2004 schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche in der Höhe von EUR 2.016,90 vor.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, das frühere Vorschreibungsverfahren habe auf den ersten Tatbestand des § 19 Oö. BauO 1994, nämlich der Erteilung einer Baubewilligung für einen Zu- und Umbau, basiert. Zu einer Entrichtung des Beitrages sei es nicht gekommen. Die nunmehrige Vorschreibung beziehe sich auf den zweiten Tatbestand des § 19 Oö. BauO 1994, nämlich die Ersterrichtung der Verkehrsfläche. Laut einer Stellungnahme des Tiefbauamtes vom 12. Juli 2004 sei erst während der Baumaßnahmen im Jahr 1999 der tatsächliche Zustand der öffentlichen Verkehrsfläche zu Tage gekommen. Für die Entstehung des Abgabenanspruches nach § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 sei entscheidend, ob die im Jahr 1999 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen an der Verkehrsfläche den Tatbestand der Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche erfüllten. Unter Errichtung einer Verkehrsfläche könne auch der Ausbau einer schon vorhandenen Verkehrsfläche verstanden werden, allerdings nur, wenn der Ausbau technisch und wirtschaftlich einer Neuerrichtung gleichzustellen sei. Von einer Errichtung der Verkehrsfläche könne nur dann gesprochen werden, wenn beim Straßenausbau die in der Bauordnung für die Bemessung des Einheitssatzes maßgebenden technischen Kriterien realisiert worden seien. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 liege daher erst dann eine errichtete Verkehrsfläche vor, wenn das Niveau der Verkehrsfläche und eine mittelschwere Befestigung (Tragkörper und Verschleißbelag) samt Oberflächenentwässerung hergestellt worden sei. Aus dem Gutachten vom 12. Juli 2004 gehe schlüssig hervor, dass vor den Straßenbaumaßnahmen im Jahre 1999 der Straßenzustand der Verkehrsfläche wegen des Fehlens einer mittelschweren Befestigung nicht den Ausbaukriterien des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 entsprochen habe. Erst durch die im Jahr 1999 durchgeführten Baumaßnahmen sei der Tatbestand der Errichtung im abgabenrechtlichen Sinn verwirklicht worden.

Da die Straßenbauarbeiten am 6. September 1999 abgeschlossen worden seien, sei der Abgabenanspruch mit diesem Tag entstanden, womit die Verjährungsfrist am 1. Jänner 2000 zu laufen begonnen habe. Mit Schreiben vom 19. November 2003 sei eine zur Geltendmachung des Abgabenanspruches nach außen erkennbare Amtshandlung der Abgabenbehörde im Sinne des § 155 Abs. 1 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107 (im Folgenden: Oö. LAO), ergangen, sodass keine Verjährung vorliege. Sodann ging die erstinstanzliche Behörde auf weitere Einwendungen der Beschwerdeführerin ein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen sein Vorbringen vom 5. Dezember 2003 wiederholte.

Mit Bescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 23. Mai 2005 wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages nach § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994. Die 1999 durchgeführten Bauarbeiten hätten in technischer und wirtschaftlicher Sicht eine Neuerrichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche dargestellt und somit den Tatbestand des § 19 Abs. 3 erster Satz Oö. BauO 1994 erfüllt. Richtig sei, dass das Tiefbauamt in einer Stellungnahme vom 3. September 1998 behauptet habe, die gegenständliche Verkehrsfläche sei vor dem Grundstück des Beschwerdeführers errichtet gewesen. Diese Feststellung stehe in Widerspruch zur nunmehrigen Behauptung des Tiefbauamtes. Dem Amtssachverständigen sei es jedoch gelungen, schlüssig darzutun, dass die seinerzeitige Feststellung vom 3. September 1998 unrichtig gewesen sei. Im Bericht vom 12. Juli 2004 sei glaubwürdig ausgeführt worden, dass der tatsächliche Aufbau der Straße erst durch den Straßenausbau im Jahre 1999 zum Vorschein gekommen sei. Danach sei erkennbar gewesen, dass die Fahrbahn aus einem ca. 5-10 cm starken "Asphaltfleckerteppich" mit verschiedenen Kerngrößen bestanden habe. Unter dieser Deckschichte sei kein geeignetes Schottermaterial vorhanden gewesen und es sei lediglich an Stellen ohne Asphalt mit Schottermaterial ausnivelliert worden. Im Gutachten vom 12. Jänner 2005 sei unter Vorlage diverser Abrechnungsunterlagen nachgewiesen worden, dass im Jahre 1998 ein Gesamtabtrag der bituminösen Schichten vorgenommen worden sei. Hätte der ursprüngliche Aufbau den Kriterien einer mittelschweren Befestigung entsprochen, wäre lediglich eine Abfräsung der bituminösen Schichte mit anschließender Belagsaufbringung erfolgt. Aus den Abrechnungsunterlagen sei in keiner Weise ersichtlich, dass bestehende Teile einer Oberflächenentwässerung (Einlaufschächten etc.) abgetragen worden wären, was ebenfalls dafür spreche, dass die Oberflächenentwässerung erstmals beim Straßenausbau 1998/1999 eingebaut worden sei. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass die 1998/1999 durchgeführten Straßenausbauarbeiten den Abgabentatbestand des § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 verwirklicht hätten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2005 gab diese der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge.

Begründend wurde dazu nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens zusammengefasst ausgeführt, auf Grund der Gutachten vom 12. Juli 2004 und vom 12. Jänner 2005 samt den Abrechnungsunterlagen der bauausführenden Firma und des Baurestmassennachweises sei es als erwiesen anzusehen, dass vor den Baumaßnahmen 1998/1999 der Ausbauzustand der öffentlichen Verkehrsfläche noch nicht den Ausbaukriterien des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 entsprochen habe und zum Zeitpunkt des Beginns dieser Baumaßnahme noch keine im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmung ausgebaute Straße vorgelegen sei. In einem derartigen Fall seien Straßenbaumaßnahmen, die sich dem äußeren Anschein nach als Sanierung einer bereits bestehenden Verkehrsfläche darstellten, rechtlich als erstmalige Errichtung zu werten. Aus den Gesetzesmaterialien gehe hervor, dass die Sanierung einer zwar schon bestehenden, bisher jedoch noch nicht im Sinn des § 20 Abs. 5 erster Satz Oö. BauO 1994 ausgebauten Straße rechtlich in Wahrheit eine erstmalige Errichtung darstelle, die zur Beitragsvorschreibung berechtige. Auf Grund der Ausführungen in den Gutachten und den Unterlagen sei die gutachterliche Stellungnahme vom 3. September 1998 als unrichtig und entkräftet anzusehen. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten könne in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden. Durch die bloße gegenteilige Behauptung könne das Gutachten eines Amtssachverständigen nicht entkräftet werden. Da der Beschwerdeführer zur Frage des Ausbauzustandes und des Sanierungsbedarfes der öffentlichen Verkehrsfläche vor den Baumaßnahmen im Jahre 1998/1999 nur Behauptungen aufgestellt habe und kein gleichwertiges Gutachten vorlegen könne, seien die Gutachten vom 12. Juli 2004 und vom 12. Jänner 2005 nicht in Zweifel zu ziehen.

Sodann ging die Vorstellungsbehörde auf weitere Einwendungen des Beschwerdeführers ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Landeshauptstadt erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§§ 19 und 20 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lauten:

"§ 19

Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher

Verkehrsflächen

(1) Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu- , Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 O.ö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.

(2) Wird ein Gebäude oder der Bauplatz oder das Grundstück, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen, ist der Beitrag nur einmal zu entrichten.

(3) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet und dadurch der Bauplatz oder das Grundstück, auf dem ein Gebäude schon besteht, aufgeschlossen, ist der Beitrag anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Dies gilt nicht im Fall der Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche. Abs. 1 und 2 sowie §§ 20 und 21 gelten sinngemäß.

(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist.

§ 20

Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags

(1) Der Beitrag ist für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrundegelegt wurde, nur einmal zu entrichten.

(2) Die Höhe des Beitrags ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

(3) Die anrechenbare Breite der öffentlichen Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite drei Meter.

     (4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem

Bauplatz oder dem zu bebauenden oder bereits bebauten Grundstück

flächengleichen Quadrats. Abweichend davon beträgt die

anrechenbare Frontlänge jedoch

     1.        bei land- und forstwirtschaftlich genutzten

Grundstücken höchstens 40 Meter,

     2.        bei betrieblich genutzten Grundstücken

a)

mit einer Fläche bis 2.500 m2 höchstens 40 Meter,

b)

mit einer Fläche von mehr als 2.500 m2 bis 5.000 m2 höchstens 50 Meter,

              c)              mit einer Fläche von mehr als 5.000 m2 bis 10.000 m2 höchstens 60 Meter.

     (4a) Im Sinn des Abs. 4 gelten

     1.        eine Baufläche (Bauarea) nicht als Grundstück, wenn

sie ganz oder teilweise von anderen Grundflächen desselben

Eigentümers umgeben ist,

     2.        mehrere Grundstücke, die eine wirtschaftliche

Einheit bilden, als ein Grundstück.

(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung nach den Durchschnittskosten der Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche mit mittelschwerer Befestigung (Tragkörper und Verschleißbelag) einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung pro Quadratmeter festzusetzen. Für Verkehrsflächen der Gemeinde hat der Gemeinderat durch Verordnung einen niedrigeren oder höheren als den von der Landesregierung festgesetzten Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die Durchschnittskosten der Herstellung der Verkehrsfläche mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung niedriger oder höher sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrundegelegten Durchschnittskosten.

(6) Ist die öffentliche Verkehrsfläche zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Beitrags erst in der Weise errichtet, dass zunächst nur der Tragkörper hergestellt wurde, die Aufbringung des Verschleißbelages einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll, darf der Beitrag anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Errichtung des Tragkörpers nur bis zu 50% vorgeschrieben werden; der ausständige Rest ist anlässlich der Fertigstellung vorzuschreiben. Der Berechnung ist der zur Zeit der Vorschreibung jeweils geltende Einheitssatz zu Grunde zu legen.

(7) Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge sind auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann."

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe verkannt, dass im Beschwerdefall insofern entschiedene Sache vorliege, als das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 10. Juli 2000 die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung vom 30. November 1998 ersatzlos aufgehoben habe.

Es ist daher zu prüfen, inwieweit eine (neuerliche) Abgabenvorschreibung nach § 19 Oö. BauO 1994 zulässig war.

Die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung vom 30. November 1998 wurde vom zuständigen Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 10. Juli 2000 ersatzlos aufgehoben.

Nach der Lehre und Rechtsprechung ist eine Aufhebung als Sachentscheidung nur vorzunehmen, wenn in dieser "Sache" keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (vgl. etwa Ritz, Bundesabgabenordnung2, Rz 7 zu § 289, und das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 88/17/0104). Die Rechtskraft des Bescheides des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Juli 2000 stand somit einer neuerlichen Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages in derselben "Sache", also in der Angelegenheit, die Gegenstand des damaligen Abgabenverfahrens war, entgegen.

Mit dem (ersatzlos aufgehobenen) erstinstanzlichen Bescheid vom 30. November 1998 wurde dem Beschwerdeführer ein Verkehrsflächenbeitrag nach § 19 Oö. BauO 1994 vorgeschrieben. Diese Vorschreibung wurde zwar ausschließlich mit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes nach § 19 Abs. 1 leg. cit. begründet. Dies ändert jedoch nichts daran, dass "Sache" des erstinstanzlichen Verfahren im Verständnis des § 211 Abs. 1 Oö. LAO die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages nach § 19 Oö. BauO 1994 war. Die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Landeshauptstadt hatte bei Erlassung des Berufungsbescheides vom 10. Juli 2000 die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides maßgebende Sachlage anzuwenden und nach dieser prüfen, ob (nunmehr) die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages gerechtfertigt erscheint oder nicht. Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 10. Juli 2000 war aber nach Maßgabe der (von der belangten Behörde übernommenen) Feststellungen der Abgabenbehörden der der nunmehrigen Abgabenvorschreibung zugrundegelegte Abgabentatbestand des § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 (Fertigstellung der den Ausbaukriterien des § 20 Abs. 5 leg. cit. entsprechenden Verkehrsfläche am 6. Juni 1999) bereits verwirklicht. Eine ersatzlose Aufhebung der erstinstanzlichen Abgabenvorschreibung hätte daher zu unterbleiben gehabt. Die Rechtskraft des Bescheides vom 10. Juli 2000 stand daher der gegenständlichen, auf einen vor Erlassung dieses Bescheides verwirklichten Abgabentatbestand gestützten Vorschreibung entgegen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was zu dessen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG zu führen hatte.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem in der vorliegenden Abgabensache nicht entgegen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005170221.X00

Im RIS seit

28.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten