TE OGH 1992/7/1 2Ob22/92 (2Ob23/92)

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Veröffentlicht am 01.07.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Rupert N*****, vertreten durch Dr.Werner Leimer und Dr.Manfred Leimer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien, 1.) Helmut H*****, und 2.) ***** Versicherungs-AG, ***** beide vertreten durch Dr.Alfred Haslinger ua Rechtsanwälte in Linz, wegen S 1,280.451,03 und Feststellung infolge Revision der klagenden und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20.Jänner 1992, GZ 4 R 141, 142/91-94 , womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 13.März 1991, GZ 10 Cg 8/87-86, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Beiden Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird als Teilurteil dahin abgeändert und bestätigt, daß es einschließlich des unangefochten gebliebenen und bestätigten Teiles zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von S 1,082.015,96 samt 4 % Zinsen aus S 64.700 vom 15.1. bis 17.7.1985, aus S 33.260 vom 18.7. bis 1.10.1985, aus S 29.000 vom 2.10.1985 bis 3.1.1986, aus S 67.000 vom 4.1.1986 bis 28.2.1987, aus S 67.240 vom 29.2.1987 bis 14.5.1987, aus S 271.617,88 vom 15.5.1987 bis 20.4.1989, aus S 346.813,88 vom 21.4.1989 bis 9.1.1990, aus S 801.015,96 vom 10.1.1990 bis 30.11.1990 und aus S 1,082.015,96 seit 1.12.1990 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Leistungsmehrbegehren auf Bezahlung von weiteren S 29.435,07 samt 4 % Zinsen aus S 3.490,90 vom 2.10.1985 bis 3.1.1986, aus S 2.259,07 vom 4.1.1986 bis 28.2.1987, aus S 2.499,07 vom 29.2.1987 bis 14.5.1987, aus S 10.735,07 vom 15.5.1987 bis 20.4.1989, aus S 10.705.07 vom 21.4.1989 bis 9.1.1990 und aus S 29.435,07 vom 10.1. bis 30.11.1990, sowie das Begehren, es möge festgestellt werden, daß die klagende Partei seit dem Unfall am 12.10.1984 als Autolackierer arbeitsunfähig ist, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten."

Hinsichtlich eines Teilbetrages von S 169.000 samt 4 % Zinsen seit 1.12.1990 sowie hinsichtlich der Verfahrenskosten werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 19.5.1955 geborene Kläger erlitt am 12.10.1984 bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen. In seiner am 27.12.1985 zu 10 Cg 416/85 des Erstgerichtes eingebrachten Klage begehrte er die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Unfall, die Haftung der zweitbeklagten Partei beschränkt mit der Deckungssumme des Versicherungsvertrages. Diesem Begehren wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 28.2.1986 stattgegeben. Außerdem machte der Kläger eine Reihe von Schadenersatzansprüchen geltend. Davon sind im Revisionsverfahren noch strittig: Schmerzengeld, Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft und Verdienstentgang im Hauptberuf als Autolackierer. Im Lauf des Verfahrens stellte der Kläger ein weiteres Feststellungsbegehren dahin, daß er seit dem Unfall am 12.10.1984 als Autolackierer arbeitsunfähig sei.

Beim Schmerzengeld ging der Kläger in der Klage zunächst von einem Betrag von S 250.000 aus, dehnte das Begehren in der Tagsatzung vom 14.5.1987 um S 100.000 und in der Tagsatzung vom 30.11.1990 um weitere S 450.000 aus. Er legte seinem Begehren zuletzt also ein Schmerzengeld von S 800.000 zugrunde. Davon bezahlten die Beklagten S 250.000, bestritten aber das darüber hinausgehende Begehren und wendeten hinsichtlich der Ausdehnung vom 30.11.1990 überdies Verjährung ein.

An Verdienstentgang aus dem Hauptberuf als Autolackierer begehrte der Kläger zuletzt (teilweise in 6 Cg 370/89 geltend gemacht) insgesamt S 453.475,96. Diesem Begehren hielten die Beklagten unter anderem entgegen, der Kläger hätte seine Kündigung durch den Dienstgeber gemäß den §§ 105 ff ArbVG anfechten können.

Als Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft begehrte der Kläger für den Zeitraum vom 12.10.1984 bis 18.3.1985 zunächst S 64.000, dehnte dieses Begehren in der Tagsatzumg vom 20.4.1989 für die Zeit bis 31.12.1986 auf S 100.708 aus und machte schließlich zu 6 Cg 370/89 für die Zeit vom 1.1.1987 bis einschließlich Augsut 1989 einen weiteren Betrag von S 121.992 geltend. Als Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft forderte er zuletzt also insgesamt S 222.700. Gegen diesen Anspruch wendeten die Beklagten ein, der Kläger habe seine Schadensminderungspflicht verletzt, weil der Verdienstentgang aus der Landwirtschaft jährlich nur S 12.000 bis S 13.000 betrage. Hinsichtlich des Zeitraumes vom 18.3.1985 bis 20.4.1986 wendeten die Beklagten überdies Verjährung ein.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren, das für beide verbundenen Verfahren unter Berücksichtigung der Ansprüche, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, insgesamt S 1,280.451,03 ausmachte, mit einem Betrag von S 1,082.015,96 samt stufenweisen Zinsen statt und wies das Leistungsmehrbegehren von S 198.435,07 samt Zinsen sowie das Feststellungsbegehren hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit als Autolackierer, ab. Es ging dabei von folgenden für das Revisionsverfahren noch wesentlichen Feststellungen aus:

Der Kläger erlitt bei dem Verkehrsunfall eine Kopfprellung oder Gehirnerschütterung, einen Trümmerbruch des Nasenbeins, eine Brustkorbprellung und Brustkorbquetschung mit beidseitiger Blutbrust und Luftbrust sowie Riß der linken Zwerchfellhälfte, einen doppelten Milzeinriß sowie oberflächliche Darmrisse und einen Bluterguß an der Hinterwand der Bauchhöhle, eine Wirbelsäulenprellung mit fraglichem Bruch des zwölften Brustwirbels, eine Sprengung der linken Hüftgelenkspfanne, einen Trümmerbruch des ersten rechten Mittelfußknochens und Schaftbruch des zweiten rechten Mittelfußknochens sowie einen schweren Unfallschock. Der Verletzungsgrad war schwer, die Verletzungen waren vorübergehend lebensbedrohlich.

Nach dem Unfall wurde der Kläger in die Unfallstation des AKH Linz gebracht und dort stationär aufgenommen. Es wurde sofort mit einer Schockbekämpfung begonnen, der Verletzte wurde beatmet und es wurden Drainagen in die Brustkorbhöhle eingebracht. Eine Drainage wurde in die Bauchhöhle eingebracht, aus der sich Blut entleerte, weshalb die Bauchhöhle operativ eröffnet wurde. Aufgrund des festgestellten doppelten Milzeinrisses wurde die Milz entfernt. Der Einriß des linken Zwerchfelles sowie die Darmeinrisse wurden operativ versorgt. Die Wunde wurde drainiert und das Bein im Spaltgipsverband ruhig gestellt. Der Kläger wurde dann zur weiteren Behandlung auf die Intensivpflegestation gebracht, wo er beatmet wurde. Er wurde dann mit Infusionen und Bluttransfusionen behandelt, worauf regelmäßige Blutgasanalysen folgten. Zur Flüssigkeitsbilanzierung wurden ihm ein Venen- und Blasenkatheter eingelegt. Der Kläger erhielt auch eine Magensonde. Bei Röntgenkontrolluntersuchungen wurde ein neuerlicher Riß in der linken Zwerchfellhälfte festgestellt, weshalb der Kläger am 17.10.1984 neuerlich operiert werden mußte. Dann wurde die Bauchhöhle eröffnet und eine neuerliche Naht in der linken Zwerchfällhälfte durchgeführt. Die Wunde wurde wieder drainiert und schichtweise geschlossen. In der Intensivpflegestation folgten dann weitere Infusionsbehandlungen und regelmäßige Laboratoriumsuntersuchungen, bei denen ein Anstieg der weißen Blutkörperchen auf 37.900 diagnostiziert wurde. Da am 18.10.1984 eine linksseitige Luftbrust festgestellt wurde, wurde abermals eine Drainage in die linke Brustkorbhöhle eingebracht. Wegen des Verdachts auf einen Abszeß im Bauchraum wurde am 24.10.1984 die Bauchhöhle eröffnet, jedoch kein Abszeß gefunden. Die Verwachsungen wurden gelöst. Vom 18.10. bis 9.11.1984 wurde der Kläger an der ersten chirurgischen Abteilung des AKH Linz stationär behandelt. Nach erfolgter Wundheilung wurden die Nähte entfernt und der Kläger weiter mit Infusionen und Antibiotika behandelt. Vom 9.11. bis 13.11.1984 wurde der Kläger dann an der Unfallstation behandelt, wo ein Gehgipsverband angelegt wurde, mit dem er weiter mobilisiert wurde. Nach regelmäßigen Gips- und Röntgenkontrollen wurde der Gipsverband am 21.12.1984 abgenommen. Weitere Behandlungen nach der Gipsabnahme folgten im Krankenhaus bis 4.2.1985. Die Weiterbehandlung erfolgte dann beim Hausarzt, der auch eine orthopädische Behandlung veranlaßte. Wegen Schmerzen in der Wirbelsäule und wegen Fußschmerzen wurde vom Orthopäden eine Behandlung mit Voll- und Rheumabädern veranlaßt und wegen der seit Geburt bestehenden Fußfehlstellung wurden dem Kläger neue orthopädische Schuhe verordnet. Der beim Unfall erlittene Trümmerbruch des ersten rechten Mittelfußknochens heilte zwar ab, es blieb aber eine Verkürzung des ersten Mittelfußknochens am rechten Fuß um einen Zentimeter. Nach dieser orthopädischen Behandlung erhielt der Kläger beim Hausarzt Bestrahlungen. Vom 23.10. bis 20.11.1985 machte er eine Kur in Bad Aussee.

Beim Kläger ist eine etwas geringere Verschieblichkeit der linken Zwerchfellhälfte gegeben. Es sind geringe pleurale Verwachsungen links basal nach einer operativ versorgten, traumatischen Zwerchfellruptur vorhanden. Die funktionell minimalen restriktiven Ventilationsstörungen führen zu keiner Einschränkung der cardiorespiratorischen Leistungsfähigkeit. Aufgrund der die Bauchhöhle betreffenden notwendigen drei Operationen, nämlich Milzentfernung wegen Milzruptur sowie Naht des Zwerchfells, Operation mit abermaliger Zwerchfellnaht sowie Operation wegen eines Darmverschlusses, hat der Kläger nach wie vor Schmerzen und Beschwerden, die sich im wesentlichen auf den Oberbauch beziehen. Besonders beim Sitzen hat er oft heftige Schmerzen. Es bestehen erhebliche Narbenbildungen mit einem Narbenknochen im Oberbauch, welcher etwa 5 cm breit ist. Derartige Narbenknochen bilden sich insbesondere bei jüngeren Leuten nach mehreren Operationen und einer Infektion der Wunde und sind in der Folge oft durch heftige Schmerzen gekennzeichnet, welche auch beim Kläger immer wieder auftreten. Eine Narbenhernie oder ähnliches besteht nicht.

Wegen der Beschwerden im Bauchraum wurde am 21.9.1989 eine Gastroskopie durchgeführt, die an der Großkurvatur atypisch gelegen zwei Ulcera ventriculi (Geschwüre im Magen) ergab. Die Biopsien ergaben einen gutartigen Befund. Ösophagusvarizen (Ausbuchtungen in der Speiseröhre) könnten durch die Zwerchfellruptur hervorgerufen sein. Zusätzlich fand sich noch eine kleine achsiale Gleithernie (Eingeweidebruch), bei der die nicht vom Bauchfell bedeckte Wand gewisser Bauchorgane im Zusammenhang mit dem Bauchfell ihrer Umgebung durch die Bruchpforte austritt und einen Teil des Bruchsackes bildet. Sowohl die Gleithernie als auch die Ulcera ventriculi und der Narbenknochen sind Spätfolgen des Unfalles. Würde man versuchen, den Narbenknochen, der eine Länge von etwa 10 cm und eine Breite von etwa 4 cm hat, zu entfernen, so besteht die Wahrscheinlichkeit, daß die mit dem Knochen verbundenen Beschwerden abnehmen. Es besteht jedoch die große Gefahr, daß der Narbenknochen von einer Narbenhernie abgelöst wird, weshalb die Operation eines solchen Narbenknochens sehr problematisch ist.

Eine weitere Unfallsfolge stellen die Verdickung des rechten Sprunggelenkes und eine Bewegungseinschränkung der Zehen und Sprunggelenke beiderseits, nach einer seit Geburt bestehenden Klumpfußbildung einerseits, zusätzlich am rechten Sprunggelenk nach der Sprunggelenksverletzung und Vorfußverletzung anderseits, dar. Spätfolgen im Sinne von medizinischen Komplikationen sind möglich, insbesondere aufgrund der Schädelhirn-, Brustkorb-, Bauch- und Beinverletzungen.

Durch den Unfall erlitt der Kläger ein bis zwei Tage sehr starke, drei bis vier Wochen starke, sieben bis acht Wochen mittlere und fünf bis fünfeinhalb Monate leichte Schmerzen. Mit dem Verlust der oberen Zahnprothese waren keine Schmerzen verbunden. Aufgrund der Zahnbehandlung hatte der Kläger etwa drei Tage leichte Schmerzen. Aufgrund des Narbenknochens und der beiden Magengeschwüre, die sich als Unfallsfolge entwickelt haben, hat der Kläger leichte bis mittelgradige Schmerzen als Dauerschmerz und fünf- bis sechsmal im Jahr Schmerzperioden von acht bis zehn Tagen mit mittelgradigen bis schweren Schmerzen. Die Schmerzen infolge der Magengeschwüre sind durch das vom Kläger eingenommene Medikament Zimatek 800 erträglich zu gestalten. Beim Absetzen des Medikamentes treten jedoch nicht nur leichte bis mittelschwere, sondern mittelschwere bis schwere Schmerzzustände auf, die sogar eine Bettlägrigkeit bedingen. Die leichten bis mittleren Schmerzen sind dauernd vorhanden, also 24 Stunden lang, und werden durch Bewegungen und körperliche Anstrengungen intensiviert. Eine Raffung in mittlere Schmerzen ist nicht möglich. Das Medikament, das der Kläger dauernd einnimmt, wirkt nur auf die Schmerzen, die von seinem Magengeschwür ausgehen, nicht aber auf die leichten Dauerschmerzen, die von seinem Narbenknochen ausgehen. Mit Schmerzmitteln sind diese leichten bis mittleren Schmerzen, die vom Narbenknochen ausgehen, erträglich zu gestalten.

Diese geschilderten Beschwerden hat der Kläger seit dem Unfall. Aufgrund dieser Beschwerden und Schmerzzustände, die dauernd vorhanden sind, und unter Berücksichtigun der mehrmaligen heftigen Schmerzperioden im Jahr ist der Kläger seit dem Unfall vom 12.10.1984 völlig arbeitsunfähig. Auch in Zukunft ist eine Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht gegeben. Es besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 %, wobei die bereits zum Unfallszeitpunkt bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt etwa 25 % betrug.

Am 19.3.1985 nahm der Kläger bei seinem Arbeitgeber, der Firma Heinz G*****, seine Tätigkeit als Autolackierer wieder auf. Aufgrund seiner häufigen Krankenstände wegen des Unfalles wurde er von seinem Arbeitgeber zum 5.1.1986 gekündigt. Diese Kündigung hat der Kläger nicht als sozial ungerechtfertigt angefochten, weil er von dieser Möglichkeit nichts wußte. Am 2.2.1987 versuchte der Kläger bei der Firma H***** wieder als Autolackierer zu arbeiten, doch wurde er, nachdem er vom 10.2. bis 20.2.1987 wieder im Krankenstand gewesen war, von seinem Dienstgeber noch in der Probezeit gekündigt.

Trotz seiner oben geschilderten Beschwerden und Schmerzzustände hatte der Kläger am 4.9.1989 einen Arbeitsplatz als Autolackierer bei der Firma H***** nach dem Invalideneinstellungsgesetz zugewiesen bekommen. Da sich die oben geschilderten Beschwerden und Schmerzzustände des Klägers aufgrund dieser Arbeit aber noch verstärkten, war er vom 17.10. bis 22.10.1989, vom 10.12. bis 30.12.1989, vom 2.1. bis 9.1.1990, vom 19.3. bis 1.4.1990, vom 7.5. bis 14.5.1990, vom 22.6. bis 3.7.1990, vom 20.8. bis 30.8.1990 und vom 5.11. bis 13.11.1990 im Krankenstand, weil in diesen Zeiten seine Beschwerden so stark waren, daß er trotz Überwindung seiner dauernden leichten Schmerzen nicht mehr arbeiten konnte.

Mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Oberösterreich in Linz vom 16.10.1989 wurde über Antrag des Klägers vom 4.4.1989 festgestellt, daß er ab dem 13.4.1989 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört, wobei der Grad seiner Behinderung mit 70 % festgestellt wurde. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 5.3.1990 wurde der Antrag des Klägers vom 27.11.1989 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension mit der Begründung abgelehnt, daß er nicht invalid sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger eine Klage zu 15 Cgs 137/90 des Landes- als Arbeits- und Sozialgerichtes Linz, welches Verfahren zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung noch nicht abgeschlossen war.

Der Kläger und seine Gattin Maria N***** sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der bäuerlichen Kleinliegenschaft H*****, mit einem bücherlichen Gesamtausmaß von 4,85 ha. Der Einheitswert für die Land- und Forstwirtschaft beträgt S 52.000. Zusätzlich sind noch 1,90 ha landwirtschaftliche Nutzflächen dazugepachtet, sodaß die bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzfläche insgesamt 6,02 ha groß ist. Dazu kommen 0,73 ha Wald und unproduktive Flächen (Bauareal). Der Kleinbetrieb liegt in bester Produktionslage*****. Es handelt sich um einen Hakenhof, wo gegenwärtig das Wohnhaus neu erbaut wird, nachdem bereits 1980 der Rinderstall neu gebaut wurde. Auf dem Betrieb werden 14 Rinder gehalten, davon sechs Kühe. Weiters zwei Mastschweine für den Eigenbedarf. Die maschinelle Ausstattung des Betriebes liegt in gutem Durchschnitt, ein Teil der zugehörigen Landmaschinen ist in Gütergemeinschaft mit mehreren Eigentümern in Nutzung.

Die Erträgnisse aus dem Betrieb sind bei der gegenwärtigen und etwas unter dem Durchschnitt gelegenen Bewirtschaftungsweise nicht ausreichend, um nach dem heutigen ortsüblichen Standard eine Existenz für eine Familie abzugeben. Die Intensivierung auf eine Höchstauslastung im Rahmen der Veredelungswirtschaft (Tierhaltung) ist aus mehreren Gründen nicht möglich. Die Hauptursache ist das relativ bescheidene Arbeitsvermögen der Familie. Auf dem Anwesen leben nämlich nur die Ehegatten und ihr derzeit elfjähriger Sohn. Da ein außerlandwirtschaftliches Einkommen ergänzend erzielt werden muß, ergibt sich an Arbeitsvermögen aus betriebswirtschaftlicher Sicht durch die dem Betrieb in der Hauptsache alleine zur Verfügung stehende Arbeitskraft der Ehegattin des Klägers nur ein gerechtfertigtes Arbeitsvolumen von 1.400 Arbeitsstunden pro Jahr, weil bei der Normalunterstellung von 2.000 Arbeitsstunden für eine vollarbeitende Kraft betriebswirtschaftlich 20 % dieses Arbeitsumfanges für die Haushaltsführung abzuziehen sind, und weitere 10 % für die Erziehung von Kindern unter 10 Jahren. Die gegenwärtige Ausstattung mit Vieh, einschließlich der Wirtschaftsweise, wie sie gepflogen wird, ergibt aber bereits eine jährliche Arbeitsbelastung von 2.174 Arbeitsstunden, wobei pro Kuh einschließlich der Kälberaufzucht 200 Arbeitsstunden pro Jahr, für die aufzuziehenden Jungkalbinnen (8 Stück) 71 Arbeitsstunden pro Jahr und für die Betreuung von zwei Mastschweinen 91 Arbeitsstunden pro Jahr benötigt werden. Der restliche Arbeitsanfall von 315 Arbeitsstunden ergibt sich aus der Einholung des Grünfutters während der Vegetationsperiode, die gemäß den klimatischen Verhältnissen 210 Tage beträgt. Der Arbeitsaufwand beträgt 1,5 Stunden pro Tag oder 315 Stunden im Vegetationszeitraum. Diese Ergebnisse zeigen, daß die Arbeitskraft der Ehegattin des Klägers voll ausgelastet ist, ja sogar eine Überschreitung ihres zumutbaren Arbeitsvolumens gegeben ist. Die Mitarbeit des Ehegatten, außerhalb seiner nicht in der Landwirtschaft verbrachten Arbeitszeit, ist im Ausmaß von täglich 4 Stunden während der Arbeitstage und 8 bis 10 Stunden während der Wochenenden erforderlich. Geht man für die Vegetatinsperiode (= 7 Monate) von einer wöchentlichen Arbeitsleistung des Klägers in Höhe von 30 Stunden und für die restliche Winterzeit (= 5 Monate) von 16 Stunden pro Woche aus, so errechnet sich das Arbeitsvermögen des mitarbeitenden Klägers mit insgesamt 1.252 Stunden pro Jahr. Stellt man dieses Arbeitsvolumen dem Arbeitsbedarf aus der Viehhaltung allein gegenüber, wo sich betriebswirtschaftlich und rechnerisch ein Überhang von 774 Stunden pro Jahr ergibt, so verbleiben die restlichen 478 Arbeitsstunden des Klägers für die sonst im Betrieb anfallenden Arbeiten, insbesondere die Feldarbeit und die Heuernte, sowie die Bewirtschaftung des Auwaldes im Ausmaß von etwa 0,5 ha. Dazu kommen die entsprechenden Instandhaltungsarbeiten für die Maschinen und Geräte sowie die zugehörigen Gebäude. In diesen Berechnungen ist der seit Jahren laufende Wohnhausneubau nicht berücksichtigt.

Das landwirtschaftliche Betriebseinkommen beträgt pro Jahr S 20.951, wobei aber effektiv ein höherer Wert anzusetzen ist, weil der Eigenverbrauch an selbsterzeugten Lebensmitteln die Lebenshaltungskosten der Familie, die sonst anfielen, entsprechend vermindert, und auch der Mietwert der Wohnung hinzuzurechnen ist, um vergleichbar mit anderen Arbeitnehmern die Einkommensverhältnisse beurteilen zu können. Unter diesen Gegebenheiten beträgt das Gesamteinkommen aus der Landwirtschaft pauschal S 36.000 bis S 40.000 pro Jahr. Nur durch die geleistet Hilfe seiner beiden Geschwister sowie einen enormen Arbeitsaufwand seiner Ehegattin konnte der Arbeitsausfall des Klägers und somit ein Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft verhindert werden. Vom Unfall des Klägers bis einschließlich Herbst 1978 halfen der Bruder des Klägers Alfred N***** insbesondere bei der Maisernte 1984, bei der Ackerung und dem Wintergerstenanbau 1984, bei der Holzarbeit von 1984 bis 1986 und bei den Heuernten mit einem Arbeitsaufwand von insgesamt 149 Stunden mit, die Schwester des Klägers Anneliese B***** insbesondere bei der Maisernte 1984, bei der Holzarbeit 1984 und bei den Heuernten 1986 und 1987 insgesamt 99 Stunden, jeweils ohne Berücksichtigung der Mithilfe beim Wohnhausneubau. Die Ehegattin des Klägers Maria N***** hat neben ihren Arbeiten, die sie bereits vor dem Unfall ihres Ehegatten in der Landwirtschaft verrichtet hat, zusätzlich insbesondere die Grünfutterarbeit durchgeführt, was 990 zusätzliche Arbeitsstunden ergibt. Die beiden Geschwister des Klägers haben auch vor dem Unfall ab und zu in der Landwirtschaft ihrer Eltern mitgearbeitet, die oben erwähnten Arbeiten haben sie aber zusätzlich, aufgrund des Arbeitsausfalles ihres Vaters, geleistet.

Der Arbeitslohn für die Aushilfen im Betriebshilfebereich beträgt pro Stunde S 68 inklusive, S 60 exklusive der Verköstigungskosten.

Ausgehend von 1.252 Stunden, die der Kläger vor seinem Unfall im landwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet hat, fallen rein rechnerisch 455 Arbeitsstunden auf den Zeitraum Oktober bis März und 797 auf die übrige Jahreszeit.

Unter größten Anstrengungen, weil dem Kläger jede Bewegung zusätzlich Beschwerden und Schmerzen verursacht, hilft der Kläger seit etwa Frühjahr 1985 wieder im landwirtschaftlichen Betrieb mit, wobei er aber nur leichte Arbeiten verrichtet. Er leistet nur mehr die Hälfte jenes Arbeitseinsatzes, den er vor dem Unfall erbracht hat. Sein Arbeitsausfall wird durch die verstärkte Mithilfe seiner Geschwister und seiner Ehegattin ausgeglichen. Unter Berücksichtigung des halben Arbeitseinsatzes des Klägers errechnet sich dessen Arbeitsausfall vom 12.10.1984 bis 18.3.1985 mit 455 Stunden und vom 19.3.1985 bis 31.8.1989 mit 2.786 Stunden.

Ausgehend von obigen Berechnungen des Arbeitsbedarfes und der Arbeitsverteilung aufgrund des Arbeitsausfalles des Klägers in Höhe von 50 % errechnet sich die Leistung der Ehegattin des Klägers mit zwei Drittel, der Ausfall des Klägers als Arbeitskraft mit einem Drittel. Würde der Arbeitsausfall des Klägers nicht durch den zusätzlichen Arbeitsaufwand seiner Geschwister und seiner Ehegattin ausgeglichen werden, so würde sich das betriebswirtschaftliche Einkommen aus der Nebenerwerbslandwirtschaft fiktiv mit S 12.000 bis S 13.500 pro Jahr errechnen. Wäre der Arbeitsausfall des Klägers vom Unfall bis 31.8.1989 nicht ausgeglichen worden, dann hätte die Einkommensminderung aus der Nebenerwerbslandwirtschaft ca S 35.000 betragen.

Die Geschwister des Klägers sowie seine Ehegattin halfen auch im Zeitraum bis August 1989 im oben beschriebenen Ausmaß in der Landwirtschaft mit. Deren zusätzliche Arbeit aufgrund des Arbeitsausfalles des Klägers wurde nicht vergütet.

In rechtlicher Beurteilung erachtete das Erstgericht ein Schmerzengeld in der begehrten Höhe von S 800.000 für angemessen, und sprach daher dem Kläger unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung von S 250.000 weitere S 550.000 aus diesem Titel zu. Auch an Verdienstentgang als Autolackierer sprach das Erstgericht den gesamten geltend gemachten Betrag von S 453.475,96 zu, dem von den beklagten Parteien erhobenen Einwand, der Kläger hätte zufolge seiner Schadensminderungspflicht die Dienstgeberkündigung anfechten müssen, hielt es entgegen, daß der Kläger von einer derartigen Möglichkeit keine Kenntnis gehabt habe, und überhaupt die Anfechtung der Kündigung unzumutbar gewesen wäre. Zwar habe der Kläger grundsätzlich zur Abdeckung des Entfalles seiner Arbeitskraft in der Landwirtschaft Anspruch auf den üblichen Bruttolohn für Hilfskräfte, doch stehe die Aushilfskräfteentschädigung von S 222.700 in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Verdienstentgang von S 35.000, weshalb der Kläger seine Schadensminderungspflicht insoweit zumindest leicht fahrlässig verletzt habe, zumal er hätte erkennen können, daß sein Aufwand unangemessen sei. Aus dem Titel des Verdienstentganges aus der Landwirtschaft seien daher nur S 35.000 zuzusprechen. Dem Verjährungseinwand der beklagten Parteien hielt das Erstgericht entgegen, durch das erhobene, durch Teilanerkenntnisurteil vom 28.2.1986 erledigte Feststellungsbegehren sei die Verjährung hinsichtlich aller zukünftigen Ansprüche des Klägers unterbrochen worden.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Klägers und der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil in seinem Ausspruch über das Leistungsbegehren dahin ab, daß ein Betrag von S 1,151.015,96 samt stufenweisen Zinsen zugesprochen und das Mehrbegehren von S 129.435,07 samt stufenweisen Zinsen abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es erachtete ein Schmerzengeld von lediglich S 700.000 für angemessen und führte aus, durch das Feststellungsbegehren sei die Verjährung aller zukünftiger Schadenersatzansprüche unterbrochen worden, sodaß der Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens die Einrede der Verjährung nicht mit Erfolg entgegengehalten werden könne. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung sei eine verläßliche Prognose der künftigen Leiden nicht möglich gewesen.

Hinsichtlich des Verdienstentgangsanspruches aus unselbständiger Tätigkeit könne dem Kläger keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden. Da er seit dem Unfall völlig arbeitsunfähig sei, habe keine Verpflichtung bestanden, den Schädiger durch Inanspruchnahme des Dienstgebers zu entlasten. Auch die Verjährung der Ansprüche von Verdienstentgang aus der Landwirtschaft sei durch die Feststellungsklage unterbrochen worden. Die durch das Feststellungsurteil ausgedrückte Judikatschuld unterliege zwar selbst wieder der Verjährung, wobei Rentenbeträge der dreijährigen Verjährung unterlägen. Bei den Kosten der Aufnahme von Ersatzarbeitskräften handle es sich aber nicht um jährliche Leistungen. Die Ansicht des Erstgerichtes, der Kläger habe durch sein Begehren auf Ersatz der Kosten von Ersatzkräften seine Schadensminderungspflicht verletzt, könne nicht geteilt werden. Der Schaden, den ein selbständig Erwerbstätiger infolge eines Unfalls erleide, könne sich entweder durch die Verringerung seines wirtschaftlichen Ertrages oder in den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte ausdrücken (vgl EvBl 1970/261 ua). Der selbständig Erwerbstätige könne daher entweder den Gewinnausfall oder die Kosten der für ihn tätigen Ersatzkräfte verlangen (ZVR 1988/84 ua). So sei ein Aufwand, den ein unfallsbedingt arbeitsunfähiger Landwirt für die Haltung fremder Arbeitskräfte machen müsse, zu ersetzen (ZVR 1967/43), wobei es ohne Bedeutung sei, ob der Verletzte Alleineigentümer oder nur Hälfteeigentümer sei. Der Bruttolohn könne auch in Rechnung gestellt werden, wenn die Hilfe von Familienangehörigen in Anspruch genommen werde. Ein Verstoß gegen die Schadensminderngspflicht liege vor, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen habe, die geeignet gewesen wären, den Schaden zu verringern, die - objektiv beurteilt - von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (ZVR 1989/304). Die Rettungspflicht bestehe, soweit die Maßnahmen zur Verringerung des Schadens zumutbar seien. Die Zumutbarkeit bestimme sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Ihre Grenze liege dort, wo sie wertverbundene, vernünftige Menschen setzten (vgl Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 38 zu § 1304). Dem beklagten Schädiger obliege der Beweis der objektiven Zumutbarkeit der Schadensminderung, wobei er konkret zu behaupten und zu beweisen habe, welche Maßnahmen zu setzen dem Geschädigten zumutbar wäre. Solche konkreten Behauptungen hätten die beklagten Parteien im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgestellt, sondern bloß darauf hingewiesen, daß die Kosten der Aushilfskräfte nicht unbeträchtlich über dem vom Sachverständigen errechneten Verdienstentgang lägen. Insbesondere hätten sie keine Verpflichtung des Klägers dargetan, den ihm nur zur Hälfte gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb zu verpachten oder gar aufzugeben, weshalb auch Berechnungen zu den finanziellen Konsequenzen solcher Maßnahmen nicht angestellt worden seien und auch nicht anzustellen gewesen seien. Auch das Erstgericht begründe seine Meinung, der Kläger habe die Schadensminderungspflicht zumindest leicht fahrlässig verletzt, nur damit, daß die Aushilfskräfteentschädigung in keinem Verhältnis zum berechneten Verdienstentgang stehe, lege aber nicht dar, welche alternativen Maßnahmen dem Kläger zumutbar gewesen wären. Soweit die beklagten Parteien in ihrer Berufungsbeantwortung solche alternativen Möglichkeiten aufzuzeigen versuchen, verstießen sie gegen das Neuerungsverbot. Der Umstand, daß der Arbeitseinsatz des Klägers für die Landwirtschaft nicht den üblichen wirtschaftlichen Vorstellungen von Rentabilität entsprochen habe, sondern im Vergleich zur aufgewendeten Arbeit bloß einen relativ geringen wirtschaftlichen Gewinn abgeworfen habe, vermöge den grundsätzlich zur Naturalrestitution verpflichteten Schädiger nicht dadurch zu entlasten, daß der Geschädigte zu einer radikalen Änderung seiner Lebensverhältnisse durch Aufgabe der unrentablen, im Familienbesitz stehenden Kleinlandwirtschaft, und damit auch zur Aufgabe einer weitgehenden Selbstversorgung für die Zukunft, verpflichtet wäre. Unter Zugrundelegung des Vorbringens der für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht behauptungs- und beweispflichtigen beklagten Parteien und der erstrichterlichen Feststellungen erachte daher das Berufungsgericht eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers hinsichtlich seines Verdienstentganges aus landwirtschaftlichem Nebenerwerb nicht vorliegend, zumal das Erstgericht bei Berechnung des zugesprochenen Verdienstentganges von S 35.000 den festgestellten Eigenverbrauch an selbst erzeugten Lebensmitteln und den Mietwert der Wohnung im Anwesen nicht berücksichtigt habe. Der Kläger habe daher Anspruch auf Ersatz seines Verdienstentganges aus der Landwirtschaft, berechnet auf der Grundlage der Entlohnung für Ersatzarbeitskräfte. Diesen Anspruch mittle das Berufungsgericht gemäß § 273 ZPO unter Zugrundelegung der erstrichterlichen Feststellungen über die bis zum Unfall erbrachten Arbeitsleistungen des Klägers und deren Entfall, sowie über die Tätigkeit von Hilfskräften für den Zeitraum 12.10.1984 bis 31.8.1989 mit S 204.000 (3.000 Arbeitsstunden a S 68) aus.

Der Kläger und die beklagten Parteien bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revisionen, in denen der Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht wird.

Der Kläger ficht die Abweisung eines Schmerzengeldbetrages von S 100.000 sowie seines restlichen Verdienstentganges aus der Landwirtschaft im Betrag von S 16.388 an.

Die beklagten Parteien bekämpfen den Zuspruch eines Schmerzengeldteilbetrages von S 350.000, des Verdienstentganges aus der Tätigkeit als Autolackierer im Betrag von S 453.457,96 sowie eines Verdienstentganges aus der Landwirtschaft von S 169.000.

In beiden Revisionen wird ein der Anfechtungserklärung entsprechender Abänderungsantrag gestellt.

Die Parteien beantragen jeweils, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig und teilweise berechtigt.

1.) Zum Schmerzengeld:

Die Ausführungen der beklagten Parteien, die mit Klagsausdehnung begehrten Schmerzengeldbeträge seien verjährt, sind verfehlt. Durch die Einbringung der Feststellungsklage, der später stattgegeben wurde, wurde die Verjährung aller zukünftigen Schadenersatzansprüche unterbrochen. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß im Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage (Dezember 1985) eine verläßliche Prognose der künftigen Leiden noch nicht möglich war. Zu berücksichtigen sind hiebei die zahlreichen schweren Verletzungen, der komplizierte, langwierige Heilungsverlauf und der Umstand, daß zuletzt erst im Jahr 1989 wegen der unfallsbedingten Beschwerden des Klägers Untersuchungen durchgeführt werden mußten. Die Beklagten führen in ihrem Rechtsmittel selbst aus, die Ursache für die Schmerzen sei zur Zeit der Klagseinbringung nicht bekannt gewesen. Solange aber die Ursache von Schmerzen nicht bekannt ist, ist eine Beurteilung der künftigen Entwicklung nicht möglich. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang ausführen, die Kenntnis der Schadenshöhe sei nicht Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist, ist ihnen zu erwidern, daß in einem solchen Fall eben die Feststellungsklage der Verhinderung der Verjährung dient. Die Schmerzengeldansprüche des Klägers sind daher, auch soweit sie erst mit Klagsausdehnung geltend gemacht wurden, nicht verjährt.

Bei der Bemessung des Schmerzengeldes sind die Art und Schwere der Körperverletzung, die Art, Intensität und Dauer der Schmerzen, sowie die Dauer der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Verletzten und ferner die damit verbundenen Unlustgefühle zu berücksichtigen (Jarosch - Müller - Piegler, Das Schmerzengeld5 176 mwN). Im vorliegenden Fall ist daher darauf Bedacht zu nehmen, daß der Kläger eine große Zahl schwerer Verletzungen erlitt, die mehrere Operationen erforderlich machten; weiters sind die Schmerzen zu berücksichtigen. Dabei fällt neben den bereits erlittenen Schmerzen besonders ins Gewicht, daß der Kläger, der zur Zeit des Unfalles erst 29 Jahre alt war, bis zu seinem Lebensende ununterbrochen an leichten bis mittelstarken Schmerzen, fallweise auch an schweren Schmerzen zu leiden haben wird. Wenn auch - wie die beklagten Parteien hervorheben - beim Kläger trotz der zahlreichen schweren Verletzungen keine geistige Behinderung zurückblieb und er auch in seiner körperlichen Beweglichkeit nicht schwerwiegend eingeschränkt ist, so rechtfertigen die als Dauerfolgen auftretenden ununterbrochenen Schmerzen doch die Bemessung des Schmerzengeldes in der begehrten Höhe von S 800.000.

Hinsichtlich des Schmerzengeldes war daher der Revision der beklagten Parteien nicht Folge zu geben, wohl aber jener des Klägers dahin, daß ein weiterer Betrag von S 100.000 samt 4 % Zinsen seit der Klagsausdehnung zuzuerkennen war.

2.) Zum Verdienstentgang des Klägers als Autolackierer:

Die Beklagten halten diesem Anspruch lediglich entgegen, der Kläger hätte die Kündigung durch seinen Dienstgeber gemäß § 107 ArbVG anfechten müssen. Hiezu hat bereits das Berufungsgericht zutreffend auf die seit dem Unfall bestehende völlige Arbeitsunfähigkeit des Klägers hingewiesen. Einem auf Dauer völlig arbeitsunfähigen Dienstnehmer kann aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, eine Kündigung nicht angefochten zu haben, da eine derartige Maßnahme keinen Erfolg hätte haben können (vgl RdW 1986/3; SZ 62/27; RdA 1988, 228). Daran vermag es nichts zu ändern, daß der Kläger damals noch nicht wußte, auf Dauer arbeitsunfähig zu sein und daß er in der Folge mehrmals versuchte, wieder zu arbeiten.

3.) Zum Verdienstentgang aus der Landwirtschaft:

Wie schon das Berufungsgericht ausführte, kann sich der Schaden, den ein Selbständiger infolge eines Unfalles erleidet, entweder in einem eingetretenen Verdienstentgang oder in den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte auswirken (ZVR 1985/47; ZVR 1988/84 uva). Der Kläger hat daher grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Kosten von Ersatzkräften, und zwar auch dann, wenn es sich um Familienangehörige handelt, die keine Entlohnung erhalten (ZVR 1987/56). Den Geschädigten trifft allerdings die Schadensminderungspflicht, die er dann verletzt, wenn er schuldhaft Handlungen unterläßt, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern (SZ 61/185; ZVR 1991/92 ua). Die Behauptungs- und Beweislast für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht trifft den Schädiger (SZ 61/185; ZVR 1982/322). Die Beklagten haben eine Verletzung der Schadensminderungspflicht mit der Begründung behauptet, daß ohne Beschäftigung von Ersatzkräften ein wesentlich geringerer Schaden eingetreten wäre, als die Kosten von Ersatzkräften. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß die Beklagten damit ihrer Behauptungspflicht nicht entsprochen haben. Die Revisionswerber führen aus, in ihrem Vorbringen sei die Verpflichtung zur Unterlassung der Beschäftigung von Ersatzkräften und zur entsprechenden Verkleinerung des Betriebes impliziert gewesen. Dem kann nur insoweit gefolgt werden, als eine Behauptung, der Kläger hätte keine Ersatzkräfte beschäftigen dürfen, angenommen werden kann. Über die Frage einer Verkleinerung des Betriebes ist damit aber noch nichts gesagt. Bei einer Landwirtschaft, bei der Vieh zu betreuen und Grundflächen zu bearbeiten sind, kann nicht ohne weiters angenommen werden, daß dann, wenn der Arbeitseinsatz in einer bestimmten Zeit verringert worden wäre, nur der Gewinn in dieser Zeit gesunken wäre. Die Unterlassung notwendiger Arbeit könnte zu einem schweren Schaden für den landwirtschaftlichen Betrieb führen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß eine Verkleinerung des Betriebes auf alle Fälle sofort möglich und tunlich ist. Es ist auch denkbar, daß bei Einschränkung der Arbeitsleistungen die Fortführung des Unternehmens überhaupt unmöglich gemacht wird. Die Aufgabe eines Betriebes kann der Schädiger vom Geschädigten aber nicht verlangen (SZ 41/169; EvBl 1970/261; 2 Ob 183, 184/75). Zutreffend weist der Kläger auch darauf hin, daß er nicht sofort wissen konnte, auf Dauer arbeitsunfähig zu sein. Der bloße Hinweis auf ein Mißverhältnis zwischen dem Aufwand für Ersatzkräfte und dem Gewinn aus der Landwirtschaft reicht daher für eine Behauptung der Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht aus, weshalb der Kläger Anspruch auf Ersatz der Kosten der Ersatzkräfte, die wegen des Ausfalles seiner Arbeitskraft beschäftigt wurden, hat.

Das Berufungsgericht hat - entgegen der in der Revision des Klägers vertretenen Ansicht - zutreffend die Bestimmung des § 273 ZPO angewendet, weil der Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft keine exakt zu errechnende Größe ist. Da es sich bei § 273 ZPO um gebundenes Ermessen handelt, sind zwar die für die Betragsfestsetzung maßgebenden Umstände zu berücksichtigen (SZ 60/157 und 269), im vorliegenden Fall also die Arbeitsstunden, die der Kläger in der Nebenerwerbslandwirtschaft nicht verrichten konnte und das Entgelt, das landwirtschaftliche Hilfskräfte erhalten. Eine genaue Berechnung des tatsächlich entstandenen Schadens ist jedoch nicht möglich. Darin, daß das Berufungsgericht von 3.000 Arbeitsstunden ausgegangen ist und einen Schaden von S 204.000 ermittelt hat, kann kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Allerdings kommt dem Verjährungseinwand hinsichtlich eines Teiles des Anspruches auf Verdienstentgang aus der Nebenerwerbslandwirtschaft Berechtigung zu. In der am 27.12.1985 eingebrachten Klage 10 Cg 416/85 machte der Kläger Verdienstentgang aus der Landwirtschaft für die Zeit vom Unfall bis zum 18.3.1985 geltend. Dieser Anspruch ist nicht verjährt. Durch das in der Klage gestellte Feststellungsbegehren wurde die Verjährung für künftige Ansprüche unterbrochen, nicht aber für bereits fällige. Bei den Ansprüchen auf Verdienstentgang aus der Landwirtschaft in der Zeit vom 19.3.1985 bis zum 26.12.1985 handelte es sich nicht um künftige Ansprüche, sodaß insoweit die Verjährung nicht unterbrochen wurde. Zur Zeit der Ausdehnung des Klagebegehrens am 20.4.1989 war diese Forderung daher bereits verjährt. Ein Verdienstentgang aus der Landwirtschaft kann daher nur für die Zeit vom 12.10.1984 bis zum 18.3.1985 und vom 27.12.1985 bis einschließlich August 1989 zuerkannt werden. Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, welche Anzahl von Arbeitsstunden auf diesen Zeitraum entfallen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Zeitraum, für welchen Verjährung eingetreten ist, zum großen Teil in die Wachstumsperiode fällt, während in der Klage 10 Cg 416/85 Beträge für eine außerhalb dieser Periode liegende Zeit gefordert wurden. Es sind daher ergänzende Feststellungen darüber erforderlich, wieviele der etwa 3.000 Arbeitsstunden in den Zeitraum fallen, für welchen Verjährung eingetreten ist. Erst dann ist eine Grundlage für eine gemäß § 273 ZPO zu erfolgende Ermittlung des Schadens vorhanden.

Aus diesen Gründen mußten die Urteile der Vorinstanzen hinsichtlich des von den Beklagten bekämpften Betrages von S 169.000 samt Zinsen aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Da die Beklagten in ihrer Revision nicht ausgeführt haben, inwiefern der Zuspruch der stufenweise berechneten Zinsen angefochten wird, konnte beim Teilurteil und beim Aufhebungsbeschluß nur davon ausgegangen werden, daß es sich bei den Zinsen aus dem Betrag von S 169.000 um solche handelt, die ab 1.12.1990 zuerkannt wurden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E30135

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0020OB00022.92.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19920701_OGH0002_0020OB00022_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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