TE OGH 1992/7/8 9ObA163/92

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Veröffentlicht am 08.07.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Monika Angelberger und Paul Binder als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** T*****, Kindergärtnerin, ********** vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde Graz, Hauptplatz-Rathaus, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 30.297,76 brutto sA (im Revisionsverfahren S 19.227,42 brutto sA). infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen als Berufungsgericht vom 14. November 1991, GZ 7 Ra 92/91-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 1. Juli 1991, GZ 32 Cga 103/91-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.264,-- (darin S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 15. September 1990 bei der Beklagten als Kindergärtnerin beschäftigt. Das bis 14. September 1991 befristete Dienstverhältnis wurde am 5. Mai 1991 einvernehmlich aufgelöst. Als Ersatz für ihre Arbeit während der Weihnachts- und Osterferien im Ausmaß von 11 Arbeitstagen erhielt sie eine Dienstfreistellung von 11 Arbeitstagen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin eine Urlaubsentschädigung (richtig Abfindung) für 35 Arbeitstage im Sinne der Bestimmungen des § 26 des Grazer Gemeindevertragsbedienstetengesetzes (G-VBG), da ihr Diestverhältnis vor Verbrauch ihres Urlaubs in den Hauptferien geendet habe.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Nach dem Steiermärkischen (Stmk) Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der vom Land Steiermark oder von den Gemeinden angestellten Kindergärtner(innen), kurz KGLG, seien jeweils jene Zeiträume, in denen die Pflichtschulen Ferien haben, als Urlaub anzusehen. Vorher entstehe gar kein Urlaubsanspruch. Eine Urlaubsabgeltung sei in diesem Gesetz, das als lex specialis zum Grazer Gemeindevertragsbedienstetengesetz anzusehen sei, nicht vorgesehen. Da die Klägerin bereits vor den Sommerferien aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden sei, gebühre ihr keine Urlaubsabfindung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 19.227,42 brutto sA statt. Die Abweisung des Mehrbegehrens blieb unbekämpft. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß zwar primär das Stmk. KGLG anzuwenden sei; soweit aber dort keine nähere Regelung getroffen sei, komme das Grazer G-VBG zur Anwendung, das in § 26 eine Abfindung nicht verbrauchten Urlaubs für jede Woche des Dienstverhältnisses bei Beginn des Kalenderjahres in Höhe von 1/52-tel des Urlaubsentgeltes vorsehe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß im Dienstvertrag der Klägerin ausdrücklich die Anwendung der Grazer G-VBG vereinbart worden sei. Ihr Dienstverhältnis sei sohin nach diesem Gesetz zu begründen, zu gestalten und aufzulösen gewessen. In dem auf das Dienstverhältnis der Klägerin unmittelbar anzuwendenden KGLG sei vom Entstehen des Urlaubsanspruches keine Rede; es fehle auch an einer Regelung, was mit einem Urlaubsanspruch zu geschehen habe, wenn der Urlaub etwa wegen Krankheit oder vorzeitigen Endes des Dienstverhältnisses nicht habe verbraucht werden können. Solchermaßen bereits entstandene Urlaubsansprüche könnten daher auch im Hinblick auf die §§ 2 und 3 KGLG IVm §§ 28 a bis 28 c VBG 1948 nicht entschädigungslos verloren gehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene außerordentliche Revision der Beklagten, in der sie ihre Auffassung wiederholt, daß das KGLG als lex specialis offensichtlich eine abschließende Urlaubsregelung enthalte, so daß Kindergärtnern keine Urlaubsabfindung nach dem G-VBG zustehe.

Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der außerordentlichen Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, da die Frage unter welchen Voraussetzungen Kindergärtner(u)(-innen) in der Steiermark Urlaubsabfindung gebührt, eine für eine Gruppe von Dienstnehmern erhebliche Rechtsfrage ist, zu der keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; sie ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 3 Stmk KGLG, LGBl 1985/77, sind Kindergärtner während der Ferien beurlaubt (Erholungsurlaub). Unter Ferien sind die nach dem Steiermärkischen Schulzeit-Ausführungsgesetz für die öffentlichen Pflichtschulen vorgesehenen Ferien zu verstehen. Mit dieser Regelung ist somit lediglich das Ausmaß und die Zeit des Urlaubs der Kindergärtner(-innen) gesetzlich festgelegt. Es bedarf demnach keiner ausdrücklichen Beurlaubung. Weitergehende Anordnungen über den Anfall des Urlaubsanspruches oder über den Entfall einer Urlaubsabfindung bei Nichtverbrauch des Urlaubs sind diesem Gesetz nicht zu entnehmen. Soweit in diesem Gesetz aber keine besonderen Regelungen getroffen sind, ist auf die Klägerin gemäß § 1 Abs 2 lit b leg cit (und auch als lex contractis) das die Grazer G-VBG, LGBl 1974/30, hinsichtlich der Gestaltung des Dienstverhältnisses anzuwenden, das in § 26 die Abfindung des Urlaubs vorsieht, wenn das Dienstverhältnis vor Verbrauch des Urlaubs endet.

Auch ein durch den Hinweis auf die in den öffentlichen Pflichtschulen vorgesehenen Ferien naheliegender Vergleich mit der Urlaubsregelung der Vertragslehrer des Bundes zeigt, daß die Urlaubsregelung des KGLG nicht erschöpfend ist. Gemäß § 37 Abs 2 VBG 1948 finden die Bestimmungen des ersten Abschnittes, soweit im zweiten Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, auch auf Vertragslehrer Anwendung. Insoweit besteht eine ähnliche Verweisung wie im § 1 Abs 2 lit b KGLG. Hinsichtlich der Ferien und des Urlaubs der Vertragslehrer verweist § 47 VBG jedoch anstelle der §§ 27 bis 28 c VBG auf die sinngemäße Anwendung des § 219 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, wonach der Lehrer kraft Gesetzes ebenfalls während der Hauptferien beurlaubt ist; die Bestimmungen der §§ 28 a (Urlaubsentschädigung) und 28 b (Urlaubsabfindung) finden keine Anwendung. Eine solche Ausnahmeregelung ist aber weder dem Grazer G-VBG noch dem KGLG zu entnehmen. Sie wäre aber erforderlich, falls der Landesgesetzgeber die Kindergärtner(-innen) von der gemäß § 26 G-VBG vorgesehenen Urlaubsabfindung hätte ausschließen wollen.

Soweit die Beklagte in der Revision erstmals bemängelt, daß das Erstgericht bei der Berechnung der Urlaubsabfindung für die Hauptferien die Dienstfreistellung im Ausmaß von 11 Werktagen nicht berücksichtigt habe, ist sie darauf zu verweisen, daß vom Dienstgeber verfügte Dienstfreistellungen schon begrifflich nicht mit einem gesetzlichen oder vereinbarten Urlaubsverbrauch gleichgesetzt werden können.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E32227

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00163.92.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19920708_OGH0002_009OBA00163_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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