TE OGH 1992/7/14 5Ob3/92

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Veröffentlicht am 14.07.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwarz, Dr. Jelinek und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers K*****, vertreten durch Dr. Helmut A. Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Hinterlegung von Urkunden infolge Revisionsrekuses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 1. Februar 1991, GZ 3 b R 35, 137/90-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 17. Juli 1990, TZ 2680/90-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****. Ob dieser Liegenschaft war das Bestandrecht am Grundstück Nr. ***** bis 31. Dezember 2031 auf Grund des Miet- und Pachtvertrages vom 14. März 1972 für Rudolf H********** und Hannelore H***** einverleibt (C-LNR 1a) und die Vorauszahlung des Mietzinses von S 200.000,-- angemerkt (C-LNR 1b).

Zu Uh 1/87, Uh 1/88, Uh 3/88 und Uh 4/88 wurde, jeweils die Hinterlegung von Pfandbestellungsurkunden betreffend die Verpfändung des oben genannten Bestandrechtes durch Hannelore H***** zur Sicherung von Kredithöchstbeträgen im Ausmaß von S 1,000.000,--, S 250.000,--, S 1,800.000 und S 720.000,-- zugunsten der S***** Bank AG (nunmehr A***** AG) s ON 13 a) bewilligt und dies unter C-LNR 1a der vorgenannten Liegenschaft ersichtlich gemacht. Dem Liegenschaftseigentümer wurden diese Beschlüsse nicht zugestellt.

Zu TZ 163/90 (Rang: 12. Jänner 1990) beantragte der Antragsteller - nachdem am 3. Jänner 1990 sein Gesuch um Löschung des Bestandrechtes, Teilung des Grundstückes Nr. ***** und lastenfreie Abschreibung eines Teiles dieses Grundstückes etc. (TZ 3/90) unter anderem auch mit der Begründung abgewiesen worden war, eine Zustimmung der Berechtigten zur Löschung der Urkundenhinterlegungen betreffend die Pfandrechte am Bestandrecht liege nicht vor -

a) die Hinterlegung der Urkunden zu Uh 1/87, Uh 1/88, Uh 3/88 und Uh 4/88 in Verbindung mit dem Bestandrecht unter C-LNR 1a (der eingangs genannten Liegenschaft) zu löschen und diese Löschung einzureihen; sowie

b) falls dem Antrag zu a) nicht Folge gegeben werden sollte, diesen Antrag als Rekurs zu behandeln, wobei beantragt werde, in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung den Antrag auf Hinterlegung der Urkunden zu Uh 1/87, Uh 1/88, Uh 3/88 und Uh 4/88 abzuweisen.

Das unter b) wiedergegebene Begehren stellt also - entgegen der vom Rekursgericht in seiner Note vom 15. Juni 1990 (ON 7) geäußerten Ansicht - nicht einen eventualiter erhobenen Rekurs gegen den zu TZ 3/90 ergangenen erstgerichtlichen Beschluß vom 3. Jänner 1990 dar, sondern einen Rekurs gegen die zu den angeführten Aktenzeichen ergangenen Beschlüsse im Urkundenhinterlegungsverfahren.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund der Löschungsbewilligung der Bestandnehmer (betreffend ihr Bestandrecht!) und des zu TZ 163/90 gestellten Antrages "die Löschung der zu Uh 1/87, 1/88, 3/88 und 4/88 hinterlegten Pfandbestellungsurkunden für die S***** Bank AG beim Bestandrecht C-LNR 1".

Das Erstgericht begründete seine Entscheidung damit, das Bestandrecht werde auf Grund der von den Bestandnehmern ausgestellten Löschungsbewilligung zu löschen sein. Ein Pfandrecht an einem Bestandrecht sei gemäß § 448 ABGB nicht möglich. Die Löschung sei zu den genannten Uh-Zahlen einzureihen.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der S***** Bank AG den erstgerichtlichen Beschluß in antragabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Verpfändung des Bestandrechtes durch einen der Bestandnehmer seinerzeit überhaupt nach den Bestimmungen des Urkundenhinterlegungsgesetzes hätte vorgenommen werden dürfen. Als seinerzeitiger Antragstellerin im Urkundenhinterlegungsverfahren müsse der Pfandgläubigerin als Rekurswerberin jedoch Parteistellung zugebilligt werden, wenn ohne jegliche Zustimmung ihrerseits die Urkundenhinterlegung rückgängig gemacht werde.

Das Erstgericht sei an die Beschlüsse über die Bewilligung der Urkundenhinterlegung aus den Jahren 1987 und 1988 gebunden. Es könne daher die seinerzeit bewilligte Urkundenhinterlegung nicht bloß mit der Begründung rückgängig machen, diese hätte gar nicht bewilligt werden dürfen.

Da der mit dem Antrag (TZ 163/90) verbundene Rekurs lediglich eventualiter für den Fall gestellt worden sei, daß dem Antrag auf Löschung der Urkundenhinterlegung nicht Folge gegeben werden sollte, sei über diesen Rekurs nicht abzusprechen, weil er durch den dem Antrag stattgebenden erstgerichtlichen Beschluß gegenstandslos geworden sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur entscheidenden Rechtsfrage eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle oder doch zumindest dem Rekursgericht nicht zugänglich sei.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die Anträge der Antragsgegnerin auf Urkundenhinterlegung und Einreihung abgewiesen werden; hilfsweise stellte der Antragsteller einen Aufhebungsantrag.

Aus den Rekursausführungen ergibt sich, daß der Antragsteller nicht nur - entsprechend den Rekursanträgen - die Beschlüsse bekämpft, mit denen seinerzeit die Urkundenhinterlegungen bewilligt worden sind, sondern auch eine Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes begehrt.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorerst ist klarzustellen, daß Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens der Antrag des Antragstellers auf Löschung der seinerzeit bewilligten Urkundenhinterlegungen und Einreihung des Löschungsbeschlusses ist, nicht aber die seinerzeitigen Beschlüsse auf Bewilligung der Urkundenhinterlegung. Gegen die letztgenannten Beschlüsse erhob der Antragsteller eventualiter - für den Fall der Erfolglosigkeit seines Löschungsantrages - Rekurs (TZ 163/90). Dies ist nicht so zu verstehen, daß der hilfsweise erhobene Rekurs schon dann gegenstandslos würde, wenn auch nur das Erstgericht seinem Löschungsbegehren stattgibt. Maßgebend ist vielmehr, ob das Löschungsbegehren letztlich - hier: durch Bestätigung der abweisenden Entscheidung des Rekursgerichtes - erfolglos bleibt: Für diesen Fall wurde hilfsweise Rekurs gegen die seinerzeitigen Bewilligungen der Urkundenhinterlegung erhoben. Dieser Rekurs wird daher noch der zweiten Instanz zur Entscheidung vorzulegen sein.

In gerichtlichen Verfahren gilt im allgemeinen der Grundsatz, daß - wie das Rekursgericht ausführte - ein Gericht an einen von ihm gefaßten Beschluß, sofern nicht eine Sachverhaltsänderung vorliegt, ab einem - je nach Verfahrensart verschiedenen - Zeitpunkt gebunden ist.

Grundsätzlich ist dies - auch im Grundbuchsverfahren - der Zeitpunkt der Abgabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle zur Ausfertigung; wird aber der Grundbuchsbeschluß schon vor der Abgabe der Urschrift an die Geschäftsstelle vollzogen, so tritt die Bindung mit Abschluß der Eintragung in das Hauptbuch ein, so daß die Entscheidung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ohne weiteres abgeändert werden kann) s. Hoyer in JBl. 1981, 98 = Besprechung der Entscheidung 1 Ob 34/79 in JBl. 1981, 93). Dies folgt aus § 104 Abs. 3 GBG, der sogar die Behebung bloßer Vollzugsfehler (MGA GBG4 § 104/E 1, 2) ohne Einigung zwischen den Beteiligten nur dann zuläßt, wenn die Eintragung noch keine Rechtsfolgen nach sich gezogen hat (MGA GBG4 § 104/E 6). Im Verfahren nach dem hier maßgebenden ersten Abschnitt des Urkundenhinterlegungsgesetzes ist gemäß § 10 Abs. 2 UHG der § 104 GBG sinngemäß anzuwenden. Daraus folgt auch in diesem Bereich des Urkundenhinterlegungsverfahrens die Bindung des Gerichtes an seine Beschlüsse ab den genannten Zeitpunkten.

Das Grundbuchsverfahren kennt Vorschriften über die Bereinigung des Grundbuches von Amts wegen durch Löschung unzulässiger (§ 130 GBG) oder gegenstandsloser (§ 131 bis 135 GBG) Eintragungen sowie über die Berichtigung des Grundbuches auf Antrag (§ 136 GBG), wenn das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wiedergibt. Ein Teil der Rechtsprechung (KG Wels - RPflSlgG 1.064) hält durch die letztgenannte Gesetzesstelle auch die Berichtigung solcher Eintragungen auf Antrag für gedeckt, die von vornherein unzulässig im Sinne des § 130 GBG waren.

Auf die Bestimmungen der §§ 130 bis 135 GBG ist nicht weiter einzugehen, weil ein Beschluß, mit dem ein bloß als Anregung auf amtswegiges Tätigwerden im Sinne dieser Gesetzesstellen zu wertender Antrag abgewiesen wurde, nicht bekämpft werden kann, mag die Ablehnung auch erst durch das Rekursgericht erfolgt sein (MGA GBG4 § 130/E 5; § 132 Abs. 2 GBG iVm § 134 lit. d. GBG).

Zur Anwendung des § 136 GBG hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

Das Urkundenhinterlegungsgesetz behandelt im 1. Abschnitt Vorschriften für nicht verbücherte Liegenschaften und Bauwerke, im II. Abschnitt Vorschriften für den (hier nicht gegebenen) Fall der Vernichtung von Grundbüchern. Während § 34 UHG für den II. Abschnitt generell die sinngemäße Anwendung des Grundbuchsgesetzes 1955 anordnet, soweit nicht in diesem Abschnitt des UHG anderes angeordnet wird, werden im I. Abschnitt in § 10 Abs. 2 UHG nur bestimmte Vorschriften des Grundbuchsgesetzes 1955 aufgezählt, die sinngemäß im Urkundenhinterlegungsverfahren anzuwenden sind. Durch diese erst im Zuge der Beratungen im Justizausschuß des Nationalrates in den Gesetzestext eingeführte Bestimmung wird die analoge Anwendung anderer grundbuchsrechtlicher Vorschriften - entsprechend der Absicht des Gesetzgebers (vgl. 1145 BlgNR 13. GP 1) - nicht ausgeschlossen (Feil, Bauwerke etc. 50 f).

Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die sinngemäße Anwendung des § 136 GBG im Urkundenhinterlegungsverfahren durch Analogieschluß geboten ist, weil selbst dann, wenn man dies bejahte, diese Gesetzesstelle keine geeignete Rechtsgrundlage für den erstgerichtlichen Beschluß wäre. Nach herrschender Rechtsprechung ist eine Berichtigung nach § 136 GBG nicht möglich, wenn sich erst nachträglich herausstellt, daß der Beschluß, auf Grund dessen die grundbücherliche Eintragung erfolgte, auf fehlerhafter Grundlage beruht (MGA GBG4 § 136/E 3); die Anwendung des § 136 GBG setzt vielmehr voraus, daß nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten und grundbücherlich nicht durchgeführt ist (MGA GBG4 § 136/E 1; so auch Hoyer in JBl 1981, 98, der besonders darauf hinweist, daß es auf die Rechtskraft des seinerzeitigen Beschlusses nicht ankommt). Der Anragsteller strebt jedoch gerade die Beseitigung einer Urkundenhinterlegung mit der Begründung an, diese sei von Anfang an unzulässig gewesen.

Es hat daher bei der Abweisung des Antrages des Antragstellers zu bleiben, ohne daß die Frage der Möglichkeit der Bestellung eines Pfandrechtes an einem Bestandrecht in diesemVerfahren geprüft werden könnte.

Anmerkung

E30593

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00003.92.0714.000

Dokumentnummer

JJT_19920714_OGH0002_0050OB00003_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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