TE OGH 1992/8/25 1Ob584/92

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Veröffentlicht am 25.08.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Günter Kottek, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Raits, Dr. Alfred Ebner, Dr. Walter Aichinger und Dr. Peter Bleiziffer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufkündigung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 2. März 1992, GZ R 105/92-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24. Oktober 1991, GZ 6 C 236/91-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.471,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.245,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf Grundstücken an einer stark frequentierten Bundesstraße betrieben deren Eigentümer seit den Sechzigerjahren eine Tankstelle. Mit als „Kauf- und Pachtvertrag“ bezeichnetem Vertrag vom 3. April 1979 verkauften sie dem Kläger die auf der Liegenschaft „befindlichen maschinellen Anlagen der Tankstelle, bestehend aus drei Lagerbehältern mit je 13.000 Liter Inhalt einschließlich Verrohrung, drei Zapfsäulen, einer Tankstellenüberdachung, einem Kompressor, einem Ölwechselgerät, einem Lichtmast mit Reklameschild und einem Mopedbetankungsgerät je samt allem Zubehör“ um den Kaufpreis von S 100.000. Gleichzeitig gaben sie dem Kläger die auf der Liegenschaft „erbauten Tankstellenräumlichkeiten, bestehend aus Verkaufsraum, Öllagerraum, Waschraum und WC im Ausmaß von ca. 20 m2 sowie die Zu- und Abfahrt zu den Betankungsspuren“ um einen monatlichen Zins von S 1.000 im ersten Jahr bzw. von S 2.000 wertgesichert in den folgenden Jahren in Bestand. Das Bestandverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit begründet; die Bestandgeber verzichteten ihrerseits auf die Ausübung des näher vereinbarten Kündigungsrechtes für die Dauer von 20 Jahren.

In Entsprechung des Punktes IV. dieses Vertrages trat der Kläger in den zwischen den Bestandgebern und einem multinationalen Mineralölunternehmen geschlossenen Tankstellenbelieferungsvertrag ein.

Mit „Bestandvertrag“ vom 22. Mai und 27. Juni 1980 gab der Kläger die dem Betrieb der Tankstelle dienenden Teilflächen „mit Gebäuden und Einrichtungen“ der beklagten Partei in Unterbestand.

Die hier wesentlichen Vertragsbestimmungen haben nachstehenden Wortlaut:

„1.3

Zum Mietgegenstand gehören insbesondere:

ein Tankwartraum, ein Lagerraum, ein Waschraum mit WC, 3 Behälter   13.000 Liter einwandig (druckgeprüft 1980), 2 Fahrbahnen, 1 TS-Dach (wird ...... erneuert).

1.4

Mitvermietet sind die im Inventarverzeichnis aufgeführten Geräte und Zubehörartikel. Das Inventarverzeichnis wird bei Übergabe des Mietgegenstandes erstellt und diesem Vertrag als wesentlicher Bestandteil beigefügt.

1.5

Die Vermietung erfolgt zum Zweck des Betriebes einer Tankstelle und zur sonstigen wirtschaftlichen Nutzung.

1.6

...... (Der beklagten Partei bzw. von dieser)....... ermächtigte Dritte haben das Recht ........ neben dem Tankstellenbetrieb alle Betriebe zu unterhalten, die mit der Tankstelle verbunden sind.

Die von ........ (der beklagten Partei) ...errichteten Baulichkeiten und technischen Einrichtungen werden weder Bestandteil noch Zubehör des Mietgegenstandes, sondern verbleiben im Eigentum der ..... (beklagten Partei) ..... Das TS-Dach geht nach Vertragsende in das Eigentum des Bestandgebers über.

1.7

Bestandgeber kann bei Vertragsablauf von .... (der beklagten Partei) .... vorgenommene oberirdische Ein-, Zu- und Umbauten zum Zeitwert ablösen, andernfalls … (die beklagte Partei) .... das Wegnahmerecht hat.

1.8

Die Vermietung erfolgt einschließlich der vorhandenen Einrichtungen für Strom- und Wasserbezug, Telefon, Entwässerung, Zu- und Abfahrten etc. Die Kosten für die Installation bzw. Herstellung vorstehender Einrichtungen und allenfalls erforderlicher Verbrauchszähler trägt .... (die beklagte Partei) ......

1.9

....... (Die beklagte Partei) ..... ist berechtigt, auf den Mietgegenstand alle für den Betrieb der Tankstelle erforderlichen Einrichtungs- und Reklamegegenstände ohne zusätzliches Entgelt aufzustellen. Behördliche Genehmigungen dafür hat ..... (die beklagte Partei) ..... einzuholen.

2.3

Neben dem Mietzins sind von ...... (der beklagten Partei) ..... die mit dem Betrieb der Tankstelle samt Neben- und Zusatzeinrichtungen verbundenen Kosten und Abgaben und die auf den Mietgegenstand entfallenden Betriebskosten (§ 2 Abs. 2 Z 1 bis 3 Mietengesetz) zu bezahlen.

.......

2.5

(Die beklagte Partei) .... ist unter Ausschluß sämtlicher Dritter, selbst des Grundeigentümers, allein berechtigt, auf der im Punkt 1.1 bezeichneten Grundfläche eine Tankstelle zu betreiben, einschlägige Mineralölprodukte zu lagern und zu vertreiben sowie Werbemaßnahmen hiefür durchzuführen ......

3.1

Das Mietverhältnis beginnt am 1. September 1980 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Der Mietvertrag kann von jedem Vertragsteil unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres mittels eingeschriebenen Briefes aufgekündigt werden.

Der Bestandgeber verzichtet jedoch auf dieses Kündigungsrecht insofern, als er von diesem erstmals mit Wirkung zum 31. August 1990 Gebrauch machen kann.

3.3

..... (Die beklagte Partei) ..... ist berechtigt, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung aufzulösen, wenn

a) die für Errichtung oder Betrieb der Tankstelle samt Nebeneinrichtungen erforderlichen Genehmigungen durch gesetzliche Vorschriften, behördliche Anordnungen oder durch Auflagen zurückgenommen oder eingeschränkt werden;

b) der Betrieb der Tankstelle nicht nur geringfügig erschwert oder behindert wird oder sich seine Verkehrslage erheblich verschlechtert oder

c) der Mietgegenstand sich zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankstelle nur dann als geeignet herausstellt, wenn zur Errichtung der Anlage samt Zu- und Abfahrten Aufwendungen erfolgen müssen,die das bei der Errichtung einer gleichartigen Tankstelle übliche Maß übersteigen.

5.1

........ (Die beklagte Partei) ..... verpflichtet sich, den Mietgegenstand pfleglich zu behandeln. Im Interesse der Werterhaltung der Gebäude hat der Bestandgeber für die laufende Instandhaltung der Gebäude zu sorgen.

Sollte die Auswechselung von Zapfsäulen erforderlich werden, so ist diese von ...... (der beklagten Partei) ...... vorzunehmen. Die alten Zapfsäulen stehen dem bisherigen Eigentümer zu, die neu aufgestellten sind Eigentum von ..... (der beklagten Partei) .....

Die Wartung sämtlicher Zapfsäulen und die dafür entstehenden Kosten sind von ..... (der beklagten Partei) ..... vorzunehmen bzw. zu tragen. Vom Bestandgeber vorzunehmende Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten sowie notwendig werdende Erneuerungen nur an den Gebäuden sind diesem von ...... (der beklagten Partei) ...... rechtzeitig anzuzeigen.

Bestandgeber entscheidet dann, ob diese von ihm selbst oder von ...... (der beklagten Partei) ...... auf seine Kosten ausgeführt werden sollen.

4.2

..... (Die beklagte Partei) wird die Tankstelle samt mitgemieteten Ausrüstungsgegenständen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verwalten.

4.4

Eventuell anfallende Reparaturen aus dem laufenden Betrieb sowie Schönheitsreparaturen und Außenanstrich gehen zu Lasten von .... (der beklagten Partei) ..... Desgleichen Reparaturen aufgrund unsachgemäßer Behandlung der Betriebseinrichtungen durch ..... (die beklagte Partei).

4.5

Kosten, die dadurch entstehen, daß die unterirdischen Lagerbehälter nicht mehr den behördlichen Bestimmungen genügen, insbesondere Kosten, die sich aus einem eventuellen Ersatz der Lagerbehälter gemäß behördlicher Bestimmungen ergeben, tragen beide Parteien zur Hälfte, sofern Bestandgeber die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung einräumt.

4.6

Bauliche Veränderungen am Mietgegenstand bedürfen in jedem Fall der Genehmigung des Bestandgebers. Bestandgeber wird seine Zustimmung zu solchen Veränderungen jedoch nicht verweigern, wenn diese für den Betrieb der Tankstelle samt Nebeneinrichtungen notwendig oder nützlich und ihm auch zumutbar sind.......

4.9

Bei Beendigung des Mietvertrages ist der Mietgegenstand in ordentlichem Zustand abgesehen von der durch ordnungsgemäßen Gebrauch erfolgten gewöhnlichen Abnützung an den Bestandgeber zu übergeben.

6.

..... (Die beklagte Partei) ..... ist ferner berechtigt, ihre Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf eine andere Mineralölgesellschaft zu übertragen, wozu der Bestandgeber bereits jetzt seine Zustimmung erteilt, wenn die als Bestandnehmerin eintretende andere Mineralölgesellschaft bonitätsmäßig ..... (der beklagten Partei) ..... gleichzuhalten ist oder ..... (die beklagte Partei) .....erklärt, für die Erfüllung des Bestandvertrages durch den neu eintretenden Bestandnehmer gegen den Bestandgeber die Haftung zu übernehmen.

7.1

Bestandgeber verpflichtet sich auf dem Grundstück ..... bzw. im Umkreis von 2 km keine weitere Tankstelle zu betreiben bzw. betreiben zu lassen.“

Die Grundeigentümer stimmten mit Erklärung vom 22. und 24. Mai 1980 der „Unterverpachtung“ an die beklagte Partei ausdrücklich zu und gaben ihre Zustimmung zu deren Eintritt in den zwischen ihnen und dem Kläger geschlossenen Kauf- und Pachtvertrag, sollte dieser aufgelöst werden. Die beklagte Partei sollte nach ihrem Eintritt in den Vertrag verpflichtet sein, auch bei vorübergehender Schließung der Tankstelle den vollen Bestandzins weiterzuzahlen.

Mit Zusatzvereinbarung vom 24. März und 13. April 1981 verzichtete der Kläger auf sein Kündigungsrecht bis zum 31. August 1991.

Der Kläger kündigte nunmehr den Unterbestandvertrag mit der beklagten Partei zum 31.August 1991 gerichtlich auf und beantragte die Übergabe des Bestandgegenstandes binnen 14 Tagen nach diesem Termin. Der Vertrag sei ein Pachtvertrag. Der Kläger habe ein lebendes Unternehmen in Bestand gegeben, das von der beklagten Partei weiterbetrieben werde. Als Vertragszweck sei der Betrieb einer Tankstelle ausdrücklich erwähnt, der Kläger habe seine Betriebspflicht aus dem Vertrag mit den Grundeigentümern der beklagten Partei überbunden. Er habe ein Interesse an der Rückstellung eines lebenden Unternehmens, weshalb er sich auch das Recht ausbedungen habe, die Investitionen der beklagten Partei abzulösen.

Die beklagte Partei brachte in ihren Einwendungen vor, daß nur Geschäftsräumlichkeiten in Bestand gegeben worden seien, weshalb das Mietrechtsgesetz anzuwenden sei. Eine Betriebspflicht sei nicht vereinbart worden, die Erwähnung des Vertragszweckes lasse noch nicht auf ein Pachtverhältnis schließen. Der Kläger habe nur ein Interesse am Erhalt des Bestandzinses, auch sein Vertrag mit den Grundeigentümern sei ein Mietvertrag. Bei der Übernahme durch die beklagte Partei sei die Tankstelle geschlossen und in desolatem Zustand gewesen, die beklagte Partei habe weder eine lebende Organisation noch einen Kundenstock, Personal oder Waren übernommen. Die Rückstellung eines lebenden Unternehmens sei nicht vereinbart worden, die Investitionsablöse sei in dieser Art üblich. Der Kläger habe auch keinen gestiegenen Geschäftswert abzugelten gehabt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, die Tankstelle habe sich schon bei Übergabe an den Kläger im April 1979 in ziemlich verwahrlostem Zustand befunden, weil die Grundeigentümer in den vorangegangenen 20 Jahren, von der Montage neuer Zapfsäulen abgesehen, nichts investiert hätten. Der Kläger habe die Tankstelle bis Jänner 1980 in diesem Zustand betrieben, dann aber den Betrieb eingestellt, weil er die erforderlichen Investitionen nicht habe finanzieren können. Aufgrund eines Anbots des Klägers hätten Mitarbeiter der beklagten Partei die Tankstelle erstmals im März 1980 besichtigt; sie sei damals geschlossen und in verwahrlostem Zustand gewesen. Das Tankstellendach sei abgedeckt und beschädigt, die Zapfsäulen seien alt und gebraucht, die Treibstoffbehälter seien leer sowie die Fenster und Türen des Verkaufsraumes in desolatem Zustand gewesen. Im Verkaufsraum hätten sich noch einige, aber vollkommen verrottete Büchsen befunden. Die Wiedereröffnung der Tankstelle habe umfangreiche Investitionen erfordert, weshalb die beklagte Partei eine Kostenschätzung und Standortanalyse erstellt habe. Die beklagte Partei habe die Umstellung der Tankstelle auf Selbstbedienungsbetrieb geplant und dies dem Kläger auch mitgeteilt. Die beklagte Partei habe wegen der umfangreichen Investitionen eine möglichst lange Vertragsdauer angestrebt. Der Kläger habe zwar zu verstehen gegeben, den Vertrag vorerst nur auf zehn Jahre abzuschließen, doch sei damals keine Rede davon gewesen, die Tankstelle nach Verstreichen dieses Zeitraumes wieder zu übernehmen. Nach Vertragsabschluß habe die beklagte Partei mit dem Umbau der Tankstelle begonnen und unter anderem die Zapfsäulen sowie das Dach der Tankstelle und den Verkaufsraum erneuert. Vor Eröffnung der Tankstelle habe die beklagte Partei festgestellt, daß die Treibstoffbehälter stark angerostet gewesen seien. Deshalb sei mit Zusatzvereinbarung vom 24. März und 13. April 1981 eine Teilung der Kosten für den neu anzuschaffenden Behälter vereinbart worden. Inventar habe die beklagte Partei vom Kläger nicht übernommen. Sie habe die Tankstelle schließlich Anfang 1981 eröffnet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Vertrag zwischen den Streitteilen sei ein Mietvertrag. Die beklagte Partei habe vom Kläger eine verwahrloste, bereits geschlossene Tankstelle übernommen und erst nach umfangreichen Adaptierungen wieder in Betrieb nehmen können. Inventar, Waren, Vorräte oder sonstige Betriebsmittel habe sie nicht übernommen. Die Aufkündigung einer Geschäftsraummiete sei gemäß § 30 MRG nur aus wichtigen Gründen möglich; solche Gründe habe der Kläger nicht einmal behauptet.

Das Berufungsgericht erkannte die Aufkündigung als wirksam, gab dem Räumungsbegehren statt und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge des Klägers aus, für die Rechtsnatur eines Vertrages sei nicht dessen Bezeichnung, sondern seien dessen Inhalt und Zweck sowie die Absicht der Vertragsteile über seine Wirkungen entscheidend. Bei der Abgrenzung der Geschäftsraummiete von der Unternehmenspacht seien die Gesamtschau und das äußere Erscheinungsbild der Gebrauchsüberlassung maßgebend. Unternehmenspacht sei die Überlassung eines lebenden Unternehmens mit all dem, was zu dessen Betrieb und dessen wirtschaftlichen Fortbestand gehöre. Das Fehlen einzelner Komponenten schließe die Beurteilung als Pachtvertrag allerdings nicht aus; dann komme es darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Eines der wichtigsten Kriterien des Pachtvertrages sei die Vereinbarung einer Betriebspflicht. Es müsse ein wirtschaftliches Interesse des Bestandgebers an der kontinuierlichen Weiterführung des Unternehmens bestehen. Die Betriebspflicht müsse nicht ausdrücklich vereinbart worden sein, es genüge auch, daß sie aus der Verpflichtung zur Rückstellung der Bestandsache in ordnungsgemäßem Zustand erschlossen werden könne, wie bei der Überlassung eines lebenden Unternehmens. Im vorliegenden Fall sei entscheidend, daß das eine wirtschaftliche Einheit bildende Bestandobjekt nur für einen ganz bestimmten Betriebszweck eingerichtet gewesen sei und eine Widmungsänderung die gänzliche Umgestaltung erforderlich gemacht hätte, die Anlage bis wenige Monate vor Abschluß des Unterbestandvertrages im Sinne dieser Zweckbestimmung laufend betrieben und eine Betriebspflicht zumindest konkludent vereinbart worden sei. Dem Vertragszweck, dem Recht zum Betrieb einer Tankstelle und damit verbundener Betriebe sowie zum Aufstellen aller für den Betrieb der Tankstelle erforderlichen Einrichtungs- und Reklamegegenstände, der Verpflichtung zur Entrichtung der mit dem Betrieb der Tankstelle samt Neben- und Zusatzeinrichtungen verbundenen Kosten und Abgaben, dem Alleinrecht des Bestandnehmers zum Betrieb einer Tankstelle, dessen Recht zur vorzeitigen Vertragsauflösung für den Fall, daß der Betrieb einer Tankstelle aus bestimmten Gründen nicht möglich sein sollte, der Pflicht des Bestandnehmers zur Auswechslung von Zapfsäulen und deren Wartung, der Zustimmung des Bestandgebers zu notwendigen baulichen Veränderungen für den Tankstellenbetrieb und dem Recht des Bestandnehmers zur Übertragung seiner Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf eine andere Mineralölgesellschaft sei zu entnehmen, daß die Streitteile bei Vertragsabschluß stillschweigend vorausgesetzt hätten, die beklagte Partei werde den Betrieb einer Tankstelle auf dem Bestandobjekt fortsetzen. Diese aus den genannten Vertragsbestimmungen hervorleuchtende übereinstimmende Parteienabsicht sei im Zusammenhang mit den weiteren Abmachungen über die Rückgabe des Bestandobjektes in ordentlichem Zustand und der Festschreibung eines Konkurrenzverbotes als Betriebspflichtvereinbarung zu sehen, wenn im Vertrag auch stets nur von einem Recht des Bestandnehmers die Rede sei. Auch die Zusatzvereinbarung über die gemeinsame Finanzierung eines neuen Tanks und die Regelung der Eigentumsverhältnisse spreche für die Verpflichtung der beklagten Partei, die Bestandsache durch Fortsetzung des Betriebes in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten, und damit für eine Betriebspflicht. Auch habe sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers nicht nur auf den Erhalt des vereinbarten Mietzinses beschränkt. Dessen erkennbare Absicht, die notwendigen, für ihn aber nicht finanzierbaren Investitionen durch Unterbestandgabe auf einen finanzkräftigen Unternehmer zu überwälzen, lasse auf das Interesse des Klägers an einem funktionierenden, mit laufenden Instandhaltungsarbeiten einhergehenden Tankstellenbetrieb schließen. Selbst ein stillgelegtes Unternehmen könne Gegenstand eines Pachtvertrages sein. Eine dauernde Stillegung habe der Kläger nicht beabsichtigt, weil er sich noch bei aufrechtem Betrieb der Tankstelle um einen Unterbestandnehmer bemüht habe. Die Neugestaltung der Tankstelle stehe der Annahme der Unternehmenskontinuität nicht entgegen, weil eine solche Erneuerung auch in jedem lebenden Unternehmen immer wieder vorgenommen werden müsse. Schließlich spreche auch weder die Beibringung der Gewerbeberechtigung durch den Bestandnehmer noch das Fehlen von Einrichtungsgegenständen gegen die Annahme eines Pachtverhältnisses. Auch ein Kundenstock müsse nicht überlassen werden, wenn - wie hier - die Nachfrage aufgrund des Standortes gesichert erscheine. Überhaupt seien angesichts der organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Eigenart eines Tankstellenunternehmens die üblichen auf Unternehmenspacht verweisenden Kriterien nicht „streng“ anzuwenden. Da Unternehmenspacht anzunehmen sei, sei die Aufkündigung als rechtswirksam zu erkennen, weil sich der Kläger dabei an die einschlägigen vertraglichen Bestimmungen gehalten habe.

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ihr Standpunkt läßt sich dahin zusammenfassen, zwischen den Streitteilen sei keine Betriebspflicht vereinbart worden, sodaß das Bestandverhältnis schon deshalb als Miete zu beurteilen (und deshalb nur aus wichtigen Gründen gemäß § 30 MRG aufkündbar) sei; das folge daraus, daß nicht ein lebendes Unternehmen Vertragsgegenstand sei, im Vertragstext jeder Hinweis auf ein Unternehmen fehle, die beklagte Partei berechtigt sei, den Bestandgegenstand in jeder Hinsicht wirtschaftlich zu nutzen bzw. ohne Überbindung von Verpflichtungen weiterzugeben, und nicht zur Rückstellung eines Unternehmens bzw. zur Abgeltung eines vermehrten good wills verpflichtet sei.

Wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt (SZ 58/8; MietSlg. 39.102 uva) dargelegt hat, lassen sich zwar für die Unterscheidung der Unternehmenspacht von der Geschäftsraummiete keine festen, allgemein anwendbaren Regeln aufstellen, doch ist ein Bestandverhältnis im allgemeinen dann als Unternehmenspacht zu beurteilen, wenn ein lebendes Unternehmen Vertragsgegenstand ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit ihrem good will dem Bestandnehmer zur Nutzung überlassen wird. Der Bestandgeber hat ihm dabei nicht bloß die Geschäftsräumlichkeiten, sondern auch die übrigen zum Fortbetrieb erforderlichen Unternehmensbestandteile wie die Geschäftseinrichtung, die Betriebsmittel, die Gewerbeberechtigung und den Kundenstock beizustellen. Im Einzelfall müssen aber nicht all diese Merkmale auf den Bestandgegenstand zutreffen; auch wenn der Bestandnehmer die Gewerbeberechtigung selbst beibringt oder Einrichtungsgegenstände anschaffen muß, kann im Einzelfall immer noch Unternehmenspacht vorliegen. Die Einrichtungsgegenstände und Betriebsmittel unterliegen - und das gewiß vermehrt beim Tankstellenbetrieb - dem natürlichen Verschleiß bzw. müssen von Zeit zu Zeit als überaltet ausgeschieden werden; ersetzt sie der Pächter, ändert dies am Wesen des Pachtverhältnisses nichts. Es kann auch keinen Unterschied machen, ob die zur Erneuerung des Betriebsinventars erforderlichen Aufwendungen erst im Verlaufe des Bestandverhältnisses notwendig werden oder der Investitionsbedarf schon bei Begründung des Bestandverhältnisses gegeben ist, weil das Unternehmen - wie gerade auch im vorliegenden Fall - viele Jahre ohne nennenswerte Erneuerungen betrieben wurde und der Bestandgeber die Verpachtung gerade deshalb anstrebt, weil er selbst über die notwendigen Mittel zur Durchführung der erforderlichen Investitionen nicht verfügt und die damit verbundenen Kosten durch geeignete Vertragsgestaltung auf den Bestandnehmer überwälzen will.

Es trifft zwar zu, daß in dem von der beklagten Partei gestalteten (Beilage 3) Bestandvertrag von einem „Unternehmen“ ausdrücklich nicht die Rede ist, es kann aber doch nicht zweifelhaft sein, daß nicht etwa nur die Grundfläche, sondern die gesamte schon vorhandene Tankstelle (mit allen maschinellen- und Verkehrseinrichtungen) Vertragsgegenstand sein sollte (vgl. nur die Vertragsbestimmungen 1.2, 1.3 und 1.4 sowie den angeschlossenen Lageplan). So ist zwar Bestandzweck wörtlich der Betrieb „einer“ Tankstelle, in Wahrheit jedoch der Betrieb „der“ (vorhandenen) Tankstelle, wie das nicht zuletzt aus dem angeschlossenen Lageplan hervorgeht, der ohnedies als wesentlicher Vertragsbestandteil zu gelten hat (1.2). Die beklagte Partei verpflichtete sich auch zur Bestreitung aller mit dem Betrieb „der“ Tankstelle verbundenen Kosten und Abgaben (2.3), vor allem aber dazu, „die“ Tankstelle samt allen „mitgemieteten“ Ausrüstungsgegenständen sorgfältig „zu verwalten“ (4.2) und den Bestandgegenstand - also die Tankstelle - in ordentlichem Zustand zurückzustellen (4.9). Daß die Tankstelle bei Vertragsabschluß vorübergehend geschlossen war, ändert an der bestandweisen Überlassung des Unternehmens nichts, weil es sich dabei sichtlich nur um einen kurzfristigen Zustand handelte und der Wiedereröffnung der Tankstelle nichts im Wege stand (vgl. hiezu MietSlg. 31.387/24; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht § 1 MRG Rz 24). Ist aber das Unternehmen selbst Vertragsgegenstand, ist Unternehmenspacht anzunehmen, selbst wenn im Vertrag stets nur von „Miete“ gesprochen wird. Abgesehen davon, daß die Vertragsformulierungen ausschließlich von der beklagten Partei herrühren (vgl. Beilage 3), kommt es auf die von den Vertragsteilen vorgenommene rechtliche Qualifikation in der Regel auch nicht an (SZ 44/18 uva; Würth in Rummel, ABGB2 § 1091 Rz 2); im übrigen ist in der von der beklagten Partei mitgezeichneten Zustimmungserklärung der Grundeigentümer ohnehin von einer „Unterverpachtung“ die Rede.

Fehlen einzelne für die Annahme einer Unternehmenspacht typischen Merkmale, kommt es bloß darauf an, welchen Kriterien das größere Gewicht beizumessen ist. Daß sich die beklagte Partei zur Vornahme beträchtlicher Erneuerungen verpflichtet hatte, war - wie schon erwähnt - durch die finanziellen Verhältnisse des Klägers bedingt; zur erschöpfenden Nutzung dieser Investitionen billigte ihr der Kläger aber ohnehin durch seinen umfassenden Kündigungsverzicht eine erhöhte Bestandgarantie zu. Auch dem gesicherten Kundenstock kommt bei einer Tankstelle an einer stark frequentierten Ausfallsstraße keine allzu große Bedeutung zu; die beklagte Partei hatte selbst in ihrer Tankstellenanalyse (Beilage 6) ganz offenkundig nur den günstigen Standort (Stadtrand-Industriegebiet; ca. 15.000 Fahrzeuge in beiden Richtungen), der den gesicherten Kundenstock ohnehin in sich schließt, vor Augen. Bei der Beurteilung von Bestandverträgen über Tankstellen ist im übrigen auch auf deren organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Eigenheiten Bedacht zu nehmen; diese Besonderheiten müssen daher auch bei der Abwägung der Abgrenzungskriterien in flexibler Weise berücksichtigt werden (vgl. JBl. 1987, 41).

Das muß dann aber auch für die im Regelfall den Ausschlag gebende Betriebspflicht gelten, die nicht ausdrücklich vereinbart sein muß, sondern sich auch aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann (SZ 58/8 ua). In jedem Fall setzt sie ein wirtschaftliches Interesse des Bestandgebers an der kontinuierlichen Weiterführung des überlassenen Unternehmens voraus (MietSlg. 37.775/7 ua). Ist die Tankstelle von der beklagten Partei sorgfältig zu „verwalten“ (also zu betreiben) und in ordnungsgemäßem Zustand zurückzustellen und trifft den Kläger ein regional begrenztes, aber unbedingtes Konkurrenzverbot, so kann daraus nicht nur erschlossen werden, daß die beklagte Partei den Betrieb nach Absicht der Vertragsteile während der gesamten Bestandzeit stets aufrecht erhalten sollte, sondern ist dem auch zu entnehmen, daß der Kläger die Tankstelle nach Beendigung des Bestandverhältnisses mit der beklagten Partei weiterbetreiben (lassen) wollte, also ein gewichtiges wirtschaftliches Interesse an der Weiterführung der Tankstelle während der Bestandzeit hatte. Auch die Regelung über die Beteiligung des Klägers an den Kosten des neu anzuschaffenden Tanks sowie die Ordnung der Eigentumsverhältnisse daran kehrt das Interesse des Klägers an der Rückstellung einer sinnvoll weiterzuführenden Tankstelle deutlich heraus.

Ist demnach das Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen in einer Gesamtschau aller bestimmenden Kriterien - vor allem, weil ein Unternehmen überlassen wurde und die Bestandnehmerin eine Betriebspflicht traf - als Unternehmenspacht zu beurteilen, erübrigt sich die Beantwortung der von der klagenden Partei in ihrer Revision aufgeworfenen Frage, ob das Bestandverhältnis zwischen den Grundeigentümern und dem Kläger als Pacht oder Miete anzusehen sei; entscheidend ist allein, ob der beklagten Partei ein Unternehmen in Bestand überlassen wurde, und nicht, ob der Kläger Eigentümer oder bloß Pächter dieses Unternehmens ist. Soweit die beklagte Partei schließlich ins Treffen führt, sie sei berechtigt, den Bestandgegenstand auch anderweitig (als Tankstelle) zu nutzen, ist ihr entgegenzuhalten, daß die im Punkt 1.5 des Bestandvertrages vorgesehene „sonstige wirtschaftliche Nutzung“ im Hinblick auf die übrigen Vertragsbestimmungen, mit welchen die Vertragsteile ganz eindeutig und ausschließlich den Tankstellenbetrieb vor Augen hatten, nur als allfällige zusätzliche Nutzung verstanden werden kann.

Da die Revision gegen die Berechtigung des Klägers zur Auflösung des Bestandverhältnisses bei Annahme einer Unternehmenspacht keine weiteren Ausführungen enthält, ist dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E30678

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00584.92.0825.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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