TE OGH 1992/8/27 3Ob562/92

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Veröffentlicht am 27.08.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Clara P*****, vertreten durch Dr.Erich Trachtenberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Mag.Erwin K*****, vertreten durch Dr.Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Mag.Carl Georg Z*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung von Mietrechten (Streitwert S 300.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 19.Februar 1992, GZ 41 R 905/91-44, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. Oktober 1991, GZ 44 C 394/89z-38, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beiden beklagten Parteien die mit je S 3.264,-- (darin je S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin stellt das Begehren, es werde zwischen ihr und den Beklagten festgestellt, daß sie aufgrund des Mietvertrages vom 7. Jänner 1959 und 22.März 1961 und zu den darin genannten Bestimmungen (unter Berücksichtigung der derzeit bestehenden zwingenden gesetzlichen Bestimmungen) Hauptmieterin eines näher bezeichneten Geschäftslokales sei. Eine Übertragung der Mietrechte habe nicht stattgefunden, die Klägerin habe die Geschäftsräumlichkeiten lediglich untervermietet gehabt. Nach Beendigung dieses Untermietverhältnisses hätten die beiden Beklagten sich geweigert, die nach wie vor bestehenden Mietrechte der Klägerin anzuerkennen. Um sich das Geschäftslokal zu sichern, habe die G***** Handelsgesellschaft mbH einen Mietvertrag mit den beiden Beklagten abgeschlossen. Das Mietverhältnis der Klägerin sei hiedurch jedoch nicht berührt worden.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Im Jahre 1963 sei eine Weitergabe der Mietrechte durch die Klägerin erfolgt. Das von der Klägerin als Untermieter bezeichnete Unternehmen sei gegenüber den Beklagten stets als Hauptmieter aufgetreten. Das Bestandverhältnis der Klägerin sei im übrigen jedenfalls dadurch beendet worden, daß beim Abschluß des Mietvertrages zwischen den beiden Beklagten und der G***** Handelsgesellschaft mbH der Geschäftsführer dieser Gesellschaft, Georg P*****, auch im Vollmachtsnamen seiner Mutter, der Klägerin, eingeschritten sei.

Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:

Die Klägerin mietete mit Mietverträgen vom 7.Jänner 1959 und 22.März 1961 Geschäftsräume, in denen sie bis zum Jahr 1963 ***** ein Einzelhandelsunternehmen betrieb. In den Mietverträgen wurde ausdrücklich vereinbart, daß die Klägerin berechtigt sei, die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten an einen Dritten zu übertragen oder auch den Bestandgegenstand zur Gänze oder teilweise unterzuvermieten.

Im Februar 1963 vermietete die Klägerin die Räumlichkeiten an Karl G*****. Karl G***** und später sein Sohn Peter G*****, der das Unternehmen nach seinem Vater weiterführte, zahlten Untermietzins an die Klägerin. Zusätzlich zahlten Karl bzw. Peter G***** den für das Geschäftslokal als Hauptmietzins zu entrichtenden Betrag direkt an die beiden Beklagten. Die Klägerin selbst bezahlte seit 1963 keinen Hauptmietzins.

Mit Schreiben vom 20.Februar 1963 teilte die Klägerin der damaligen Nutzungsberechtigten und Vermieterin Z***** & K***** OHG mit, ihre Einzelfirma sei mit 1.März 1963 in eine Companiefirma umgewandelt worden, sie ersuche deshalb, die Monatsmietenverrechnung auf den Namen G***** auszustellen. Tatsächlich wurde jedoch das von der Klägerin betriebene Unternehmen nicht in eine Gesellschaft eingebracht.

Das Untermietverhältnis zwischen der Klägerin und Peter G***** wurde mit Dezember 1988 beendet und das Objekt an die Klägerin zurückgestellt. Als die beiden Beklagten von der Auflösung des Unterbestandverhältnisses verständigt wurden, beauftragte der Erstbeklagte, der bis dahin der Meinung gewesen war, Peter G***** sei Hauptmieter des Objekts, seinen Vertreter, einzuschreiten. Der Vertreter des Erstbeklagten richtete gleichlautende Schreiben an Peter G***** und die P********** Gesellschaft mbH, in denen der Standpunkt vertreten wurde, die Klägerin sei zufolge Weitergabe ihrer Mietrechte nicht mehr Hauptmieterin.

Daraufhin rief Rechtsanwalt Dr.Konrad F***** beim Vertreter des Erstbeklagten an. Er erklärte, daß er die Klägerin vertrete und um Verlängerung einer ihr im Schreiben des Vertreters des Erstbeklagten gesetzten Frist ersuche.

Auch Georg P*****, der Geschäftsführer der G***** Handelsgesellschaft mbH, trat mit dem Erstbeklagten in Verbindung. Die Klägerin sei krank; er sei der Sohn der Klägerin und durch diese bevollmächtigt. Der Erstbeklagte legte neuerlich seinen Rechtsstandpunkt dar. Er habe nichts gegen eine Neuvermietung des Objektes einzuwenden, doch müsse ein angemessener Mietzins bezahlt werden. Georg P***** erwiderte, man könne auch der Ansicht sein, daß seine Mutter nach wie vor Hauptmieterin der Räume sei.

In der Folge wurden Vertragsgespräche über den Abschluß eines neuen Mietverhältnisses zwischen dem Erstbeklagten und Georg P***** geführt, denen auch der Vertreter des Erstbeklagten und Dr.Konrad F***** beigezogen wurden. Dr.Konrad F***** erklärte bei diesen Gesprächen, er vertrete auch die Klägerin; Georg P***** und er hatten bei den Vertragsgesprächen auch tatsächlich Vollmacht, Erklärungen für die Klägerin abzugeben. Eine ausdrückliche Erklärung, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin solle aufgelöst sein, wurde nicht abgegeben. Die Vertragsgespräche endeten mit dem Abschluß eines Mietvertrages zwischen den beiden Beklagten als Vermietern und der G***** Handelsgesellschaft mbH als Mieterin.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Klägerin habe den Bestandgegenstand im Jahr 1963 nicht weitergegeben, sondern untervermietet. Durch den Abschluß eines Mietvertrages mit der G***** Handelsgesellschaft sei der mit der Klägerin begründete Bestandvertrag nicht (konkludent) aufgelöst worden.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, ergänzte sie jedoch wie folgt:

Vertragsgespräche zwischen den seine Mutter, die Klägerin, vertretenden Georg P***** und dem Erstbeklagten wurden im Hinblick auf die beiden von den Kontrahenten vertretenen Vertragspositionen - nämlich einerseits, daß die Klägerin ihre Mietrechte an Karl G***** weitergegeben habe, andererseits, daß sie nur untervermietet gehabt habe und nach wie vor Mieterin sei - geführt. Dabei kam der Erstbeklagte dem Georg P***** im Hinblick auf dessen Rechtsstandpunkt insofern entgegen, als er vom ursprünglich begehrten Mietzins rund S 10.000 monatlich nachließ. Diese Mietzinsreduktion stellte in den Augen des Erstbeklagten bereits eine vergleichsweise Bereinigung der Angelegenheit dar.

In seiner rechtlichen Beurteilung teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichtes, die Klägerin habe ihre Mietrechte weder ausdrücklich noch auch konkludent an Karl G***** weitergegeben.Mit Recht dagegen wendeten sich die Beklagten gegen die Annahme des Erstgerichtes, im Verhalten des die Klägerin im Februar 1989 vertretenden Georg P***** könne ein stillschweigender Verzicht auf die Mietrechte der Klägerin nicht erblickt werden. Dieses Verhalten habe vielmehr nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden können, daß das Mietverhältnis mit der Klägerin, sollte es noch bestanden haben, nach dem vergleichsweisen Entgegenkommen der Vermieter in bezug auf die Höhe des Mietzinses mit dem Abschluß eines Mietvertrages mit der G***** Handelsgesellschaft mbH beendet werde. Habe aber die Klägerin im Februar 1989 stillschweigend auf ihre Mietrechte verzichtet, erweise sich das Feststellungsbegehren als unberechtigt.

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Klägerin, zur Aufgabe der Mietrechte sei wegen ihrer Unentgeltlichkeit gemäß § 1008 ABGB eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig gewesen, sodaß sie an einen Verzicht ihres Vertreters gemäß § 1016 ABGB nicht gebunden sei, stellt nach herrschender Ansicht die einvernehmliche Auflösung eines Mietvertrages - wie überhaupt die einvernehmliche Auflösung synallagmatischer Rechtsverhältnisse - keine unentgeltliche Aufgabe von Rechten dar, da diese regelmäßig, als Aufhebungsvertrag, den synallagmatischen Charakter des damit aufgehobenen Vertrages teilt. Die Auflösung eines Mietvertrages ist kein unentgeltliches Geschäft, weil sie für beide Teile die Befreiung von Pflichten zur Folge hat; sie ist als Akt der Vermögensverwaltung durch eine allgemeine Vollmacht gedeckt (SZ 24/223; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 19 zu den §§ 1006 bis 1008; Stanzl in Klang2 IV/1, 811).

Die - in der Revision nicht einmal angeschnittene - Frage aber, ob die Aufgabe der Mietrechte der Klägerin wegen des Zusammenhanges mit der Neuvermietung an ihren Sohn als Vergleich zu qualifzieren ist, zu dessen Abschluß der Sohn - dem von der Klägerin bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr.Konrad F***** konnte nur Prozeßvollmacht gemäß § 31 ZPO erteilt werden (Fasching LB2 Rz 428), die kraft Gesetzes auch zum Abschluß von Vergleichen über den Gegenstand des Rechtsstreites ermächtigt (§ 31 Abs 1 Z 2 ZPO) und nach herrschender Ansicht auch außergerichtliche Vergleiche hierüber deckt (Stanzl aaO, Strasser aaO Rz 17) - einer Gattungsvollmacht bedurft hätte, stellt sich hier nicht. Die ihm nach den Feststellungen von seiner Mutter gegebene Vollmacht ging dahin, sie bei den Verhandlungen mit den Beklagten über die Hauptmietrechte an dem gegenständlichen Geschäftslokal zu vertreten. Sie ist deshalb als Spezialvollmacht anzusehen, die über den zu regelnden Gegenstand auch den Abschluß eines Vergleiches erlaubte. Hatte aber Georg P***** eine besondere Vollmacht zur Führung von Vertragsverhandlungen über den Streitgegenstand und damit auch zum Abschluß eines neuen Mietvertrages unter Aufgabe eines allenfalls bis dahin bestehenden, so bedurfte es auch nicht einer Genehmigung der Klägerin iS des § 1016 ABGB.

In zutreffender Weise ist die zweite Instanz zum Ergebnis gekommen, daß das Verhalten des Sohnes der Klägerin nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden kann, daß mit dem Abschluß eines Mietvertrages mit der G*****-Handelsgesellschaft mbH das Mietverhältnis mit der Klägerin, sollte es noch bestanden haben, beendet wurde. Ob Georg P***** das Mietverhältnis der Klägerin tatsächlich auflösen wollte oder insgeheim beabsichtigte, es aufrecht zu erhalten, ist nicht entscheidend, weil für die Bedeutung einer Erklärung es auf das Verständnis ankommt, das ein redlicher Erklärungsempfänger davon haben durfte.

Verzichtete aber die Klägerin im Februar 1989 auf ihre Mietrechte, so erweist sich ihr Feststellungsbegehren als unberechtigt.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E31052

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00562.92.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19920827_OGH0002_0030OB00562_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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