TE OGH 1992/9/15 10ObS28/92

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Oskar Harter und Dr. Othmar Roniger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef S*****, ***** vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern (Landesstelle Oberösterreich), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bemessung der Versehrtenrente, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 1991, GZ 13 Rs 74/91-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 4. April 1991, GZ 14 Cgs 11/91-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist richtig (§ 48 ASGG).

Die Revisionswerberin verkennt, daß bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Geldleistungen der Unfallversicherung nach dem ASVG der Bemessungszeitraum immer ein volles Jahr ist (zB Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 150; ders, SV-System 5. ErgLfg 324; SSV-NF 2/134). Dieser Grundsatz ergibt sich insbesondere aus § 179 leg cit, nach dessen Abs 1 in der Unfallversicherung Bemessungsgrundlage, soweit sie nicht nach § 181 (nach festen Beträgen im Kalenderjahr) zu ermitteln ist, die Summe der (tatsächlichen) allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ist, aber auch aus den Abs 2 und 3 der erstzit Gesetzesstelle, die für den Fall, daß die Versicherung noch nicht ein (ganzes) Jahr, aber mindestens sechs Wochen bzw noch nicht sechs Wochen gedauert hat, eine Hochrechnung der tatsächlichen allgemeinen Beitragsgrundlagen bzw der (fiktiven) Beitragsgrundlagen, die für Versicherte derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend zutreffen, auf ein volles Jahr vorsieht. Daraus erhellt die Absicht des Gesetzgebers, bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage nicht punktuell auf die Einkommensverhältnisse im Unfallszeitpunkt abzustellen, sondern immer einen Bemessungszeitraum eines vollen Jahres vor dem Eintritt des Versicherungsfalles zugrundezulegen (SSV-NF 2/134). Wie Tomandl, SV-System 5. ErgLfg 324 zutreffend bemerkt, handelt es sich bei § 179 Abs 2 und 3 ASVG um eine notwendige Rechenregel, die - weil die Unfallversicherung (nach dem ASVG) nur eine Jahresbemessungsgrundlage kennt - zu einem fiktiven Jahreseinkommen führt.

Die Ausführungen in der Revision sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Oberlandesgericht Wien als damals letzter Instanz in Leistungsstreitsachen in der E 26. 6. 1979 31 R 136/79 SSV 19/80 = JBl 1980, 498 = ZAS 1980, 150 = SVSlg 25.656 unter Abgehen von seiner bis dahin ständigen, von Tomandl, Das Leistungsrecht der österreichischen Unfallversicherung 90f; ders, Komm zur E des Oberlandesgerichtes Wien 12. 11. 1976 20 R 196/76 in ZAS 1978, 72 (insb 75f) kritisierten Rechtsprechung vertretenen, von den Vorinstanzen dieses Verfahrens übernommenen Rechtsansicht hervorzurufen, daß dann, wenn jemand mehrfach gegen Unfall versichert ist, Einkünfte auch aus Arbeitsverhältnissen, die noch kein volles Jahr gedauert haben, iS des § 179 Abs 2 oder 3 ASVG voll zu berücksichtigen sind. Die der alten Judikatur des Oberlandesgerichtes Wien folgende gegenteilige Rechtsansicht Seitlers, SozSi 1974, 563 (insb 564) ist überholt.

Die im vorletzten Satz erwähnte volle Berücksichtigung ist davon unabhängig, daß schon in einem anderen Versicherungsverhältnis - hier die Versicherung nach dem BSVG - eine volle Jahresbemessungsgrundlage vorliegt. § 178 Abs 1 ASVG ordnet nämlich die Einbeziehung aller Dienstverhältnisse, Erwerbstätigkeiten und sonstigen Tätigkeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage an, auch wenn sie nebeneinander ausgeübt werden, die grundsätzlichen Ausführungen Hölzls, Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und die gemischte Bemessungsgrundlage in der Unfallversicherung nach dem ASVG SozSi 1982, 251 berücksichtige noch nicht die Neufassung des § 178 Abs 1 ASVG durch Art III Z 3 der 38. ASVGNov BGBl 1982/647 (vgl Teschner, ASVG 50. ErgLfg 986/2 FN 1a zu § 178, Zitat aus der RV) - ohne daß die Bestimmungen des § 179 ASVG davon ausgenommen wären. Der Sinn des § 178 Abs 1 leg cit liegt darin, daß der mehrfach Unfallversicherte zwar den Unfall nur bei der Ausübung einer einzigen geschützten Tätigkeit erleidet, die Folgen des Unfalls aber auch seine weiteren Unfallversicherungsverhältnisse erfassen. Würde daher nur das Einkommen aus einer Tätigkeit bei der Rentenberechnung berücksichtigt, käme es zu keinem vollen Schadensausgleich in jenem Sektor, der an sich von der Unfallversicherung geschützt ist. Auf die Dauer des Versicherungsverhältnisses kommt es nach der Konzeption des Gesetzes überhaupt nicht an. Daher ist jedenfalls in den Fällen, in denen im Unfallszeitpunkt beide Versicherungsverhältnisse aufrecht waren, eine Aufrechnung der noch nicht ein Jahr währenden Versicherung iS des § 179 Abs 2 und 3 ASVG auch dann vorzunehmen, wenn das andere Versicherungsverhältnis ein Jahr gedauert hat oder die Bemessungsgrundlage nach festen Beträgen iS des § 181 ASVG berechnet wird (so auch Tomandl, ZAS 1978, 72). Eine Begrenzung nach oben bildet dabei nur die Bestimmung des § 178 Abs 2 ASVG. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn die Versicherungsverhältnisse nacheinander bestanden haben oder wenn die selbständige Tätigkeit nicht das ganze Jahr vor dem Unfall ausgeübt wurde, muß nicht erörtert werden, weil dieser Fall hier nicht vorliegt (vgl dazu Tomandl, aaO und SSV-NF 2/134).

Der nicht berechtigten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Anmerkung

E32254

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00028.92.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19920915_OGH0002_010OBS00028_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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