TE OGH 1992/10/1 6Ob592/92

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Veröffentlicht am 01.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kathrin P*****, geboren am 27.März 1974, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Bezirkshauptmannschaft Lienz gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 12.August 1992, GZ 1 b R 173/92-39 , womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz vom 23.Juli 1992 , GZ P 50/87-35, ersatzlos behoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Jugendwohlfahrtsträgers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Kathrin und ihre am 16.Februar 1976 geborene Schwester Susanne entstammen der Ehe der Irmgard und des Josef P*****. Der Vater ist am 19. November 1986 verstorben. Seither wuchsen die Kinder unter der Obsorge ihrer Mutter in deren Haus in ***** N*****, heran. Kathrin ist Schülerin der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in L*****. Wegen tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten über die Erziehungsmethoden ihrer Mutter, die dem Erstgericht bereits durch ein Schreiben der Klassenvorständin vom 6.Dezember 1991 bekannt und zum Gegenstand von Erhebungen gemacht wurden, zog Kathrin Anfang April 1992 aus freien Stücken, aber gegen den Willen ihrer Mutter von daheim aus und wohnt seither im Kolpingheim in L*****. Die Mutter ist bereit, Kathrin jederzeit wieder in ihrem Haus aufzunehmen, weigert sich aber, ihr bei getrennter Wohnungsnahme Geldunterhalt zu leisten.

Unter Hinweis auf diese Sachlage beantragte die Bezirkshauptmannschaft Lienz ihre Bestellung zum Sachwalter für die Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche von Kathrin gegen die Mutter (ON 24 und 34).

Das Erstgericht bestellte den Jugendwohlfahrtsträger zum Unterhaltssachwalter.

Das Gericht zweiter Instanz hob diesen Beschluß über Rekurs der Mutter ersatzlos auf und sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Jugendwohlfahrtsträgers ist schon wegen dessen mangelnder Parteistellung und Rechtsmittellegitimation unzulässig.

Der Jugendwohlfahrtsträger strebte seine Bestellung zum Unterhaltssachwalter gemäß § 213 ABGB als gerichtliche Maßnahme nach § 176, § 215 Abs 1 erster Satz ABGB an. Weder aus dem Popularantragsrecht des § 176 ABGB (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 176) noch aus der subjektiven Pflicht des Jugendwohlfahrtsträgers zur Antragstellung im Bereich der Obsorge zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen (§ 215 Abs 1 erster Satz ABGB) läßt sich aber eine Parteistellung oder Rechtsmittellegitimation des Jugendwohlfahrtsträgers ableiten (Pichler aaO Rz 2 zu § 215 und in JBl 1989, 682 ff; SZ 63/149; EvBl 1992/98; 1 Ob 543, 544/92; 8 Ob 583/92). Eine solche besteht nur in den Fällen des § 215 Abs 1 zweiter Satz ABGB, zu denen aber die Bestellung des Jugendwohlfahrtsträgers als Unterhaltssachwalter im Rahmen einer Maßnahme nach § 176 ABGB nicht gehört.

Anmerkung

E33080

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00592.92.1001.000

Dokumentnummer

JJT_19921001_OGH0002_0060OB00592_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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